DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist
17-07-2025 16:30
SXEU31 DWAV 171800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 17.07.2025 um 18 UTC
SCHLAGZEILE:
Auch am morgigen Freitag im Norden und Osten leicht unbeständig, vor allem im
Norden örtlich Gewitter mit Starkregen, Unwetter nicht ausgeschlossen.
Am Samstag dann im Westen und Süden aber einzelne kräftige Gewitter (Unwetter
nicht ausgeschlossen).
Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC
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Aktuell ... kommt weiterhin nur sehr zögerlich Bewegung in die "eingefahrene"
Geopotenzialkonstellation über dem nordostatlantisch-europäischen Raum: Unser
bisher wetterbestimmendes Höhentief, das sich mit seinem Drehzentrum in 500 hPa
zum heutigen 18 UTC-Termin in etwa über der Hohen Tatra befindet, zieht sich
zunächst kaum ostsüdostwärts zurück, allerdings etabliert sich im Laufe der
Nacht ein weiteres Drehzentrum im Bereich der Ostkarpaten über dem
rumänisch-ukrainischen Grenzgebiet.
Ausgehend von diesem Höhentief-Dipol erstreckt sich eine quasistationäre,
zunehmend flache Potenzialrinne nordwestwärts über den Westen Polens bis zur
Deutschen Bucht. Um diese herum wurde heute im Tagesverlauf ein markanter
Randtrog unter Konturverlust über Nord- und Ostdeutschland hinweg südostwärts
geführt, ein weiterer, sehr flacher kurzwelliger Troganteil erfasst im Laufe der
zweiten Nachthälfte dann von der Ostsee her den Nordosten des
Vorhersagegebietes.
Beständiger, wenngleich auch schwacher dynamischer Hebungsantrieb peripher des
durchschwenkenden Troges bescherte somit dem Norden und Osten des
Vorhersagegebietes einen wechselhaften Tag.
Ein mit dem Höhentief korrespondierendes Bodentief ("HORST") befindet sich
aktuell über dem Nordwesten Polens und kommt im Laufe der Nacht zögernd
ostsüdostwärts voran, wobei es sich langsam auffüllt. Die Warmfront des Tiefs
hat inzwischen Teile von Schleswig-Holstein und Vorpommern überquert, kommt im
Laufe der Nacht noch etwas nach Südwesten voran, ist aber zunehmend
strömungsparallel eingebettet und zeigt deutliche Auflösungstendenzen. Mit ihr
gelangt eine hochreichend feuchte und warme, ehemals subtropische, inzwischen
aber "gealterte", soll heißen, kontinental modifizierte Luftmasse in den Norden
und Osten des Landes. Die PPWs sind dort auf 30 bis 35 mm gestiegen.
Dabei gelangt präfrontal wolkenreiche und bodennah noch relativ kühle
Nordseeluft in die Regionen vom Norden/Osten NRWs und Niedersachsen über die
nördliche Mitte bis in die Osthälfte. Kräftige WLA führt zudem vor allem nach
Osten zu zu überwiegend skaligen, nur gebietsweise konvektiv durchsetzten
Regenfällen (bis zum Abend gebietsweise über 10 l/qm in 12 Stunden), die sich im
Laufe der Nacht Richtung Erzgebirge/Tschechien/Nordostbayern zurückziehen und
gleichzeitig deutlich an Intensität verlieren.
Wesentlich interessanter gestaltete sich die Wetterentwicklung entlang der
Warmfront vor allem über Teilen von Schleswig-Holstein. Dort etablierte sich im
Bodenfeld eine recht markante Feuchtefluss- bzw. Windkonvergenz (in der
rückseitig einströmenden Warmluft stieg die Temperatur mit etwas Sonnenschein im
Nordosten Schleswig-Holsteins sogar auf bis zu 27 Grad, präfrontal waren es
keine 20 Grad), an der sich - gestützt auch durch die dynamische
Hebungskomponente - immer wieder kräftige Schauer und Gewitter entwickelten, die
wegen der höhenströmungsparallelen Exposition der Konvergenz nur wenig
Verlagerungstendenz aufwiesen. PPWs um 35 mm und durch die Einstrahlung
generierte Cape von 200 bis 500 J/kg ließen auch einzelne unwetterartige
Starkregenereignisse erwarten. Zudem war mit dem konvergenten bodennahen
Windfeld und schwacher hochreichender Scherung ein leicht erhöhtes Potenzial für
Typ II-Tornados gegeben.
In den kommenden Stunden dürften die nun langsam nach Süden und Südwesten
wandernden Schauer und Gewitter aber deutlich an Intensität einbüßen, zumal
neben dem üblichen Tagesgang auch der dynamische Hebungsantrieb nach Passage des
Troges vorübergehend zum Erliegen kommt. Die Wolken lockern von der Ostsee her
auch sonst im Norden und Osten gebietsweise mal stärker auf (lediglich in einem
Streifen von der Nordsee über Niedersachsen bis nach Sachsen und Thüringen
bleibt es meist stark bewölkt). Hier und da kann sich in der feuchten Luft
dichter Nebel ausbreiten.
Der Westen und Süden befanden bzw. befinden sich dagegen unter schwachem
Zwischenhocheinfluss. Verantwortlich dafür ist ein Höhenrücken, der sich über
Frankreich nordnordostwärts bis zur südlichen Nordsee erstreckt, gestützt wird
durch zwar schwache, aber beständige WLA vorderseitig eines Langwellentroges
über dem Nord- und nahen Ostatlantik und von dort aus im Laufe der Nacht
zunehmend auf Tuchfühlung geht mit der Höhenantizyklone über Skandinavien. Das
zugehörige Bodenhoch "EDELTRAUD" steht zwar auf etwas wackeligen Füßen, dennoch
konnte die in die Südwesthälfte eingeströmte, ehemals maritim erwärmte Polarluft
abtrocknen und sich erwärmen, so dass dort neben lockerer und flacher
Quellbewölkung (Absinkinversion zwischen 700 und 800 hPa) auch recht häufig die
Sonne zum Zuge kam. Bei 9 bis 12 Grad in 850 hPa lagen die Maxima meist zwischen
22 und 27 Grad.
Auch die Nacht verläuft dort locker bis gering bewölkt und trocken. Das
Bodenhoch verlagerts einen Schwerpunkt ein wenig Richtung Alpen und schwächt
sich etwas ab. Somit kann die dichtere Bewölkung von Nordosten her noch bis in
den Nordosten und Osten Bayerns vordringen.
Die Minima liegen meist zwischen 17 und 10 Grad. Bei länger klarem Himmel wird
es vor allem in den Mittelgebirgstälern Südwestdeutschlands noch um einiges
kühler.
Freitag ... füllt sich der Höhentiefdipol über der Hohen Tatra auf, während der
weiter östlich fast quasistationär bleibt. Nach wie vor erstreckt sich eine
flache Potenzialrinne nordwestwärts bis nach Norddeutschland.
Das Höhenhoch über Skandinavien verlagert seinen Schwerpunkt etwas nach Osten,
Richtung Ladogasee und der flache, seichte Höhenrücken über Frankreich, Benelux
und der südlichen Ostsee ebenfalls ein wenig ostwärts voran.
Im Bodenfeld füllt sich Das Tiefdruckgebiet über Polen weiter auf und auch Hoch
"EDELTRAUD" über dem Alpenraum schwächt sich etwas ab. Somit dominieren schwache
Luftdruckgegensätze über dem Vorhersagegebiet. Allerdings etabliert sich
unterhalb der Potenzialrinne über Norddeutschland im Tagesverlauf erneut eine
ausgeprägte Feuchtefluss- bzw. Windkonvergenz, die in etwa über den Westen von
Schleswig-Holstein südwärts bis ins nördliche Niedersachsen und von dort aus
südsüdostwärts bis zum Westerzgebirge reicht. Vor allem über Schleswig-Holstein
wird sie zusätzlich noch durch das Land-Seewindsystem gestützt. Die PPWs
erreichen dort sowie im nördlichen Niedersachsen erneut Werte um 35 mm, mit
Einstrahlung können etwa 300 bis 600 J/kg Cape generiert werden.
Ähnlich wie heute dürfte in der Region im Laufe des späten Vormittags bzw. um
die Mittagszeit die Schauer- und Gewittertätigkeit in Gang kommen, wobei als
Begleiterscheinung der Starkregen im Fokus steht. Recht hohe
Wahrscheinlichkeiten dafür (auch mehrstündig) liefert I-D2-EPS vor allem in
Teilen von Schleswig-Holstein bis ins nördliche Niedersachsen. Erneut können
auch die Warnschwellen für Unwetter kleinräumig gerissen werden, insgesamt
wurden die Wahrscheinlichkeiten dafür in den letzten Läufen aber etwas
reduziert.
Das konvergente Windfeld in Bodennähe lässt in Verbindung mit Cape vor allem in
den unteren 2 km und kaum vorhandener hochreichender Scherung erneut einige
Typ-II Tornados erwarten.
Einzelne Schauer und Gewitter kann es auch weiter südsüdöstlich entlang der
Konvergenz, also vom mittleren/östlichen Niedersachsen bis zum Westerzgebirge
geben, eventuell auch noch bis in den nord- und ostbayerischen
Mittelgebirgsraum, mit allerdings deutlich geringerer Wahrscheinlichkeit für
Starkregen. Auch weiter östlich, also in Vorpommern und Brandenburg, sind in
leidlich labiler Luftmasse (gebietsweise 100 bis 300 J/kg "skinny Cape" bei PPWs
um bzw. knapp über 25 mm) sind einzelne Schauer, eventuell auch mal ein kurzes
Gewitter nicht ausgeschlossen.
Etwas westlich und südlich von der Konvergenz abgesetzt, also im Westen und
Süden des Vorhersagegebietes, dominiert knapp vorderseitig des Rückens nach wie
vor Absinken. Dort scheint bei maximal flacher Quellbewölkung überwiegend die
Sonne. Die Luftmasse kann sich insgesamt, vor allem aber im Südwesten, weiter
erwärmen, in 850 hPa steigt die Temperatur bis zum Abend auf Werte zwischen 11
Grad an der Oder und knapp 16 Grad am Hochrhein. Im Bereich der Konvergenz wirkt
die teils recht dichte Bewölkung dämpfend, so dass es dort - ebenso wie an den
Küsten und an den östlichen bzw. ostbayerischen Mittelgebirgen - lediglich für
Höchstwerte zwischen 22 und 25 Grad reicht (Küsten bei auflandigem Wind kaum 20
Grad). Sonst wird es mit 25 bis 29 Grad, am Oberrhein knapp 30 Grad sommerlich
warm.
In der Nacht zum Samstag kommt der flache Höhenrücken über dem westlichen
Mitteleuropa langsam bis in den Westen des Vorhersagegebietes voran, wodurch die
Potenzialrinne über dem Nordosten und Osten des Landes an Kontur verliert.
Währenddessen wird der Langwellentrog über Westeuropa bzw. dem nahen Ostatlantik
durch einen von Nordwesten einlaufenden Randtrog regeneriert und greift im Laufe
der Nacht auf die Britischen Inseln bzw. den Westen Frankreichs über.
Im Bodenfeld kann sich auf dessen Vorderseite der Druckfall über Frankreich noch
etwas verstärken und auch über dem Westen und Süden Deutschlands beginnt der
Druck leicht zu fallen. Die Konvergenz löst sich somit mehr und mehr auf und
entsprechend klingen nicht nur (tagesgangbedingt) die Schauer und Gewitter im
Laufe des Abends und der ersten Nachthälfte rasch ab, sondern auch die Wolken
lösen sich in diesem Bereich mehr und mehr auf. Lediglich im Nordwesten kann
sich nach Lesart einiger Modelle gebietsweise eine etwas dichtere Stratusdecke
halten. Ansonsten können sich aber vor allem in der Nordosthälfte bei länger
klarem Himmel gebietsweise dichte Nebelfelder ausbreiten.
Im Westen und Süden verläuft die Nacht zunächst gering bewölkt, ehe mit
zunehmender WLA meist dünne hohe und mittelhohe Wolkenfelder aufziehen. Es
bleibt aber trocken.
Die Minima liegen meist zwischen 17 und 11 Grad, im Südosten auch darunter.
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Synoptische Entwicklung bis Sonntag 06 UTC
Samstag ... ist den Ausführungen in der Frühübersicht nichts Substanzielles
hinzuzufügen.
Der flache Höhenrücken bzw. -keil schwenkt tagsüber und in der Nacht zum Sonntag
langsam über Deutschland hinweg ostwärts und wir geraten danach auf die
Vorderseite des kräftigen Troges über Westeuropa, der in der Nacht zum Sonntag
südwestlich von Irland austropft.
Bei beständigem Druckfall greift im Tagesverlauf eine Tiefdruckrinne mit einer
leidlich labil geschichteten und feuchten Luftmasse auf den Westen und Südwesten
Deutschlands über, in der sich teils kräftige Schauer und Gewitter entwickeln
und die in der Nacht zum Sonntag unter Abschwächung allmählich nach Nordosten
vorankommen.
Labilität und Scherung sind, wie bereits in der Frühübersicht beschrieben,
limitiert, aufgrund der hohen PPWs sind einzelne Starkregen-Unwetterereignisse
dennoch nicht ausgeschlossen.
Vorher wird es landesweit noch einmal hochsommerlich warm mit Höchstwerten
zwischen 26 und 32 Grad.
Modellvergleich und -einschätzung
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Der grobe Fahrplan steht. Im Detail gibt es Unterschiede, die räumliche
Verteilung und Intensität der konvektiven Niederschläge, vor allem in
Schleswig-Holstein betreffend. I-D2 ist da sehr offensiv aufgestellt und
simuliert auch am morgigen Freitag nach wie vor recht hohe Wahrscheinlichkeiten
für Unwetter-Starkregen, wenngleich in den letzten Läufen ein wenig
zurückgerudert wurde.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff