DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

08-03-2024 11:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 08.03.2024 um 10.30 UTC



Anfangs unbeständig mit teils länger anhaltenden, aber wahrscheinlich nicht
warnwürdigen Regenfällen, ab Wochenmitte zunehmender Hochdruckeinfluss.
Spätestens ab Freitag von Westen wieder unbeständiger. Weiterhin mild.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 15.03.2024


Zu Beginn des mittelfristigen Zeitraums am Montag liegen wir im Einflussbereich
eines großräumigen Höhentiefs über West- und dem westlichen Mitteleuropa mit
mindestens zwei Drehzentren. Östlich davon wölbt sich vom östlichen
Mittelmeerraum ein Rücken bis nach Skandinavien auf, der ein blockierendes
Bodenhoch über Osteuropa stützt. Direkt unter dem angesprochenen Höhentief
findet sich am Boden ebenfalls ein Tiefdruckkomplex, in dem eine etwa von
BeNeLux bis nach Österreich/Tschechien verlaufende Rinne zu erkennen ist. Darin
eingebettet zieht ein Leetief vom Alpenvorland rasch nordwärts, das mit einem
ebenfalls nordwärts über Deutschland hinwegschwenkendem Randtrog interagiert und
im Tagesverlauf Norddeutschland erreicht. Dort angekommen, kommt es aufgrund der
Blockadelage kaum noch voran, sodass es an der West- und Nordflanke des Tiefs zu
teils länger anhaltenden Regenfällen kommt, die - Stand heute Vormittag -
allerdings wohl nicht warnwürdig sind. Schnee ist allenfalls in den Alpen ein
Thema, markante Mengen werden aber nicht erwartet. Bei bundesweiten
T850er-Werten zwischen 0 und 2 Grad dürfte die Schneefallgrenze dort etwa
zwischen 1200 und 1400 m liegen. Ansonsten steht ein erneut milder Tag ins Haus.


Am Dienstag kommt das Höhentief mit seinen zahlreichen Drehzentren etwas weiter
nach Osten voran und nimmt Tuchfühlung zu einem Randtrog über Nordosteuropa auf.
Von Westen beginnt das Potenzial mit Annäherung eines atlantischen Rückens
dagegen langsam anzusteigen, was am Boden den Vorstoß eines Hochdruckkeils in
den Südwesten des Landes ermöglicht. Das Tief über Norddeutschland beginnt sich
zwar langsam aufzufüllen, über Tschechien und Polen entwickelt sich dafür
(begünstigt durch eines der Höhentiefzentren) ein weiteres Tief. Damit bleibt
die Zufuhr von feuchter Luft an der Ost- und Nordflanke bestehen, was besonders
dem Nordosten Deutschlands länger anhaltende Regenfälle bringen kann - weiterhin
aber wohl ohne Überschreitung der Warnkriterien.

Am Mittwoch zieht der Höhentiefkomplex weiter ins östliche Mitteleuropa bzw.
nach Osteuropa und macht Platz für den nachfolgenden Rücken. Dessen Achse reicht
eigentlich etwa vom westlichen Mittelmeerraum bis nach Südskandinavien.
"Eigentlich" deshalb, da sich über der Nordsee ein kleinräumiges Höhentief
eingenistet hat, das im Tagesverlauf in den Nordwesten Deutschlands zieht und im
Zusammenspiel mit einem vom Atlantik herannahendem Randtrog den Rücken zumindest
in seinem Südteil "abhobelt". Trotz bodennahem (schwachem) Hochdruckeinfluss
bleibt es damit leicht unbeständig in weiten Teilen des Landes bei etwas
zurückgegangenem Temperaturniveau in 850 hPa (-3 bis 0 Grad).

Am Donnerstag bleibt das Höhentief über dem östlichen Mitteleuropa bzw.
Osteuropa mehr oder weniger stationär, wobei es im Verlauf von einem Trog über
Nordosteuropa eingefangen wird. Das Höhentief über Nordwestdeutschland wird in
den atlantischen (Rand-)Trog aufgenommen. Dazwischen kann sich der Rücken wieder
verstärken und die durch das Höhentief gekappte Verbindung zum Hoch über
Südskandinavien wieder aufnehmen. Dadurch verstärkt sich auch am Boden in weiten
Teilen des Landes der Hochdruckeinfluss. Nur im Südwesten und Westen des Landes
könnte schon das Frontensystem eines Atlantiktiefs übergreifen. Während die
Temperatur niedertroposphärisch (850 hPa) ganz im Osten auf -5 Grad absinkt,
steigt sie im Südwesten schon wieder in den positiven Bereich.

Am Freitag tropft der (Nord-)Osteuropatrog ab. Der Rücken über uns kommt kaum
ostwärts voran, sodass seine Achse diagonal von Südwest nach Nordost über
Deutschland verläuft. Der Westen und Südwesten wird in der Folge (weiterhin) vom
Frontensystem eines Atlantiktiefs mit teils schauerartigen Regenfällen
beeinflusst, während ansonsten noch hoher Luftdruck wetterbestimmend ist. Dabei
gelangt nun auch in den Osten wieder deutlich mildere Luft, sodass die
Temperatur in 850 hPa bundesweit wieder im positiven Bereich liegt.

In der erweiterten Mittelfrist kämpfen die atlantischen Tiefausläufer gegen das
blockierende Hoch über Nordosteuropa an. Die Frage wird sein, wie erfolgreich
sie sein werden. Aktuell sieht es so aus, als ob es im Osten und Nordosten
weiter trocken bleibt, während sonst (mal wieder) unbeständige Tage anstehen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des aktuellen 00-UTC-Laufs vom heutigen Freitag kann, was die
großräumigen, synoptischen Strukturen angeht, alles in allem als gut bezeichnet
werden. Der Teufel steckt wie sooft im Detail, was vor allem auf die genaue Lage
der Höhentiefzentren und Randtröge zurückzuführen ist. Gerade was die weitere
Entwicklung und Zugbahn des Leetiefs vom Alpenvorland Richtung Ostsee am Montag
und Dienstag angeht, können bereits kleine Änderungen große Auswirkungen auf die
Fragen wo und wieviel des damit verbundenen Niederschlags letztlich auf
Deutschland übergreift. Zum Freitag hin fällt auf, dass die letzten beiden
IFS-Läufe im Vergleich zum gestrigen 00er Lauf das Übergreifen atlantischer
Tiefausläufer gut einen Tag früher simulieren (Freitag bzw. bereits
Donnerstagabend statt Samstag).
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Auch der Vergleich mit anderen Globalmodellen (ICON, GFS, UK10) ergibt - was die
großräumigen, synoptischen Strukturen angeht - zunächst ein insgesamt recht
einheitliches Bild. Ganz entscheidend ist natürlich die Lage der verschiedenen
Höhentiefzentren und Randtröge, die von Modell zu Modell unterschiedlich
prognostiziert wird. Auffällig ist, dass das kleinräumige Höhentief über dem
Nordwesten Deutschlands am Mittwoch kein anderes Modell nicht einmal ansatzweiße
im Programm hat. Auch das Übergreifen atlantischer Tiefausläufer wird
unterschiedlich gesehen. ICON läutet diese Phase bereits am Mittwoch ein mit
Durchzug eines hochreichenden Tiefs über Nordeuropa. GFS und UK10 beginnen damit
am Donnerstag.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen für verschiedene deutsche Städte zeigen allesamt einen Rückgang
der 850er-Temperatur von Montag bis Mittwoch und einen anschließenden erneuten
Anstieg. Dabei nimmt der Spread ab Wochenmitte deutlich zu, was letztlich die
Frage eröffnet, wie stark und wie schnell die niedertroposphärische Erwärmung
vonstattengeht. Ein winterlicher Rückfall ist dagegen mehr als unwahrscheinlich

Die Niederschlagssignale sind vor allem am Montag und Dienstag zum Teil recht
ausgeprägt, während sie sich am Mittwoch und besonders am Donnerstag von ihrer
zurückhaltenden Seite zeigen. Ab Freitag nehmen die Ausschläge wieder deutlich
zu.

Beim Clustering ergeben sich für den Zeitraum von Mittwoch bis Freitag vier
Cluster, die zu Beginn alle dem Blocking-Regime zuzuordnen sind, zum Ende hin
aber teilweise auf NAO negativ bzw. sogar NAO positiv umschwenken. Genauer
gesagt zeigen sogar zwei der vier Cluster am Freitag eine NAO positiv Lösung.
Die Frage wird also sein, wie lange der Rücken über uns und damit die
Blocking-Lage bestehen kann. Interessanter Weise zeigt das Clustering für den
Zeitraum von Samstag bis Montag (erweiterte Mittelfrist) genau ein Cluster, das
am Samstag als Blocking klassifiziert wird. Bei genauerem Hinsehen, stellt man
allerdings fest, dass der Rücken bereits ostwärts abgezogen und über Polen zu
finden ist. Danach gibt es einen Mix aus NAO positiv (Sonntag) und NAO negativ
(Montag), wobei wir tendenziell unter einer westlichen bis südwestlichen,
indifferenten bis leicht zyklonalen Höhenströmung liegen.

FAZIT: Ab Wochenmitte nimmt der Hochdruckeinfluss langsam zu, der sich vor allem
in den westlichen Landesteilen allenfalls als Zwischenhocheinfluss entpuppen
könnte. Die Frage ist, ab wann und mit welcher Durchschlagskraft atlantische
Tiefausläufer beginnen werden gegen das blockierende Hoch anzukämpfen. Zumindest
in der Südwesthälfte dürfte das allerspätestens ab Freitag der Fall sein. Ein
Durchbruch des "Vollfrühlings" ist dabei (fast) ebenso unwahrscheinlich wie ein
winterlicher Rückfall.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Es ist zwar nicht ganz ausgeschlossen, dass am Montag tendenziell über der
nördlichen Mitte örtlich 30 l/qm oder etwas mehr in 24 Stunden zusammenkommen,
die Wahrscheinlichkeit dafür ist aber sehr gering.

Ansonsten sind aber keine markanten Wettererscheinungen zu erwarten.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS(-EPS), ICON, GFS, UK10, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Tobias Reinartz