DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

23-04-2024 07:01
SXEU31 DWAV 230800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 23.04.2024 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: TrM
Zunächst noch wechselhaftes und kaltes Aprilwetter mit gebietsweise auftretenden
Nachtfrösten, vor allem im Bergland und an den Alpen immer wieder etwas Schnee
und Glätte.
Insgesamt aber so gut wie keine markant zu bewarnende Wetterereignisse.


Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... hat uns der schon seit einer gefühlten Ewigkeit von Nord- über
Mitteleuropa bis in den Mittelmeerraum reichende Langwellentrogkomplex in
Kombination mit für die Jahreszeit zu kalter Polarluft maritimen Ursprungs
wettertechnisch weiterhin fest im Griff.
Allerdings sorgt heute ein von Nord nach Süd durchschwenkender flacher Höhenkeil
in weiten Teilen des Landes für eine vorübergehende Wetterberuhigung. Flankiert
wird dieser Keil einerseits von einem aus diesem Trogkomplex abgetropften
umfangreichen Höhentief über dem westlichen Mittelmeerraum, dessen Drehzentrum
sich allmählich über die Rhonemündung hinweg südsüdostwärts Richtung Korsika
verlagert. Das korrespondierende Bodentief über dem Ligurischen Meer bzw. über
Norditalien füllt sich auf Kosten eines weiteren, von der Großen Syrte Richtung
Griechenland ziehenden Tiefs nur zögernd auf und zeigt auch kaum
Verlagerungstendenz. An dessen Nordflanke sorgen WLA und Aufgleitprozesse über
dem nördlichen Alpenraum und auch im Südosten und Süden Bayerns heute und auch
in der kommenden Nacht weiterhin für dichte Bewölkung und leichte Niederschläge.
Diese fallen aktuell im Einflussbereich der maritimen Polarluft mit -5 bis -7
Grad in 850 hPa noch teilweise bis in tiefe Lagen als Schnee bzw. Schneeregen.
Im Tagesverlauf deutet sich allerdings mit Annäherung des Höhenkeils eine
leichte Erwärmung der unteren Troposphäre an, die 850 hPa-Temperatur steigt bis
zum Abend auf etwa -2 bis -3 Grad. Somit sollte die Schneefallgrenze - mit
Unterstützung des trotz der dichten Bewölkung nicht zu unterschätzenden
Tagesganges - vorübergehend auf nahe 1000 m steigen. Darüber fallen bis zum
Abend noch einige Zentimeter Neuschnee. Zudem hat sich im Bereich einer
schwachen Absinkinversion über dem Südosten Bayerns ein Low Level Jet
eingestellt, der vor allem in den ostbayerischen Mittelgebirgen sowie im
östlichen Alpenvorland für einen lebhaften Ost- bis Nordostwind sorgt. In den
Kamm- und Gipfellagen kann es dabei durchaus mal die ein oder andere stürmische
Böe geben. Mit Aufweichen der Inversion und besserer turbulenter Durchmischung
weicht diese Inversion mittags und nachmittags auf und der Wind lässt in den
Kammlagen nach, während er im östlichen Alpenvorland vorübergehend mit Böen Bft
5 bis 6 auffrischt.
Im Rest des Landes macht sich zunächst einmal der Höhenkeil bemerkbar und
vielerorts startet der Tag gering bewölkt bzw. sonnig. Mit der Einstrahlung
dürften sich dann innerhalb der unterhalb einer markante Absinkinversion (in
etwa 750 hPa) rasch flache Quellwolken ausbilden, die aber keine Schauer
bringen. Im Tagesverlauf weicht diese Inversion generell etwas auf, so dass die
850 hPa-Temperatur allgemein auf Werte um -3 Grad, teils darüber, ansteigt.
Im Norden wird der flache Höhenkeil allerdings andererseits flankiert von einem
weiteren abtropfenden Randtrog, der von Mittelskandinavien unter Intensivierung
südwärts vorstößt und abends mit seinem Drehzentrum das Skagerrak erreicht.
Vorderseitig sorgt WLA rasch für den Aufzug dichterer Bewölkung über der
Nordhälfte.
Im Bodenfeld interagiert der Trog mit einem Tiefdruckgebiet über dem Skagerrak,
das sich noch etwas vertiefen kann, allmählich nach Süden vorankommt und abends
mit einem Kerndruck von knapp unter 1010 hPa über der Kimbrischen Halbinsel
aufschlägt. Die inzwischen okkludierte Kaltfront des Tiefs überquert die Nordsee
und greift abends mit schauerartigen, allerdings nicht allzu ergiebigen
Regenfällen auf die deutsche Nordseeküste über.
Im Vorfeld frischt der Wind bereits aus Südwest auf, wobei es an den Küsten
verbreitet steife, über der offenen Nordsee und auf den Nordfriesischen Inseln
auch stürmische Böen (Bft 7 bis 8) geben kann. Mit Frontpassage dreht der Wind
auf Nordwest.
Vor allem in den mittleren Landesteilen scheint somit neben den flachen
Quellwolken längere Zeit die Sonne und somit kann sich die Luftmasse dort auf
knapp zweistellige Höchstwerte (maximal 11 bis 12 Grad) erwärmen. Sonst werden
es zumeist 7 bis 10 Grad, im Südosten werden dagegen, ähnlich wie in den höheren
Lagen der Mittelgebirge, lediglich (je nach Höhenlage) 2 bis 5 Grad erreicht.

In der Nacht zum Mittwoch greifen Trog und Höhentief von Norden her auf
Deutschland über, das Drehzentrum befindet sich morgens in etwa über der
Deutschen Bucht. Das Höhentief bei Korsika kommt nach Osten, Richtung Adria
voran. An dessen Nordflanke schneit es an den Alpen und im südlichen
Alpenvorland weiter, mit Annäherung des Troges von Norden intensivieren sich
noch ein wenig die Hebungsprozesse und bei einem leichten Rückgang der 850
hPa-Temperatur auf etwa -4 Grad sinkt die Schneefallgrenze wieder oft bis in
tiefe Lagen. Bis Mittwochfrüh fallen dort 1 bis 5 cm, mit allmählich auf
Nordwest drehender Bodenströmung und sich einer einstellenden leichten Staulage
am Alpenrand gebietsweise auch um 10 cm Neuschnee.
Das Bodentief vertieft sich noch ein wenig und befindet sich morgens ziemlich
genau achsensenkrecht unterhalb des Höhentiefs. Dessen Okklusion kommt mit
leichten Niederschlägen allmählich nach Südosten voran und erreicht morgens in
etwa eine Linie Saarland-Nordbrandenburg. Dabei fällt in den westlichen und
zentralen Mittelgebirgen oberhalb von etwa 200 bis 400 m (die 8590
hPa-Temperatur sinkt auf -5 bis -6 Grad im Bereich der Okklusion) erneut etwas
Schnee, allerdings kommen lediglich in Staulagen mehr als 2 bis 3 cm zusammen,
warntechnisch bietet sich also eher eine Glättewarnung an. Generell bleiben die
Niederschlagsmengen mit Frontpassage übersichtlich, gebietsweise bleibt es sogar
nahezu trocken.
Mit dem Trog werden der Nordwesten und Norden allerdings von einem weiteren
Schwall höhenkalter Luft geflutet mit -30 bis -33 Grad in 500 hPa, was dort zu
einer deutlichen Labilisierung der Luftmasse führt. Die Folge ist ein Aufleben
der Schauertätigkeit, wobei etwas Graupel bzw. Schneeregen (je nach Intensität
vielleicht sogar nasse Schneeflocken) bis in tiefe Lagen auftreten können.
Eventuell kann es dabei in den Frühstunden kleinräumig und kurzfristig Glätte
geben.
Der Gradient fächert mit Durchschwenken des Tiefkerns wieder auf, so dass der
Wind im Laufe der Nacht auch an der Nordsee warntechnisch keine Rolle mehr
spielt.
In einem recht breiten Streifen vom Südwesten über die (östliche) Mitte bis in
die Osthälfte bleibt es noch trocken und teilweise aufgelockert, anfangs auch
gering bewölkt. Vor allem dort gibt es erneut leichten, in einigen Tälern der
östlichen Mittelgebirge (Marienberg-Kühnhaide in einem Erzgebirgshochtal hatte
in der vergangenen Nacht sogar strengen Frost!) auch mäßigen Frost. Sonst bleibt
es in den Niederungen wohl überwiegend frostfrei.

Mittwoch... nistet sich das Höhentief (Drehzentrum abends über Norddeutschland)
über dem Vorhersagegebiet ein, ein weiterer Randtrog verlagert sich über der
Norwegischen See allmählich südsüdwestwärts, wodurch sich der gesamte
Langwellentrogkomplex etwas nach Westen ausweitet. Das Höhentief über der
nördlichen Adria füllt sich im Tagesverlauf auf und wird zu einem Randtrog
"degradiert", der sich Richtung Balkan verlagert.
Da der zum Höhentief gehörige Trog amplifiziert, kann sich die Höhenkaltluft mit
-30 bis -33 Grad nahezu auf das gesamte Vorhersagegebiet ausbreiten, die 850
hPa-Temperatur steigt tagesgangbedingt ein wenig an, auf etwa -3 bis -4 Grad,
was zu einer weiteren Labilisierung der Luftmasse führt.
Das Bodentief zieht in die Norddeutsche Tiefebene, die Okklusion überquert bis
zum Abend mit nur leichten Niederschlägen auch den Südosten des Landes. Im
Vorfeld klingen die Aufgleitniederschläge an den Alpen aber zunächst ab.
Postfrontal lebt dann mit Unterstützung durch den Tagesgang die Schauertätigkeit
deutlich auf, die höhenkälteste Luftmasse befindet sich über dem
Nordwesten/Westen und vor allem über der Mitte des Landes, wo es auch die
meisten Schauer geben dürfte. Kurze Graupelgewitter sind ebenfalls möglich, am
ehesten dort, wo vorher mit etwas Einstrahlung auch ein wenig Cape generiert
werden konnte. Die wenigsten Schauer gibt es wohl im Osten, Nordosten sowie an
den Küsten.
Insgesamt bleiben die Mengen aufgrund des niedrigen Flüssigwassergehaltes der
Luftmasse (PPWs meist 9 bis 14 mm) überschaubar, lediglich im Bereich von
Schauerstraßen (insbesondere im Westen und Nordwesten) bzw. im Nordweststau
einiger Mittelgebirge fallen über 5 l/qm. Die Schneefallgrenze schwankt dabei,
je nach Intensität der Schauer, zwischen 400 und 800 m, vor allem oberhalb von
800 m können sich ein paar Zentimeter Neuschnee akkumulieren, bei kräftigeren
Schauern kann es aber auch in tieferen Lagen durchaus mal kurzzeitig Glätte
durch Schnee- oder Graupelmatsch geben.
Die Sonne zeigt sich am ehesten an den Küsten sowie im Nordosten und Osten,
während es in den Staulagen der Mittelgebirge und am Alpenrand meist stark
bewölkt bleibt. Die Temperaturen können im Tagesverlauf je nach Schauertätigkeit
stark schwanken, meist liegen die Höchstwerte jedoch zwischen knapp unter 5 Grad
in den Mittelgebirgen und 11 Grad mit etwas Sonne in der Lausitz. Im höheren
Bergland werden die 0 Grad kaum überschritten und bei kräftigeren Schauern kann
es auch in tiefen Lagen mal auf unter 5 Grad runtergehen.

In der Nacht zum Donnerstag verlagert sich das Drehzentrum unseres Höhentiefs
allmählich in die mittleren Landesteile, während er Randtrog weiter nördlich
über der nördlichen Nordsee abtropft, so dass beide einen Dipol ergeben. Bis
Donnerstagfrüh wird an der Ostflanke dieses Komplexes ein weiterer kurzwelliger
Randtrog über Osteuropa nordwärts geführt, aus dem ein weiteres kleines
Höhentief über dem Nordosten Polens abtropft.
Mit diesem interagiert ein Bodentief, das sich über dem Osten Polens etwas
verstärken kann und allmählich nordwärts Richtung Baltikum zieht. Ein weiteres
kleinräumiges Bodentief verlagert sich zögernd über die Nordsee südwärts und
erreicht morgens das Seegebiet knapp nördlich der Deutschen Bucht. Dadurch füllt
sich unser Bodentief über der Mitte des Landes auf und weicht einer flachen
Tiefdruckrinne, die zögernd wieder etwas nach Norden vorankommt, während nach
Südwestdeutschland ein flacher Hochkeil vorstößt.
Die höhenkälteste Luftmasse zieht langsam über die Mitte des Landes südostwärts
und in dieser Region (vom westlichen bzw. zentralen bis in den ostbayerischen
Mittelgebirgsraum) gibt es (bei inzwischen bis zu -34 Grad in 500 hPa) im Laufe
der Nacht noch die meisten Schauer, während sonst die Schauertätigkeit mehr und
mehr in die Knie geht. Bei wieder auf etwa -4 bis -6 Grad zurückgehenden 850
hPa-Temperaturen sinkt die Schneefallgrenze auf etwa 400 m. Die Mengen bleiben
aber überschaubar, die Neuschneehöhen betragen, mal abgesehen von kleinräumigen
Schauerstraßen bzw. einzelnen Staulagen (wo lokal eng begrenzt durchaus auch mal
mehr als 5 cm, vielleicht sogar nahe 10 cm, also durchaus markante Mengen, in
kurzer Zeit fallen können), meist weniger als 5 cm. Auch im Stau der Alpen
schneit es häufiger, teils bis in tiefe Lagen, mit etwa 5 cm Neuschnee,
stellenweise mehr.
In einigen Regionen, verbreitet vor allem im Norden und Nordosten, bleibt es
dagegen nahezu komplett trocken und die Wolken lockern auch zeitweise mal
stärker auf, am ehesten in der Osthälfte. Dann kann es erneut leichten Frost
geben, ebenso im Bergland, während es bei dichter Bewölkung meist frostfrei
bleiben sollte.

Donnerstag... füllen sich sowohl unser, allmählich nordostwärts Richtung
Nordwestpolen ziehendes Höhentief als auch das vom Baltikum zur mittleren Ostsee
ziehende Cut-Off allmählich auf, während das durch von Nordwesten vorstoßende
Kaltluft gefütterte Höhentief über der Nordsee dominant wird und bis zum Abend
allmählich zur südlichen Nordsee zieht. Derweil stößt ein weiteres Höhentief vom
Seegebiet südlich Islands südwärts ins Seegebiet westlich von Irland vor,
wodurch sich der gesamte Trogkomplex nun bis zum nahe Ostatlantik ausweitet.
Im Bodenfeld tut sich derweil wenig; die flache Tiefdruckrinne verläuft
weiterhin über den Norden und Nordosten Deutschlands, während der nach Südwest-
und Süddeutschland gerichtete, ebenfalls nur sehr mau aufgestellte Hochkeil
sogar noch etwas abgebaut wird. Während die inzwischen über dem Südosten des
Landes angekommene höhenkalte Luftmasse nach Nordosten abgedrängt wird, stößt
ein weiterer Schwall höhenkalter Luft mit dem sich nähernden Höhentief über der
Nordsee nach Nordwestdeutschland vor. Dazwischen steigt die Temperatur in 500
hPa vor allem über dem Südwesten des Landes auf deutlich über -30 Grad. Da
gleichzeitig eine leichte Erwärmung der unteren Troposphäre stattfindet (die 850
hPa-Temperatur steigt bis zum Abend auf Werte zwischen 0 Grad am Alpenrand und
-4 Grad im Nordseeumfeld), bleibt die Luftmasse aber in weiten Teilen des Landes
(außer im Südwesten) hochreichend labil geschichtet und mit dem Tagesgang lebt
die Schauertätigkeit erneut auf. Nun gibt es auch im Norden und Nordosten
(abgesehen vielleicht noch vom unmittelbaren Ostseeumfeld) vermehrt Schauer, im
Südwesten dagegen bei leichter Stabilisierung seltener als am Vortag. Auch
einzelne Graupelgewitter können erneut dabei sein und die Schneefallgrenze
schwankt tagsüber meist zwischen 600 m in der Mitte und 1000 m, vielleicht schon
knapp darüber, an den Alpen.
Die Sonne zeigt sich am ehesten im Südwesten/Süden und an der Ostsee und die
Höchsttemperaturen machen mit Werten zwischen 5 Grad an den Mittelgebirgen bzw.
in kräftigeren Schauern und 12 Grad bei mehr Sonne ebenfalls noch keine großen
Sprünge.

In der Nacht zum Freitag kommt das Höhentief über der südlichen Nordsee nach
Lesart des ICON-EU zusammen mit einem kleinräumigen Bodentief (1000 hPa
Kerndruck) in etwa zur Deutschen Bucht voran. An das Bodentief ist eventuell
erneut eine Okklusion mit schauerartigen Niederschlägen gekoppelt, die mit
schauerartigen Niederschlägen und auffrischendem Südwestwind (Brocken eventuell
Bft 9) auf den Nordwesten und Westen Deutschlands übergreifen, dabei fällt bei
850 hPa-Temperaturen von etwa -2 bis -3 Grad (Nordseeumfeld -4 Grad) wohl
lediglich in den Kammlagen der betroffenen Mittelgebirge etwas Schnee.
Im übrigen Land klingen die Schauer rasch ab und vor allem im Südosten lockern
die Wolken wieder stärker auf, so dass es in erster Linie dort erneut leichten
Frost und stellenweise auch Nebel gibt.

Modellvergleich und -einschätzung
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Der grobe Fahrplan steht, alle vorliegenden Modelle simulieren die
Wetterentwicklung sehr ähnlich.
Das Boden- und Höhentief in der Nacht zum Freitag werden noch mit kleineren
Differenzen, die genaue Position und Zugbahn betreffend (GFS etwas weiter
nördlich) simuliert, was aber kaum Auswirkungen auf die Niederschlagsprognosen
hat.
Etwas im Auge behalten sollte man die Niederschlagsentwicklung in der Nacht zum
Donnerstag. Im Bereich kleinräumiger Schauerstraßen sind bei nächtlicher
Verclusterung der Schauer durchaus auch mal größere Schneemengen in kurzer Zeit
möglich, am ehesten wohl vom osthessischen Bergland bis nach
Oberfranken/Oberpfalz.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff