DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

29-02-2024 15:02

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 29.02.2024 um 10.30 UTC



Im Westen und Südwesten leicht wechselhaft, sonst meist Hochdruckeinfluss. Bei
etwas sinkenden Temperaturen immer noch mild. Am Donnerstag Höhentief möglich.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 07.03.2024


Der meteorologische Winter ist morgen vorbei und es stellt sich die Frage, ob
der Winter nach dem Totalausfall im Februar im kommenden Monat noch einmal
zurückschlägt. Und tatsächlich gibt es durch ein von Polen kommendes Höhentief
zumindest kleine Optionen für einen "Märzwinter light" ab Mitte kommender Woche,
nach aktueller Einschätzung aber auch wohl nur beschränkt auf das Bergland.

Bevor es soweit ist, müssen wir uns in der ab Sonntag beginnenden Mittelfrist
aber erst einmal mit einem langgestreckten mehrkernigen Höhentiefkomplex
beschäftigen, der sich von Island bis zur Iberischen Halbinsel erstreckt. Er
beinhaltet ein Bodentief mit Zentrum bei den Britischen Inseln, außerdem werden
durch die Abtropfung eines Drehzentrum im südlichen Teil Bodenzyklogenesen über
dem Löwengolf und über dem westlichen Alpenhauptkamm induziert. Von letzterem
Tief ausgehend führt eine Warmfront in die Nordsee, sie streift den Westen
Deutschlands mit Wolken und schwachen Niederschlägen. Die Gebiete östlich davon
profitieren dagegen von einem Hoch über Russland. Mit südlicher Strömung gelangt
milde Luft mit T850 hPa von 3 bis 8 Grad zu uns.

Am Montag ist der Abtropfprozess abgeschlossen, das Trogresiduum löst sich bei
seiner noch kurzen Nordostverlagerung in die Nordsee auf. Damit bleibt die
Warmfront über dem Westen Deutschlands mehr oder weniger hängen und wird
frontolytisch (nur noch schwache Niederschläge über der Westhälfte). Nach Osten
und Nordosten hin überwiegt Hochdruckeinfluss, nun aber durch ein neues Hoch
über Skandinavien (HFz). Die T850 hPa sinken auf 0 bis 4 Grad, da die direkte
Zufuhr milder Luftmassen aus südlichen Gefilden abreißt.

Am Dienstag rückt uns von den Britischen Inseln ein neuer Randtrog auf die
Pelle, wobei dieser ebenfalls abtropft und dann Kurs auf Frankreich nimmt.
Folglich wird der Westen und Südwesten weiterhin leicht zyklonal beeinflusst,
nach Nordosten hingegen überwiegt antizyklonaler Einfluss. Die T850 hPa gehen
noch etwas auf -2 bis 0 Grad zurück.

Am Mittwoch zieht das Höhentief ins zentrale Mittelmeer, was über dem Golf von
Genua eine neue Zyklogenese anstößt. Von diesem Tief ausgehend können
Hebungsgebiete mit feuchter Luft auf den Süden Deutschlands übergreifen. Nach
Norden hin überwiegt jedoch Hochdruckeinfluss, der sich zwischen einem sich
aufwölbenden Rücken über der Iberischen Halbinsel und einem Höhenhoch über
Skandinavien durch eine Potenzialbrücke ergibt. Dabei bleibt der Norden
Deutschlands an der Südwestflanke des Bodenhochs über Skandinavien. In den
Abendstunden zieht von Polen dann eingangs erwähntes Höhentief mit kalter Luft
heran. Die T850 hPa bewegen sich zunächst im Bereich der Werte des Vortages, mit
Ankunft des Höhentiefs sinken sie im Osten allerdings rasch auf -10 Grad ab.

Am Donnerstag steuert das Höhentief von Polen die Alpen an. Die temporär sehr
kalte breitet sich damit vor allem auf den Südosten aus, während die T850 hPa
sich nach Nordwesten hin kaum ändern. Im Südosten werden durch das Höhentief
Niederschläge ausgelöst, die zumindest im Bergland auch als Schnee fallen
dürften. Bodennah schafft es die Kaltluft kaum, die etablierte milde Luft
nachhaltig abzukühlen.

In der erweiterten Mittelfrist ab Freitag dreht sich das Höhentief über der
nördlichen Adria ein, sodass der Südosten Deutschlands anfangs noch in seinem
Einflussbereich verbleibt. Die anderen Regionen werden dagegen wieder verstärkt
durch das Hoch über Skandinavien beeinflusst, wobei das Hoch leicht retrograd
vor die Küste Norwegens zieht (HNFa oder HFa). Mit nordwestlicher Strömung wird
erwärmte Meeresluft herangeführt, sodass die T850 hPa allgemein wieder zwischen
0 und 3 Grad liegen und winterliche Optionen schon wieder keine Rolle mehr
spielen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des heutigen EZMW-Laufs von 0 UTC zu seinen beiden gestrigen
Vorläufen ist bis zum Eintreffen des Höhentiefs am kommenden Donnerstag hoch.
Mit diesem Höhentief offenbaren die Modellläufe jedoch Schwierigkeiten, sodass
die Konsistenz ab dann deutlich nachlässt. Im aktuellen Lauf vom heutigen
Donnerstag 0 UTC wird das Höhentief kräftiger berechnet, wobei es über
Südostdeutschland zur Adria zieht. Im gestrigen 0 UTC-Lauf sollte es sich über
der Mitte Deutschlands auffüllen. Im gestrigen 12 UTC-Lauf gab es das Höhentief
sogar überhaupt nicht! Ob es daher ab Donnerstag über dem Südosten zu
Niederschlägen kommt, die im Bergland als Schnee fallen könnten, ist nach
jetzigem Stand völlig offen. Eventuell überwiegt auch Hochdruckeinfluss und
nichts passiert in Sachen Niederschlag.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Am Höhentief scheiden sich auch bei den internationalen Modellen die Geister.
Stimmen die meisten Modelle bis dahin in den Grundzügen größtenteils überein
(mit Ausnahme des GFS), so nehmen die Unschärfen damit zu. Im Programm ist das
Höhentief beim ICON und bei UK10, beim GEM und NAVGEM hingegen nicht. Beim GFS
ist es sowieso nicht vorhanden, da dieses Modell schon ab Dienstag eigene Wege
geht und das Höhentief dieses Tages von Frankreich nach Deutschland verfrachtet.
Im weiteren Verlauf soll dann vor allem ein Höhentief über der Nordsee unser
Wetter bestimmen. Hochinteressant ist auch die Lösung von GraphCast ML, das das
Höhentief von Polen bereits am Mittwoch heranziehen lässt und mit dem Randtrog
von den Britischen Inseln vereinigt. Anschließend soll sich ein Höhentief über
Norddeutschland/Benelux etablieren, die T850 hPa wären mit -4 bis -8 Grad aber
nicht ganz so niedrig, was auf nasskaltes Wetter in den Niederungen hinauslaufen
würde.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


RAUCHFAHNEN:
Die Rauchfahnen des EZMW-Ensembles sind für diverse deutsche Städte bis zum
Dienstag meist eng gebündelt, was die Vorhersagegüte bis dahin unterstreicht. Ab
Mittwoch öffnen sich die Kurven. Am Donnerstag gibt es vor allem bei den
Stationen in der Mitte und im Süden vom Hauptlauf Ausreißer nach unten, die sich
dem Höhentief zuordnen lassen. Die Mehrheit der Ensemble-Mitglieder zieht aber
nicht und der Median vollführt eine Seitwärtsbewegung. Folglich steht das
Höhentief auf sehr wackeligen Füßen. Schwache, im Süden teils etwas kräftigere
Niederschlagssignale gibt es am Dienstag, Mittwoch und Donnerstag.

CLUSTER:
Von Dienstag bis Donnerstag werden die vollen 6 Cluster benötigt, um die
Unsicherheiten im Ensembleraum zu beschreiben (alle mit Regime Blockierung). Vor
allem die Simulation des Höhentiefs über Polen ab Mittwoch wirft Fragen auf. In
C1 bis C3 und C5 ist es nicht vorhanden, womit bei einem Verhältnis von 34:17
Mitgliedern eine 2/3-Mehrheit kein Höhentief sieht. Deutschland würde dann unter
Hochdruckeinfluss verbleiben.
Von Freitag bis Sonntag kommender Woche (erweiterte Mittelfrist) gibt es 3
Cluster mit weiterhin dem Regime Blockierung. In C1 wird ein Höhentief über
Weißrussland/Ukraine gezeigt, in C2 über Polen, in C3 fehlt es. Bei C1 und C2
überwiegt Hochdruckeinfluss, in C3 wird der Südwesten leicht zyklonal tangiert.


FAZIT:
Bis Mittwoch ist die Vorhersage sicher mit dem teils zyklonalen Geschehen im
Westen und Süden und dem eher hochdrucklastigen Osten und Nordosten. Dabei
bleibt es trotz leichtem Temperaturrückgang mild. Ab Donnerstag ist die
Vorhersage unsicher, weil ein Höhentief dem allgemeinen Hochdruckeinfluss in
Deutschland in die Suppe spucken könnte. Die Mehrheit der Modelle bzw. Ensembles
kann diese Variante allerdings nicht auf sich vereinigen. Sollte das Höhentief
dennoch bei uns aufschlagen, sind nasskalte Optionen für die Niederungen und
vorübergehend winterliche Erscheinungen im Bergland denkbar.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


WIND:
In den Alpen am Sonntag noch Föhnsturm. Dabei in den Tälern nur vereinzelt
steife Böen Bft 7 aus Südwest, in den Bergen häufiger stürmische Böen Bft 8 bis
hin zu exponiert schweren Sturmböen Bft 10. In der Nacht zum Montag abklingender
Föhnsturm.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOSMIX, EZMW, EZMW-ENS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Simon Trippler