DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

23-06-2025 08:01
SXEU31 DWAV 230800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 23.06.2025 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Heute im Südosten markante Gewitter, örtlich Unwetter. Auch im Norden markante
Gewitterlinie, nach Osten mit schweren Sturmböen. Am Dienstag an der See weiter
markante Böen. Am Mittwoch in der Südhälfte Hitze. In der Nacht auf Donnerstag
im Westen und Südwesten von Frankreich kommend größerer Gewittercluster.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... liegt Deutschland zunächst noch knapp vorderseitig eines Höhentroges,
der von einem Jetmaximum in 300 hPa flankiert wird. Die Trogachse erreicht den
Nordwesten ab dem frühen Nachmittag und schwenkt dann rasch ostwärts, so das am
Abend bereits die Grenze zu Polen erreicht wird. Am Boden befindet sich
korrespondierend dazu ein Tief über Südskandinavien. Seine Kaltfront erstreckt
sich derzeit quer über Deutschland von Südwest nach Nordost und lässt sich gut
am Rückgang der Taupunkte sowie der Tendenz der spezifischen Feuchte ausmachen.
Der Kaltfront vorgelagert findet sich eine in einen Bodentrog eingelagerte
Konvergenz. Im Laufe der Nacht hat sich entlang dieser eine fast durchgehende
Gewitterlinie gebildet, die nun bereits im Begriff ist Deutschland zu verlassen
(derzeit noch von der bayerischen Donau bis nach Ostsachsen). Einzelne
eingelagerte Zellen haben Wind bis in den Sturmbereich (Neuburg bei Ingolstadt
sogar Bft 10) gebracht. Bis zum Vormittag zieht diese Gewitterlinie mit
rückseitigem Druckanstieg nun ostwärts ab.

Im präfrontalen Bereich über dem Südosten von Deutschland liegt weiterhin die
energiereiche Luftmasse. Tagesgangbedingt dürfte sich der Akku wieder aufladen.
Hochauflösende Modell simulieren den Aufbau von CAPE Werten teils über 1500
J/kg. Die erste Auslöse wird von ICON-RUC etwa ab den Mittagsstunden (13 Uhr
MESZ) simuliert. Vornehmlich betroffen sind die Regionen südlich der Donau und
Ostbayern im Grenzgebiet zu Tschechien. Die Scherung verbessert sich im
Tagesverlauf deutlich, sodass dann auch hochreichende Scherwerte um 20 m/s zu
erwarten sind. Die Hauptscherung konzentriert sich dabei auf die unteren 2 km,
mit leicht rückdrehenden Winden im unteren Troposphärenbereich. Es ist also
durchaus von besser organisierten Zellen auszugehen. Das wird gestützt durch die
UH-tracks, die die eine oder andere Superzelle simulieren. Entsprechend muss als
Begleiterscheinung auch größerer Hagel (3 bis 4 cm eingeplant werden). Zudem ist
in stärkeren Entwicklungen mit Sturmböen und schweren Sturmböen zu rechnen (Bft
9/10). Starkregen dürfte aufgrund der doch recht hohen Zuggeschwindigkeit
zumeist im markanten Bereich angesiedelt sein.
Auch Ostsachsen und Südostbrandenburg befindet sich noch im präfrontalen
Bereich. Dort sind die hochauflösenden Modelle aber eher zurückhaltend.
Vermutlich reicht die Zeit zur Erholung nicht mehr ganz aus, da dort die
Kaltfront eher ankommt. Eine stärkere Zelle kann aber nicht ausgeschlossen
werden.

Die zweite Baustelle ist in der Nordhälfte des Landes angesiedelt und hängt mit
dem Trog zusammen, auf dessen Vorderseite eine zweite Kaltfront mit markanter
Windzunahme zu finden ist. Begleitet wird die KF von einem Maximum des Windes im
unteren Troposphärenbereich. ICON-D2 zeigt dort bis zu 50 kn in 950 hPa.
Tagesgangbedingt dürfte sich auch ein wenig CAPE aufbauen (300/400 J/kg).
Eingelagert in einen Bodentrog findet man auch ein schönes Maximum in der
Feuchteflusskonvergenz. Zudem wird die Linie gestützt durch den linken Ausgang
des Höhenjets. Es ist davon auszugehen, dass sich durch den linearen Antrieb
eine nahezu durchgehende Linie entwickelt, die etwa ab dem Mittag/frühen
Nachmittag sich besser organisieren kann und zunehmend gewittrig daherkommt. Ab
etwa 13 UTC springt dann auch die ICON-Schiene über Ostniedersachsen mit
stärkeren Böen an. Schon davor kann es stürmische Böen geben, dann sind aber
zunehmend auch Sturmböen zu erwarten, die dann ostwärts fortsetzend auch
MeckPomm, große Teile von Sachsen-Anhalt und Brandenburg inkl. Berlin betreffen
dürften. Mit den Höhenwinden sind durchaus auch Bft 10 Böen im Bereich des
Möglichen. Diese findet man auch konsistent in den letzten ICON-RUC Läufen und
in den Wahrscheinlichkeiten. Dabei fällt auf, dass das ICON-D2 EPS fast gar
keine Bft 10 anbieten, was angesichts der Winde in der unteren Troposphäre doch
überrascht. ICON-RUC EPS hat hingegen Wahrscheinlichkeiten bis 25% für Bft 10,
was doch ein deutlicher Fingerzeig ist und darauf hindeutet, dass es durchaus
größerflächig schwere Sturmböen mit entsprechendem Schadenspotential geben kann
(mit dabei mit den höchsten Wahrscheinlichkeiten ist Berlin). Externe Modelle
(z.B. SuperHD) bieten auch orkanartige Böen an und auch das ICON-RUC zeigt
Einzelmember in diesem Stärkebereich.
Die Empfehlung ist schon im Vorfeld eine flächige Windwarnung herauszugeben, die
scheibchenweise nach Osten fortsetzend die Bft 9/10 Böen bewarnt. Sollten sich
stärkere Böen abzeichnen, könnten diese auch als rote Gewitterwarnungen noch
obendrauf gesetzt werden, aufgrund des Impacts sicher auch schon bei höheren
Bft10 Böen.
Am Abend zieht die Linie rasch ostwärts ab.

Neben den Gewittern ist auch ganz allgemein ein lebhafter West- bis Südwestwind
unterwegs, der bereits flächig als Bft 7 mit vereinzelt Bft 8 abgewarnt wurde.
Im Bergland und an der See laufen entsprechend markante Windwarnungen, Brocken
Bft 11.

In der Nacht auf Dienstag beruhigt sich das Wettergeschehen deutlich. Die
Höhenströmung zonalisiert und Deutschland liegt dann unter einer leicht
antiyzklonal konturierten nordwestlichen Höhenströmung. Gebietsweise lockert die
Wolkendecke stärker auf, teils ist es sternenklar. Nach Norden halten sich
hingegen zeitweise dichter Wolkenfelder und es fällt etwas Regen, vielfach in
Form von Schauern. Das bleibt der westliche Wind im Norden lebhaft. An den
Küsten sind weiterhin starke bis stürmische Böen, exponiert auch Sturmböen zu
erwarten, wobei die Böigkeit in der zweiten Nachthälfte von der Nordsee her ein
wenig abnimmt.

Bei größeren Auflockerungen über den mittleren Landesteilen sinken die Werte
teils in den einstelligen Bereich, aber auch sonst sind die Nachtwerte deutlich
niedriger, als noch in der Nacht auf Montag.

Dienstag... verbleibt Deutschland in einer recht strammen west-nordwestlichen
Höhenströmung, die zudem leicht antiyzklonal konturiert ist. Damit ist das
Wettergeschehen über Deutschland deutlich zweigeteilt. Nach Norden und Nordosten
gibt es mit der Nähe zur Frontalzone viele Wolken und es fällt immer wieder
etwas schauerartiger Regen, der sich in der zweiten Tageshälfte mit einem sich
nähernden flachen Kurzwellentrog nochmal intensiviert. Dazu gibt es Maxima, die
in Schleswig-Holstein oft unter 20 Grad liegen.
In der Südhälfte gibt es hingegen teils länger andauernden Sonnenschein und
Höchstwerte zwischen 25 und 31 Grad, sodass sich dort der Hochsommer fortsetzt.

Einzige Warnkriterium am Dienstag ist der Wind, der im Norden und Osten
zeitweise stark böig unterwegs ist (Bft 7) und im Küstenumfeld auch stürmisch
(Bft 8) aus westlichen Richtungen weht (exponiert und auflandig vor allem am
Nachmittag an der Nordsee auch Sturmböen Bft 9).

In der Nacht auf Mittwoch setzt sich das Geschehen fort. Der Kurzwellentrog
zieht mit schauerartigen Niederschlägen über dem Norden ostwärts. Dabei bleibt
es an der See stürmisch mit exponierten Sturmböen. Von der Mitte bis in den
Süden ist es hingegen oft nur gering bewölkt oder klar.


Mittwoch... schiebt sich von Westen her ein breiter und kräftiger aufgestellter
Höhenrücken in Richtung Deutschland. Vor allem am Vormittag gibt es über dem
Norden noch Niederschläge, die mit dem der zunehmenden Antizyklonalität am
Nachmittag weniger werden, sodass am Nachmittag auch im Norden zunehmend die
Sonne zum Zuge kommt. In der Südhälfte gibt es länger anhaltenden Sonnenschein.
Die 15 Gad Isotherme in 850 hPa kommt bis in die Mitte voran, die Süden gehen
die Werte sogar bis auf 20 Grad nach oben. Damit werden in der Südhälfte wieder
Höchstwerte zwischen 30 und 35 Grad erwartet, im Norden bleibt es bei 19 bis 25
Grad.

Im Nordosten sind mit dem noch lebhaften Gradienten im Tagesverlauf einzelne
Windböen zu erwarten, an exponierten Abschnitten der Ostsee sind auch einzelne
stürmische Böen im Bereich des Möglichen.

Nach Südwesten steigt die Labilität, es wird aber nur vereinzelt mal ein Schauer
simuliert, auch ein kurzes Gewitter ist nicht auszuschließen. Allerdings sind
die Signale sehr schwach. Das überrascht aber auch nicht, da man ja vorderseitig
des Rückens eher im Absinkbereich liegt. Das sieht man auch an den
Prognosesoundings, die einen kleinen Absinkbuckel zwischen 850 und 750 hPa
zeigen. Zudem ist der untere Troposphärenbereich ziemlich trocken.
Sollte sich doch mal ein stärkerer Schauer oder ein Gewitter entwickeln, muss
man dann durchaus mit Sturmböen rechnen.

In der Nacht auf Donnerstag rückt von Westen her der Trog über Frankreich näher.
Damit kommen im Westen und Südwesten im Nachverlauf verstärkt Gewitter auf.
Schon tagesüber bilden sich über Frankreich Gewitter, dies sich im Verlauf zu
einem oder mehreren größeren Gewitterclustern vereinigen. Mit den
Gewitterclustern ist Niederschlag bis in den Unwetterbereich zu erwarten, aber
auch der Wind könnte je nach Organisationsgrad eine Rolle spielen.
Hochauflösende Modelle deuten schwere Sturmböen an. Allerdings gibt es noch
größere Differenzen bezüglich der zeitlichen Abfolge und Regionalisierung,
sodass an dieser Stelle erstmal nur das Potential hervorgehoben wird.
Tiefergehende Erläuterungen, können dann mit Näherrücken des Ereignisses erfasst
werden.

Im Südwesten kann es wieder eine Tropennacht geben, während nach Nordosten die
Werte vereinzelt bis auf 9 Grad sinken.

Modellvergleich und -einschätzung
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Größere Unsicherheiten gibt es eigentlich nur noch bezüglich der sich
entwickelnden Gewittercluster /MCS in der Nacht Donnerstag im Südwesten und
Westen des Landes. Sonst sehen die Prognosen recht konsistent aus.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer