DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

07-03-2024 09:01
SXEU31 DWAV 070800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 07.03.2024 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: SEa (Südost antizyklonal)

Weiterhin Blockadehoch über Nordeuropa (JASPER) => wenig spektakuläres Wetter.
Von Osten trockener und milder. Zum Samstag in den Alpen aufkommender Südföhn.


Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... zeigt die großräumige Potenzialverteilung ein astreines
Blockierungsmuster. Hauptsäule ist die hochreichende Antizyklone JASPER mit
etwas über 1035 hPa im Zentrum, das heute über Norwegen verortet ist und von dem
aus sich ein Keil bis in den Westen Russlands erstreckt. Umzingelt, teils auch
unterlaufen (Nordmeer) wird das Hoch von diversen Trögen, Höhentiefs (HT) und
Kaltlufttropfen (KLT), die weite Teile des nahen Atlantiks, Südosteuropas und
des Mittelmeerraums überdecken. Sie alle versuchen mal mehr, mal weniger, den
guten JASPER irgendwie zu attackieren, zunächst aber ohne großen Erfolg. Auch
bei uns in Deutschland sind aktuell nur noch Randattacken in Form schwacher
Niederschläge in Südostbayern und lokal in der Mitte zu beobachten, die in den
nächsten Stunden aber weitgehend eingestellt werden. Zwar rückt der dafür
verantwortliche KLT über Ungarn tendenziell sogar etwas dichter an den
Vorhersageraum heran, allerdings setzt auf der Westflanke KLA ein, die durch
ihre Absinktendenz den ohnehin nicht überbordend ausgeprägten Hebungsprozessen
erkennbare Schwierigkeiten bereitet.

Kurzum, auf der Südflanke des Hochs gelegen präsentiert sich Deutschland rein
strömungskonfiguratorisch stark antizyklonal aufgestellt, was aber nicht 1:1 auf
die Bewölkungsverteilung abfärbt. Wie auch, schließlich haben wir noch nicht
Hochsommer. Typisch für diese Jahreszeit hat sich - oder besser Plural -, haben
sich mehrere (Absink)Inversionen etwa zwischen 950 und 800 hPa gebildet, unter
denen sich eine zumindest in Teilen feuchte Grundschicht befindet. Schaut man
sich das Satellitenbild vom frühen Donnerstagmorgen an, überwiegt in vielen
Regionen eine geschlossene, teils hochnebelartig anmutende tiefe Bewölkung. Kein
Wunder, dass in diesen Gebieten das Thermometer auf der Plusseite geblieben ist,
obwohl doch die Numerik andere Pläne hatte. Da zeigt sich, dass die
Parametrisierung der Grundschichtbewölkung noch immer eines der noch nicht
zufriedenstellend gelösten Probleme der Modellphysik darstellt. Doch wollen wir
an dieser Stelle nicht jammern, sondern lieber schauen, ob sich an der
Bewölkungsverteilung heute was tut. Und tatsächlich sieht es so aus, dass mit
der schwachen bis mäßigen Ostströmung von Polen her eine trockene Polarluft (xP)
herangeführt wird, die im Osten und Nordosten ein großes Loch in die Wolkendecke
fräst bzw. das schon getan hat. So erkennt man, dass es von Oder und Neiße
bereits aufgegangen ist und die Taupunkte in den negativen Bereich rutschen.
Gute Chancen auf Sonnenschein haben heute auch viele westliche Regionen (vor
allem, aber nicht ausschließlich im Lee der Mittelgebirge), die schon
aufgelockert (also jetzt nicht im körperlichen Sinne) oder klar aus der Nacht
gekommen sind. Ansonsten heißt die Devise "vielfach stark bewölkt bis bedeckt
durch Hochnebel oder anderweitig tiefe Wolken, teils aber auch aufgelockert".
Bedingt durch den Tagesgang und das Einmischen der trockneren Luft von Osten
nimmt die Tendenz zu Auflockerungen am Nachmittag weiter zu.

Bliebe noch die Temperatur, die je nach Strahlungsangebot und Lage Höchstwerte
zwischen 6 und 12°C anpeilt. In höheren Lagen sowie bei auflandigem Wind an der
Ostsee bleibt es etwas frischer.

In der Nacht zum Freitag tut sich erwartungsgemäß nicht allzu viel an der
Großwetterlage. Über respektive am Rand der Biskaya bringt sich ein Tief in
Stellung, von dem später noch die Rede sein wird. Zunächst mal sorgt es bei uns
aber nur für leichten Druckfall, der den Druckgradienten minimal vergrößert.
Allerdings reicht das noch nicht, den weiterhin aus östlichen Richtungen
wehenden Wind in irgendwelche warnrelevanten Sphären zu hieven (maximal 7-8 Bft
in einigen exponierten Hochlagen).

Ansonsten gilt es zu konstatieren, dass die Abtrocknung von Osten her weitere
Fortschritte macht, was die verschiedenen Modelle aber keinesfalls dazu
veranlasst, ein einheitliches Bild bei der Bewölkungsprognose abzugeben. Während
z.B. UK10 übertriebendermaßen nahezu ganz Deutschland mit tiefer Bewölkung
zupflastert (man fragt sich, ob das Modell was "genommen hat"), lassen es IFS
und GFS von wenigen Ausnahmen abgesehen klar. Die "Ikonen" (als die ICONs)
fahren eine durchaus plausible Zwischenlösung, wonach sich im Norden und im
Süden gebietsweise tiefe Bewölkung hält respektive sich Nebel oder Hochnebel
bilden. Gerade dort sollte in die heute Mittag für weite Teile des Landes
auszugebende Frostwarnung der Zusatz "bei Aufklaren" gewählt werden. Meist liegt
die Frostspanne zwischen 0 und -4°C. In einigen Mittelgebirgen ist örtlich sogar
mäßiger Frost um -5°C drin und an den Alpen über Schnee (Aufklaren
vorausgesetzt) vereinzelt sogar strenger Frost um -10°C.

Freitag... bleibt die hochreichende Antizyklone über Nordeuropa liegen,
verändert aber etwas seine Konfiguration. Grund ist ein bereits weiter oben
indirekt angesprochener ("Nordmeer"), aber noch nicht näher benannter KLT, der
sich von der Norwegischen See über das norwegische Festland schiebt und dabei
ein Split des Höhenhochs initiiert. Ein Schwerpunkt positioniert sich über dem
Europäischen Nordmeer, der andere über der Ostsee. Neben dem Split fällt auch
der Luftdruck über Nordeuropa, so dass unserem Freund JASPER (das Bodenhoch)
etwas Substanz verloren geht (nur noch wenig über 1025 hPa). Wer nun aber
glaubt, dass das für uns negative Auswirkungen hat, der irrt gewaltig. Im
Gegenteil, der morgige 8. März 2024 wird als ziemlich sonnenscheinreicher
Freitag in die Chroniken eingehen, an dem sich sämtliche Nebel- und
Hochnebelfelder auflösen. Hauptgründe dafür sind die andauernde Advektion
trockener und nun auch milderer Kontinentalluft (Anstieg T850 auf Werte um 0°C,
im Süden bis +5°C) von Osten her sowie eine bessere Durchmischung durch den
etwas zunehmenden östlichen Wind. Der andauernde Druckfall fällt im Norden
schwächer aus als im Süden, was den Gradienten weiter verschärft. Entsprechend
zieht der östliche Wind etwas an, am spürbarsten auf der freien Nordsee (7 Bft)
sowie in höheren Lagen (7-8 Bft, später vereinzelt 9 Bft).

Bedingt durch die niedertroposphärische Erwärmung bei gleichzeitig vorhandener
Durchmischung macht auch die Temperatur in 2 m Höhe einen zumindest kleinen Satz
nach oben. Während im Norden und Osten mit 6 bis 11°C weiterhin eine gewisse
thermische Zurückhaltung geboten ist (die 6°C übrigens bei auflandigem Wind an
der Ostsee sowie im Bergland), reicht es im Rest des Landes für akzeptable 9 bis
14°C, im Süden und Südwesten lokal vielleicht sogar um 15°C. Daran ändert auch
nichts, dass am Spätnachmittag/Abend im äußersten Südwesten die ersten Cirren
von Frankreich und der Schweiz her am Himmel auftauchen - Vorboten des sich
weiter intensivierenden Tiefs am Westrand der Biskaya.

In der Nacht zum Samstag breiten sich die im Wesentlichen auf WLA zurückgehenden
Cirren bis in den Westen sowie in Teile der Mitte aus, wobei sich nun auch ein
paar mittelhohe AC/AS-Schollen dazugesellen können. Darüber hinaus erfährt der
Druckgradient eine weitere, wenn auch nur kleine Verschärfung, insbesondere im
Norden und Osten der Republik. Betroffen vom recht lebendigen Ostwind bleibt die
Nordsee (vor allem die offene inkl. Helgoland mit Böen 7 Bft), während an der
Ostsee nur sporadische 7er-Böen auftreten. Ansonsten fällt neben exponierten
Hochlagen vor allem der Böhmische Wind im und am Erzgebirge ins Auge, dessen
Maschinerie so ganz allmählich in Gang gesetzt wird (Böen 7 Bft, exponiert 8
Bft).

Bedingt durch den Wind und die von Südwesten aufziehende Bewölkung hält sich die
Neigung Nebel zu bilden sehr in Grenzen. Aus den gleichen Gründen tritt auch
nicht mehr so verbreitet Frost auf wie noch in der Nacht zuvor. Gerade im Westen
und Südwesten, teils aber auch im Norden bleibt es frostfrei.

Samstag... verlagert sich der eine Schwerpunkt des Höhenhochs in Richtung
Ostausgang der Dänemarkstraße, während Numero zwo den Osten Polens ansteuert.
Das weiterhin präsente Bodenhoch leidet darunter aber nur wenig und übt
weiterhin Blockadewirkung aus. Zwar müht sich das inzwischen bis in die höhere
Troposphäre reichende und auf unter 985 hPa im Kern kommende Biskayatief, gegen
das Hoch anzustinken, was zumindest bei uns aber nur von rudimentären Erfolgen
gekrönt ist. Diese spiegeln sich vornehmlich in weiteren Wolkenfeldern wider,
die es aber schwer haben, den Nordosten zu erreichen, was nicht zuletzt an der
auf Süd-Südost rückdrehenden Höhenströmung liegt. Auffallend ist ein
modellübergreifend angebotener Korridor mit vermehrt auftretender tiefer
Bewölkung, der von der Nordsee bis zur östlichen Mitte reicht und dabei langsam
nord-nordostwärts schwenkt. Genau in diesem Streifen wird die Inversion bis auf
800 hPa angehoben, was T850 auf etwas unter 0°C zurückgehen lässt. Auslöser ist
u.a. eine Konfluenzzone im Übergangsbereich zum Hoch (Ost-Südostwind- vs.
Südostwind), die sich auch in Form eines Windmaximums widerspiegelt. Hinzu kommt
ein vor allem bei IFS recht scharf geschnittener Randtrog (wenn man so will ein
Leetrog), der von Süden her gegen das Hoch läuft und dabei blockiert wird.
Gerade IFS, wie immer extrem emsig bei schwachen Niederschlägen, protzt im
Großraum Berlin 2,3 oder gar 4 l/m² innert weniger Stunden raus, was angesichts
der weiterhin trockenen Luftmasse unrealistisch hoch erscheint. Vielleicht
reicht es örtlich für ein paar Tropfen, meist dürfte es aber trocken bleiben.
Und nicht nur das, auch die Sonne wird landesweit wieder reichlich Chancen zur
Entfaltung bekommen, um die aktuell dicht an der Normkurze verlaufende Bilanz
des noch jungen Monats März zu verbessern.

Thema Wind, der kommt nach wie vor aus östlichen Richtungen und weht hoch im
Norden frisch mit Böen 7, exponiert 8 Bft. Am Start bleibt auch der Böhmische
Wind im und am Erzgebirge. Neu hinzu kommt der Südföhn in den Alpen, was sich
auch sehr schön am prognostizierten Druckbild zeigt: südlich des Hauptkamms der
ausgeprägte Staukeil, nördlich der Leetrog - klassisch. Die Druckdifferenz
Bozen-Innsbruck steigt auf 6-7 hPa, die von Lugano-Zürich gar auf bis zu 11 hPa.
Allerdings ist fraglich, ob der schweizer Föhn dieses Mal auch bis zum östlichen
Bodenseeraum vorankommt, wo ein östliche Bisenströmung dagegenhält. Stürmisch
wird es auf alle Fälle auf den Gipfeln, Kuppen und Kreten der deutschen Alpen
(8-9 Bft), in den klassisch anfälligen Föhntälern wird es wohl weitgehend bei
maximal Böen 7 Bft bleiben.

Mit Ausnahme der küstennahen Regionen und höherer Lagen steigt die Temperatur in
den zweistelligen Bereich zwischen 10 und 15°C, im Süden und Südwesten (T850 bis
7°C) lokal sogar noch etwas darüber.

Die Nacht zum Sonntag bringt wetterlagentechnisch keine wesentliche Änderung,
weil Druck- und Potenzialgebilde weitgehend auf ihren Positionen verharren.
Heißt in Kurzform: Küste weiterhin windig, Böhmischer Wind und Föhn ja,
unterschiedlich bewölkt, meist trocken, wenig Nebel und auch nur noch wenig
Frost. Das war´s.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Lage im Großen und Ganzen wird ziemlich einheitlich simuliert. Dass die
Parametrisierung der Grenzschichtbewölkung dabei sehr individuell ausfällt,
wurde im Text bereits erwähnt. Ein kleines Fragezeichen steht auch noch rund um
die beschriebene Korridorbildung (Nordwest nach Ost) am Samstag.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann