DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

05-04-2024 07:30
SXEU31 DWAV 050800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 05.04.2024 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
SW z Übergang zu SW a

Heute im Norden starke Gewitter mit Sturmböen. Vereinzelt Unwettergefahr. Am
Wochenende extrem warm, lokal heiß.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... liegen wir zwischen einem Höhenrücken über dem westlichen Mittelmeer
und einem Trogsystem, das von Nordeuropa bis zu einem Trog auf dem Atlantik
reicht, in einer westsüdwestlichen Strömung. Darin eingebettet zieht ein
markanter Trog über die Nordsee nach Dänemark und erfasst mit kräftiger Hebung
durch PVA auch Norddeutschland. Am Okklusionspunkt des zugehörigen Bodentief
bildet sich über der Nordsee ein Teiltief, welches nach Dänemark zieht.

Dabei gelangt hinter der Warmfront des Tiefs sehr milde Meeresluft nach
Deutschland, in der die 850 hPa Temperatur im Süden auf mehr als +10°C steigt.
Da die Höhenströmung durch einen abziehenden Rücken noch leicht antizyklonal
konturiert ist, fällt nur relativ wenig Regen. Der Süd- bis Südwestwind lebt
aber schon auf mit ersten Böen 7 Bft im Westen und der Mitte, sowie stürmischen
Böen, exponiert Sturmböen im höheren Bergland.
Wenn die Kaltfront nachmittags übergreift, holt der Trog das Frontensystem ein
und verstärkt dessen Wetteraktivität, sodass dann vermehrt schauerartige
Regenfälle aufkommen, die mit dem Tiefausläufer den Norden und die Mitte zügig
überqueren, über dem Süden aber ins Schleifen kommen. Gleichzeitig labilisiert
die Schichtung, die Cape bleiben aber überschaubar mit wenigen hundert J/kg. Es
entwickeln sich dann Schauer und Gewitter, die dank sehr starker Scherung
organisiert und mit (teils schweren) Sturmböen und Hagel verbunden sein können.
Es wird auch sehr viel Storm Relative Helicity bereitgestellt, was bei günstig
gekurvten Hodographen rotierende Aufwinde und Superzellen über Norddeutschland
zur Folge haben kann. Mit dem Regen zuvor ist die Luft zudem angefeuchtet mit
entsprechend niedrigem HKN, somit besteht auch Tornadopotential und entsprechend
vereinzelt Unwettergefahr.

Im Süden kommt vom frontalen Geschehen nicht viel an, außer vielleicht etwas
Bewölkung. Hier scheint längere Zeit die Sonne bei lokal bis zu 25°C. Auch
postfrontal von Nordwesten, lockert die Bewölkung wieder stärker auf und die
Schauer klingen ab. Die einströmende Luftmasse ist auch postfrontal sehr mild
(+5°C in 850 hPa) und die Temperaturen liegen meist zwischen 17 und 23°C.
Abgesehen von den konvektiv getriggerten Böen, frischt der Wind im Nordosten vor
allem an den Küsten und mit Passage der Kaltfront auf und erreicht Bft 7, an der
Ostsee und in Leelagen 8 Bft.

In der Nacht zum Samstag zieht der Trog rasch nach Polen ab, das Bodentief
entfernt sich zum Finnischen Meerbusen, sodass letzte Schauer und Gewitter im
Nordosten rasch nachlassen. Über dem Atlantik hat sich derweil ein kräftiges
Sturmtief gebildet, das ausgangs der Nacht mit unter 960 hPa knapp westlich
Irlands aufschlägt und mit starker Warmluftadvektion einen Höhenrücken stützt,
der auf Mitteleuropa übergreift. Die kurzzeitig über Süddeutschland schleifende
Kaltfront wird flott als Warmfront des Tiefs wieder nach Norden geführt,
antizyklonal überlagert zieht eher Bewölkung durch, als dass es nennenswert
regnet. Vor allem anfangs weht an der See und im höheren Bergland noch kräftiger
Westwind mit starken bis stürmischen Böen, exponiert im Bergland Sturmböen. im
Laufe der Nacht lässt der Wind auch dort nach. Es bleibt sehr mild bei 13 bis
8°C. Im Südwesten und Nordosten ist es zeitweise leicht bewölkt.

Samstag... schwenkt der Höhenrücken über Mitteleuropa nach Osten, dahinter dreht
die Strömung auf Südsüdwest und es gelangt extrem warme Subtropikluft nach
Deutschland. Das Sturmtief zieht unterdessen nach Norden, wobei die Warmfront
wieder aus Deutschland ab und auf die Ostsee hinaus zieht und die Kaltfront
schleifend über der Nordsee und Westeuropa liegt. Daran bildet sich eine Welle,
die von Spanien aus nach Nordosten wandert.

Der Norden startet mit einiger Bewölkung in den Tag, es fällt aber kaum Regen.
Später lockert die Bewölkung auf und es setzt sich, wie zuvor weiter südlich die
Sonne durch. Über der Mitte und dem Süden scheint teilweise anhaltend die Sonne.
Mit der kräftigen Einstrahlung und bei 12 bis 18°C in 850 hPa werden außer im
Nordosten verbreitet sommerliche Höchstwerte von 25 bis 30°C. Im Norden werden
aber noch 20 bis 24°C erwartet. Damit werden vielfach neue Dakadenhöchstwerte
für die ersten Apriltage auftreten. Im Tagesverlauf wird zwar von Südwesten
wieder Saharastaub in der Höhe nach Deutschland hinein verfrachtet, aber
zunächst in eher geringem Maße und ob das noch zu einer deutlichen Abschirmung
führt, oder zu mehr hoher Bewölkung ist fraglich.

Darüber hinaus nimmt die Labilität zu und es wird für den Nordwesten etwas Cape
angedeutet, in trockener Luft aber mit sehr starkem Deckel, der nicht gesprengt
wird.
Der Gradient nimmt aus Westen und im Vorfeld des Tiefausläufers etwas zu, es
langt aber lediglich für einige (nicht warnrelevante) Bft 7-8 in exponierten
Kamm- und Gipfellagen.

In der Nacht zum Sonntag greift dann die schleifende Kaltfront auf den
Nordwesten über. Durch einen flachen Trog in der Höhe und einer Welle am
Tiefausläufer über der Nordsee kommt in der Südwestströmung auch dynamischer
Hebungsinput auf. Bei steigender Feuchte (PPW bis 30 mm) kann die potentielle
Labilität (MU Cape bis 300 J/kg) im Nordwesten ausgelöst werden und vom
westlichen Niedersachsen bis zur Nordsee und SH sind im Laufe der Nacht einzelne
kräftige Gewitter nicht ausgeschlossen. Die Progression des Tiefausläufers und
die Entwicklung im Nordwesten sind noch unsicher. Möglich, dass die Konvektion
auch über der Nordsee außen vor bleibt.

Ansonsten nimmt die Bewölkung im Westen und Nordwesten zu mit sehr milder Nacht,
teils um 15°C. Nach Südosten und Osten hin wirkt sich der nur langsam weichende
Höhenrücken, er kippt etwas nach Südosten weg, mit geringer Bewölkung oder
klarem Himmel aus und frischeren Temperaturen, örtlich um +5°C. Vor allem im
höheren Bergland weht mäßiger südlicher Wind, exponiert mit stürmischen Böen,
Brocken: Sturmböen.

Sonntag... liegen wir unter einer wieder eher leicht antizyklonalen
Südwestströmung am Rand des Höhenrückens vom Mittelmeer bis Osteuropa. Dieser
bewegt sich tagsüber nur noch wenig weiter nach Osten.
Das steuernde Tief nistet sich mit ca. 965 hPa zwischen Schottland und Island
und dessen unter der Südwestströmung nach wie vor schleifende Kaltfront liegt
über Norddeutschland. Mit Abzug der ersten Welle kommt sie bis in den Nordosten
voran und geht dann in die Warmfront der nächsten, über Südfrankreich
ansetzenden Welle über. Präfrontal gelangt weiter labile, subtropische Warmluft
in weite Landesteile über der Mitte dem Süden und Osten. Postfrontal fließt
etwas kühlere, aber auch stabile Luft in den Nordwesten. Lediglich im frontalen
Umfeld steht mehr Feuchte zur Verfügung, osnt ist die Luftmasse, auch präfrontal
ziemlich trocken.
Die anfänglichen Gewitter im Norden ziehen ab. Tagsüber passiert mangels Hebung
und antizyklonalem Trigger aus der Höhe außer Bewölkung nicht allzu viel im
frontalen Bereich. Wenn nachmittags und abends an der Warmfront im Westen wieder
Hebung und Regen aufkommt, so in stabiler Luft und ohne nennenswerte Konvektion.


Dazu werden im Nordwesten 20 bis 24, an der Nordsee um 18°C erwartet. In der
Warmluft bleibt es sommerlich bei (laut Mos) 25 bis 31°C. Hier muss man
allerdings etwas aufpassen, da der Anteil an Saharastaub in der Warmluft nun
deutlich größer simuliert wird und mehr hohe Bewölkung, aber auch der Staub an
sich die Temperaturen dämpfen kann.
Entsprechend sind auch die hohen Sonnenanteile in der Südosthälfte alles andere
als sicher.

In der Nacht zum Montag zieht die nächste Welle über den Nordwesten Richtung
Dänemark. Dabei kommt vermehrt Hebung auf und es regnet zeitweise auch etwas
kräftiger mit lokal 10 bis 15 l/qm in 6, an die 20 l/qm in 12 h. Da sich der
Regen auf die kühle und stabile Seite der Frontalzone fokussiert, dürfte es bei
skaligen Regenfällen bleiben. Höchstens am warmen Rand des Regens wären
schauerartige Verstärkungen möglich, Gewitter nach derzeitigem Stand aber nicht.

Sonst ändert sich nicht viel und es bleibt trocken bei geringer Bewölkung.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die Basisfelder ähnlich. Die Gewitter heute bergen dank
der sehr guten dynamischen Voraussetzungen einiges Potential für Rotationen und
Superzellen, inkl. Tornadogefahr. Lediglich die fehlende Labilität wirkt etwas
dämpfend. Die extreme Wärme wird fürs Wochenende von allen Modelle gezeigt, hier
bleibt der Einfluss des Saharastaubs abzuwarten, dessen Ausbreitung
unterschiedlich beurteilt wird. Hinsichtlich der schleifenden Kaltfront ab
Sonntag divergieren die Lösungen stärker.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner