DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

08-04-2024 08:30
SXEU31 DWAV 080800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 08.04.2024 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Übergang von TrW (Trog Westeuropa) zu BM (Brücke Mitteleuropa)

Heute in der Südosthälfte noch mal sommerlich warm. Im Westen und Norden
vereinzelte Gewitter nicht ausgeschlossen. Morgen Kaltfrontpassage mit
mordsmäßigem Luftmassenwechsel, aber nur wenig sonstigem Tamtam.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... starten wir in die zweite Aprilwoche und nach dem fast schon
sommerlich anmutenden Wochenende verwundert es wenig, dass auch der Wochenstart
alles andere als ein Kaltstart ist. Schon bei der Herfahrt ins Büro mit dem
Fahrrad hatte der Verfasser relativ schnell das Gefühl, dass die sportliche
Bikerjacke nicht zwingend nötig gewesen wäre. Noch besser dann die Übergabe vom
Nachtdienst, die von schier unglaublichen 24°C im ca. 750 m hoch gelegenen Bad
Kohlgrub im südlichen Alpenvorland berichtete. Kaum 25 km weiter nördlich im 200
m tiefer liegenden Wielenbach (zwischen Ammer- und Starnberger See gelegen)
waren es zur gleichen Zeit knapp 9°C. Ja wie jetzt? Ganz flache entkoppelte
Grundschicht vs. warmer föhngeschwängerter Warmluft lautet die Kurzformel, auf
die hier nicht näher eingegangen werden soll (mehr dazu dann am Nachmittag im
heutigen "Thema des Tages").

Steigen wir ein in die Wetterlage, die Deutschland ganz klar auf der Vorderseite
eines Höhentroges über dem nahen Atlantik sieht. Schaut man sich diesen etwas
genauer an, erkennt man einen kurzwelligen Anteil, der gerade dabei ist, in die
Rückseite des Haupttroges hineinzulaufen. Damit wird der Trog nicht nur
regeneriert, er vergrößert zudem seine Amplitude, was bei uns ein Aufsteilen der
Höhenströmung von Südwest auf Süd-Südwest zur Folge hat. Damit gelangt auch
heute noch mal ein fetter Schwall Warmluft nordafrikanischer Herkunft (cS bis
cT) insbesondere in die Südosthälfte, die - wie sollte es anders sein - einmal
mehr mit Saharastaub angereichert ist. Mit Unterstützung des sich gerade
aufbauenden Südföhns in den Alpen (mit 6 hPa Unterschied im Diagramm
Bozen-Innsbruck fällt der allerdings nicht übermäßig üppig aus; 8, vereinzelt 9
Bft ganz oben, 7 Bft in einigen Schneisen oberhalb 800 bis 1000 m) steigt T850
im Alpenvorland auf bis zu 19 oder gar 20°C an. Kein Wunder, dass MOS im
Südosten mit Tageshöchstwerten bis zu 30°C aufwartet. Allerdings heißt es an
dieser Stelle "Spitz pass auf" (altes Gesellschaftsspiel, kennt wahrscheinlich
nicht mehr jeder), denn besagter Saharastaub könnte in Bezug auf die
Temperaturspitzen zum Spielverderber werden. Nicht nur dass die Bildung speziell
hoher Wolken gefördert wird, auch sonst kann der Sonnenschein allein durch den
Staub per se getrübt werden ("milchiges" Aussehen) und die direkte
Solarstrahlung dämpfen. Saharastaub hin, Dämpfung her, es wird erneut ein warmer
bis sehr warmer Apriltag in der gesamten Südosthälfte (und noch etwas darüber
hinaus), selbst wenn am Ende "nur" 24 bis 29°C aufgerufen werden sollten.

Vom Südosten in den Nordwesten, wo die Woche meteorologisch etwas anders
beginnt. Gründe dafür gibt es verschiedene. Da wäre zunächst mal die Nähe zum
o.e. Höhentrog, die aber nicht so stark ins Gewicht fällt. Relevanter ist da
schon das wellende Frontensystem auf der Vorderseite des Doppeltiefs VANESSA
(heute Mittag knapp unter 995 hPa Keltische See) und TIMEA (int. Kathleen; heute
Mittag knapp unter 980 hPa wenig nördlich der Färöers), dessen Warmfront aktuell
auf dem Weg in den Norden und Nordwesten des Vorhersageraums ist. Mit Hilfe eine
nach Nordosten ablaufenden KW-Troges hat die Front in der Nacht ein
schauerartiges Regengebiet auf den Westen, den Norden und die Mitte losgelassen,
bei dem im Norden strichweise etwas über 5 l/m² in wenigen Stunden
zusammengekommen sind. Aktuell ist das Regengebiet dabei, über den Nordosten
Richtung Polen und Ostsee abzuziehen.

Was folgt ist eine zunächst weitgehend trockene Mischung aus unterschiedlich
dichten Wolken und einigen, teils sogar größeren Auflockerungen. Die
einfließende Luftmasse ist bei Weitem nicht so warm wie weiter südöstlich (T850
am Mittag 5 bis 12°C), was sich natürlich auch in niedrigeren Höchstwerten
widerspiegelt. 18 bis 24°C lautet die Ansage, an den Küsten z.T. nur 16 oder
17°C. Interessant könnte es möglicherweise am Nachmittag und Abend werden, wenn
über Frankreich eine flache Welle (URSULA) näherkommt und die ansonsten
vergleichsweise trockene Luftmasse gerade von NRW über NDS bis nach MV durch
eine Feuchteflusskonvergenz mit Wasserdampf angereichert wird (Maximum PPW mit
teile über 25 mm und spez. Grundschichtfeuchte um 9 g/kg). Neben mehrerer
Schauer könnte sich auch ein Gewitter im genannten Korridor verirren, auch wenn
die Labilität alles andere als berauschend ist. Das erklärt auch, warum die
Modelle sehr verhalten mit der Simulation von Gewittern umgehen. Selbst das bis
dato recht offensiv aufgestellte SuperHD hat inzwischen zurückgerudert, so dass
keinesfalls sicher ist, dass es heute irgendwo ordentlich rumst (zumal auch die
Höhenströmung ziemlich glatt konturiert ist und somit ein Trigger fehlt).
Sollten sich doch ein oder zwei Zellen bilden, dann geht´s aufgrund guter
Scherungsbedingungen rasch in den markanten Bereich mit Starkregen um 20 l/m²,
kleinkörnigen Hagel und Böen 8-9 Bft.

In der Nacht zum Dienstag nähert sich der Höhentrog dem Vorhersageraum etwas an.
Gleichzeitig erreicht die Welle mit zugehöriger Rinne erst die West- und bis zum
Morgen dann auch die Osthälfte. Das ist sehr flott, um nicht zu sagen zu flott,
um konstruktiv mit der Vorderseite des Höhentroges zu interagieren. Mit anderen
Worten, Welle und Rinne rauschen weitgehend wetterinaktiv durch, bevor mit
Annäherung der nachgeschalteten Kaltfront und des Höhentroges im Westen und
Nordwesten schauerartige Regenfälle einsetzen. Ob es dabei auch für Gewitter
reicht, ist äußerst fraglich, weil es mit Winddrehung auf West zu einer raschen
Stabilisierung von unten kommt. Außerdem greift KLA weit über die Trogachse nach
Osten aus, so dass die durchaus vorhandene dynamische Hebungskomponente durch
PVA teilkompensiert wird. Es deutet sich an, dass der Schwerpunkt nächtlicher
Konvektion knapp westlich von uns respektive über der Nordsee verbleibt. Ganz
ausschließen lässt sich ein elevated TS der Kategorie markant (am ehesten
Starkregen) aber auch nicht.

Erwähnenswert ist noch der Wind, der mit besagter Drehung auf West sowie einer
sehr soliden Druckanstiegswelle in der Westhälfte nach Mitternacht kurzzeitig
böig auffrischt mit der einen oder anderen steifen Böen 7 Bft, vereinzelt 8 Bft.
Gleichzeitig kommt in Ostsachsen sowie im Erzgebirge präfrontal für kurze Zeit
(bis Dienstagvormittag) etwas Böhmischer Wind light version auf (Böen 7 Bft aus
Süd bis Südost). In den Alpen dauert der Südföhn an.

Dienstag... rückt der Höhentrog unter Verkürzung seiner Wellenlänge und weiterer
Vergrößerung seiner Amplitude noch dichter an den Vorhersageraum heran. Kurze
Wellenlänge, Mordsamplitude, das riecht förmlich nach Abtropfen und tatsächlich
wird das spätestens in der Nacht zum Mittwoch irgendwo zwischen "Malle" und
Korsika/Sardinien passieren. Bis es soweit ist, dauert die inzwischen komplett
auf Süd rückgedrehte Höhenströmung bei uns an, während der Bodenwind komplett
auf West bis Südwest dreht. Dabei stellt sich auf der Rückseite der nach Osten
schwenkenden Kaltfront eine leichte Gegenstromsituation ein, aus der ein
fragiles (weil nicht durchgängiges und vor allem in der Mitte löchriges)
Regenband resultiert, das ebenfalls und unter vorübergehender Abschwächung von
West nach Ost marschiert. Der Luftmassenwechsel, der mit Frontpassage
eingeleitet wird, ist nicht nur äußerst markant (mP/mPs; Rückgang T850 auf bis
rund 0°C). Er findet zudem so zügig statt, dass sich die warme Luft im Osten
nicht noch mal energetisch so aufbereiten kann, als dass sie nennenswerte
konvektive Akzente in Form von Gewittern setzen könnte. Dafür sinkt die
Schneefallgrenze in den Alpen auf unter 1500 m.

Im Fokus bleibt der Wind, der mit der Druckanstiegswelle von West nach Ost für
kurze Zeit so böig auffrischt, dass er zwar nicht flächendeckend, aber zumindest
gebietsweise Böen der Stärke 7 Bft, vereinzelt 8 Bft erreicht. Außerdem frischt
der Südwestwind im äußersten Westen und Nordwesten ab Mittag auf (Böen 7 Bft).
Grund ist das Tief VANESSA, das über die Nordsee nordostwärts zieht und dabei
einen schönen Bodentrog mit sich schleppt. Der Föhn in den Alpen bricht mit
Durchgang der Kaltfront von West nach Ost zusammen.

Noch ein Satz zur Temperatur, die in der Westhälfte nicht mehr die 20°C-Marke
erreicht, geschweige denn überschreitet. 12 bis 19°C stehen auf der Karte, in
den Hochlagen der Mittelgebirge z.T. noch weniger. Die Osthälfte kommt auf 19
bis 29°C (je weiter im Osten, desto wärmer), wobei bereits im Tagesverlauf (und
damit gegen den üblichen Tagesgang) mit dem Westwind die Abkühlung einsetzt.

In der Nacht zum Mittwoch erreicht der Trog Deutschland, von dem aufgrund der
o.e. Verkürzung der Wellenlänge sowie dem unmittelbar bevorstehenden Cut-Off
aber nur noch ein schmaler Potenzialschlauch übrig ist. Derweil steuert Tief
VANESSA die Südspitze Norwegens an, während der zugehörige Bodentrog die Nordsee
kreuzt. Auf seiner Südflanke frischt der Südwestwind an der See und im
küstennahen Binnenland von West nach Ost auf, wobei das Maximum an der
nordfriesischen Küste auftreten dürfte (bis 9 Bft).

Darüber hinaus gilt es zu konstatieren, dass sich der Regen im Osten bzw. der
östlichen Mitte vorübergehend intensiviert (gebietsweise 5 bis 10 l/m² innert
6-9 Stunden) und die Schneefallgrenze in den Alpen auf etwa 1000 m sinkt. Im
Nordwesten sind unter dem nördlichen Trogresiduum einzelne Schauer möglich.
Ansonsten steigt der Luftdruck an, so dass die frisch eingeflossene maritime
Polarluft gerade im Süden und Südwesten zur Ruhe kommt. Außerdem lockert die
Wolkendecke dort partiell auf, was eine äußerst passable Abkühlungsrate zur
Folge hat. Gebietsweise sinkt die Temperatur auf unter 5°C (am Boden punktuell
um 0°C), im gesamten Land reicht es grundsätzlich nicht mehr für zweistellige
Werte.

Mittwoch... zieht das nördliche Trogresiduum über Südskandinavien und die
Nordsee ostwärts, während sich gleichzeitig das Cut-Off-Tief zwischen Sardinien
und Korsika einnistet. Bei uns baut sich entsprechend eine schwache
Potenzialbrücke auf, die den Luftdruck weiter steigen lässt. Dieser manifestiert
sich in Form eines wuchtigen, zonal exponierten Keils, der sich ausgehend vom
südwesteuropäischen Hoch PETER zu uns reinschiebt. Damit ebben die anfänglich im
Süden und in der östlichen Mitte noch auftretenden Niederschläge alsbald ab und
auch die Schauer im Norden bekommen immer größere Schwierigkeiten, sich zu
behaupten. Zwischen 700 (Norden) und 800 hPa (Süden) etabliert sich eine
Absinkinversion, unter der sich aus der Grundschicht heraus eine mehr oder
weniger flache Quellbewölkung entwickelt und teilweise ausbreitet - klassisch
für frische maritime Polarluft mit nachfolgendem Hochdruckeinfluss. Am
Nachmittag nehmen vor allem nach Südwesten hin die sonnigen Abschnitte zu. Bei
850-hPa-Temperaturen zwischen 0 und -3°C werden nur noch Tageshöchstwerte
zwischen 11 und 17°C, im höheren Bergland z.T. unter 10°C erwartet. Der
Südwestwind weht an der See anfangs noch mäßig bis frisch mit Böen 6-7 Bft,
bevor zum Nachmittag eine Gradientaufweichung und somit Windabschwächung
erfolgt.

In der Nacht zum Donnerstag nähert sich die Warmfront eines kleinen Randtiefs
knapp nördlich von Schottland (00 UTC) dem Nordwesten des Landes. Sie bringt
mehrschichtige Bewölkung und etwas Regen, außerdem frischt der süd-südwestliche
Wind auf der Nordsee erneut auf (Böen 7-8 Bft insbesondere auf den Inseln sowie
an der nordfriesischen Küste). In den übrigen Landesteilen verläuft die Nacht
häufig gering bewölkt oder klar, vor allem aber kalt mit lokalem Luftfrost und
recht verbreitetem Bodenfrost. Ja, ja, so schnell kann´s gehen im April.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die beschriebene Entwicklung wird von allen Modellen sehr ähnlich simuliert.
Hinsichtlich möglicher konvektiver Auswüchse ab heute Nachmittag ist zumindest
numerisch nicht mehr allzu viel übriggeblieben.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann