DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist
11-11-2025 09:01
SXEU31 DWAV 110800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 11.11.2025 um 08 UTC
GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: SWa (Südwest antizyklonal)
Von Südwesten her mild bis sehr mild mit zunehmenden Sonnenanteilen. Im Norden
und Nordwesten allerdings nicht ganz störungsfrei.
Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... 11.11., nur noch wenige Stunden bis zum Start der 5. Jahreszeit, was
der Norddeutsche gemeinhin eher nüchtern zu Kenntnis nimmt. Vielleicht wird´s
nach dem versprochenen (wer war das eigentlich, der das versprochen hat?), aber
ausgebliebenen Jahrhundertsommer wenigstens ein Jahrhundertkarneval oder-
fasching (oder wie nennt man die Zeit bis zum Aschermittwoch noch), wer weiß.
Was der Hoffmann weiß, wird er hier gleich kundtun, hat aber mit der 5.
Jahreszeit nicht viel zu tun. Nur so viel vorweg, nachdem der November
vielerorts mild bis sehr mild gestartet war, steht jetzt die nächste
spätherbstliche "Hitzewelle" mit Tagestemperaturen verbreitet im zweistelligen
Bereich ante portas. Sogar das Erreichen bzw. Überschreiten der 20°C-Marke
scheint an der ein oder anderen Stelle kein Problem darzustellen. Doch der Reihe
nach.
Aktuell befindet sich Deutschland unter einer leicht mäandrierenden westlichen
Höhenströmung, angeführt von einem Randtrog, der gerade dabei ist, mit dem
zugehörigen, nur schwach ausgeprägten Regenband den Osten und Nordosten des
Vorhersageraums in Richtung Ostsee und Polen zu überqueren. Gegen Mittag sollte
es auf Rügen und Usedom sowie an Oder und Neiße die letzten Tropfen geben,
danach ist erstmal Schluss. Das heißt aber nicht, dass es dort auch aufreißt, so
wie das in Teilen West- und Süddeutschlands der Fall ist. Zwar steigt das
Potenzial im Zuge eines nachrückenden, zunächst noch recht flach konturierten
Rückens an, der große Durchbruch bleibt zunächst aber noch aus. Zum einen muss
das Absinken erstmal so richtig in Gang kommen, was dauert. Zum anderen ist die
untere Troposphäre nicht zuletzt auch wegen des vorherigen Regens ziemlich
angefeuchtet, was im November ein Problem darstellt. Die Sonne ist zu schlapp,
um die Feuchtigkeit - sei es in Form von Nebel/Hochnebel, seien es tiefe Wolken
- so mir nichts dir nichts wegzuheizen. Also bracht´s Hilfe, Hilfe in Form vom
Wind, der den Quirl anschmeißt und durchmischt. Nun ist es so, dass genau dieser
benötigte Wind heute noch nicht so wirklich in Schwung kommt, weil die
Druckunterschiede zwischen dem westlich von Irland positionierten Tief PEPE und
der gen Südosteuropa abwandernden WENCKE (schwaches Hoch) noch zu gering sind.
Okay, auf der Nordsee und auf dem Brocken kommt der Südwest leidlich in Fahrt
(Helgoland Böen bis 7 Bft, Brocken bis 8 Bft), ansonsten ist aber noch deutlich
Luft nach oben.
Nichtsdestotrotz, gänzlich grau bleibt es in Deutschland an diesem für viele
nicht unwichtigen Tag (Martinstag ist ja auch noch) nicht. So lockert es z.B.
ausgehend vom Harz und Thüringer Wald gebietsweise auf und auch im Westen zeigen
sich in der frisch eingeflossenen subpolaren Meeresluft (mPs) Lücken mit
größeren Sonnenanteilen. Die meiste Sonne dürfte es trotz hoher Wolkenfelder vom
südlichen Oberrhein bis hinüber zum östlichen Alpenrand geben. Dazu gibt´s
Tageshöchsttemperaturen zwischen 10 und 15°C, im Dunstkreis vom SC Freiburg bis
17°C, an Oder und Neiße sowie im Bereich der ostbayerischen Mittelgebirge teils
nur 8 bis 10°C.
In der Nacht zum Mittwoch legt sich der o.e. Höhenrücken unter Vergrößerung
seiner Amplitude genau über den Vorhersageraum. Am frühen Morgen erstreckt sich
seine Hauptachse von Algerien über die Alpen hinweg bis dicht an die baltischen
Staaten heran. Bodennah verbleiben wir zwischen sich leicht verstärkenden WENCKE
mit Zentrum über dem nördlichen Balkan und dem westlich von Irland verharrenden
985iger-Tief PEPE, der sich mit dem kleinen ODIN und dem weit potenteren QUIRIN
noch ein paar kongeniale Partner ins Boot geholt hat, damit das mit der
Warmluftzufuhr in den nächsten Tage auch ja nicht schiefgeht. ODIN verlagert
sich bis morgen Mittag zum nördlichen Bottenbusen, während QUIRIN unter
Vertiefung auf etwas unter 990 hPa von Schottland (00 UTC) vor die
südnorwegische Westküste zieht. Nimmt man noch den trogartigen Wurmfortsatz
dazu, der hoch bis zu den Lofoten reicht, ergibt sich zusammen mit PEPE ein
mordsmäßig langer Südwestfetch, der von der Iberischen Halbinsel bis nach
Nordskandinavien reicht.
Ausgestattet ist der Tiefkomplex mit einem mehrfach wellenden und
teilokkludierten Frontensystem, das zunächst außen vor bleibt und kleinen
Zugriff auf Deutschland bekommt. Bedeutet für die kommende Nacht keinen
Niederschlag mehr, aber mitnichten auch nicht überall "klar Schiff". Z.T. ziehen
hohe Wolkenfelder durch, nordöstlich der Elbe hält sich noch einige
Restbewölkung vom Tage. Und dann sind da natürlich noch die novemberspezifischen
Parameter wie Nebel oder Hochnebel, die sich vornehmlich in der Südhälfte bis in
die Mitte reichend, lokal aber auch im Osten die Ehre geben. Im Westen und
Norden hingegen sorgt ein zwar schwacher, aber eben vorhandener südlicher Wind
für nebelfreie Verhältnisse. Apropos Wind, der legt über der Nordsee spürbar zu,
wobei er von Südwest auf Süd rückdreht. Zum Morgen hin könnten dann auch auf den
Nordfriesischen Inseln sowie den Halligen ein paar steife Böen 7 Bft
vorbeischauen. Auf Helgoland und Sylt reicht´s vielleicht sogar für eine
stürmische Böe 8 Bft, was auf dem Brocken Gesetz ist.
Die Temperatur geht auf rund 9°C zwischen Niederrhein und Nordsee bis nahe 0°C
in Teilen Süddeutschlands zurück. An den Alpen, im südlichen Vorland sowie im
Bayerischen Wald und im Erzgebirge muss mit leichtem Frost bis zu -3°C gerechnet
werden.
Mittwoch... beginnt das Südwestgebläse ganz allmählich in Gang zu kommen, auch
wenn man unten in den Niederungen; Tiefebenen, Tälern und Senken nur bedingt
oder - vor allem nach Südosten hin - gar nichts davon mitbekommt. Vor allem im
Nordwesten setzt mit Annäherung der Frontalzone sowie der o.e. Verlagerung von
QUIRIN Druckfall ein, der insgesamt eine leichte Zunahme der Gradienten bewirkt.
Nennenswert anspringen im Sinne des Warnmanagements tut der nun wieder auf
Süd-Südwest leicht rechtdrehende Wind weiterhin lediglich auf und an der
Nordsee, wo vor allem an der Küste SHs (leicht auflandige Komponente) +
Helgoland Böen 7, exponiert 8 Bft zu erwarten sind. Ansonsten bringt es der
Brocken auf volle Stärke 9 Bft, während sonst meist nur maximal 7er-Böen auf
exponierten Höhen auf der Karte stehen.
Ansonsten lässt sich konstatieren, dass nicht nur die Frontalzone dem äußersten
Nordwesten ziemlich dicht auf die Pelle rückt. Auch das Frontensystem, genauer,
der Übergang von QUIRINs Kalt- in PEPEs Warmfront über der Nordsee macht sich
bemerkbar mit mehrschichtiger Bewölkung und im Norden SHs sowie im Nordseeumfeld
etwas Regen oder Nieselregen. Je weiter wir uns über die Norddeutsche Tiefebene
hinweg in Richtung Mitte und Süden orientieren, desto größer die
Wahrscheinlichkeit für Sonnenschein. Vor allem in höheren Lagen sowie an den
Nordrändern der Mittelgebirge bekommt die Sonne alle Chancen, diesen Mittwoch zu
einem der besseren Tage in einem landläufig eher negativ (trüb, grau) belegten
Monat zu machen. Selbst in den Niederungen gibt es Möglichkeiten, dass sich
Nebel oder Hochnebel, wenn auch etwas schleppend, auflösen. Nicht so gute
Karten, heißt, im schlechtesten Fall sogar ganztägig dicht, haben u.a. die
untere Donau bis hoch in Teile der Oberpfalz und Oberfranken reichend sowie
einige Gebiete zwischen Südthüringen (Stau am Thüringer Wald) und Unterfranken.
Bis Tagesende steigt T850 deutlich an von 4 bis 10°C am Morgen auf 7 bis 14°C um
00 UTC (die niedrigsten Werte an der Grenze zu Dänemark, die höchsten über dem
Oberrhein). Das bleibt nicht ohne Wirkung auf die 2m-Temperatur, wenngleich zu
dieser Jahreszeit natürlich Abstriche zu machen sind. 10 bis 19°C stehen auf dem
Zettel, wobei es am Nordrand der westlichen Mittelgebirge sowie im Breisgau am
wärmsten wird. Etwas hinterher hinken das schlecht bis gar nicht durchmischte
östliche Bayern sowie die Regionen, wo Nebel und Hochnebel nicht oder erst spät
weichen wollen.
In der Nacht zum Donnerstag verlagert sich der Rücken geringfügig nach Osten,
was Deutschland unter eine antizyklonal konturierte südwestliche Höhenströmung
bringt. Ansonsten ändert sich nicht allzu viel, sieht man mal davon ab, dass das
Tief OUIRIN weiter via Mittelschweden gen Bottnischen Meerbusen zieht. An dem
langen Südwestfetch ändert das nichts, auch wenn der daraus resultierende Wind
weiterhin nur mit gebremsten Schaum agiert und unten überhaupt nichts ankommt.
Selbst auf der Nordsee schwächt sich der Südwestwind ab und auf den Höhen
scheint der Brocken weiterhin der einzige Vertreter seiner Zunft zu sein, auf
dem wind- bzw. sturmtechnisch so richtig was geht (Böen bis 9 Bft).
Wettertechnisch verläuft die Nacht so, dass der Norden und Nordwesten weiterhin
mit ausreichend Wolken der nahezu stationären Front über der Nordsee versorgt
werden. Es deutet sich aber an, dass sich die leichten Regenfälle vom Tage etwas
nach Norden zurückziehen. In großen Teilen des Landes bleibt es gering bewölkt
oder klar, sieht man mal von einigen für gewöhnlich prädestinierten Senken,
Mulden, Tälern oder Flussniederungen ab (u.a. unterer Donaubereich, Teile von
Rhein und Main + Nebenflüsse), in denen sich Nebel oder Hochnebel bilden
respektive ausbreiten. Es sei hier aber der Hinweis erlaubt, dass sich die
Numerik beim Ausweisen von Nebel/Hochnebel doch erkennbar zurückhält, also keine
ganz großen Flächen "zumüllt". Nachvollziehbar angesichts der Tatsache, dass
entweder etwas Wind geht oder aber die Inversion quasi am Boden aufliegt, was
vor allem die Bildung von Hochnebel verhindert.
Während es am Nordrand der Eifel sowie direkt an der Nordsee nicht unter 10°C
abkühlt, kann es südlich der Donau sowie Richtung Bayerischer Wald leichten
Frost geben.
Donnerstag... dauert die antizyklonale Südwestlage zwar an, aber wenn man mal
etwas genauer und großräumig auf die Wetterkarte schaut, offenbart sich einem
ein fast schon lehrbuchmäßig daherkommendes Viererdruckfeld. Einem Hoch im
Großraum Grönland/Island und einem weiteren über Südosteuropa stehen die beiden
Tiefs PEPE (weiterhin west-südwestlich von Irland) und OUIRIN (inzwischen in
Lappland angekommen). Und wie das so ist bei einer Pärchenbildung dieser Art,
man ist sich gänzlich uneins über den weiteren Kurs, insbesondere was die
Luftmassen angeht. Während das nördliche Duo die Interessen des Winters vertritt
und versucht, mit nördlicher Strömung polare Luftmassen möglichst weit nach
Süden zu verfrachten, hält das südliche Paar mit sehr milder,
niedertroposphärisch fast schon als warm zu bezeichnender Luft mediterranen bis
nordafrikanischen Ursprungs dagegen. Am Donnerstag jedenfalls gewinnt (noch?)
die Warmluft, auch wenn die Luftmassengrenze, d.h. die Zone mit der höchsten
Baroklinität sich auf den Weg ins norddeutsche Binnenland aufmacht. Wie stark
die thermischen Unterschiede sind, verdeutlicht ein Blick auf die
850-hPa-Temperatur zum Ende des Tages: Während die 0°C-Isotherme der
deutsch-dänischen Grenze von Norden her nicht mehr fern ist, sind es in
Oberschwaben satte 16°C plus.
Zum Wetter, das sich entsprechend der beschriebenen Konstellation sehr
unterschiedlich gibt. Fangen wir im Norden an, wo der Höhenrücken durch die
langsam südwärts vorankommende Frontalzone quasi geplättet wird, was eine recht
glatte west-südwestliche Höhenströmung nach sich zieht. Auf der warmen Seite
(bezogen auch auf die Luftmassengrenze am Boden) kommt es bedingt durch kurze
Wellen (flache Sekundärtröge) sowie zunehmender frontogenetischer Tendenzen zu
Hebungsprozessen, die erst für durchziehende Wolken (je weiter Richtung Nord-
und Ostsee, desto dichter) sorgen. Ab dem Nachmittag setzen dann in NRW und dem
westlichen NDS (genaue räumliche Verteilung noch unscharf) leichte Regenfälle
ein, die sich in der Nacht zum Freitag zu einem veritablen, zonal exponierten
Regenband entwickeln. Laut heutiger Prognose dürfte das Band etwa vom
west-südwestlichen NDS und Westfalen bis hinüber nach Nord-BB + Berlin reichen,
wobei nach Westen hin gebietsweise 5 bis 10, lokal vielleicht bis 15 l/m² innert
12 h wahrscheinlich sind.
Zur Mitte und nach Süden hin präsentiert sich der Donnerstag vielfach sonnig
oder nur locker bewölkt (Cirren). Dabei stehen die Chancen, dass sich das
lästige Dauergrau vielerorts auflöst, nicht schlecht. Einzig dort, wo die
Durchmischung weiterhin unterperformt, sprich, vornehmlich in Teilen
Süddeutschlands, könnte es stellenweise etwas schwieriger werden oder länger zu
dauern, den Nebel und Hochnebel zu tilgen.
Unabhängig davon wird bei der Temperatur geklotzt und nicht gekleckert, wie man
so schön sagt. So dürfte in Südbaden sowie im höheren Alpenvorland/Alpenrand
(dort leicht föhnig) mit hoher Wahrscheinlichkeit die 20°C-Marke fallen, lokal
reicht´s für voraussichtlich für bis zu 22°C. Aber auch sonst sollte man in
weiten Landesteilen über ein spätes Comeback der kurzen Hose nachdenken, vor
allem am frühen Nachmittag, wenn die Temperatur auf 14 bis 19°C angestiegen ist.
Etwas verhaltener nur die Gebiete mit Dauergrau sowie Teile Bayerns (zu wenig
Durchmischung). Und auch ganz im Norden wird´s nicht ganz so mild (aber noch
mild) rund 13°C.
Interessant noch der Wind, der aus Südwesten kommend vor allem in exponierten
Hochlagen spürbar zulegt, wobei der Brocken einmal mehr den Vogel abschießt mit
Böen bis 10 Bft. Sonst sind es meist Böen 7-8, vereinzelt 9 Bft, wobei in den
Alpen so ganz allmählich der Föhn Fahrt aufnimmt (Höhepunkt wahrscheinlich aber
erst am Freitag). Ach ja, nicht zu vergessen der krasse Windsprung am Abend ganz
oben im Norden. Mit Frontdurchgang dreht der Wind abrupt von Südwest auf
nördliche Richtungen, womit dann auch die KLA einsetzt.
Modellvergleich und -einschätzung
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Im Großen und Ganzen simulieren die Modelle die Entwicklung sehr ähnlich: erst
antizyklonale Südwestlage mit z.T. hohen Temperaturen, zum Ende hin beginnende
Grenzwetterlage (Frontogenese) in Norddeutschland. Einig ist man sich auch
dahingehend, als dass sich die novembertypische Einnebelung bzw. Bildung von
Hochnebel in der flächigen Ausdehnung in Grenzen hält.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann