DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

06-03-2024 10:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 06.03.2024 um 10.30 UTC



Zum Wochenwechsel vorübergehend wechselhaft und etwas kühler. In den Alpen und
an der See zeitweise stürmisch.
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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 13.03.2024


Am Samstag, dem Beginn der heutigen Mittelfristbetrachtung, ist die Situation
noch gut greifbar und relativ eindeutig. So liegen wir auf der Vorderseite eines
umfangreichen Cut-Offs über der Biskaya in einer südlichen Höhenströmung.
Demgegenüber steht eine schwache Blockade mit einem Höhenhoch über dem Nordmeer,
dessen Keil am Boden über Skandinavien bis zum Baltikum verläuft. Bodennah weht
der Wind entsprechend eher aus östlicher Richtung. Damit fließt in den äußersten
Norden und Nordosten trocken-kühle (aber nicht wirklich kalte mit Theta850 um
15°C) Festlandsluft ein, wohingegen die Luftmasse im Südwesten Deutschlands
gemäßigter, aber ebenfalls in der Grundschicht recht trocken daherkommt
(Theta850 um 25°C). Föhnbedingt bildet sich im Alpenvorland allmählich ein
"Föhnknie" aus mit einer warmen Blase in T850 um die 5°C. Aus Südwesten driften
dabei einzelne Feuchtefelder am Rande des Tiefs nach Deutschland, die meist aber
nur zu etwas kompakterer mittelhoher Bewölkung ohne nennenswerte Niederschläge
führen. Auch vom Böhmischen Becken und Schlesien können sich vorübergehend mal
dichtere Nebel- oder Hochnebelfelder ausweiten. In vielen Regionen scheint aber
längere Zeit die Sonne. Die Temperaturen steigen auf milde 10 bis 15°C, in
Vorpommern und an der See auf 6 bis 9°C, nachts bleibt es weitgehend frostfrei.
Es herrscht Böhmischer Wind und auch an der See treten Böen der Stärke 7 bis 8
Bft auf. In den Alpen herrscht Föhnsturm.

Am Sonntag verlagert sich das Biskayatief zur Bretagne und die Südströmung über
den Alpen legt noch etwas zu. In 300 und 500 hPa gestaltet sich die Vorderseite
über Süddeutschland zunehmend diffluent, so dass das Auspumpen zu Druckfall am
Boden führt und sich ein eigenständiges Tief im Alpenvorland mit unter 995 hPa
bildet. In dieses läuft im Tagesverlauf die Okklusion des Biskayatiefs aus
Südwesten hinein, womit Regenfälle von der Eifel bis zum Alpenrand einsetzen und
der Föhn am Abend zum Erliegen kommt. Erst dann sinkt die Schneefallgrenze
allmählich auf rund 1500 m ab. Infolge der Warmluftzufuhr über der Adria und dem
Balkan nordwärts führen frontogenetische Prozesse über der Nordhälfte
Deutschlands ebenfalls im Tagesverlauf vermehrt zur Ausbildung stärkerer
Bewölkung, Regen fällt dabei aber zunächst kaum, die Hebung ist insgesamt noch
zu schwach. An den Temperaturen ändert sich wenig. Das Maximum sollte mit Föhn
Richtung Rosenheim mit vielleicht sogar 17 oder 18°C liegen, sonst wieder
vermehrt zweistellig mit Ausnahme der küstennahen Regionen. Während der
Böhmische Wind mit nahendem Druckfall aus Süden keine Rolle mehr spielt, legt er
an der See weiter zu, so dass vereinzelt auch Sturmböen Bft 9 aus Ost bis
Nordost auftreten.

Am Montag schwenkt ein markanter Randtrog von Oberitalien nach Tschechien, womit
sich das einst recht kreisrunde Cut-Off Tief zu einem Dipol wandelt. Die
Bodenzentren sind zur Mittagszeit in etwa im Raum Bordeaux beziehungsweise über
Sachsen zu verorten und pendeln fortan um eine gedachte Achse etwa entlang der
Deutsch-Französischen Grenze. Großskalige Hebung erfasst nun weite Landesteile
mit Regenfällen. Die Schneefallgrenze liegt um oder etwas unter 1500 m und auch
ganz im Norden ist die Phase sicher flüssig durch die rumgeholte Warmluft in der
Höhe. An der See bleibt es unverändert windig bis stürmisch aus Nordost. Die
Höchstwerte gehen mit maximal 6 bis 12°C etwas zurück.

Am Dienstag und Mittwoch wird die weitere Entwicklung sehr unsicher (siehe
Folgeabschnitte). Während sich der Dipolkern über uns kaum noch westwärts
verlagert und durch Potentialanstieg über Westeuropa mit auflebender
Tiefdrucktätigkeit über dem Ostatlantik allmählich abschwächt, spielt die
"Musik" hauptsächlich im zentralen Mittelmeerraum durch den zweiten Kern.
Während der Dienstag noch recht wechselhaft sein sollte, steigen zum Mittwoch
die Chancen, dass sich von Skandinavien ein Hochkeil am Boden bis zu uns
ausweiten kann, der vorübergehend für Wetterberuhigung sorgt. Arktische Kaltluft
- wie in vielen Vorläufen immer mal wieder auf der Agenda - erreicht uns dabei
voraussichtlich nicht. Eher abgeschwächte, umgewandelte Luftmasse a la xP, die
bei geeignetem Timing gleichwohl für knackige Nachtfröste gut sein kann. Im
Detail wird in den kommenden Läufen zu klären sein, wie lange sich
Restniederschläge im Südosten halten und wie schnell neue atlantische
Tiefausläufer von Westen übergreifen. Klar ist, während der Wind auch an der See
allmählich nachlässt, steigt die Nachtfrostgefahr generell wieder an.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des IFS ist gelinde gesagt eine Katastrophe und die
Prognoseunsicherheit spätestens ab Dienstag nächster Woche sehr groß. Die Lage
des Tiefs wurde dabei in den letzten Läufen konsequent retrograd nach Westen
verschoben und damit verlangsamt. Somit gestaltet sich nach aktuellem Lauf auch
der Dienstag noch sehr verregnet ohne nennenswerte KLA von Norden. Ob sich
danach Hochdruckeinfluss durchsetzt oder rasch aus Westen die Zonalisierung
beginnt, schwankt munter von Lauf zu Lauf.

Fragen: Wie stark ist das Blocking und wo setzt die WLA vom Ostatlantik an (mehr
nordwärts oder ostwärts gerichtet). Mündet es zum Ende der Mittelfrist in eine
Omegalage, High over Low oder schnöde zyklonale Südwestlage/Winkelwest? Der
größte Faktor zur Beantwortung ist dabei wohl die Abspaltung eines Teiltiefs
über dem Atlantik, das zu einem potentiellen Orkantief nordwestlich von Irland
heranwachsen kann. Ist dieses besonders intensiv und schafft das Tief es, den
Rücken zu überlaufen, ist der Weg für eine rasche Zonalisierung mehr oder
weniger geebnet.

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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Mit der Ausbildung der Dipolstruktur des Cut-Offs beginnen die Probleme und die
Modele laufen zunehmend auseinander. SO ist nach wie vor unklar, wie weit
nördlich der zweite Dipol über Tschechien und Deutschland ansetzt. Dass sich die
Kaltluft im Norden durchsetzt oder dass es an der See und im Nordwesten kaum
Niederschläge gibt, ist insgesamt unwahrscheinlicher geworden. Insgesamt
verfolgen am ehesten die Amerikaner und die Deutsche Modelkette noch einen recht
südlichen Ansatz.

ICON ist es dann auch, das zum Dienstag einen Kaltlufttropfen nach
Schleswig-Holstein ziehen lässt, entsprechend weit gehen dann auch 850er
Temperaturen bis -8°C zurück. Die anderen bewegen sich eher zwischen 0 und -4°C
auf der Rückseite.

Allerdings: Eine kräftiger Kaltluftvorstoß ist ebenso unwahrscheinlich wie ein
sehr rasches Übergreifen neuer Frontensysteme vom Atlantik bereits zum Mittwoch
(IFS 12z Lauf).
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


RAUCHFAHNEN:
Der Spread beginnt sich ab Montag - vor allem aber zum Dienstag - deutlich
aufzuspannen. Entgegen der vergangenen Tage sind nun aber die kalten Lösungen
bis -10°C in 850 hPa aber auch die warmen > 0°C kaum noch im EPS zu finden. Der
HL ist gut eingebettet und findet eine Mehrheit in den Lösungen, die bis
einschließlich Mittwoch keinerlei Bifurkationen aufweisen. Auf der Rückseite
sind Temperaturen um -3°C in 850 hPa wahrscheinlich.

Das Geopotential zeigt im Deutschlandtrend einen leichten Anstieg von Montag bis
Mittwoch, danach ist die Entwicklung vollkommen offen (ähnlich wie bei der
Temperatur).

Das Niederschlagsmaximum ist ganz klar am Montag, im Süden teilweise auch noch
von Dienstag auf Mittwoch zu finden.

CLUSTER:
Die Cluster sind sich erstaunlich einig, wonach sich das Tief im Laufe des
Dienstags allmählich nach Südosten zurückzieht und sich der verbliebene Trog im
Westen beginnt aufzufüllen. Auch bei der Nord-Süd Ausrichtung am Montag gibt es
nur geringe Unterschiede zwischen den 3 gebildeten Clustern im Vergleich zum HL.
Insgesamt verstärkt das EPS also in Summe die Belastbarkeit des heutigen 0z
Laufes vom IFS.

Beim Übergang in die erweiterte Mittelfrist deutet mit nur einem Cluster vieles
auf Südwest zyklonal beziehungsweise winkelförmige Westlage hin. Das würde einen
allmählichen Temperaturanstieg und vor allem in der Westhälfte zeitweilige
Regenfälle bedingen.


FAZIT:
Wir starten in das Wochenende mit ruhigem und oft sonnigem Frühlingswetter. In
den Alpen setzt allmählich Föhn ein und auch an der See sowie an der Grenze zu
Tschechien wird es zunehmend windig bis stürmisch. Ab Sonntagabend setzen von
Südwesten Regenfälle ein, die sich bis Montag auf nahezu alle Landesteile
ausweiten und etwas kühlere Temperaturen bringen. Schnee fällt wohl nur in den
Hochlagen. Zur Wochenmitte steigen die Unsicherheiten deutlich, eine
Wetterberuhigung aus Nordwesten mit ansteigender Frostgefahr in den Nächten ist
derzeit am wahrscheinlichsten.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


STURM:
Die Föhnlage in den Alpen ist unstrittig und erreicht ihren Höhepunkt wohl
Sonntagmittag. Dann kann es auch in den Tälern zu starken bis stürmischen Böen
kommen. An der See baut sich ebenfalls ein Sturmfeld auf, für Signale im EFI
reicht das zu dieser Jahreszeit nicht. Bei vereinzelten Bft 9 am Sonntag sollte
die Obergrenze liegen. Das IFS-EPS zeigt in der Spitze von Rügen bis nach
Fehmarn etwas mehr als 20% dafür an.


SCHNEE:
In den Hochlagen der Alpen, des Bayerischen Waldes und Erzgebirges sind am
Montag, eventuell auch noch am Dienstag bis in die Nacht zum Mittwoch hinein
kräftige Schneefälle mit teils 20 cm binnen 24h möglich. Schwerpunkte sind dabei
noch sehr unsicher. Für tiefe Lagen ist Schnee zwar im Osten und Nordosten nicht
komplett ausgeschlossen, inzwischen aber doch sehr unwahrscheinlich geworden.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, Mos-Mix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen