DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

12-04-2024 08:30
SXEU31 DWAV 120800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 12.04.2024 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Wa (West antizyklonal)


Hoch PETER - im Süden mittendrin, im Norden nur dabei. Am Sonntag von Norden her
beginnender Temperaturrückgang.


Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... zeigt sich unser Freund PETER, das seit Mittwoch in weiten
Landesteilen wetterbestimmende Hochdruckgebiet, leicht verschnupft. Er wird doch
nicht gerade jetzt kurz vorm Wochenende schlapp machen? - Keine Angst, zwar
sorgt leichter Druckfall für einen minimalen Substanzverlust des Hochs (die in
der Nacht und um 06 UTC noch analysierte 1035-hPa-Zelle über Süddeutschland wird
tagsüber nicht mehr zu halten sein), jedoch ist der PETER ein äußerst potenter
Bursche, den so ein leichter "Schnupfen" nicht gleich aus der Bahn wirft. Und so
wird er sich auch heute wieder von Südwesteuropa über die Südhälfte des
Vorhersageraums bis hinüber zum Schwarzen Meer respektive dem nahen Osteuropa
erstrecken und dabei verbreitet für Absinken sorgen. Unterstützung gibt es von
einem recht üppig konfigurieren, zonal ausgerichteten Höhenrücken, der ähnlich
positioniert ist wie sein Pendant am Boden. Dabei hält der Rücken die mäßig
ausgeprägte Frontalzone soweit auf Distanz, dass sie uns, genau genommen den
Norden und mit Abstrichen auch noch die Mitte, nur zärtlich touchiert. Im
Klartext, der wellende Frontenzug eines komplexen Tiefdrucksystems über
Nordeuropa und dem nahen Atlantik (die Rede ist von WILHELMINE, die aus mehreren
Tiefzentren, Trögen und Wellen besteht, deren genaue Aufenthaltsorte für uns
aber nur wenig zur Sache tun) dödelt knapp nördlich an Deutschland vorbei und
bekommt dabei mal mehr, mal weniger ein bis zwei Zehen in die Tür.

Aktuell stellt sich das Geschehen so dar, dass weite Teile des Nordens und
Westens unter einer tiefen und weitgehend geschlossenen Stratocumulus- bzw.
Stratusdecke liegen, deren Oberkante an der Unterkante einer bei etwa 900 hPa
verorteten Absinkinversion liegt. Im Norden und Nordwesten sprüht es aus tiefer
Basis etwas, sonst ist es aber weitgehend trocken. Neben den tiefen Wolken
zeigen sich auch noch einige Cirren am Himmel, die über den Osten und Südosten
ost-südostwärts hinwegziehen. Trotzdem wird heute im gesamten Süden bis in die
Mitte hinein die Sonne reichlich zum Zuge kommen und die alternde Polarluft
(mPs; T850 heute Mittag inzwischen auf 5 bis 10°C angestiegen) auf äußerst
solide 19 bis 24°C erwärmen. Richtig kalt wird es aber auch in den anderen
Regionen nicht, was sich schon an den hohen Frühwerten mit bis zu 14°C ablesen
lässt. Nur die Küste, die Inseln sowie ein etwa 50 bis 100 km ins Binnenland
reichender Korridor müssen sich mit Temperaturen unterhalb der 20°C-Marke
begnügen (15 bis 19°C, bei auflandigem Wind noch etwas frischer). Dazu bleibt es
zunächst vielerorts stark bewölkt bis bedeckt, bevor die Wolkendecke im
Tagesverlauf mal mehr, mal weniger große Löcher bekommt. Mit Passage einer
flachen Welle frischt der Südwestwind im äußersten Norden noch im Laufe des
Vormittags vorübergehend auf. Dabei muss insbesondere an der nordfriesischen
Küste sowie in Schleswig-Holstein nördlich des Kanals häufiger mit steifen Böen
7 Bft gerechnet werden. An den übrigen Küstenabschnitten sowie im unmittelbar
daran angrenzenden Binnenland treten 7er-Böen seltener auf. Schon ab dem
Nachmittag lässt der Wind bereits wieder nach.

In der Nacht zum Samstag tut sich wenig bis nix an der Wetterlage. Schwache WLA
lässt hohe, häufig transparente Wolkenfelder übers Land ziehen, teils ist der
Himmel aber auch klar. Tiefe Wolken beschränken sich im Wesentlichen auf den
äußersten Norden, wo gerade im Ostseeumfeld auch ein paar Tropfen fallen können.
Vom Süden bis in die Mitte bilden sich ein paar Nebelfelder, die Unterschreitung
der neuralgischen Sichtweitenmarke von 150 m ist aber nur wenig wahrscheinlich.
Noch unwahrscheinlicher ist Frost, zumindest Luftfrost. Am kältesten wird die
Nacht im Süden, wo es z.T. auf etwas unter 5°C abkühlt, was für lokalen, aber
nur sehr kurz andauernden Frost in Bodennähe reichen könnte. In vielen
Landesteilen stehen dagegen zweistellige Tiefstwerte auf dem Zettel.


Samstag... verlagert sich der Höhenrücken geringfügig nach Süden, wodurch PETER
weiter etwas Luft ablassen muss. Am Ende des Tages bringt er keine 1025 hPa mehr
auf die barische Waage, was aber überhaupt nicht schlimm ist. Ganz im Gegenteil,
offensichtlich beflügelt durch den Druckabfall läuft er noch mal zu Hochform auf
und beschert dem gesamten Süden sowie größtenteils auch der Mitte einen sonnigen
oder nur locker bewölkten Himmel. Doch damit nicht genug, durch das andauernde
Absinken steigt dort die 850-hPa-Temperatur weiter an auf 10 bis 15°C, was nicht
ohne Folgen für die 2m-Temperatur bleibt. Auch die schnellt mächtig nach oben
und kommt am Ende auf 24 bis 28°C (am wärmsten der Oberrheingraben), was für
viele einen Sommertag im April bedeutet.

Weiterhin in der Hinterhand sind die Norddeutschen, die sowohl thermisch als
auch solar nicht mit dem Süden mithalten können. Auf der anderen Seite, so
richtig schlecht wird´s auch dort nicht. Okay, 25°C oder mehr bleiben ein
Träumli, aber 19 bis 24°C sind ja nun auch nicht gerade kalt. Einzig in
Küstennähe haperts etwas mit der Erwärmungsrate, was einen einfachen Grund hat:
das mit rund 10°C noch ziemlich frische Meerwasser, dessen kühlender Einfluss
nicht zu negieren ist. Ansonsten präsentiert sich der Himmel unterschiedlich
bewölkt mit Lücken und einigen Sonnenfenstern. Dazu bleibt es im Großen und
Ganzen trocken. Und da auch der Südwestwind keinen Bock auf großartige Bambule
hat - mehr als ein leicht böiges Aufleben dürfte nicht drin sein -, kann man
auch im gerne mal herben Norden einigermaßen gelassen dem Samstag entgegensehen.


Die Nacht zum Sonntag allerdings bringt dann wieder etwas mehr Leben in die
norddeutsche Bude, wenn nämlich die Kaltfront eines flachen, vom Seegebiet
zwischen Island und Schottland gen Norwegen ziehenden Tiefs von der Nordsee um
Einlass bittet. Wobei, bitten tut die Front nicht, sie latscht einfach ungefragt
ins nordwestdeutsche Binnenland, wo sie mit Unterstützung eines sehr flachen, in
der Frontalzone ostwärts ablaufenden Randtrogs nicht nur ein frontales
Wolkenband generiert. Vornehmlich im Küstenraum kommt es zudem zu
schauerartigen, an der Ostsee vielleicht sogar gewittrigen Regenfällen. Außerdem
beginnt der auf West bis Westnordwest rechtdrehende Wind an der Küste spürbar
aufzufrischen mit Böen 7 Bft, auf Sylt, Föhr und Amrum evtl. sogar 8 Bft. Auf
dem Brocken geht´s gar hoch auf Böen 9-10 Bft, auch auf dem Fichtelberg könnte
die eine oder andere "9" erscheinen.

Deutlich geschmeidiger geht´s weiter südlich zu, auch wenn unser Freund PETER
mittlerweile schwer kränkelt und weiteren Druckfall hinnehmen muss. So kann er
nicht verhindern, dass Wolkenfelder von Nordwesten her auf Teile der Mitte
übergreifen. Im Süden allerdings zeigt das Hoch bemerkenswerte Resilienz, die
sich in einem gering bewölkten oder gar klaren Himmel widerspiegelt. Dichter
Nebel ist dabei ebenso wenig Thema wie Frost.

Sonntag... werden so ganz allmählich die Weichen für eine bevorstehende Änderung
der GWL gestellt, die vollumfänglich aber erst in der Mittelfrist ab Montag
stattfindet (zu lesen in der Synoptischen Übersicht Mittelfrist ab dem späten
Vormittag). Zunächst mal fällt der Luftdruck in Süddeutschland weiter, so dass
der gute PETER nur noch als unscharfes Residuum auf der Wetterkarte erscheint.
Aber so, wie wir ihn kennengelernt haben, stemmt er sich auch jetzt in schier
aussichtsloser Lage noch gegen den unvermeidlichen Wetter- und
Luftmassenwechsel. Die Leute südlich von Donau und Neckar wird´s freuen, scheint
doch noch einmal für längere Zeit die Sonne bei bis zu 28°C. Ich sach nur
"genießt es, das dicke Ende kommt bald".

Ansonsten gilt es zu konstatieren, dass sich die Frontalzone mittemang über
Deutschland legt, wobei sich in der glatten westlichen Höhenströmung ein nicht
zu verachtender Jet mit bis zu 140 Kt auf 300 hPa etabliert. Hier unten in
irdischen Gefilden kommt davon nicht allzu viel an. Hier ist zunächst die o.e.
Kaltfront von Interesse, die etwa bis zur südlichen Mitte vorankommt, wo sie
aufgrund ihrer strömungsparallelen Exposition gestoppt wird. So kräftig die
Front thermisch aufgestellt ist - der Temperaturgradient zwischen Küste und
Alpenrand beträgt um 12 UTC auf 850 hPa etwa 16 Kelvin (-3°C bis +13°C =>
2m-Höchsttemperaturen von gerade noch 11 bis 16°C im Norden und Nordwesten sowie
16 bis 22°C sonst, im Süden 23 bis 28°C) -, so schwach ist ihre
Wetterwirksamkeit. Mehr als ein paar marginale Regentropfen sind nicht drin, und
auch bei der Bewölkung bestehen durchaus Chancen für Auflockerungen, in der
postfrontal einfließenden polaren Meeresluft (mP) sogar sehr gute. Da stört es
nicht groß, wenn in Küstennähe mal ein schwacher Schauer durchgeht.

Etwas mehr Dampf als bisher gibt es beim Wind, was an dem o.e. Tief liegt. Auf
seinem Weg von Norwegen nach Schweden entwickelt es sich zu einem soliden
Wirbel, an dessen Süd- bzw. Südwestflanke der Gradient leidlich anzieht und zwar
so, dass es bis zu uns abfärbt. Insbesondere an der See sowie im erweiterten
küstennahen Binnenland kommt der westliche Wind wiederholt auf Böen 7 bis 8 Bft,
exponiert (Küste) vereinzelt 9 Bft. Aber auch in der Norddeutschen Tiefebene
sowie im ostdeutschen Binnenland steht die eine oder andere steife Böe 7 Bft auf
der Karte. Blocksberg und Fichtelberg kommen in gewohnter Manier auf Sturmböen 9
Bft. Nicht unerwähnt soll ein weiteres Tief bleiben, das von der Irminger See
kommend dicht an Island vorbeizieht, um am Montag über der nördlichen Nordsee
aufzuschlagen. Auch dieses Tief hat eine Kaltfront aufzubieten, die ab Montag
eine weitere Abkühlung einleitet, aber der Hoffmann schweift schon wieder ab in
den Mittelmist.

Kurz noch die Nacht zum Montag, wo über Westeuropa eine markante Austrogung
einsetzt. Vorderseitig dreht die Strömung bei uns kurzzeitig etwas zurück auf
West-Südwest. Das veranlasst die Kaltfront, eine kleine Welle zu schlagen sowie
etwas Aktivität an den Tag zu legen (und das mitten in der Nacht). So kommt es
in en mittleren Landesteilen zu zeitweiligen Regenfällen, deren Intensität
derzeit noch recht heterogen simuliert wird. Während ICON eher mit Marginalien
arbeitet, sind es bei IFS und UK10 gebietsweise um oder etwas über 5 l/m² innert
weniger Stunden. Weit interessanter als die Front ist allerdings das präfrontale
Geschehen im äußersten Süden. Dort wird etwas MU-CAPE zur Verfügung gestellt,
welches möglichweise in das eine oder andere frühmorgendliche Gewitter
umgewandelt werden kann. Mal sehen, ob es so kommt. Darüber hinaus bliebe nur
noch zu berichten, dass der Wind im Norden und Osten bereits ab den Abendstunden
deutlich nachlässt und die Temperatur im norddeutschen Binnenland gebietsweise
auf knapp unter 5°C zurückgeht.



Modellvergleich und -einschätzung
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Der Modellcheck für die nächsten 72 Stunden lässt keine Zweifel zu, dass es so
kommt wie beschrieben. Dass im Detail (z.B. frontaler Regen in der Nacht zum
Montag) kleinere Unschärfen auftauchen, geschenkt.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann