DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

28-01-2020 17:01
SXEU31 DWAV 281800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 28.01.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
STURM/GEWITTER:
Heute abgesehen vom nordöstlichen Binnenland Sturmböen Bft 8/9. In der Mitte und
im Süden kurze Gewitter mit Graupel, dabei Gefahr von Sturm- und im Süden
anfangs schweren Sturmböen Bft 9/10. Auf höheren Berggipfeln Böen bis
Orkanstärke.
In der Nacht zum Mittwoch vor allem im Süden und in Nordseenähe weitere kurze
Gewitter mit Sturmböen Bft 8/9. Ansonsten abflauender Wind, vor allem an der
Ostsee weitere stürmische Böen Bft 8.
Am Mittwoch erneut auffrischender Wind, vor allem im Norden, Osten und in der
Mitte mit stürmischen Böen Bft 8, wiederholt Schauer, vor allem in Küstennähe
kurze Gewitter, dabei Sturmböen Bft 9 nicht auszuschließen. Auf höheren
Berggipfeln nach wie vor Sturm- und schwere Sturmböen Bft 9/10.
In der Nacht zum Donnerstag und auch am Donnerstag tagsüber nur an der Küste und
auf höheren Berggipfeln noch Sturmböen Bft 8/9.
In der Nacht zum Freitag in höheren Berglagen erneut auflebender Wind mit Sturm-
und schweren Sturmböen Bft 9/10 in den Kamm- und Gipfellagen, sonst nur in
freien Lagen vereinzelt stürmische Böen bft 8, den Freitag über andauernd.

SCHNEEFALL / SCHNEEVERWEHUNGEN:
In der Nacht zum Mittwoch und auch am Mittwoch im süddeutschen Bergland in
Staulagen mehr als 10 cm, im Allgäu auch über 20 cm Schnee innerhalb von 12
Stunden. Dabei Gefahr von Verwehungen. In der Nacht zum Donnerstag mit geringer
Wahrscheinlichkeit nur noch am östlichen Alpenrand mehr als 10 cm Neuschnee
innerhalb von 12 Stunden.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
-------------------------------------------------------------
Aktuell ... verlagert sich ein kräftiger und breiter Trog über Deutschland
hinweg nach Polen. In dessen Bereich ist gealterte maritime Polarluft
eingeflossen, die sehr labil geschichtet ist. Während die Temperaturen im 850
hPa-Niveau von Werten um 0 auf ca. -5 Grad zurückgehen, weist die mittlere
Troposphäre im 500 hPa-Niveau bereits Temperaturen um -35 Grad auf. Zudem ist
die untere Troposphäre sehr ausgeprägt geschert, so dass organisiertere
konvektive Strukturen auftreten bzw. bereits aufgetreten sind. Ein Oberwind, der
im 850 hPa-Niveau zwischen 50 und 60 kt liegt, begünstigt in Verbindung mit
Konvektion (bis hin zu Gewittern mit Graupel) schwere Sturmböen, die
hauptsächlich bisher im Süden Deutschlands aufgetreten sind. Da auch
niedertroposphärisch eine Abkühlung auf Werte um -5 Grad erfolgt, sollte der
Höhepunkt der konvektiven Aktivität überschritten sein. Zudem wird im
Innenbereich des Troges nicht mehr so viel Hebung generiert. Diese kommt
hauptsächlich durch das Hereinlaufen von weiteren kurzwelligen Anteilen
zustande. Einer dieser Kurzwellentröge, der sich auch im Bodendruckfeld
abbildet, induziert in der Nacht zum Mittwoch im Nordosten Hebung. Dort ist auch
noch etwas Warmluftadvektion beteiligt, so dass von der Ostsee bis in die
Uckermark hinein skalige Nassschneefälle ausgelöst werden. In diesen Gebieten
erfolgt eine niederschlagsbedingte Abkühlung, so dass sich bei Temperaturen nur
wenig unter 0 Grad und abflauendem Wind isotherme Verhältnisse einstellen, was
diese Schneefälle erklären würde.
Aber auch sonst wird durch die in der nordwestlichen Strömung ablaufenden
kurzwelligen Anteile eine rege Schauertätigkeit aufrecht gehalten. Auch wenn
sich im 850 hPa-Niveau Temperaturen um -5 Grad einstellen, so ist bei annähernd
unveränderten mitteltroposphärischen Temperaturen die Schichtung noch
hinreichend labil, so dass zumindest anfangs noch im Süden und Südosten und die
gesamte Nacht hindurch in Nordseenähe die Voraussetzungen für kurze Gewitter
gegeben sind. Dabei können weiterhin Sturmböen auftreten. Ansonsten flaut der
Wind so weit ab, so dass in der zweiten Nachthälfte warnrelevante Böen meist auf
die Küste und das Bergland sowie auf die Südflanke des nach Osten schwenkenden
Bodentroges beschränkt sind. Dort sowie auf höheren Berggipfeln können weiterhin
Sturmböen bis Bft 9 auftreten.
Mit dem Einfließen der subpolaren Meeresluft sinkt die Schneefallgrenze in den
Mittelgebirgen auf etwa 400 m; bis in deutlich tiefere Lagen können in der Nacht
zum Mittwoch sowie Mittwochfrüh die Niederschläge zumindest mit Schnee vermischt
sein. Meist reicht es nur für wenige Zentimeter Neuschnee. In den süddeutschen
Mittelgebirgen und an den Alpen können aber mehr als 10, im Allgäu auch mehr als
20 cm Neuschnee zusammenkommen. Zudem besteht in freien Hochlagen die Gefahr von
Verwehungen.
In tieferen Lagen sollte die Glättegefahr meist gering bleiben. Für den Fall,
dass der Wind zum Erliegen kommt und es aufklart, kann Glätte durch überfrorene
Nässe nicht ausgeschlossen werden. Am wahrscheinlichsten ist dies in den
westlichen Landesteilen sowie im Lee der Mittelgebirge.

Mittwoch ... folgen dem mittlerweile nach Osteuropa abgezogenen Haupttrog in der
nordwestlichen Strömung weitere kurzwellige Anteile. Diese halten eine rege
Konvektion am Leben, wenngleich die Labilität nicht mehr so hoch sein dürfte wie
sie heute war. Dennoch sollte es verbreitet für Schauer und in Nordseenähe auch
für kurze Gewitter reichen. Da der Gradient nur wenig auseinandergezogen wird,
sind in Verbindung mit kräftigeren Schauern (die als Graupel, Schnee oder mit
Schnee vermischt fallen können) Sturmböen Bft 8/9 nicht auszuschließen. Der
Oberwind, der im 850 hPa-Niveau 35 bis 40 kt erreicht, ist noch hinreichend für
derartige Böen. Sonst treten verbreitet Windböen auf, In höheren Berglagen muss
weiterhin mit stürmischen Böen und exponiert mit Sturmböen/schweren Sturmböen
gerechnet werden.
Die Schneefallgrenze liegt bei 400 m, oberhalb von 600 m bleibt der Schnee
liegen, so dass in den Mittelgebirgen noch einige Zentimeter, im Schwarzwald,
bayerischen Wald und an den Alpen (vor allem im Allgäu) durchaus mehr als 10 cm
Neuschnee innerhalb von 12 Stunden zusammenkommen können.
Im Tagesverlauf kommt von Westen her Warmluftadvektion in Gang, was die
Schichtung stabilisiert und die Schauertätigkeit abklingen lässt. In diesen
Gebieten sowie im Lee der Mittelgebirge sind daher Wolkenlücken am
wahrscheinlichsten. Bei weiterhin kräftiger Durchmischung sind Höchstwerte
zwischen 3 und 8 Grad zu erwarten. Oberhalb von etwa 800 m hält sich ganztägig
leichter Frost.
In der Nacht zum Donnerstag verstärkt sich die Warmluftadvektion, die in
Verbindung mit einer übergreifenden Warmfront steht, und erfasst auch die
östlichen Teile Deutschlands. Im Frontbereich frischt der Wind im nördlichen und
nordöstlichen Binnenland bis hin zu Böen Bft 7 auf, an der Nordsee muss mit
stürmischen Böen, in den Kamm- und Gipfellagen der nördlichen und östlichen
Mittelgebirge mit Sturmböen Bft 8/9 gerechnet werden. Die Niederschläge, die an
diese Front gekoppelt sind, fallen im Nordosten anfangs als Schnee, gehen aber
rasch in Schneeregen und nachfolgend in Regen über. In den östlichen
Mittelgebirgen kann es bis Donnerstagfrüh leichte Schneefälle geben. Frost und
Glätte bleiben auf höhere Berglagen sowie auf Alpentäler und das alpennahe
Vorland beschränkt.

Donnerstag ... greift auf das Seegebiet unmittelbar vor den Britischen Inseln
ein breiter Höhenrücken über. Diesem läuft bereits ein flacher Höhenrücken
voraus, der, in der nach wie vor bestehenden nordwestlichen Strömung
eingelagert, das Vorhersagegebiet überquert. Zwischen dem vorlaufenden
Höhenrücken und dem Hauptrücken wird ein kurzwelliger, aber markanter Trog in
die Nordsee gesteuert. Im Tagesverlauf gelangt Deutschland in den breiten
Warmsektor des korrespondierenden Bodentiefs. Mit der leicht rückdrehenden,
mehr westlichen als nordwestlichen bodennahen Strömung wird dann auch die 0
Grad-Isotherme im 850 hPa-Niveau nach Osten abgedrängt, d.h. das winterliche
Intermezzo ist dann selbst im Bergland bereits wieder beendet.
Mit der westlichen Strömung wird der Gradient aufrecht gehalten. In tieferen
Lagen sollte es kaum für warnrelevante Böen reichen, an der See und im Bergland
können Windböen, in den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge Sturmböen Bft
8/9 auftreten.
Nahezu flächendeckende kräftige Warmluftadvektion sorgt für mehrschichtige
Bewölkung, wobei von Südwesten her erneu Niederschlag aufkommt. Ein paar
Wolkenlücken können sich lediglich in Lee der Mittelgebirge und nach Südosten
hin ergeben. Mit der einfließenden milden Luft erfolgt ein erneuter
Temperaturanstieg auf 5 bis 9, in den tieferen Lagen Süd- und Westdeutschlands
bis 11 Grad.
In der Nacht zum Freitag schwenkt der Trog von der Nordsee kommend über den
Nordosten Deutschlands hinweg nach Polen. Das korrespondierende Bodentief wird
nach Südschweden gesteuert. Dessen schwache Kaltfront dringt bis in den
Mittelgebirgsraum vor, aber für die feste Niederschlagsphase reicht es noch
nicht einmal in den Kamm- und Gipfellagen. Eine Sturmtiefentwicklung südwestlich
von Island lässt diese Front als Warmfront alsbald wieder rückläufig werden. Mit
Frontpassage treten verbreitet Windböen, in Teilen der Mitte in freien Lagen
sowie an der See stürmische Böen und in höheren Berglagen Sturmböen (exponiert
schwere Sturmböen) auf. Dabei bleibt es überall frostfrei.

Freitag ... gelangt Deutschland unter einen breiten Rücken und somit in eine
antizyklonale Westströmung. Dabei wird der Rücken von kurzwelligen
Keil-Trog-Strukturen überlaufen; zudem erfolgt nach Norden hin sich verstärkende
Warmluftadvektion, so dass gelegentlich Niederschlag zu erwarten ist.
Auflockerungen sind allenfalls in Alpennähe vorstellbar, dort kann sich leicht
föhniger Einfluss bemerkbar machen. Im weitaus größten Teil des Landes hält sich
mehrschichtige Bewölkung.
Der Gradient bleibt unverändert kräftig, so dass verbreitet Windböen, in freien
Lagen der Mitte, im Südosten und zum Teil an der Nordseeküste stürmische Böen
auftreten. Im höheren Bergland muss mit Sturmböen und auf exponierten Gipfeln
mit schweren Sturmböen gerechnet werden. Mit Höchsttemperaturen zwischen 10 und
15 Grad wird es im weitaus größten Teil Deutschlands am letzten Januartag
ungewöhnlich mild. In Küstennähe sowie im Bergland bewegen sich die Temperaturen
um 8 Grad.


Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
Die vorliegenden Modelle stützen im Wesentlichen die oben beschriebene
Entwicklung. Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine
prognoserelevanten Unterschiede ableiten.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann