Thema des Tages

19-10-2025 12:20


Wissenschaft kompakt

Leuchtende Tänzer am oberen Wolkenrand



Gewitter können interessante optische Erscheinungen hervorbringen.
Einige treten häufiger auf, andere sind wahre Seltenheiten. Ein
sogenannter "Crown Flash" gehört zu Letzteren. Dennoch gelang es
einem aufmerksamen Beobachter diesen Sommer das seltene Phänomen
festzuhalten.



Der Sommer liegt nun endgültig hinter uns und mit ihm die Zeit der
häufigen Schwergewitter. Zwar können mit geringer Wahrscheinlichkeit
auch am morgigen Montag, den 20. Oktober 2025, einzelne Gewitter im
Westen auftreten, ihre Intensität ist jedoch nicht vergleichbar mit
der ihrer hochsommerlichen "Verwandten". Häufig sind es die
Begleiterscheinungen wie heftiger Starkregen, Orkanböen, großer Hagel
oder Tornados, die bei schweren Gewittern enorme Schäden anrichten
können. Auch Blitze stellen für Gegenstände oder Leib und Leben eine
echte Gefahr dar. Trotzdem faszinieren uns diese Gewalten der Natur
immer wieder aufs Neue. Die mit hohen elektrischen Spannungen
zusammenhängenden Leuchterscheinungen sind besonders schön anzusehen.


Wie entstehen diese hohen Spannungen?

Bei der Bildung eines Gewitters steigen feuchte und energiereiche
Luftmassen rasant auf. Dabei wird die Luft mit zunehmender Höhe
schnell abgekühlt, sodass es zur Kondensation des in der Luft
enthaltenen Wasserdampfes kommt. Entsprechend bilden sich
Quellwolken, die schließlich zu einem ausgewachsenen Cumulonimbus
(Gewitterwolke) heranwachsen. Im sogenannten Aufwindbereich des
Cumulonimbus werden sehr viele Wassertröpfchen und Eiskristalle mit
Geschwindigkeiten von über 100 Kilometern pro Stunde in eisige Höhen,
zum Teil über 10 Kilometer, katapultiert, um anschließend wieder in
Richtung Erde zu fallen. Auf ihrem Weg durch die Gewitterwolke stoßen
sie dabei aneinander, wodurch es zu einer elektrischen
Ladungstrennung innerhalb der Wolke kommt. So entstehen zum einen
Bereiche mit positiver Ladung, die sich im oberen Bereich der Wolke
befinden, zum anderen konzentriert sich negative Ladung im unteren
Teil. Die Spannungen sind dabei erheblich und können bis zu einer
Milliarde Volt betragen.

Welche Erscheinungen können dabei auftreten?

Aufgrund dieser hohen Spannungen können unterschiedliche Phänomene
entstehen. Blitze entstehen beispielsweise, um den Ladungsunterschied
innerhalb der Wolke bzw. zwischen Wolke und Erdboden wieder
auszugleichen. An manchen Tagen und bei einer genauen Beobachtung der
Gewitterwolken lässt sich jedoch eine weitere, überaus seltene
Erscheinung am Himmel ausmachen. Im vergangenen Juni
(zugegebenermaßen eine Weile her) konnte ein aufmerksamer Beobachter
an der Wolkenoberseite einen gebogenen Lichtstrahl ausmachen, der hin
und her hüpfte und scheinbar auf der Wolke tanzte.

Auch im Jahr 2018 erreichte uns ein Video aus Würzburg, in dem der
tanzende Schweif auf einer Wolkenoberseite aus einem Hinterhof heraus
beobachtet werden konnte.

Dieses mysteriöse Phänomen ist unter anderem als "Crown Flash" (dt.
krönender Lichtstrahl) oder "Leaping Sundog" (dt. hüpfende oder
springende Nebensonne) bekannt. Der Name der Erscheinung sowie deren
erste wissenschaftliche Beschreibung geht übrigens auf einen Artikel
in dem renommierten Magazin "Nature" aus dem Jahre 1971 zurück, in
dem dieses zum damaligen Zeitpunkt noch unbekannte Phänomen erstmals
öffentlich beschrieben und sogleich mit dem Namen "Crown Flash"
versehen wurde.

Wie erklärt sich dieses Phänomen?

Aktuell existiert noch keine exakte wissenschaftliche Erklärung für
diese faszinierende Erscheinung. Führende Theorien gehen davon aus,
dass es sich dabei um einen Lichtstrahl handelt, der an kleinen
Eiskristallen im oberen Bereich der Gewitterwolke gebrochen und
reflektiert wird. Jedoch sieht der Beobachter am Boden die Reflexion
nur, wenn er richtig zur Sonne steht. Das macht dieses Phänomen so
selten.

Warum hüpft der Lichtstrahl?

Die Eiskristalle an der Wolkenoberseite sind durch das
elektromagnetische Feld der spannungsgeladenen Wolke in einer
bestimmten Orientierung angeordnet und geben somit die Richtung der
Reflexion vor. Kommt es nun zu einer Entladung, das heißt, blitzt es
in der Gewitterwolke, ändert sich das Spannungsfeld, wodurch es zu
einer ruckartigen Änderung der Ausrichtung der Eiskristalle und somit
auch des Reflexionswinkels des Lichtstrahls kommt. Der Beobachter
nimmt dies dann als ein Hüpfen des Lichtstrahls wahr.
Weitere anschauliche Clips lassen sich bei einer Internetrecherche
finden, zum Beispiel auf der Online-Videoplattform YouTube, wo der
Nutzer QuadeM13 ein herrliches Beispiel (Link 1) im Jahr 2015 in
Greenwood, Indiana (USA) beobachten konnte.


MSc.-Met. Sebastian Schappert

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.10.2025

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