DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

12-03-2024 11:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 12.03.2024 um 10.30 UTC



Leicht wechselhaftes und mildes Frühlingswetter.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 19.03.2024


Eine kurze Wellenzahl, eine gut definierte Frontalzone sowie ein sehr weit nach
Osten verschobenes Hoch über dem asiatischen Teil Russlands liefern ideale
Bedingungen für eine wechselhafte Westwetterlage mit rascher Abfolge
atlantischer Störungen und kurzen Zwischenhocheinflüssen in der Mittelfrist.

Am Freitag liegen wir am Rande eines Tiefs über Utsira, das einen positiv
geneigten und recht scharfen Trog über England und dem Kanal aufweist. Dieser
erreicht uns in den Nachmittags- und Abendstunden von Westen her. Davor
überquert uns zwar bereits eine Kaltfront, die thermisch allerdings nur sehr
schwach ausgeprägt ist und sich vor allem in kompakter mittelhoher Bewölkung
äußert. Die einströmende Luftmasse ist ohnehin alles andere als "kalt", es
handelt sich um die bereits aus der Kurzfrist gewohnte erwärmte Meeresluft vom
Atlantik mit knapp positiven Temperaturen in 850 hPa und folglich Höchstwerten
um die 15 Grad am Boden. Im Bereich des Troges sind bei recht guter Labilität
und Scherung in der Westhälfte später einzelne kurze Gewitter möglich
(Hauptgefahr Sturmböen).

Am Samstag greift bereits in den Frühstunden der mit Höhenkaltluft angereicherte
Trog vollends auf Deutschland über, während das achsensenkrechte Bodentief
Richtung Oslofjord zieht. Die Strömung dreht daher vorübergehend auf Nordwest
und es gelangt vorübergehend ein Schwall maritimer Polarluft nach Deutschland
mit T850 zwischen 0 Grad im Süden und -5 Grad im Norden des Landes. Während
neben Schauern vereinzelt auch kurze Gewitter mit Graupel auftreten können,
stabilisiert die Schichtung im Laufe des Nachmittags von Westen her mit
Annäherung eines Rückens über Westeuropa wieder und es setzt leichter
Druckanstieg am Boden ein. So kann sich von der Iberischen Halbinsel und
Frankreich das Hoch bis zur Nordsee ausweiten und ansatzweise Kontakt zum Hoch
über dem Nordmeer aufnehmen. Mit deutlicher Abtrocknung der Luftmasse "von oben"
lassen die Schauer allmählich von Westen nach. An den Alpen kann es staubedingt
auch längere Zeit regnen, oberhalb etwa 1200 bis 1400 Metern auch schneien. Der
Gradient ist im Norden und dort speziell in Küstennähe für die ein oder andere
Sturmböe (Bft 8 bis 9) ausreichend. Aber auch landeinwärts ist vor allem in
Schauernähe häufiger mal eine steife Windböe (Bft 7) mit dabei. Die Temperaturen
gehen aufgrund der guten Durchmischung nur minimal, am ehesten durch den Wind
spürbar etwas zurück. In der Nacht zum Sonntag kann es bei längerem Aufklaren
aber Frost in Bodennähe geben.

Die Auflockerungen halten sich aber allgemein in Grenzen, da zum Sonntag bereits
ein neues Frontensystem eines Tiefs südwestlich von Island aus Westen
übergreift. Der Rücken über Westeuropa wird immer mehr abgeflacht und weit im
Vorfeld von ostwärts ausgreifender kräftiger Warmluftadvektion überlaufen. Am
Okklusionspunkt, der etwa im Raum Benelux zu verorten sein dürfte, bildet sich
voraussichtlich ein kleines Teiltief. Beim Timing gibt es dabei schon markante
Modellunterschiede (siehe Abschnitt unten), so dass fraglich ist, wie lange es
eventuell noch nach Osten zu aufgelockert und trocken bleibt.

Am Montag und Dienstag kann sich wieder nur stundenweise Zwischenhocheinfluss
durchsetzen, bevor aus Westen neue Niederschläge übergreifen. Dabei ist noch
recht unsicher, ob aus einem markanten Kurzwellentrog über den Britischen Inseln
ein recht stattliches Bodentief über Deutschland initiiert wird oder alles in
einem barisch und thermisch eher flauen Umfeld vonstatten geht.

Mit Übergang in die erweiterte Mittelfrist deutet sich die Tendenz zu Südwest
antizyklonal an, womit es statt mild wieder sehr mild würde und von Süden
allmählich trockener.

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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Aufgrund der raschen Abfolge von Trögen und Keilen ist eher das Timing als die
generelle Großwetterlage das Problem. So können sich die Frontenpassagen bis
Sonntag durchaus noch etwas beschleunigen oder verzögern, worauf die
verschiedenen Modellläufe mit kleineren Diskrepanzen reagieren. Unsicherer wird
es zum Start in die neue Woche, inwiefern sich Zwischenhocheinfluss am Rande
eines kräftigen Kaltluftvorstoßes über dem Baltikum bis nach Mitteleuropa auch
mal länger halten kann. Im aktuellen 0z Lauf wird der o.e. Kurzwellentrog über
den Britischen Inseln allerdings wieder intensiver simuliert mit deutlicherem
Einfluss auf uns...
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


...daran zweifeln auch die übrigen Globalmodelle nicht - im Gegenteil. ICPN und
UK10 simulieren am Montag auf dessen Vorderseite die Entwicklung eines doch
recht kräftigen Tiefs über der Mitte Deutschlands mit unter 1010 hPa (IFS ca. 5
hPa höher und allenfalls eine Rinne). Kräftigere Niederschläge und an der
Südflanke Sturmpotential zumindest für die höheren Lagen wären die Folge.
Richtung erweiterte Mittelfrist nähern sich die Modele wieder an (SWa).
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


RAUCHFAHNEN:
Bei relativ geringem Spread ist unisono der kurze "Einschnitt" am Samstag zu
verzeichnen mit vorübergehendem Abfall des Geopotentials auf unter 550 gpdm (im
Norden auf rund 540 gpdm) beziehungsweise negative Temperaturen um die -5 Grad
in 850 hPa (in Greifswald sogar bis an die -8 Grad kurzzeitig, im Süden
entsprechend nur wenig unter 0 Grad). Danach verbleiben beide Kurven auf einem
mehr oder weniger konstanten hohen beziehungsweise milden Niveau mit nur
geringen Fluktuationen.

Dazu gibt es wiederholt signifikante Niederschlagssignale, wenngleich ohne die
ganz großen Mengen (eher keine Warnrelevanz).

CLUSTER:
In 2 der 3 Cluster ist der Trog über den Britischen Inseln am kommenden Montag
sehr deutlich herausgearbeitet. Der deterministische Lauf ist ausgerechnet in
dem Cluster, das diesen stark abgeflacht hat. Die Lösungen vom ICON und UK10 (in
Ansätzen auch vom GFS) sind damit recht wahrscheinlich mit doch etwas
intensiveren, flächendeckenden Regenfällen.

Die erweiterte Mittelfrist ist noch sehr unsicher, Blockingregime nehmen als
Lösungen in den Clustern aber wieder zu.

FAZIT:
Bis auf weiteres mild und leicht wechselhaft mit wiederholter Abfolge von
zeitweiligen Regen(schauern) und kurzen Zwischenhochphasen. Dabei nur geringes
Nachtfrostrisiko.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Vom EFI gibt es so gut wie keine Signale für sonderlich markante
Wettererscheinungen. Die beteiligten Luftmassen und Bewölkungsverhältnisse
lassen allenfalls ein geringes Nachtfrostpotential zu.

STURMBÖEN:
Lediglich die Rahmenbedingungen (Oberwinde/Scherung/Labilität) sowie der
Gradient an der Südflanke des Tiefs erhöhen die Wahrscheinlichkeit für einzelne
Sturmböen (Bft 8, vereinzelt auch Bft 9) - vor allem in Verbindung mit Schauern
und vereinzelten Gewittern am Freitagnachmittag in der Westhälfte sowie am
Samstag im Norden. IFS-EPS zeigt dafür am Freitag im Westen 10-20%, in der Eifel
teils über 50% an, am Samstag in Küstennähe immerhin recht flächig 30-50% für
stürmische Böen (Bft 8).


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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, Mos-Mix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen