DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

27-07-2025 16:30
SXEU31 DWAV 271800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 27.07.2025 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
Unbeständiges Wetter mit zahlreichen Schauern und Gewittern mit stark- und
Dauerregen, an der See teils windig bis stürmisch.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 06 UTC
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Aktuell ... Ein Blick auf die prognostizierten Wetterlagen des IFS im
Kurzfristzeitraum sagt alles! Vom heutigen Sonntag bis zum kommenden Donnerstag
hat die Wetterlage Trog Mitteleuropa alles im Griff und vereint alle Member
unter sich.

Es heißt also weiter: Unbeständig beständig und kein Sonnensommer! In den
folgenden Abschnitten möchte ich dann auch nicht im Detail auf die geringen
Veränderungen im Geopotential- und Luftdruckfeld eingehen. Vieles dazu kann man
auch der Frühübersicht entnehmen. Viel interessanter ist doch die potentielle
Warnlage im Vergleich der verschiedenen Modelle. Und da setze ich nun an.

Am heutigen Abend und in der Nacht zum Montag gibt es einen bunten Mix an
Hebungsprozessen. Von Nordwesten hat eine Kaltfront übergegriffen und wandert
ostsüdostwärts. Somit ist regional frontogenetische Hebung an Bord. Dann liegt
Deutschland auf der Vorderseite der Trogachse, die sich von der Nordsee über
Benelux bis in die westliche Schweiz erstreckt. Demnach kann im Westen und
Südwesten PVA die Hebung anfeuern. Zudem sind weitere kurzwellige Anteile
unterwegs, die einen gewissen Hebungsinput leisten. In den Bereichen, wo
Hebungsimpulse interagieren, sind stärkere Entwicklungen möglich. Dazu ein Blick
auf die Zutatenliste. Diese weist vor der Kaltfront bei PPWs von 25 bis 35 mm
ausreichend Feuchte auf. Die konvektiv verfügbare Energie ist zwar nicht üppig,
aber bei Werten zwischen 100 und 600 J/kg auch nicht zu vernachlässigen. Auch
die LapsRates schmeißen den Meteorologen nicht vom Hocker, dennoch sind in der
Südhälfte leicht labile Bedingungen zu verzeichnen. Die Scherung ist aber mau
und hat wohl kaum bis keinen Einfluss auf die Entwicklungen. Insgesamt haben wir
es also mit Wassergewittern zu tun. Demnach heißt das Stichwort: Starkregen.
Während im Süden zumindest noch eine gewissen Verlagerungstendenz vorliegt,
kommen die Zellen in der Mitte teilweise nur zögernd ostwärts voran und weisen
teilweise sogar strömungsparallele Linien auf. Entsprechend muss gebietsweise
auch weiter mit heftigem Starkregen zwischen 25 und 40 l/qm in kurzer Zeit oder
wenigen Stunden gerechnet werden. Am heutigen Abend besteht demnach vor allem
von Mecklenburg-Vorpommern über Sachsen-Anhalt bis nach Thüringen und Osthessen
sowie allgemein im Südwesten ein erhöhtes Risiko für unwetterartige Regensummen
von 25 bis 40 l/qm in kurzer Zeit bzw. 35 bis 50 l/qm in 6 Stunden. In der Nacht
zum Montag bleiben diesbezüglich vor allem der Südwesten und Ostthüringen und
Westsachsen im Fokus. Allerdings sind die Starkregenfälle dann teilweise auch
ungewittrig unterwegs. Neben dem Niederschlag können die Gewitter aber auch noch
andere Begleiterscheinungen enthalten. Vor allem im Süden gehen die Gewitter
teilweise mit kleinkörnigem Hagel einher, örtlich sind vorübergehend auch mal
Hagelkorngrößen um 2 cm nicht ausgeschlossen. Der wind spielt eher eine
untergeordnete Rolle und bringt es in Gewitternähe mal auf steife bis stürmische
Böen (Bft 7-8), einzelne Sturmböen sollten die Ausnahme bilden. Dafür fehlt es
an Höhenwind und Struktur (fehlende Scherung). Tja und dann sind auch noch
Dauerregenwarnungen auf der Warnkarte vorhanden, die bis heute Abend ihrem Namen
nicht gerecht werden, aber in den kommenden 36 bis 48 Stunden durchaus an
Signifikanz gewinnen. Bisher waren nahezu alle Niederschläge stark konvektiv und
daher eher mit Starkregen verbunden. Dabei konnten mehrere Starkregenereignisse
regional die Mengen auch weit in die Höhe treiben und Dauerregenschwellen
reißen. So geschehene am Alpenrand letzte Nacht. Auch im Schwarzwald ist der
erste Schwung an Niederschlag konvektiv getriggert durch fette Schauer und
Gewitter gefallen. Erst in der Nacht und am Montag sind dann auch länger
ungewittrige Niederschläge/starkregenfälle zu erwarten. Eine richtige
Stausituation stellt sich dort jedoch nicht wirklich ein. Dies ist an den Alpen
anderen. Dort bekommen die Niederschläge mit Winddrehung auf Nordwesten hinter
der Kaltfront einen klaren skaligen Anteil. Dabei fungiert auch die Orografie
als Haupttreiber.

Montag ... und in der Nacht zum Dienstag halten die konvektiv durchsetztem, aber
überwiegend skaligen Niederschläge südlich der Donau und vor allem an den Alpen
an. Frontogentische Reste der Front können in Niederbayern und dem Bayerischen
Wald anfangs sogar noch einzelne Gewitter hervorbringen, welche mit Starkregen
einhergehen können. Deutlich konvektiver geht es im Nordwesten und Westen zu.
Dort trommelt ein Kurzwellentrog in der Höhe und schickt PVA ins Spiel.
Entsprechend muss im westlichen Niedersachsen, NRW sowie dem Nordwesten Hessens
und dem Norden von Rheinland-Pfalz mit zahlreichen Schauern und Gewittern
gerechnet werden. Diese haben aber eine signifikante Verlagerungstendenz. Da
auch die Feuchte in der kühleren Luft reduziert daherkommt, ist zwar Starkregen
möglich, heftiger Starkregen (Unwetter) aber eher unwahrscheinlich. Der Wind
dürfte erneut meist bei steifen bis stürmische Böen liegen und der kleinkörnige
Hagel bei Cape-Werten bis 500 J/kg ebenfalls örtlich auftauchen. In der Nacht
zum Dienstag verlieren die konvektiven Zellen mit bodennaher Stabilisierung an
Kraft. Zudem ist auch die Unterstützung aus der Höhe nicht mehr passend oder
kaum vorhanden. Dafür regnet es südlich der Donau munter weiter, wobei sich die
kräftigsten Niederschläge an den östlichen Alpenrand verlagern. Sollte sich die
Wolkendecke mal länger öffnen, kann es gebietsweise Nebel geben. Ob dieser dann
auch noch warnwürdig wird und die Sichtweite von 150 Meter unterschreitet, muss
abgewartet werden.

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Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 06 UTC

Dienstag ... sind drei Spielfiguren bzw. Wetterschwerpunkte auf der Karte. Ok,
der Dauerregen an den Alpen ist eigentlich nicht mehr Rede wert und ein
Auslaufmodell. Dennoch sind bevorzugt am östlichen Alpenrand Modell übergreifend
nochmals 4 bis 14 l/qm in 24 Stunden möglich. Als zweite Baustelle haben wir
eine Feuchtekonvergenz, die in der Höhe auch noch mit einem kurzwelligen Anteil
interagiert und schließlich vom Westen bis in die Mitte schauerartig verstärkte
Regenfälle auslöst. Für Gewitter ist das Profil aber zu stabil, wenngleich ein
zwei Blitze nicht ausgeschlossen werden können. Demnach steht in NRW, Hessen und
Teilen von Rheinland-Pfalz erneut der mehrstündige Starkregen im Fokus. PPWs von
20 bis 25 mm lassen bei geringer Verlagerungsgeschwindigkeit und kräftigeren
Entwicklungen lokal auch Starkregen um 15 l/qm im kurzen Zeitraum zu. Das volle
Interesse muss ab Dienstag aber auf Schleswig-Holstein und die Nordseeregion
gerichtet werden. Über Dänemark eiert von Dienstag bis Donnerstag ein
hochreichendes Tief herum und wirbelt dabei ordentlich Feuchte in die Region.
Während diese am Dienstag tagsüber nur mit Schauer und einzelnen Gewittern
eingedeckt wird, legt die Spannung in der Nacht zu. Bei PPWs um 21 mm, etwas
Labilität und moderaten Cape-Werten sollte tagsüber Starkregen zwar möglich aber
nicht der Standard (um 15 l/qm) sein, eher könnte der Wind ein Thema werden und
in Gewitternähe stürmische Böen bis Sturmböen bringen. In der Nacht zum Mittwoch
schiebt das Tief schließlich einen konvektiven Streifen von der Nordsee her in
den friesischen Raum. Mit steigenden PPWs auf 24 bis 29 mm wird der stündliche
Starkregen wahrscheinlicher. Der Fokus sollte jedoch auf dem mehrstündigen
Starkregen liegen, der durchaus Mengen bis 35 l/qm in 6 Stunden erreichen kann.
Von den Modellen her gibt es zudem deutliche Hinweise, dass auch heftiger
Starkregen (Unwetter) mit Mengen zwischen 35 und 60 l/qm in 6 Stunden auftreten.
Jetzt stellt sich aber die Frage der genauen räumlichen Einordnung und genau
diese ist noch nicht abschließend geklärt, wenngleich es deutliche Tendenzen
gibt. Während die deterministischen Modellläufe des ICON und IFS sowie auch das
ICON- und IFS-EPS Nordfriesland als Starkregenziel ausgewählt haben, zeigt das
C-LEPS des EZ derzeit die höchsten Wahrscheinlichkeiten mit mehrstündigen
Starkregen oder heftigen Starkregen von Cuxhaven bis nach Friesland. Mit der
Annäherung des Tiefs ist auch eine Gradientverschärfung verbunden, sodass an der
Nordseeküste vor allem auflandig auch abseits der Gewitter starke bis stürmische
Böen (Bft 7-8), vereinzelt auch Sturmböen (Bft 9) möglich sind.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die großskaligen Geopotential- und Luftdruckstrukturen
vergleichbar. Im Detail ergeben sich jedoch typisch für die Wetterlage Trog
Mitteleuropa gewisse Unterschiede bei ablaufenden Kurzwellentrögen oder
kurzwelligen Anteilen sowie potentiellen Feuchtekonvergenzen. Entsprechend
werden die Niederschlagsschwerpunkte als auch die Intensität leicht abweichend
wiedergegeben. Grundsätzlich kann in der Kurzfrist jedoch eine ordentliche
räumliche Einordnung vorgenommen werden. Gleichermaßen ist auch die
Größenordnung der Niederschlags-, Wind und Hagelstärken vergleichbar.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Lars Kirchhübel