DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

10-03-2024 08:01
SXEU31 DWAV 100800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 10.03.2024 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
HF z. Zunehmend wechselhaft, aber noch mild.

WIND/STURM:
An den Alpen anfangs noch Föhn mit Sturm- und schweren Sturmböen 9/10 Bft und
exponiert einzelnen orkanartigen Böen 11 Bft in Hochlagen. In föhnanfälligen
Tälern sowie am östlichen Bodensee teils stürmische Böen 8 Bft, jeweils aus
südlichen Richtungen. Von Westen her Föhnzusammenbruch, am östlichen Alpenrand
bis in den Nachmittag hinein andauernd.

An der See anhaltend exponiert stürmische Böen 8 Bft aus Ost, tagsüber noch
etwas zunehmend. Zudem in den Kamm- und Gipfellagen der zentralen und östlichen
Mittelgebirge einzelne stürmische Böen aus Südost, auf exponierten Gipfeln auch
Sturmböen nicht ausgeschlossen. Wind an der Küste die gesamte Nacht andauernd,
im Bergland jedoch zusehends abflauend. Im Laufe des Montags auch an der Küste
Windabschwächung.

DAUERREGEN:
Ab der Nacht zum Montag bis Dienstagfrüh im Westen gebietsweise Dauerregen mit
Mengen zwischen 30 und 50 l/qm in 24 bis 30 Stunden nicht ausgeschlossen.


Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... liegt Deutschland an der Südwestflanke eines blockierenden
Höhenkeils, der sich von der Balkanhalbinsel über Skandinavien hinweg nach
Ostgrönland erstreckt. Das korrespondierende Bodenhoch, vielmehr eine
Hochbrücke, reicht von Ostgrönland bis in den Schwarzmeerraum. Allerdings kommt
der hierdurch zu erwartende antizyklonale Einfluss nicht so recht zur Geltung.
Über Westfrankreich und Cornwall hat sich ein Höhentiefkomplex etabliert. An
dessen Vorderseite erfolgt mit einer südlichen Strömung die Zufuhr von sehr
milder, aber zusehends feuchterer Luft. Ein in dieser Strömung nach Norden
ablaufender Kurzwellentrog induziert am Alpennordrand ein Leetief. In den
kommenden Stunden erreicht der Föhnsturm in den Alpen mit Sturm- und schweren
Sturmböen in Höhenlagen seinen Höhepunkt. Auf exponierten Berggipfeln sind
orkanartige Böen nicht auszuschließen. Auch in föhnanfälligen Tälern sowie am
östlichen Bodensee muss mit Wind- und stürmischen Böen bis Bft 8 gerechnet
werden. Die maximalen Böen treten jedoch in den Schweizer Alpen und an deren
Nordrand auf.
Im Laufe des Vormittags beginnt sich das Föhntief vom Alpenrand abzulösen. Dies
leitet ab dem Vormittag auf Schweizer Seite, ab etwa Mittag dann auch vom Allgäu
her und bis zum Abend dann auch den Berchtesgadener Alpen den Zusammenbruch des
Föhns ein. Dies löst eine Druckwelle aus, bis ins Alpenvorland hinein sind mit
der Winddrehung auf West Böen Bft 7 nicht auszuschließen.
Bedingt durch den kräftigen Gradienten treten auch an der Küste und in den Kamm-
und Gipfellagen der östlichen und zentralen Mittelgebirge Wind- und stürmische
Böen bis Bft 8 auf, wobei mit diesen vermehrt an den für Ostwind anfälligen
Küstenabschnitten gerechnet werden muss. Auf exponierten Berggipfeln sind auch
einzelne Sturmböen bis Bft 9 möglich.
Das okkludierte Frontensystem des Leetiefs, das Kaltfrontcharakter aufweist,
dringt bis zum Abend bis zu einer Linie Westeifel - Mangfallgebirge vor, wobei
sich in deren südlichem Teil eine beschleunigte Ostverlagerung ergibt.
Allerdings ist diese Front durch Kaltluftadvektion überlaufen, so dass die
Niederschlagstätigkeit größtenteils gering ist. Etwas kräftigere Niederschläge,
die jedoch bei Weitem nicht warnrelevant sind, werden durch positive
Vorticityadvektion und die hieraus generierte Hebung induziert und setzen erst
im späteren Tagesverlauf im Südwesten und in äußersten Westen, also weit im
postfrontalen Bereich, ein.
Mehrschichtige Bewölkung dämpft jedoch im Südwesten und ganz im Westen die
Einstrahlung. Längere sonnige Abschnitte sind daher etwa vom Nordwesten über die
Mitte hinweg bis nach Niederbayern und in den östlichen Mittelgebirgsraum hinein
am wahrscheinlichsten. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 12 bis 17, im
Küstenbereich 7 bis 11 Grad.

In der Nacht zum Montag gelangt das wetterbestimmende Höhentief mit seinem
Zentrum nach Nordfrankreich. Im Zusammenwirken mit dem einstigen Leetief ergibt
sich eine Tiefdruckrinne, deren Achse von der Rheinmündung bis nach Ostsachsen
erreicht. Dies lässt über den östlichen Mittelgebirgen den Gradienten
aufweichen, so dass in den dortigen Kamm- und Gipfellagen ab dem späten Abend
keine warnrelevanten Böen mehr auftreten sollten. Für den Küstenbereich ist die
Windsituation gegenüber heute jedoch unverändert.
An der Südwestflanke dieser Tiefdruckrinne, die durch den über die Alpen hinweg
nach Norden ablaufenden Kurzwellentrog am Leben gehalten wird, verstärken sich
die Niederschläge. Im Bereich dieser Rinne und an deren Nordflanke sind vom
Südwesten und Westen Deutschlands bis in die Mitte hinein einige bis über 10, im
Bergland (vor allem in den westlichen Mittelgebirgen) 10 bis über 20 mm
innerhalb von 12 Stunden zu erwarten. Dabei fällt durchweg Regen. Abgesehen
vielleicht vom unmittelbaren Alpenrand sollte es deutschlandweit frostfrei
bleiben.

Montag... beginnt sich die über Deutschland liegende Tiefdruckrinne aufzufüllen,
wobei sich deren westlicher Teil in ein Zentraltief mit senkrechter Achse zum
steuernden Höhentief umwandelt. Das Niederschlagsgeschehen (erneut mit Summen
von einigen bis etwa 10, in den westlichen Mittelgebirgen 10 bis über 20 mm
innerhalb von 12 Stunden) konzentriert sich dann auf den Westen und dort auf die
Mittelgebirge von der Eifel bis zum Hochsauerland. Von allen Modellen werden
mittlerweile von der nördlichen Eifel bis zum Rothaargebirge und Westerwald
Niederschlagssummen zwischen 30 und 50 mm innerhalb von 24 Stunden simuliert,
was eine Dauerregenwarnung rechtfertigen würde. Inzwischen sind diese Signale
von der Probabilistik aufgegriffen worden, wobei hier das Niederschlagsmaximum
(mit ähnlichen Summen) eher östlich des Rheins simuliert wird. Der meiste
Niederschlag fällt dabei von der Nacht zum Montag bis in die Nacht zum Dienstag
hinein.
Da aber durch dieses Zentraltief das Wettergeschehen sehr zyklonal geprägt ist,
bleibt es aber auch in den anderen Gebieten nicht niederschlagsfrei, wobei
jedoch die Niederschlagstätigkeit vor allem in der Mitte und nach Süden hin
durch Kaltluftadvektion gedämpft wird.
Mit der beginnenden Auffüllung des Zentraltiefs wird dann auch im Norden
Deutschlands der Gradient auseinandergezogen. Während etwa bis zum Vormittag
gegenüber der Nacht zuvor noch kein merkliches Abflauen des Windes zu
verzeichnen ist, wird danach der Wind rasch schwächer, so dass spätestens ab dem
Abend an der Küste keine warnrelevanten Böen mehr auftreten sollten.
Größere Auflockerungen sind dann auf den Süden Deutschlands und die östlichen
Landesteile beschränkt. Während im Osten und Südosten nochmals bis 17 Grad
möglich sind, wird es sonst mit Tageshöchsttemperaturen zwischen 8 und 14 Grad
nicht mehr ganz so mild wie an den Tagen zuvor.

In der Nacht zum Dienstag gelangt Deutschland unter geringe
Geopotentialgegensätze, wobei weiterhin ein Höhentiefkomplex die dominierende
Struktur darstellt. Ein an dessen Ostflanke nach Norden ablaufender
Kurzwellentrog induziert eine weitere Zyklogenese, wobei das resultierende, aber
schwache Bodentief über die Beskiden hinweg nordwärts gesteuert wird. Demzufolge
sollte das Vorhersagegebiet von den Aufgleitniederschlägen dieses Tiefs
verschont bleiben. Zwischen diesem Tief und dem im Bereich der Emsmündung
liegenden und sich dort auffüllenden einstigen Zentraltief kommt etwas Absinken
zustande, so dass, abgesehen vom Nordwesten und Westen, keine nennenswerten
Niederschläge zu erwarten sind. Aber auch in den westlichen Landesteilen lassen
die Niederschläge allmählich nach. Gebietsweise kann es aufklaren, da sich bis
dahin auch im Bodendruckfeld eine gradientschwache Lagen eingestellt hat, muss
wieder vermehrt mit Nebel gerechnet werden. Der Wind ist ohnehin nicht mehr
warnrelevant. Vor allem im Süden und im Südosten kann es bei längerem Aufklaren
örtlich leichten Frost geben.

Dienstag... verschiebt sich das gesamte Zirkulationsmuster ein wenig nach Osten.
Nach wie vor wird das Wettergeschehen durch einen Höhentiefkomplex dominiert,
dessen schwache Zentren über dem Nordwesten Deutschlands, Ungarn und als drittes
über der Adria zu finden sind. Kräftige Warmluftadvektion, die von Schottland
aus bis ins Nordmeer ausgreift, führt zu Geopotentialgewinn, wodurch sich an der
Nordflanke des nördlichen Kerns des Höhentiefs vorbei ein nach Südschweden
gerichteter Keil ausweitet. Durch diesen gestützt kräftigt sich dann auch im
Bodendruckfeld der antizyklonale Einfluss, was in Form eines sich von Frankreich
bis in den Südwesten Deutschlands ausweitenden, aber zunächst noch schwachen
Bodenhochkeils erfolgt. Dieser wird jedoch von Warmluftadvektion überlaufen.
Zusätzliche Hebung wird durch den Kern des über dem Nordwesten Deutschlands
liegenden Höhentiefkomplexes generiert, so dass im Westen und Südwesten
Deutschlands mit zeitweisem Regen zu rechnen ist. Die Mengen sind jedoch nicht
warnrelevant; selbst in den Staulagen der dortigen Mittelgebirge kommen nicht
mehr als 10 mm innerhalb von 12 Stunden zusammen.
Auflockerungen sind auf die nordöstlichen und östlichen Landesteile beschränkt,
von längeren sonnigen Abschnitten kann jedoch keine Rede mehr sein. Während
unter weitgehend geschlossener Bewölkung nicht mehr als 6 bis 11 Grad zu
erwarten sind, werden im Norden und Osten Deutschlands 10 bis 14 Grad erreicht.

In der Nacht zum Mittwoch verlagert sich der nördliche Kern des
Höhentiefkomplexes über Süddeutschland und die Alpen hinweg nach Oberitalien.
Das gesamte System rückt weiter nach Osten, wodurch sich der Höhenkeil an dessen
Nordflanke weiter nach Osten bis zu den Baltischen Staaten ausweiten kann.
Gestützt durch diesen Keil kräftigt sich dann auch ein vom Zentralmassiv bis
nach Süddeutschland reichendes Bodenhoch.
An der Nordflanke des Keils organisiert sich eine leicht mäandrierende
Frontalzone neu, die sich dann vom nahen Ostatlantik über Schottland und
Mittelskandinavien hinweg bis nach Nordwestrussland erstreckt. Ein darin sich
entwickelndes Sturmtief wird in das Seegebiet südlich von Island gesteuert.
Dessen Warmfront nähert sich bis Mittwochfrüh dem Westen Deutschlands, so dass
dann im äußersten Westen erneut Niederschläge einsetzen können. Insgesamt sind
aber die Luftdruckgegensätze gering. Sollte es aufklaren, kann sich alsbald
Nebel bilden. Aufgrund nahezu geschlossener Bewölkung ist, abgesehen vielleicht
vom Alpenrand, die Frostgefahr gering.

Modellvergleich und -einschätzung
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Bis einschließlich Montagabend wird die oben beschriebene Entwicklung von allen
Modellen gestützt. Prognoserelevante Unterschiede lassen sich bis dahin nicht
ableiten.
Danach schlägt UK10 einen Sonderweg ein. Während EZ, GFS, ICON und zusätzlich
auch das Modell des kanadischen Wetterdienstes den nördlichen und über dem
Nordwesten Deutschlands liegenden Höhentiefkern nach Südosten verlagern, reißt
UK10 diesen Komplex auseinander und der nördliche Kern gelangt in die Nordsee.
Dieser aktiviert in der Nacht zum Mittwoch die Warmfront des sich südlich an
Island vorbei nach Osten verlagernden Sturmtiefs. Als Folge entwickelt sich an
dieser Warmfront eine Welle, die auf den Norden Deutschlands übergreift.
Hierdurch wird von den relativ kräftigen Niederschlägen nicht nur der äußerste
Westen, sondern auch der gesamte Süden abseits der Alpen und große Teile der
Mitte Deutschlands erfasst.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann