DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

21-03-2025 17:01
SXEU31 DWAV 211800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 21.03.2025 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
Im Südwesten zunehmend unbeständig, am Samstag dort auch einzelne Gewitter
möglich, markante Entwicklungen kleinräumig nicht komplett ausgeschlossen.
Kommende Nacht in den Hochlagen einiger Mittelgebirge, am Samstag auch an den
Küsten stürmische Böen. An den Alpen vorübergehend Föhn.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 06 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland noch im Einflussbereich eines vom
zentralen Mittelmeerraum über Mitteleuropa und dem Nordmeer bis zur Grönlandsee
reichenden Höhenrücken. Dieser wird flankiert von einem Höhentrog über dem
Nordwesten Russlands, aus dem aktuell ein Kaltlufttropfen über dem Baltikum
abtropft und einem umfangreichen Langwellentrog über dem nahen Ostatlantik,
dessen Achse sich noch knapp westlich Irlands bzw. der Biskaya befindet. Ein
derartig streng meridional ausgerichtetes Wellenmuster weist in der Regel keine
allzu große Progression auf, dennoch kommt im Laufe der Nacht und der kommenden
Tage etwas Bewegung in die eingefahrene Situation und somit findet auch
hierzulande die jetzt schon seit einigen Tagen andauernde stabile Hochdrucklage
allmählich ein Ende.
Ursächlich verantwortlich dafür ist ein aktuell bereits eingeleiteter
Abtropfprozess des Langwellentroges südwestlich der Biskaya. Das daraus
resultierende Cut-Off-Tief zieht im Laufe der Nacht (in 500 hPa) zur südlichen
Biskaya und landet morgens in etwa über der Küste des Baskenlandes an.
Mit der südlichen Höhenströmung über West- bzw. dem westlichen Mitteleuropa wird
ein dem Trog bzw. Cut-Off vorgelagerter markanter Randtrog über dem Südwesten
und Süden Frankreichs unter Konturverlust rasch nordwärts geführt und erreicht
morgens bereits Nordostfrankreich bzw. Südwestdeutschland. Mit dem damit
einhergehenden Geopotenzialverlust bekommt der bisher robuste Höhenrücken über
Mitteleuropa eine deutliche Schwachstelle und über Süd- bzw. Mittelskandinavien
etabliert sich eine abgeschlossene und blockierende Höhenantizyklone. An deren
Südflanke wird der Kaltlufttropfen über dem Baltikum nach Westen, Richtung
Nordpolen geführt.
Mit Annäherung des Randtroges verstärkt sich vor allem im Südwesten des Landes
auch im Bodenfeld der Druckfall. Gleichzeitig kann sich das seinen Schwerpunkt
von Finnland allmählich nach Karelien verlagernde umfangreiche fennoskandische
Bodenhoch ("LIORA") weiter intensivieren (morgens nahe 1040 hPa), ebenso der
über die mittlere Ostsee nach Südnorwegen gerichtete Hochkeil.
Mit der dadurch bedingten Gradientverschärfung frischt zunächst in den
Mittelgebirgen, später auch an den Küsten der Wind aus Ost bis Südost weiter
auf. In einigen Hochlagen reicht das - unterstützt durch lokale Low Level Jets -
für stürmische Böen, exponiert eventuell auch für Sturmböen (Bft 8 bis 9), an
den Küsten gibt es vermehrt steife Böen (Bft 7).
An den Alpen wird es zunehmend föhnig, vor allem in den Westalpen stellt sich
mit Trogpassage vorübergehend eine markante Föhnlage ein (Druckdifferenz
Lugano-Zürich in der ersten Nachthälfte etwa 13 hPa). Auch auf den Gipfeln der
Bayerischen Alpen frischt der Wind aus Süd auf und es gibt einzelne Sturmböen.
Ob es auf exponierten und dafür anfälligen Gipfeln eventuell auch für schwere
Sturmböen (Bft 10) reicht, ist noch genauso unsicher wie ein Durchbruch des
Föhns in entsprechend anfällige Täler.
Ansonsten verläuft die Nacht aber noch wettertechnisch ruhig. Die ins
Vorhersagegebiet eingeflossene, ehemals sehr trockene Kontinentalluft polaren
Ursprungs konnte sich durch die nahezu ungehinderte Einstrahlung und die
zunehmende Tageslänge bereits deutlich erwärmen, dazu hat mit Winddrehung auf
Südsüdost vor allem in der Südwesthälfte auch niedertroposphärisch die Advektion
deutlich wärmerer und bodennah nicht mehr ganz so trockener Luftmassen
eingesetzt (T850 hPa heute 18 UTC zwischen 12 Grad im Südwesten und 1 Grad an
der Oder, Taupunkte meist zwischen 0 und 5 Grad). Entsprechend wurden heute am
Rhein Maxima zwischen 21 und 24 Grad (Rheinstetten: 24,0 Grad) erreicht, auch im
Osten und Norden wurde es mit 16 bis 20 Grad sehr mild, lediglich an der Ostsee
wurden mit auflandigem Wind die 10 Grad nur knapp überschritten.
Für komplette Durchmischung hat es aber vor allem im Südwesten dennoch nicht
gereicht; einerseits macht sich die zunehmende WLA dort in Form hoher und
mittelhoher Bewölkung bemerkbar, andererseits hat auch der Eintrag an
Saharastaub zugenommen und die Einstrahlung etwas gedimmt.
Im Laufe der Nacht kann sich die WLA noch ein wenig verstärken und mit
Annäherung des Troges kann zudem durch PVA dynamische Hebung generiert werden.
Somit kommen die dichteren Wolkenfelder allmählich Richtung Landesmitte voran
und im Laufe der zweiten Nachthälfte fällt im äußersten Westen/Südwesten
eventuell sogar schon etwas Regen.
In der Nordosthälfte bleibt es dagegen gering bewölkt oder wolkenlos. Dort wird
es wieder recht frisch mit Tiefstwerten zwischen 7 und -2 Grad (Frost wohl
lediglich lokal eng begrenzt in Mulden und Senken), im Westen und Süden verläuft
die Nacht dagegen mit Minima zwischen 12 und 6 Grad deutlich milder.

Samstag ... kommt der Langwellentrog über dem nahen Ostatlantik aufgrund der
zunehmend blockierenden Wirkung der fennoskandischen Höhenantizyklone nicht
weiter nach Osten voran, sondern tropft bei weiterem Kontur- und
Wellenlängenverlust westlich der Biskaya erneut aus. Daraus ergibt sich bis zum
Abend ein Höhentiefkomplex mit zwei Drehzentren über Westfrankreich und eben
westlich der Biskaya.
Der Randtrog auf dessen Vorderseite kommt über Benelux und Westdeutschland nur
noch sehr langsam nach Norden voran und beginnt mit dem über Nordpolen zur
Odermündung ziehenden Kaltlufttropfen zu interagieren, woraus sich eine flache
Potenzialrinne über der breiten Mitte des Vorhersagegebietes ergibt mit leicht
antizyklonalen Einschlägen über Schleswig-Holstein und über Bayern. Großartige
dynamische Hebungsantriebe lassen sich bei der Gemengelage nicht mehr ausmachen.

Der nach Südskandinavien gerichtete Hochkeil schwächt sich etwas ab, während
sich eine flache Tiefdruckrinne über Süddeutschland allmählich nach Osten
ausweitet. Über Norddeutschland kann sich der Gradient noch einmal vorübergehend
verschärfen und mit dem Tagesgang frischt nun auch abseits der Küsten, in der
Norddeutschen Tiefebene, der Wind deutlich aus Ost bis Südost auf. Verbreitet
gibt es steife, an den Küsten sowie im Binnenland Schleswig-Holsteins und in
freien Lagen Nordwestniedersachsens auch stürmische Böen.
Im weiteren Verlauf beginnt der Gradient aber von Südwesten her aufzuweichen.
Entsprechend nimmt der Wind zunächst in den Mittelgebirgen, zum Abend hin und
eingangs der Nacht dann auch in der Norddeutschen Tiefebene ab.
An den Alpen bleibt es zwar föhnig, allerdings dürfte es nach Passage des Troges
tagsüber kaum mehr für warnrelevante Böen reichen.
Das nach wie vor kräftige und sich nur langsam nach Osten zurückziehende
Hochdruckgebiet über dem Westen Russlands wirkt nach wie vor blockierend,
entsprechend hat es die feuchtere und recht milde Luftmasse nur sehr schwer,
über die Mitte des Landes nach Norden voranzukommen. Etwa vom südlichen Emsland
bis zum Vogtland und weiter nordöstlich bleibt es somit sonnig oder nur leicht
bewölkt und trocken.
In den Südwesten und Süden gelangt dagegen von Südwesten her dagegen eine
zunehmend maritim geprägte Luftmasse aus dem Raum der Biskaya, die auch
potenziell instabil geschichtet ist (T850 hPa zwischen 5 und 8 Grad, T500 hPa um
-22 Grad). Die PPWs steigen von der Eifel bis nach Baden-Württemberg auf 15 bis
19 mm.
Die leichten Niederschläge im Westen und Südwesten kommen noch etwa bis zur
Mitte voran, allerdings kommt durch das zunehmende Entrainment trockener Luft in
der Grundschicht kaum mehr was am Boden an. Wenn ja, dürfte sich der vor allem
am Vormittag recht hohe Saharastaubeintrag in Form eines rötlichen bzw.
okerfarbenen Staubfilms auf Autos und Gegenständen bemerkbar machen. Rückseitig
können die Wolken hier und da etwas auflockern und mit Einstrahlung (der
Saharastaub darf auch da nicht unterschätzt werden) können gebietsweise mehrere
100 J/kg Cape generiert werden. Dynamische Hebung ist zwar kaum vorhanden,
dennoch dürfte es mit orographischer Unterstützung für einzelne Schauer und
Gewitter reichen. Diese sind meist mit "gelb" zu bewarnen, dennoch können lokal
eng begrenzt kleiner Hagel bzw. Starkregen nicht ausgeschlossen werden.
Ob es im Alpenvorland ebenfalls für ein/zwei Gewitter reicht, ist angesichts des
schwachen Föhns mehr als fraglich. Das aktuelle I-D2-EPS hat allerdings
tatsächlich ein Member mit einer rotierenden Zelle auf der Agenda, was
angesichts des föhnmodifizierten Windfeldes mit gekurvten Hodografen in der
Grundschicht im Falle des (eher unwahrscheinlichen) Auftretens auch durchaus in
Betracht zu ziehen ist.
Die Temperaturen gehen gegenüber dem Vortag vor allem im Südwesten zurück,
allgemein liegen die Höchstwerte zwischen 15 und 19 Grad, im Nordosten und an
den Küsten meist zwischen 10 und 15 Grad.

In der Nacht zum Sonntag ziehen die Potenzialrinne bzw. der Kaltlufttropfen
nordnordwestwärts Richtung südliche Ostsee und westliche Nordsee, weisen aber
aufgrund des quasistationären Blockadehochs kaum mehr Wetterwirksamkeit auf und
machen sich lediglich und Form hoher und mittelhoher Wolkenfelder bemerkbar,
Richtung Ostsee bleibt es oft auch noch wolkenlos.
Im Bodenfeld weitet sich die Tiefdruckrinne allmählich etwas nach Norden aus, so
dass der Gradient im Norden und Nordosten weiter auffächert und sich
warnrelevante Böen (Bft 7 bis 8) mehr und mehr auf die Küstenregionen
beschränken.
Im Laufe der Nacht greift allerdings ein weiterer markanter Kurzwellentrog vom
Löwengolf her auf die Westalpen über. Mit der diffluenten und vorübergehend
kräftigen Höhenströmung stellt sich erneut eine etwas markantere Föhnsituation
ein, in erster Linie über den Westalpen, aber inneralpin auch weiter östlich.
Inwieweit auch die Bayerischen Alpen betroffen sind, ist noch fraglich;
zumindest wird im aktuellen I-D2-Lauf um 06 UTC ein Lee-Tief im ostbayerischen
Alpenvorland simuliert. Insgesamt steigt somit die Wahrscheinlichkeit für
(schwere) Sturmböen in den Gipfellagen und steife Böen in föhnanfälligen Tälern
wieder etwas an.
Mit der Rinne kommt auch die feuchte Luft etwas nach Norden voran, die
Rinnenachse reicht morgens in etwa von der Eifel über Südhessen und Franken bis
zum Leetief im östlichen Alpenvorland. An deren Nordflanke können sich vor allem
nach Westen zu, also nahe zum Höhentiefkomplex über Frankreich und der
Iberischen Halbinsel, die Regenfälle eventuell etwas intensivieren, für mehr als
wenige l/qm reicht es aber nicht und weiter östlich bleibt es sogar meist
trocken, genauso wie in weiten Teilen Bayerns.
Rückseitig der Rinne treten zunächst am ehesten von Rheinland-Pfalz bis in den
Süden von NRW noch gebietsweise schauerartige Regenfälle auf, anfangs kann es
auch einzelne Gewitter geben, der aktuelle I-D2-Lauf simuliert in einem schmalen
Streifen sogar mehr als 20 l/qm in sechs Stunden. Diese Niederschläge kommen
noch etwas nach Norden voran, auch rückseitig kann es noch einzelne Schauer
geben, vielerorts bleibt es aber auch trocken. Mit Annäherung des oben erwähnten
Kurzwellentrog setzen ausgangs der Nacht von der Schweiz her im Südwesten und
Süden BaWüs erneut schauerartige Regenfälle ein.
Vor allem im Südosten lockern die Wolken auch mal stärker auf, letztendlich auch
dem Föhn geschuldet. Innerhalb der bodennah recht feuchten Luftmasse steigt dann
die Wahrscheinlichkeit für dichten Nebel, ähnliches gilt auch bei größeren
Auflockerungen in den mittleren Landesteilen. Die Tiefstwerte liegen meist
zwischen 10 Grad im Westen und nahe 0 Grad in den ostbayerischen Mittelgebirgen.


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Synoptische Entwicklung bis Montag 06 UTC

Sonntag ... ändert sich gegenüber den Ausführungen in der Frühübersicht nichts
Relevantes. Es bleibt bei der "flauen" Troglage über Mitteleuropa und der
Tiefdruckrinne im Bodenfeld, die nur sehr langsam nach Nordosten vorankommt. Die
Hauptniederschläge konzentrieren sich auf den Rinnenbereich und können vor allem
an der Südseite der Rinne konvektiv durchsetzt sein, wobei die Modelle nach wie
vor die Regenschwerpunkte leicht unterschiedlich simulieren. Auch rückseitig
können in der Südhälfte noch einzelne Schauer oder Gewitter auftreten; ein
kleiner "Hotspot" deutet sich nach Lesart einiger Modelle (SuperHD) im
bayerischen Alpenvorland an, wobei der sich wieder abschwächende Föhn da
sicherlich noch ein Wörtchen mitzureden hat.
Vor allem im Ostseeumfeld erreicht der Ost- bis Nordostwind tagsüber
wahrscheinlich noch Warnrelevanz.
Die Luftmasse kühlt insgesamt noch etwas ab (T850 hPa abends zwischen 0 Grad im
Nordosten und +4 Grad im Süden), so dass bei Maxima zwischen 12 und 18 Grad, an
der Ostsee um 10 Grad, Schluss sein dürfte.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Basisfelder der vorliegenden Modelle unterscheiden sich kaum. Im Detail gibt
es aber Differenzen, die räumliche Verteilung und Intensität der oft konvektiv
durchsetzten Niederschläge betreffend. Diese wurden im Text angesprochen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff