DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

31-03-2024 08:01
SXEU31 DWAV 310800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 31.03.2024 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
TB

Im Westen Schauer, eventuell auch kurze Gewitter mit Sturmböen. Ab der Nacht zum
Montag im Westen neue Schauer und Gewitter, nach Norden ziehend. Dabei auch
Stark-/Dauerregen möglich. An den Alpen Föhnsturm und -orkan.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... befindet sich das hochreichende und steuernde Zentraltief westlich
und südwestlich der Britischen Inseln, wobei sowohl das Höhen- als auch das
Bodentief südwestlich von Irland zu finden sind. Dem zugehörigen Langwellentrog,
der weite Teile Westeuropas und des Ostatlantiks überdeckt, steht über Osteuropa
ein Höhenrücken gegenüber, wobei sich zwischen den beiden Geopotentialstrukturen
eine kräftige südliche bis süd-südwestliche Höhenströmung eingestellt hat. Um
den Trog werden wiederholt kurzwellige Anteile herumgeführt. Ein erster, nur
sehr flach konturierter, erreicht zum Mittag von Süden kommend die Niederlande
und zieht im weiteren Verlauf unter Abschwächung zur Nordsee. Auf seiner
Vorderseite wird von den Modellen recht einheitlich ein Regengebiet simuliert.
Seine Stoßrichtung ist Schleswig-Holstein und im Weiteren Dänemark, wo erst im
Laufe des Nachmittags die Regenfälle nachlassen. Ein weiterer, kräftigerer
kurzwelliger Troganteil greift dann schon auf den Südwesten über, mit ihm steht
ein kleinräumiges Tief in Verbindung, das am Nachmittag vom Hochrhein bis zum
Kraichgau vorankommt. In der Folge setzt ab dem frühen Nachmittag von der Eifel
bis zur Saar erneut Regen ein. Bezüglich der damit möglicherweise verbundenen
Gewitter fällt auf, dass fast über dem gesamten Süden und Westen etwas CAPE
generiert wird, wobei die entsprechenden Werte meist um 500 J/kg, lokal aber
auch knapp über 1000 J/kg liegen. Nur der föhnig abgetrocknete äußerste Süden
kann nicht mit nennenswertem CAPE aufwarten. Im gesamten Süden sind obendrein
die Lapse-Rates sehr hoch mit Werten gebietsweise unter -0,8 K/100m. Dort wird
aber voraussichtlich bezüglich Schauern und Gewittern nichts passieren. Grund
dafür ist die von den Alpen bis nach Ostbayern recht trockene Atmosphäre sowie
die dort aufgrund der flachen Trogkontur nur schwach ausgeprägte dynamische
Hebung. Für ICON-D2 ist das kein Hindernis, eine bröselige Gewitterlinie
vorherzusagen, die von Westen bis nach Mittelfranken, in die Nacht hinein sogar
bis Oberfranken reicht. Diesbezüglich sind die übrigen Modelle wie z. B. ICON-EU
pessimistischer, bei diesem wird nur der Westen Unterfrankens gerade so von
möglichen Gewittern angekratzt. Die Gewitter in Bayern werden, so sie denn
auftreten, von eher schwacher Ausprägung sein, mit etwas Zug scheint Starkregen
kein Problem zu werden, eher schon ist mal eine Sturmböe mit von der Partie. Im
Westen sieht die Sache anders aus, da auf der Westflanke des Tiefs eine
Gegenstromlage zu beobachten ist. Die Scherungswerte sind zwar nicht
überbordend, dennoch ist in diesem Bereich neben den Sturmböen immerhin
vereinzelt Starkregen nicht auszuschließen. Die o.e. südliche Strömung in
Verbindung mit hohen cross-alpinen Druckunterschieden (Bozen-Innsbruck 8 bis 10
hPa) lässt im Tagesverlauf auch den Föhn wieder anziehen. Die avisierten
Windstärken bewegen sich verbreitet im Bereich von Sturm- und schweren Sturmböen
Bft 9 bis 10. In den Kamm- und Gipfellagen treten orkanartige Böen und Orkanböen
Bft 11 bis 12 auf, in föhnanfälligen Tälern sowie im Bereich des östlichen
Bodensees sollen es steife bis stürmische Böen Bft 7 bis 8 werden. Da sich das
geschilderte wechselhaft-schaurige Wetter auf die Westhälfte und Teile der Mitte
fokussiert, ist es im Osten am sonnigsten. MOSMIX sieht diesbezüglich vor allem
einen breiten Streifen von Vorpommern bis zu den Alpen in der Vorhand, in
Ostsachsen soll es entsprechend für über 10 Sonnenstunden reichen. Da dort auch
die mit über 10°C in 850 hPa wärmste Luftmasse liegt, kann die Temperatur die
23°C-Marke erreichen, im Norden sind es dagegen teils nur 12°C. Kurz erwähnt
werden muss aber noch der Saharastaub, der schon an den Vortagen die
Temperatur-, aber auch die Gewitterprognosen "verhagelt" hat. Ihn muss man bei
allem gesagten als Unsicherheitsfaktor mit auf der Rechnung haben.

In der Nacht zu Montag zieht der Trog über Westdeutschland mit seinen
Regengebieten unter deutlicher Abschwächung zur Nordsee, so dass erst die
Gewitteraktivität nachlässt und sich in der zweiten Nachthälfte die Regenfälle
dann zur Nordsee verabschieden. Allerdings greift auf seiner Rückseite ein
weiterer Kurzwellentrog ins Spielgeschehen ein, der im Laufe des Tages die
Pyrenäen überquert hat und ausgangs der Nacht Nordfrankreich und den Südwesten
Deutschlands behelligt. Im Nordlee der Pyrenäen hat sich in der Folge ein
kleinräumiges Tief gebildet. Es erreicht zum Morgen den Südwesten, wobei es
genau genommen dann neben einem Leetief im Alpenvorland auf der Wetterkarte
steht. Damit bildet sich eine mehrkernige Tiefruckrinne aus, die weitgehend
zonal orientiert vom Seegebiet westlich von Irland über England hinweg bis nach
Süddeutschland reicht. Mit dem kleinräumigen Tief ziehen in der zweiten
Nachthälfte von Frankreich her Niederschläge, teils schauerartig verstärkt und
lokal gewittrig, in den Südwesten, wobei Sturmböen, kleiner Hagel und Starkregen
auftreten können. Auf der Westflanke des Tiefs kann durch eine erneute
Gegenstromlage durchaus Starkregen von mehr als 20 l/qm in 6 Stunden auftreten,
ICON-EU-EPS zeigt dafür schwache Signale von um die 10%. Im Norden klart es
gebietsweise auf, dort liegen die Tiefstwerte um 5°C und lokal kann sich Nebel
bilden. Im Westen und Süden werden dagegen Minima von bis zu 9°C avisiert.

Montag... greift die Hauptachse des Langwellentroges auf das europäische
Festland über, zum Abend verläuft seine stark negativ geneigte Achse von Irland
über Frankreich hinweg ins westliche Mittelmeer, wobei sich im Trogbereich schon
wieder zwei deutliche kurzwellige Anteile zeigen. Einer dieser Kurzwellenanteile
liegt am Tagesende über dem Süden Deutschlands, auf seiner Vorderseite wird das
flache Regentief über die westliche Mitte hinweg bis nach Mecklenburg geschoben.
Damit verstärken sich auch die Starkregensignale, erst im äußersten Westen
(ICON-DE-EPS bis 20% für mehr als 20 l/qm in 6 Stunden; dort hat die
Gegenstromlage sicherlich ihre Hände noch im Spiel). Am Nachmittag geht es
diesbezüglich dann im Norden los, wo die entsprechenden Wahrscheinlichkeiten von
ICON-D2-EPS bei bis zu 40% liegen. Die Wahrscheinlichkeiten von ICON-EU-EPS
decken etwa die gleichen Regionen (erst der äußerste Westen, im Norden dann das
östliche Niedersachsen, Hamburg sowie das angrenzende Schleswig-Holstein und
Mecklenburg) ab, sind aber etwas schwächer ausgeprägt. Bezüglich der Gewitter
scheint die Aktivität im Tagesverlauf etwas nachzulassen. Mehr und mehr geht der
Niederschlag auf das Konto großflächigen Aufgleitens, womit es länger und
anhaltend regnet, was letztendlich, insbesondere im Norden, auch die Möglichkeit
von Dauerregen ins Rampenlicht schiebt. Genaueres bleibt diesbezüglich noch
abzuwarten, wenngleich sich schon jetzt abzeichnet, dass laut ICON-D2, aber auch
nach GFS oder UK10, die kräftigen Niederschläge südlich von Hamburg durchaus bis
in die Nacht hinein und somit etwa 10 Stunden anhalten sollen. Was die Modelle
eint ist die Vorstellung eines kräftigen Gradienten auf der Südflanke des Tiefs.
Die Entsprechenden Böen setzten zum Morgen im Südwesten ein, das Windfeld
überdeckt bis zum Mittag den gesamten Süden und wandert im Nachmittagsverlauf
nach Nordosten. Bezüglich des nicht unwesentlichen Details der kräftigsten Böen
hält sich IFS am meisten zurück. Es simuliert das Tief am flachsten mit dem
höchsten Kerndruck (12 UTC 992 hPa, UK10 und AROME 990 hPa), vor allem aber
setzen die anderen Modelle auf einen sehr scharfen Bodentrog, eine Lösung, bei
der IFS nicht mitzieht. Somit stehen bei den Europäern flächig Böen Bft 7 bis 8
auf der Agenda, ICON-D2 bringt auch mal die Bft 9, ICON.EU und UK10 als
Speerspitzen wollen im Trogbereich flächig die Bft 8 bis 9, in der Spitze sogar
dien Bft 10 sehen. Auf den Bergen geht es mit ein bis zwei Bft mehr noch
ruppiger zur Sache, mal schauen, welches Modell sich durchsetzt. Auf jeden Fall
wird auf der Südflanke des Tiefs bzw. der Rinne erwärmte Subpolarluft
herangeführt (T850 am Abend im Nordosten noch bis 6°C, sonst meist um 0°C. Die
Höchstwerte verdrahtet MOSMIX in einer Spanne von 11°C im westlichen Bergland
und nochmal bis 21°C an der Neiße.

In der Nacht zum Dienstag zieht der Langwellentrog weiter nach Osten, bis zum
Morgen liegt seine Achse über der nördlichen Mitte. Auf der Südflanke zeigt das
Geopotentialfeld ein wellendes Muster, über Seeland sinkt das Geopotential so
stark, dass sich ein abgeschlossenes Höhentief bildet. In dieser Region ist dann
auch das flache Tief und damit der östliche Teil der Tiefdruckrinne zu finden,
die nach Westen über Großbritannien zum Ostatlantik verläuft. Bezüglich der
genauen Position von Tief und Höhentief, aber auch bezüglich des Druckgradienten
und damit der Windsituation in der Nacht herrscht zwischen den Modellen noch
keine Einigkeit. Laut UK10 soll es im Nordosten immer nach flächig Böen Bft 7
bis 8 geben, laut IFS dagegen betreffen die Böen nur noch die Hochlagen. Klar
scheint zu sein, dass das Bodendruckfeld durchglättet bzw. sich eine leicht
antizyklonale Krümmung herausbildet und der Gradient, wenn auch nur wenig,
auffächert. Rund um das Tief werden weiterhin Niederschlagsgebiete geführt,
dabei sind Gewitter nicht gänzlich ausgeschlossen, aber unwahrscheinlich.
Ansonsten bleibt es von kurzen lokalen Schauern abgesehen trocken. Die Minima
liegen in einer Spanne von 8 bis 3°C.


Dienstag... und in der Nacht zum Mittwoch zieht der Langwellentrog nach Osten
ab. Auf seiner Rückseite bildet sich eine mäandrierende Höhenströmung aus, die
eine westliche Grundausrichtung hat. Eine ebenfalls wellende, aber eher aus
West- bis Südwest kommende Strömung stellt sich auch bodennah ein. Das alles
passiert auf der Südflanke der Tiefdruckrinne, die über der Nordsee zögerlich
abgebaut wird - und damit werden dort schon wieder Vorkehrungen getroffen, dass
warme Luft in der zweiten Woche nach Norden vorstoßen kann. Im Nordosten halten
die Aufgleitprozesse und damit die Regenfälle im Bereich des flachen Tiefs an.
Ansonsten sehen die meisten Modelle nur wenig niederschlagsrelevante Hebung bzw.
Konvektion (ICON, GFS), wobei die Ausnahme UK10 die Regel bestätigt. Erst in der
Nacht zum Mittwoch steuern ICON und IFS auf der Vorderseite eines neuen Tiefs
wieder größere Regengebiete in den Westen (die Regengebiete haben GFS oder UK10
auch auf der Agenda, sie hängen mit der Verlagerung aber etwas zurück. Trotzdem
ist die Konvektion im Tagesverlauf bedeutsam, mischt sie doch die mit 35 bis 60
kt veritablen Höhenwinde herunter und sorgt somit erneut für einen windigen Tag
mit verbreitet steifen Böen Bft 7 oder stürmischen Böen Bft 8, exponiert dann
auch wieder eine Portion mehr. Da die 850er Temperaturen um oder knapp über 0°C
liegen, steigen die Temperaturen am Tage auf 10 bis 16°C, nachts kühlt es bei
wieder abflauendem Wind ab auf 9 bis 2°C.

Modellvergleich und -einschätzung
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Im Detail zeigen die Modelle erwartungsgemäß Unterschiede in der genauen
Verteilung der Niederschläge und der Zugbahn sowie der Intensität der
Druckgebilde. Insgesamt ähneln sich die Vorhersagen am heutigen Sonntag jedoch
sehr. Schon am morgigen Montag jedoch nimmt die Streuung zu, die Niederschläge
im Norden werden in Andauer und Intensität mit relativ hoher Spreizung
gerechnet, und die Stärke der Max-Böen auf der Südseite des Tiefs variiert um 2
Bft.

Einige der Modellunterschiede wurden im Text auch detaillierter erwähnt.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas