DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

21-03-2024 18:01
SXEU31 DWAV 211800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 21.03.2024 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
Nach kurzer Wetterberuhigung ab Freitagfrüh bis Samstagmittag langsame Passage
einer Kaltfront, danach kühle Troglage.
Zunächst lediglich in den Gipfellagen, am Samstag auch im Nordseeumfeld, im
Süden sowie im Umfeld kräftigerer Schauer bzw. Gewitter stürmische Böen bzw.
Sturmböen (Bft 8, Gipfellagen Bft 9 bis 10).

Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC
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Aktuell ... überquert innerhalb eines baroklinen Umfeldes auf der Vorderseite
eines Kurzwellentroges, der in den späteren Abendstunden folgt, die Kaltfront
des Tiefs "JILL", das inzwischen das Baltikum erreicht hat und sich im Laufe der
Nacht auffüllt, die Alpen südwärts. Im Vorfeld gab es bis vor Kurzem im
äußersten Süden und Südosten Bayerns in labil geschichteter Luftmasse noch
einzelne durchaus markante Gewitter, die nun aber südostwärts abgezogen sind. An
den Alpen fällt anfangs vor allem in Staulagen noch etwas Regen, oberhalb von
etwa 1400 m (der Kaltfront folgt nur wenig kühlere Luft mit etwa 2 Grad in 850
hPa) ein wenig Schnee.
Ansonsten befindet sich das Vorhersagegebiet im Einflussbereich eines zunehmend
zonal ausgerichteten Höhenrückens, der mit seiner Achse ausgangs der Nacht in
etwa die mittleren Landesteile und den Nordosten Deutschlands erreicht. Dieser
wird angetrieben durch einen umfangreichen Langwellentrog mit Drehzentrum knapp
östlich von Island, das zentralsteuernde Sturmtief im Bodenfeld weist einen
Kerndruck von knapp unter 960 hPa auf, befindet sich aber inzwischen
achsensenkrecht unterhalb des Höhentiefs und hat somit seine Entwicklung
abgeschlossen. Bis Freitagfrüh füllt es sich aber kaum auf und kommt zunächst
auch nur geringfügig ostsüdostwärts voran.
Somit dreht die zunehmend diffluent konturierte Höhenströmung über dem Norden
des Vorhersagegebietes auf Westsüdwest, die Frontalzone greift über die Nordsee
hinweg auf Südskandinavien über und an deren Süd- und Ostflanke dominiert somit
zunächst kräftige WLA.
Im Bodenfeld greift die Warmfront des Sturmtiefs ("KILIA") in den kommenden
Stunden auf Norddeutschland über und kommt, begleitet von leichtem Regen oder
Nieselregen rasch ostsüdostwärts voran. Die sich nach Abzug der Kaltfront von
"JILL" noch vorübergehend verstärkende Hochdruckzone über der Mitte und dem
Nordosten des Landes wird nach Süddeutschland abgedrängt, schwächt sich aber
zunächst nur wenig ab. Die Kaltfront von "KILIA" erreicht morgens bereits die
Deutsche Bucht, wird ab dann aber mangels Schubkomponente innerhalb der etwas
rückdrehenden niedertroposphärischen Strömung eingebremst. Zwischen
Hochdruckzone und Kaltfront verschärft sich der Bodengradient vor allem über
Norddeutschland, ausgangs der Nacht kann es über der offenen Nordsee eventuell
erste steife Böen (Bft 7) aus West bis Südwest geben. Auch in höheren Lagen
findet über Norddeutschland eine allmähliche Gradientverschärfung statt, so dass
es auf dem Brocken - nach vorübergehender Abnahme im Bereich der Rückenachse -
ab den Frühstunden wieder vermehrt stürmische Böen bzw. Sturmböen aus Südwest
gibt.
Hingegen nimmt der anfangs noch in Böen Sturmstärke erreichende Nordwestwind auf
den Alpengipfeln im Laufe der Nacht mit Annäherung des Rückens nach.
Während es im Norden überwiegend stark bewölkt bis bedeckt bleibt und mit der
WLA auch in der Mitte die Wolken dichter werden, lockern die Wolken dagegen im
Süden nach Abzug der Kaltfront auf, vorübergehend ist auch gering bewölkt oder
klar. Für Luftfrost reicht es aber wohl lediglich in einigen Mittelgebirgs- und
Alpentälern, Frost in Bodennähe tritt hingegen häufiger auf. Stellenweise kann
es auch Nebel geben.

Freitag ... greift der Höhentrog in Form eines zunehmend kurzwelligen und
markanten Randtroges auf die Britischen Inseln über. Der Höhenrücken wird
Richtung Alpen abgedrängt, die Frontalzone erfasst auch die mittlere und
südliche Nordsee sowie das nördliche Mitteleuropa und die westsüdwestliche
Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet steilt somit noch etwas auf.
Das Bodentief ("KILIA") verlagert sich zusammen mit dem Drehzentrum des
Höhentiefs allmählich Richtung Färöer und füllt sich auf knapp über 970 hPa auf.
Die Kaltfront überquert noch den äußersten Nordwesten und Norden Deutschlands,
gerät dann aber vollends ins Schleifen. Vom Emsland und dem Niederrhein über das
mittlere und südliche Niedersachsen bzw. NRW bis nach Brandenburg kann es im
Tagesverlauf längere Zeit regnen, wobei die Mengen mit 1 bis 5 l/qm meist
überschaubar bleiben. Lediglich im Westen intensivieren sich die Regenfälle am
Nachmittag und Abend mit Annäherung des Troges über GB und einer angedeuteten
Wellentiefentwicklung. Dort fallen örtlich bis nahe 10 l/qm. Postfrontal klingen
die Regenfälle an den Küsten und in Schleswig-Holstein im Tagesverlauf wieder
ab.
Der Wind legt unmittelbar präfrontal zwar noch etwas zu, da die Hochdruckzone
über Süddeutschland aber rasch abgebaut wird, weicht der Gradient insgesamt eher
etwas auf. Somit beschränken sich steife Böen Bft 7 aus Südwest bis West wohl
eher nur auf die Kammlagen einiger Mittelgebirge sowie auf einige
Nordseeküstenabschnitte, auf dem Brocken gibt es Sturmböen. Nachmittags und
abends nimmt der Wind eher noch etwas ab.
Präfrontal bleibt es in der Mitte und im Süden dagegen noch trocken und vor
allem im Südwesten und Süden scheint häufig die Sonne. Dabei gelangt dorthin
nochmals ein Schwall sehr milder Luft aus Südwesteuropa, die 850 hPa-Temperatur
steigt dort auf 4 bis 8 Grad, während sie postfrontal ganz im Nordwesten bereits
auf -2 Grad zurückgeht. Somit werden an den Küsten lediglich Höchstwerte
zwischen 8 und 11 Grad erreicht, ansonsten im Nordwesten und Norden 9 bis 13
Grad, in der Mitte und im Süden dagegen 14 bis 19 Grad, im Südwesten (Oberrhein,
Neckar) sogar bis zu 22 Grad.

In der Nacht zum Samstag greift der zunehmend kurzwellige Randtrog unter
weiterer Amplifizierung auf die südwestliche Nordsee und Frankreich über. Die
Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet steilt somit weiter auf und bleibt
diffluent konturiert, wobei sich mit Annäherung des Troges die Kaltluftadvektion
über dem Westen und Norden des Landes verstärkt (T500 Samstagfrüh im äußersten
Nordwesten um -30 Grad, T850 hPa dort -4 Grad).
Die Kaltfront verwellt somit weiter, allerdings befindet sich das vor allem in
der zweiten Nachthälfte angedeutete Wellentief dann bereits über Thüringen bzw.
Sachsen und somit so weit entfernt vom Trog, dass es nicht mehr von der aufgrund
der PVA generierten dynamischen Hebung, die zudem noch durch die KLA
teilkompensiert wird, profitieren kann und kaum Entwicklungspotenzial aufweist.
Die frontalen Niederschläge können sich allerdings etwas intensivieren und
finden zunehmend auf der "kalten" Seite der Front in stabiler Schichtung statt
("Anafront"). Sie kommen nach Abzug der Welle über Westdeutschland in der
zweiten Nachthälfte rasch südwärts voran, nach Osten zu hingegen zunächst kaum.
Bis Samstagfrüh fallen in einem breiten Streifen etwa von NRW bzw. dem Saarland
bis nach Brandenburg und vielleicht noch Nordsachen etwa 2 bis 10 l/qm, im
Westen und in der Mitte gebietsweise auch bis 15 l/qm in 12 Stunden. Bzgl. der
genauen räumlichen Verteilung und Intensität der Niederschläge gibt es noch
gewisse Modelldifferenzen, die sich aber im Rahmen bewegen und nicht wirklich
warnrelevant sind. Allerdings sickert postfrontal allmählich maritime Polarluft
mit etwa -2 bis -3 Grad in 850 hPa in die Regionen, wo es noch regnet. Somit
geht der Regen oberhalb von etwa 500 bis 800 m allmählich in Schnee über;
wieviel wo liegenbleibt und ob es irgendwo auch für eine Glätte- bzw.
Schneefallwarnung reicht, ist noch unklar. Vorstellbar wäre das am ehesten in
den Früh- und Vormittagsstunden in der Eifel sowie im höheren Sauerland.
Im Südosten bleibt es noch trocken, wobei sich an der unteren Donau stellenweise
Nebel bilden kann. Für Frost sollte es erneut höchstens in einigen Bayerwald-
und Alpentälern reichen.
Auch postfrontal, im Nordwesten und Norden, gibt es kaum mehr Niederschläge und
die Wolken lockern stärker auf. Trotz der einströmenden maritimen Polarluft
dürfte es nicht für Luftfrost reichen, zumal der westliche Wind teilweise
spürbar weht. Mit Trogannäherung kann es vor allem im Nordseeumfeld ausgangs der
Nacht eventuell erste kurze Schauer geben.
Der Wind ist zunächst höchstens in den Kamm- und Gipfellagen - zunehmend auch
der Alpen - warnrelevant, wo es einzelne stürmische Böen bzw. Sturmböen aus
Südwest bis West geben kann. Postfrontal beginnt sich aber ausgangs der Nacht
vor allem im Westen der Gradient zu verschärfen, so dass es mit oder unmittelbar
postfrontal dann in den Niederungen eventuell erste steife Böen aus Nordwest
gibt.

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Synoptische Entwicklung bis Sonntag 06 UTC

Samstag ... gelten im Großen und Ganzen noch die Ausführungen in der
Frühübersicht. Der Höhentrog greift auf Mitteleuropa über und treibt die
vorgelagerte Front an, so dass das nach wie vor flache Wellentief rasch nach
Polen zieht und die Kaltfront bereits mittags nach Lesart der vorliegenden
Modelle Südostbayern überquert. Auch abhängig davon, ob sich noch ein veritabler
thermischer Gradient aufbauen kann (eventuell werden in Südostbayern bzw. im
benachbarten Oberösterreich bis mittags bei etwa 5 bis 6 Grad in 850 hPa noch
mehr als 15 Grad erreicht, während sich die Temperaturen in BaWü bei anhaltendem
Regen lediglich im einstelligen Bereich bewegen), geht die Frontpassage
eventuell mit einer markanten Druckwelle einher, Zumindest schiebt sich ein
kräftiger Hochkeil nach Südwestdeutschland. Zumindest sollte es in der Südhälfte
auch noch postfrontal eine Zeitlang für steife Böen aus West bis Nordwest
reichen, im Alpenvorland wohl für stürmische Böen, in freien und höheren Lagen
eventuell für Sturmböen.
Postfrontal sinkt die Schneefallgrenze bei -2 bis -3 Grad in 850 hPa noch auf
etwa 500 m, allerdings lassen die Niederschläge vorübergehend rasch nach, so
dass es wohl lediglich im Hochschwarzwald und an den Alpen für eine dünne
Schneedecke reicht.
Der Front folgt schon rasch der Trog mit Höhenkaltluft, die bis zum Abend
bereits fast das gesamte Vorhersagegebiet flutet (-30 bis -35 Grad in 500 hPa,
-2 bis -5 Grad in 850 hPa). Somit entwickeln sich rasch Regen- und
Graupelschauer, vereinzelt auch kurze Gewitter, lediglich im Osten bleibt es
nach Abzug des Regens auch länger trocken. In den Mittelgebirgen fällt oberhalb
von 400 bis 600 m etwas Schnee, aufgrund der warmen Vorgeschichte kann sich eine
dünne Neuschneedecke aber wohl erst während der nächtlichen Schauer bilden. An
den Alpen, vor allem in den Allgäuer Alpen, schneit es in der Nacht zum Sonntag
und am Sonntagvormittag auch für längere Zeit, so dass es dort oberhalb von etwa
1000 m durchaus für markante Neuschneemengen reicht.
Der Wind weht lebhaft aus westlichen Richtungen, auch außerhalb der Schauer kann
es vor allem in der Westhälfte bis in die mittleren Landesteile steife Böen
geben, bei kräftigeren Schauern bzw. Gewittern sowie im Nordseeumfeld auch
stürmische Böen. In den Gipfellagen der meisten Mittelgebirge gibt es Sturmböen,
auf exponierten Gipfeln vereinzelt schwere Sturmböen.
Die Höchsttemperaturen erreichen innerhalb der maritimen Polarluft nur noch
Werte zwischen 7 und 11 Grad, nachts gibt es aber wohl lediglich im höheren
Bergland, ansonsten aber nur in ungünstigen Lagen bei vorübergehendem Aufklaren
leichten Frost.


Modellvergleich und -einschätzung
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Anhand der vorliegenden Modelle lassen sich keine signifikanten
Modellunterschiede ausmachen. Die Wellentiefentwicklung in der Nacht zum Samstag
ist noch leichten Unschärfen unterworfen, was zwar Auswirkungen auf die
Niederschlagsprognosen im Detail hat, die aber wiederum nicht wirklich
warnrelevant sind.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff