DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

02-04-2024 17:30
SXEU31 DWAV 021800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 02.04.2024 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
Nachts und am Mittwoch auf exponierten Bergen Böen Bft 8 bis 9.

Am Donnerstag in freien Lagen stürmische Böen. Zunächst im Westen, später auch
in der Mitte und im Osten sowie im Südosten örtlich Gewitter mit teils schweren
Sturmböen. In einigen Staulagen (vor allem im Schwarzwald) Dauerregen nicht
ausgeschlossen.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 06 UTC
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Aktuell ... Deutschland liegt aktuell in einer lebhaften Westströmung, in der
ein Höhentrog eingelagert ist, welcher von Deutschland nach Polen zieht. Er
gliedert sich dem in Entwicklung befindlichen Tief an der baltisch-russischen
Grenze an, welches sich morgens schon deutlich in der Höhe abzeichnet und am
Boden einen Kerndruck von knapp unter 980 hPa annimmt.
Der nachfolgende Höhenrücken wandert unter Konturverlust nach Deutschland. Eine
große Wetterberuhigung bringt er nicht, da er von Warmluftadvektion überlaufen
wird. Diese steht im Zusammenhang mit den Ausläufern eines Tiefs bei England,
die von Westen mit dichter Bewölkung und Regenfällen auf die Westhälfte
übergreifen. Gleichzeitig sind im Nordosten letzte Schauer unterwegs, wobei auf
der Rückseite der Zyklogenese am Baltikum Kaltluft von Skandinavien angezapft
wird, die mit einem Bodentrog und Winddrehung auf Nordwest bis Nord den
Ostseeraum nur streift. Auf Rügen schlägt dabei in der 2. Nachthälfte kurz die
-5 Grad-Isotherme in 850 hPa auf, so dass dort durchaus mal ein kurzer
Graupelschauer auftreten kann.
Der zunächst besonders im Nordosten und Osten kräftige Westwind lässt nach.
Zunächst werden vor allem im Bergland und im Nordosten die Warnschwellen
erreicht, die Warnungen können im Laufe der Nacht bis auf die exponierten Berge
aber auslaufen. Bei längerem Aufklaren und vorübergehend einschlafendem Wind ist
in Schleswig-Holstein leichter Frost nicht ausgeschlossen (vor allem in
Bodennähe), sonst bleibt es frostfrei; wegen Bewölkung und Wind auch im
Nordosten.

Mittwoch ... greift das Frontensystem des von England in die westliche Nordsee
ziehenden Tiefs auf Deutschland über. Verbunden mit Warmluftadvektion und PVA in
der leicht flatternden Westströmung breitet sich starke Bewölkung und leichter
bis mäßiger Regen über uns nach Osten bzw. Nordosten aus. In 12 Stunden fallen
meist 2 bis 6 l/qm, im Nordwesten und in den Weststaulagen der Gebirge örtlich
an die 10 l/qm. Zunächst halten sich Auflockerungen in der kälteren Luft über
dem Nordosten, die aber langsam wieder rausgedrängt wird. Vom nördlichen
Schleswig-Holstein bis Vorpommern könnte es bis zum Abend noch weitgehend
trocken bleiben.

Die Temperaturen steigen präfrontal der Warmfront bei etwas auffrischendem Ost-
bis Südostwind im Norden und Nordosten nur auf 8 bis 12°C. Sonst werden in
weiten Landesteilen ohne viel Einstrahlung 12 bis 15°C erreicht.

Am Alpenrand macht sich leicht antizyklonaler Einfluss einer Hochdruckzone über
Südeuropa mit einigen Aufheiterungen bemerkbar. Hier sind bis 16°C möglich.
Bei zunächst stabiler Schichtung legt der Wind im höheren Bergland über dem
Süden und der Mitte zu mit Böen 7 bis 8 Bft aus Südwest zu. Auch in einigen
windexponierten Leelagen des Südwestens sind einzelne 7 Bft nicht
ausgeschlossen.

Am Nachmittag greift die Kaltfront auf den Westen über. Schon vorher labilisiert
die Schichtung von Westen her etwas mit Anstieg der Werte in 850 hPa auf +4°C
und leichter Abkühlung in 500 hPa. Dabei sind am Tiefausläufer Schauer und mit
geringer Wahrscheinlichkeit ein Gewitter zu erwarten. Es werden zwar gute
Scherungsbedingungen und PPWs bis 25 mm simuliert, letztlich hapert es an der
Labilität, die nicht übermäßig stark wird und nicht sehr hoch reicht, bis ca.
600 hPa. Markante Entwicklungen mit stürmischen Böen, eventuell Starkregen sind
aber nicht ausgeschlossen.

In der Nacht zum Donnerstag zieht die Kaltfront nebst Schauern oder
schauerartigen Regenfällen ostwärts ab, wobei die Gewitter bald vorbei sein
sollten, so es sie denn überhaupt gibt. Danach gestaltet sich die Strömung
kurzzeitig leicht antizyklonal mit einem flachen Höhenrücken. Erneut ist damit
aber kaum eine Wetterberuhigung verbunden, weil in der Girlande von
Tiefausläufern schnell die nächste Warmfront mit Regen folgt. Dabei greift
Warmluftadvektion über und nach vorübergehender Abschwächung ziehen
Druckgradient und der auf Süd bis Südwest drehende Wind von Westen her wieder
an.
Dann sind neben den Sturmböen im höheren Bergland auch in Leelagen im Westen
Böen 7 möglich.

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Synoptische Entwicklung bis Freitag 06 UTC

Donnerstag ... verläuft die Wetterentwicklung im Wesentlichen so, wie in der
Frühübersicht beschrieben.
Mit der Westströmung wird eine weiterer Höhentrog nach Deutschland gesteuert,
der vom Ärmelkanal und Frankreich nach Deutschland zieht, wobei seine Achse um
18 UTC eine Linie Lübecker Bucht/Bayern erreicht. Vorderseitig entwickelt sich
ein sogenanntes Vorticitykomma, das im Tagesverlauf Frontcharakter entwickelt.
Der Wirbel langt mit Regen morgens über dem Westen an und erreicht abends etwa
eine Linie westliche Ostsee-Westpolen-Osttschechien-Alpen. ICON-D2 berechnet in
diesem Zusammenhang ein Randtief um 15 UTC im Raum Hamburg, das nach ICON-EU um
18 UTC vor der Küste Fischlands erwartet wird.
Zunächst ist die Schichtung noch eher stabil, wird aber im Tagesverlauf mit der
Erwärmung und dem Übergreifen der höhenkalten Luft von Westen labiler (in 500
hPa vorübergehend -25 Grad und kälter, in 850 hPa +3 oder +4 Grad), so dass auch
zwischen 100 und 300 J/Kg ML-Cape entsteht bei PPWs zwischen 17 und 24 mm. Zudem
nimmt vor allem in der Mitte und im Südwesten die Scherung auf mäßige bis hohe
Werte zu, was sowohl für die Deep-Layer-Shear als auch für die Scherung zwischen
0 und 1 km gilt. So wird der Regen im Tagesverlauf schauerartig und zunächst im
Westen und Südwesten, dann auch in der Mitte, im Osten und im Südosten und es
kommen lokale Gewitter dazu, die bei Mittelwinden in 850 hPa um 45 kt teils
schwere Sturmböen bringen. Die Gewitter können bei diesen Zutaten durchaus
organisiert sein oder in Form einer Superzelle auftreten. Außerhalb der Gewitter
muss mit steifen bis stürmischen Böen gerechnet werden. Lediglich im Norden und
im Nordosten bleibt der Regen flächenhaft und Gewitter sind nicht zu erwarten.
Hier sind 7er Böen unwahrscheinlich.
Außerdem steigt im Westharz, im Vogelsberg und in den Weststaulagen des
Schwarzwaldes die Dauerregengefahr etwas an (vor allem bei ICON-D2-EPS).
In der Nacht zum Freitag beruhigt sich das Wetter dann wieder, da die höhenkalte
Luft abzieht und ein Höhenkeil nebst Bodenkeil eines alpinen Hochdruckgebietes
folgen. Dadurch fächert der Gradient auf und der Wind wird schwächer, so dass es
nur noch auf den Bergen Sturmböen geben kann.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren das Randtief am Donnerstag leicht unterschiedlich, was
aber zu keinen großen Vorhersageunterschieden führt.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden