DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

22-04-2024 08:01
SXEU31 DWAV 220800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 22.04.2024 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
NEz
Weiterhin wechselhaftes und kaltes Trogwetter mit Schneefällen im Bergland und
nächtlichem Frost.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... liegt Deutschland weiterhin voll im Einflussbereich eines Troges, der
weite Teile Mitteleuropas überdeckt und im Wesentlichen mit 3 Drehzentren
ausgestattet ist. Dieser Trog beschäftigt uns auch in den nächsten Tagen, sodass
der unterdurchschnittlich temperierte und wechselhafte Witterungsabschnitt noch
anhält und der Frühling bzw. warmes Wetter in der Warteschleife verharren
müssen.
Am heutigen Montagmorgen liegen die Drehzentren über der Schweiz, an der Oder
und über dem südwestlichen Weißrussland. Im Tagesverlauf bewegt sich das
Drehzentren von der Schweiz in südwestliche Richtung zum westlichen
Alpenhauptkamm, während das Drehzentrum an der Oder sich mehr oder weniger im
Kreis dreht. Das verleiht dem Ganzen den Status des Abtropfens und stößt über
dem Golf von Genua sogleich eine Zyklogenese an. Mit dem dritten Drehzentrum,
das sich von Weißrussland zum Baltikum verlagert, wird ein Bodentief mitgeführt,
das für unser Wetter jedoch nur insofern Relevanz hat, dass zwischen ihm und
Hoch QUADARIUS I mit Schwerpunkt zwischen Island und dem Seegebiet westlich der
Britischen Inseln eine nördliche Strömung resultiert, die uns mit polarer
Kaltluft mit T850 hPa von -3 bis -10 Grad versorgt. Diese ist außerdem recht
feucht, aufgrund mangelnder Hebungsantrieben müssen es aber vor allem der
Tagesgang und die Orografie richten, um Schauer zu produzieren. So ist die
Verbreitung von Schauern am Vormittag relativ überschaubar, nimmt am Nachmittag
allerdings etwas zu. Bei diesen Temperaturen im April können alle Phasen
einkalkuliert werden: fest als Graupel oder Schnee oder eben flüssig. Außerdem
sind kurze Gewitter mit steifen Böen Bft 7 denkbar, da neben Labilität auch ein
wenig ML-CAPE bis etwa 100 J/kg vorhanden ist. Die Schneefallgrenze schwankt
zwischen 400 und 600 m, im Süden zwischen 600 und 900 m. In kräftigen Schauern
sinkt sie vorübergehend darunter, was lokal kurzzeitig eine dünne Schnee- oder
Graupeldecke mit Glätte verursachen kann. Schneeakkumulationen zeigen die
Modelle allenfalls für den höheren Alpenrand und dort auch nur für wenige
Zentimeter.
Im Süden (Regionen zwischen Schwäbischer Alb und Alpen) haben die eher skaligen
Niederschläge einen anderen Hintergrund: Dort werden sie durch Hebungsprozesse
des neuen Tiefs BIRUTA über dem Golf von Genau ausgelöst. Diese Hebungsprozesse
werden über die Alpen nach Deutschland gesteuert, zudem sind die eintreffenden
Luftmassen feucht.
Der Wind weht schwach bis mäßig aus Nord bis Nordost, in der Mitte und im Süden
frischt er im Tagesverlauf zeitweise etwas auf.
Die Temperaturen steigen nur auf 0 bis 5 Grad im Bergland, sonst auf 4 Grad im
Nordosten bis 10 Grad im Südwesten.

In der Nacht zum Dienstag dreht sich das südliche Drehzentrum des Höhentiefs
zwischen westlichen Alpenhauptkamm und dem Golf von Genua im Kreis. Gleichzeitig
zieht es das zweite Drehzentrum von der Oder Richtung Weißrussland, womit sich
das erste Drehzentrum als Höhentief mit langsamer Südverlagerung abkapselt.
Es füttert weiterhin Bodentief BIRUTA, das sich seinerseits langsam Richtung
Balkan auf den Weg macht. Weiterhin steuert dieses Tief Hebungsimpulse und
feuchte Luft in den Süden Deutschlands, sodass es weitere Niederschläge gibt,
die wieder etwa bis zur Donau ausgreifen. Die Schneefallgrenze sinkt im Laufe
der Nacht auf etwa 400 bis 600 m ab, oberhalb kommen 1 bis 5, im Alpenstau
vereinzelt 10 bis 15 cm Neuschnee in 12 Stunden bis zum Dienstagmorgen zusammen.

In den anderen Gebieten macht sich der fehlende Tagesgang, die fehlende Hebung
und eine zunehmend auf Ost und damit trockenere Luftmassen bemerkbar, die die
Schauer abklingen lassen. Allenfalls im Küstenbereich vermag das Meer mit etwas
mehr Feuchtigkeit noch den einen oder anderen Schnee-, Regen- oder
Graupelschauer zu produzieren, der dann natürlich zu Glätte führen kann.
Vor allem in Mitte Deutschlands lockern die Wolken stärker auf, stellenweise
bildet sich Nebel. Angesichts der weiterhin kalten Luftmassen tritt verbreitet
Frost zwischen -1 und -6 Grad in 2 m mit Glättegefahr auf. Frostfrei bleibt es
allenfalls direkt an der See und lokal im Süden unter den dichten Wolken.

Dienstag... macht es sich das Höhentief über Korsika gemütlich, während
Bodentief BIRUTA Serbien erreicht. Es schickt fortwährend Hebung und
Feuchtigkeit über die Alpen gen Süddeutschland, folglich sind weitere
Niederschläge garantiert, die bis etwa auf eine Linie Schwarzwald - Schwäbische
Alb - Fränkische Alb - Bayerischer Wald ausgreifen. Die Niederschlagsmengen
halten sich mit 1 bis 10 l/qm in 12 Stunden in Grenzen, die Schneefallgrenze
steigt auf 700 bis 900 m. Schneeakkumulationen bleiben also auf höhere Lagen der
Alpen und des Bayerischen Waldes begrenzt, aber auch dort zeigen die Modelle nur
wenige Zentimeter Neuschnee an.
In den anderen Landesteilen wird die Höhenkonstellation hinter dem abziehenden
Höhentief antizyklonal, folglich bleiben in der trockenen östlichen bis
nordöstlichen Strömung Schauer die Ausnahme und zeitweise zeigt sich die Sonne.
Lediglich im Ostseeumfeld ist noch schwache Schaueraktivität zu verzeichnen.
Gegen Abend kommt ein weiteres Höhentief ins Spiel, das am Tage vom Nordmeer
Richtung Süd-Norwegen unterwegs ist. Das verursacht eine Leezyklogenese südlich
des Skandinavischen Gebirges, wobei das neue Tief das okkludierende
Frontensystems eines alten Nordmeertiefs aufnimmt. Dieses Frontensystem wandert
abends in die Deutschen Bucht, sodass es dort anfängt zu regnen.
Der Wind weht im Norden schwach bis mäßig um West, abends frischt er an der
Nordsee auf. Sonst weht häufig mäßiger und leicht böiger Nordostwind, in den
höheren Alpen sind stürmische Böen Bft 8 möglich (Nordföhn).
Die Höchstwerte liegen im Bergland bei 0 bis 5, sonst zwischen 3 Grad im Süden
und 11 Grad im Westen.

In der Nacht zum Mittwoch zeigt das Höhentief über dem zentralen Mittelmeer eine
leichte Ostverlagerung, womit im Prinzip eine Vb-Wetterlage ausgelöst wird.
Während sich das Tief über Serbien auflöst, erfolgt über Ungarn eine Neubildung.
Boden- und Höhentief bescheren dem Süden weiteren Hebungs-, Wolken- und
Feuchtigkeitsnachschub, wobei sich die Niederschläge auf die Gebiete südöstlich
einer Linie Bodensee - Bayerischer Wald zurückziehen. Die Niederschlagsmengen
betragen 1 bis 8, im äußersten Südosten lokal 10 bis 15 l/qm in 12 Stunden. Die
Schneefallgrenze kann auf 400 bis 600 m taxiert werden, entsprechend muss
oberhalb davon mit Neuschneemengen der gleichen Größenordnung gerechnet werden.
Auf der anderen Seite zieht das Höhentief von Südnorwegen nach Dänemark, das
Bodentief und sein okkludierendes Frontensystem im Schlepptau. Dieses kommt im
Laufe der Nacht vom Nordwesten bis auf eine Linie Eifel - Sauerland - Wendland -
Mecklenburg voran mit 1 bis 7 l/qm in 12 Stunden im Gepäck. In den zentralen
höheren Mittelgebirgen schneit es dann, wobei die Schneefallgrenze dort
ebenfalls bei etwa 400 bis 600 m liegt. Seitens der Modelle ist der
Neuschneezuwachs jedoch meist nur dürftig.
In den zunehmend eingequetschten Gebieten zwischen den beiden
Niederschlagsbereichen ist es nachts trocken mit Auflockerungen, bei meist aber
nur noch schwachem Wind allerdings mit der Gefahr örtlichen Nebels.
Ansonsten hält der Nordföhn an, was den höheren Alpen immer noch stürmische Böen
Bft 8 bringt.
Die Temperaturen sinken auf 5 bis 0 Grad unter den Wolken im Nordwesten, sonst
auf 2 bis -3 Grad. Frost tritt vor allem bei längerem Aufklaren auf.

Mittwoch... belagert das Höhentief von Dänemark zunehmend den Nordwesten und
Westen Deutschlands. Es sorgt nicht nur für Hebung, die auf der Vorderseite des
Höhentiefs vornehmlich über den Nordwesten und Westen in den Süden zieht,
sondern bringt auch feuchte Luft mit, in der sich Schnee-, Regen- und
Graupelschauer sowie einzelne kurze Gewitter bilden. Das okkludierende
Frontensystem löst sich in diesem Umfeld auf. Im Süden wird die Luftmasse
ebenfalls labil, zumal das Vb-Tief über Ungarn nach Polen weiterzieht und die
Aufgleitprozesse im Süden dadurch abebben. Die Niederschlagsmengen betragen 1
bis 9 l/qm in 12 Stunden. Die Schneefallgrenze liegt bei 500 bis 800 m, aber
auch oberhalb bleibt Neuschnee bei den Modellen die Ausnahme.
Im Osten fehlen die Hebungsprozesse, sodass die Schaueraktivität dort nur
schwach ausgeprägt ist. Allerdings ist nicht ganz sicher, ob das von Ungarn nach
Polen wandernde Tief an der Grenze zu Polen Regen bringt. EZMW sagt Ja, die
deutsche Modellkette und UK10 Nein.
Der Wind weht schwach, teils mäßig aus unterschiedlichen Richtungen. Unter
anhaltendem Nordföhn kommt es in den Alpen zu weiteren stürmischen Böen Bft 8.
Die Höchsttemperaturen liegen zwischen 0 und 6 Grad in den Bergen, sonst
zwischen 5 und 11 Grad.

In der Nacht zum Donnerstag verlagert sich der Schwerpunkt des Höhentiefs vom
Nordwesten in den Südosten Deutschlands. Hebungssignale sind dann noch im Westen
und Süden vorhanden, wobei die Schaueraktivität im Vergleich zum Tage etwas
abnimmt. Die Niederschlagsmengen bleiben ähnlich wie am Tag, die
Schneefallgrenze sinkt wieder auf 400 bis 500 m. Oberhalb davon sind 1 bis 5 cm
Neuschnee in 12 Stunden möglich, vereinzelt ein wenig mehr.
Im Norden und Osten ist es dagegen häufig trocken mit Auflockerungen. Es gibt
aber ein großes Fragezeichen: Gelangen die Niederschläge des Polentiefs in den
Osten und Nordosten? Die Modelle haben diesbezüglich unterschiedliche
Vorstellungen: EZMW ist sehr progressiv und versorgt die Bereiche nordöstlich
der Elbe mit ordentlich Regen (1 bis 15 l/qm in 12 Stunden), in Vorpommern sind
lokal um 25 l/qm in 12 Stunden dabei. GFS beschränkt sich mit Niederschlägen auf
die Gebiete zwischen Vorpommern und der Lausitz mit Mengen von 1 bis 10, lokal
bis 20 l/qm in 12 Stunden, die deutschen Modelle und UK10 machen dagegen
überhaupt nichts in Deutschland.
Der Nordföhn in den Alpen klingt ab.
Die Temperaturen gehen auf 5 bis 0 Grad unter Wolken, sonst auf 1 bis -4 Grad
zurück, womit stellenweise Glättegefahr besteht.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren zunächst sehr ähnlich. Erst am Mittwoch gibt es größere
Diskrepanzen bezüglich des Vb-Tiefs und der Niederschläge im Osten und Nordosten
Deutschlands, Details dazu wurden bereits in obiger Übersicht beschrieben.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Simon Trippler