DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

25-02-2024 12:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 25.02.2024 um 10.30 UTC



Leicht unbeständiger und teils windiger Wettercharakter, zu mild.
__________________________________________________________

Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 03.03.2024


Der mittelfristige Zeitraum wird grundsätzlich von zwei starken Wetterlagen
dominiert. Zum Start in die Mittelfrist sowie am Donnerstag weist das IFS-EPS
bis auf wenige Ausnahmen die Wetterlage Brücke Mitteleuropa aus. Am Freitag und
Samstag kann dann die Wetterlage Süd zyklonal die Mehrheit der IFS Member hinter
sich vereinen. Nennenswertes Potential hat sonst nur noch die Wetterlage Trog
Westeuropa. Ab Sonntag ist es dann schon schwierig eine dominierende Wetterlage
zu finden. Größere Unterstützung erhalten noch Süd zyklonal und Südost
antizyklonal. Zudem schmeißen weitere vier Grundstrukturen ihren Hut in den
Ring. Schauen wir aber zunächst mal, was der deterministische IFS-Lauf zeigt.

Zu Beginn des Mittelfristigen Zeitraums am kommenden Mittwoch wirbelt zwischen
Sizilien und Tunesien ein Cut-Off Tief, während das Trog-Residuum über den
Norden Deutschlands ostwärts schwenkt. Dazwischen kann sich vom Rücken über dem
Atlantik bis zu dem Rücken über Ost- und Südosteuropa eine Brücke hohen
Geopotentials bilden. Bodennah kann sich korrelierend das Azorenhoch über
Frankreich bis nach Deutschland ausdehnen. Da wir jedoch auf der Ostflanke
liegen, sickert etwas kühlere Luft aus Norden an. Entsprechend weisen die
Temperaturen in 850 hPa Werte zwischen +1 und -4 Grad auf. Niederschläge sind
dabei vor allem vom Alpenrand bis zur Neiße zu verzeichnen. Diese basieren zum
einen auf einer abziehenden und sich auflösenden Kaltfront (frontogenetische
Hebung) sowie dem Cut-Off-Tief bei Süditalien (Aufgleitprozesse). Durch
zunehmenden Hochdruckeinfluss lassen die Niederschläge jedoch nach bzw. klingen
vielerorts ab.

Am Donnerstag bleibt im Mittelmeerraum alles beim Alten. Während das
Cut-Off-tief weiter bei Tunesien sein Kreise zieht, profitieren Südwest- und
Südosteuropa von zwei Rücken und somit auch bodennah vielfach hohem Luftdruck.
Über Nordwest- und Mitteleuropa ist jedoch die Konstanz nicht vorhanden. Hier
drängt ein markanter Trog von den Britischen Inseln Richtung Festland und
korreliert am Boden mit einem Tief nördlich von Schottland, welches einen teils
okkludierten Frontenzug von Nordwestfrankreich her ostwärts schiebt. Tagsüber
profitiert Deutschland aber noch von der Brücke hohem Geopotential und
bodennahem Hochdruck. Allerdings ist der Schwerpunkt nun schon nach Polen
gewandert. Auf der Westflanke kann somit mildere Luft aus Südwesteuropa ins Land
transportiert werden. Resultierend liegen die Temperaturen in 850 hPa bei +1 bis
+8 Grad. Dabei bleibt es zunächst weitgehend trocken. Erst in der zweiten
Nachthälfte sollen die Niederschläge im Umfeld des Frontenzuges auf den
Nordwesten und Westen übergreifen. Auch am Alpenrand ist dann etwas Niederschlag
möglich.

Am Freitag bestimmt der hochreichen Tiefdruckkomplex bei den Britischen Inseln
der das Wetter hierzulande. Zunächst schwenkt ein Kurzwellentrog mit der
Höhenströmung vom Südwesten zur Nordsee und ist bodennah mit einem Frontenzug
verbunden. Dieser trennt milder Luft in der Osthälfte von etwas kühlerer Luft im
Westen. Resultierend liegen die Temperaturen zwischen -3 und +5 Grad in 850 hPa.
Niederschläge sind zunächst im Osten PVA gebunden zu verzeichnen. Zudem zieht
sich durch frontogenetische Prozesse ein Niederschlagsstreifen vom Südwesten bis
zur Nordsee. Bei Niederschlagsereignisse ziehen tagsüber ostwärts ab oder lösen
sich auf. Bevor sich zum Samstag von Westen ein neues Frontensystem mit
Niederschlägen nähert, kann eine Leezyklogenese im Golf von Genua und
Norditalien Aufgleitniederschläge bis in den Süden und Südosten Deutschland
schieben.

Am Samstag entwickelt sich in die Höhenströmung eingebettet über der Nordsee ein
neues Randtief. Dieses verlagert die Kaltfront auf dessen Südseite schließlich
bis in den Westen Deutschlands. Entsprechend muss von der Pfalz bis nach
Ostfriesland mit schauerartigen Niederschlägen gerechnet werden. Da das Tief vom
Golf von Genua nach Süden Richtung Korsika wandert, lassen hierzulande im Süden
die Niederschläge nach bzw. klingen ab. PVA gebunden sind aber dafür tagsüber im
Osten konvektive Umlagerungen mit Schauern aktiv. Die Temperaturen in 850 hPa
liegen dabei am Tage zwischen -1 Grad nahe den Niederlanden und bis +7 Grad am
Alpenrand und steigen nachts im Zustrom milder Luft subtropischen Ursprungs auf
+1 bis +8 Grad an.

Am Sonntag liegt Deutschland weiter auf der Vorderseite des hochreichenden
Tiefdruckgebietes bei Irland. Dabei versucht erneut ein Kurzwellentrog samt
Frontenzug am Boden auf den Westen überzugreifen, kommt aber aufgrund der
strömungsparallelen Lage kaum ostwärts voran. Entsprechend werden allenfalls die
Regionen westliche des Rheins von Niederschlägen tangiert. Inwieweit an
kurwelligen Anteilen gebunden auch im Norden und der Mitte hier und da mal kurze
Schauer möglich sind, muss abgewartet werden. Ansonsten bleibt es auf der
Ostflanke des Tiefs im Zustrom subtropischer Luft warm. Die Temperaturen liegen
in 850 hPa meist bei +1 bis +7 Grad.
__________________________________________________________

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die großskaligen Geopotential und Luftdruckstrukturen werden von den letzten
IFS-Läufen recht konsistent abgebildet.

Zum Start in den mittelfristigen Zeitraum am kommenden Mittwoch weicht
allenfalls der gestrige 12 UTC-Lauf etwas von den 00 UTC Lösungen ab, indem
dieser über Deutschland eine größere Amplifizierung des Troges zeigt.
Entsprechend wären die Niederschläge regional kräftiger und großräumiger.

Am Donnerstag ergeben sich zwischen den letzten Modellläufen durchaus geringe
Phasenverschiebungen. Der neuste IFS-Lauf weist eine raschere Verlagerung der
Tröge auf, sodass der Trog vom Vortag schon das Baltikum verlässt und dafür ein
neuer markanter Trog auf Frankreich übergreift. Da der gestrige 00 UTC Lauf die
langsamste Variante aufweist, scheint der Trend zu einer schnelleren Verlagerung
der Strukturen hinzuführen. Deutschland würde dabei unter Zwischenhocheinfluss
liegen.

Am Freitag nehmen die Unterschiede zu, was sich hierzulande nur bedingt
bemerkbar macht. Deutschland gelangt zunehmend in den Einflussbereich eines
Tiefs bei den Britischen Inseln. Dabei lassen die letzten beiden Läufe den
Kurzwellentrog rascher auf Deutschland übergreifen. Entsprechend gibt es
insgesamt nach deren Lösung je nach Triggermechanismus (PVA, frontogenetische
Hebung) drei Niederschlagsstreifen. Größere Abweichungen sind über der Adria zu
verzeichnen, wo nun ebenfalls ein signifikantes Tief generiert wird und
Aufgleitprozesse bis in den Südosten Deutschland schiebt. Interessant wird es
zudem auch über Nordwestrussland, wo der aktuelle Lauf eine wesentlich stärkere
Tiefdruckentwicklung aufweist.

Am Samstag und Sonntag liegt Deutschland weiter auf der Vorderseite eines
hochreichenden Tiefs, welches Niederschlagsfelder nach Deutschland schiebt.
Allerdings sind Timing und räumliche Ausbreitung unterschiedlich. Das Tief über
der Adria ist in die Ägäis weitergezogen und hat keine Aktien mehr in der
Wetterküche hierzulande.
__________________________________________________________

Vergleich mit anderen globalen Modellen


Auch andere Globalmodelle simulieren die großskaligen Geopotential- und
Luftdruckstrukturen zum IFS vergleichbar.

Allerdings weicht vor allem das ICON schon in der Nacht zum Donnerstag im Detail
von den anderen Modellen ab. ICON hat das Trog-Residuum nicht auf der Agenda und
schiebt den Trog vom Atlantik rascher ostwärts. Beim Wetter hierzulande sind die
Abweichungen aber kaum wirksam. Allenfalls im Südwesten besteht in der Nacht zum
Freitag beim ICON ein etwas höheres Niederschlagsrisiko. UK10 und GFS stützen am
Mittwoch und Donnerstag das IFS, wenngleich es bei dem Trog über den Britischen
Inseln und dem Ostatlantik geringe Phasenunterschiede gibt.

Am Freitag weisen alle betrachteten Modelle ausgehend von dem mächtigen,
hochreichenden Tief bei den Britischen Inseln eine Tiefdruckzone bis in den
zentralen Mittelmeerraum aus. Doch nun werden zum einen die Kurzwellentröge in
der Strömung um das Tief herum sowie auch die kleinräumigen Tiefs innerhalb der
Tiefdruckzone räumlich und zeitlich abweichend abgebildet. Resultierend ergeben
sich aufgrund von einer Phasenverschiebung und Lagenabweichung verschiedene
Niederschlagsschwerpunkte. UK10 weist eine ähnliche Verteilung wie das IFS aus,
ist aber um 50 bis 100 km nach Westen verschoben. GFS ist dagegen schneller
unterwegs und lässt die frontalen Niederschläge schon bis in die Mitte
vorankommen. ICON dümpelt vor sich hin, zeigt im Westen noch nichts und lässt
dagegen südlich der Donau und im Osten etwas mehr Niederschlag fallen.

Am Samstag bleiben UK10 und IFS vergleichbar, wenngleich die Niederschläge beim
IFS intensiver sind. Dazu greifen auch schon die frontalen Niederschläge weiter
auf den Westen über, was UK10 so nicht sieht. GFS stützt im Westen IFS, hat aber
die Niederschläge im Osten nicht im Programm. ICON geht einen ganz anderen Weg,
indem es im Nordosten Regen induziert, der auf die Ostsee abzieht und sonst
weitgehend trocken bleibt.

Am Sonntag zeigen alle Modelle hierzulande kaum Niederschlagstendenzen.
Inwieweit jedoch analog zum IFS kurzwellige Anteile zuschlagen und hier oder da
einen Schauer produzieren, ist derzeit noch nicht abschließend geklärt.

Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass alle Modelle ab Freitag das
mächtige, hochreichende und nahezu stationäre Tiefdruckgebiet bei den Britischen
Inseln im Programm haben. Bei der Entwicklung von Randtiefs und Kurzwellentrögen
gehen die Modelle jedoch mehr oder weniger stark getrennte Wege. Resultierend
werden potentielle Niederschlagsfelder und deren Intensität abweichend
simuliert.
__________________________________________________________

Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen verschiedener Städte in Deutschland zeigen schon ab Mittwoch
größere Abweichungen bei den Temperaturen während beim Geopotential in 500 hPa
noch eine recht hohe Vorhersagegüte vorliegt. Bei den Temperaturen wird aber von
allen Membern ein Anstieg gezeigt, der jedoch vom Timing unterschiedlich
ausfällt.
Am Donnerstag weist die Mehrheit der Läufe auch wieder einen Temperaturrückgang
aus, allerdings stützen dies nicht alle EPS-Mitglieder. Entsprechend ist ein
Spread von rund 10 Grad festzuhalten.
Ab Donnerstag ist es dann sowohl bei den Temperaturen als auch beim Geopotential
vorbei mit der Einigkeit. Bei den Temperaturen zeigt zwar die Mehrheit der
Member wieder einen Temperaturanstieg, wobei die Drängungszone zunehmend an
Kontur verliert. Zudem spannen einige Ausreißer zu tieferen Temperaturen den
EPS-Raum weit auf, sodass der Spread am Sonntag Werte von 15 Grad erreicht. Auch
das Geopotential zeigt ab Donnerstag ein signifikantes Aufspannen des
EPS-Raumes. Allerdings ist bei diesem Parameter durchgehend ein Bereich höherer
Auftrittswahrscheinlichkeiten zu erkennen. Dennoch werden zwischen den Membern
Abweichungen von rund 30 hPa simuliert. Die großen Unsicherheiten in der
Vorhersage sind schließlich auch beim Niederschlag zu erkennen. Von Mittwoch bis
Sonntag zeigen einige Läufe durchgehend nennenswerte Niederschläge, wobei die
Mehrheit kaum oder keinen Niederschlag aufweist.

Bei der Einordnung der großskaligen Strukturen werden zu Beginn des
mittelfristigen Zeitraum von +72 bis +96h schon sechs Lösungen benötigt, um alle
Unsicherheiten einzufangen. Dabei starten die ersten fünf Cluster im Schema
eines Blockings, um am Ende in das Schema einer positiven NAO zu schwenken. Das
letzte Cluster wird durchgehend einer pos. NAO zugeordnet. Dieses Cluster kommt
auch der ICON-Lösung sehr nahe. Ansonsten werden meist geringe Unterschiede bei
der Amplitude und Wellenlänge des Troges über Mitteleuropa, der Lage des
Cut-Off-Tiefs sowie der Intensität der Brücke hohem Geopotentials verzeichnet.
Haupt- und Kontrolllauf befinden sich nur im vierten Cluster. Im Vergleich dazu
weist das zweite Cluster einen markanteren Trog auf, der fast noch Verbindung
zum Cut-Off hat und das erste Cluster einen stärkere Rücken samt schon weiter
abgezogenen Kurzwellentrog.
Im Zeitraum von +120 bis +168h werden noch fünf Lösungen benötigt, um alle
Abweichungen ausreichend zu erklären. Dabei weist das dritte Cluster durchgehend
eine Blockingsituation auf, während alle anderen Varianten rasch von einer pos.
NAO zurück zum Blocking wechseln. Bei den Unterschieden steht nun das
hochreichende Tief bei den Britischen Inseln voll im Fokus. Abweichungen gibt es
bei der Amplitude des Tiefs sowie bei den potentiellen Kurzwellentrögen oder
kurzwelligen Anteilen. Je nach Entwicklung stehen schließlich auch Randtiefs auf
der Agenda. Haupt- und Kontrolllauf sind nun im ersten Cluster zu finden. Im
Vergleich zur ersten Lösung besitzt der Trog in der zweiten Variante eine
stärkere Amplitude nach Süden. Dafür ist die Wellenlänge etwas reduziert. Das
dritte Cluster hat das Tief samt Trog im Vergleich zur ersten Lösung bei etwas
gleicher Amplitude und Wellenlänge etwas nach Süden verschoben. Cluster 4 weist
eine geringere Wellenlänge aus und ist mehr südwestwärts ausgerichtet. Beim
letzten Cluster ist der Trog schwächer, dafür aber schon deutlich weiter nach
Osten vorangekommen.
In der erweiterten Mittelfrist beschreiben weiter fünf Cluster die
Unsicherheiten im EPS-Raum. Haupt- und Kontrolllauf sind weiter der ersten
Lösung zugeordnet. Die Unterschiede beziehen sich auf den Trog ausgehend von den
Britischen Inseln und dessen weiterer Entwicklung. Cluster 1 lässt den Trog bei
deutlicher Abschwächung nordostwärts durchschwenken. Cluster 2 ist stärker
aufgestellt und dadurch auch langsamer unterwegs. Cluster 3 beschreibt eine
Cut-Off-Entwicklung über Südfrankreich und Cluster 4 über dem westlichen
Mittelmeerraum. Bei Cluster 5 muss man sich fragen wo der Trog ist, da
verbreitet hohes Geopotential auftrumpft.

Analog zu den Rauchfahnen ist spätestens ab dem Wochenende kaum noch eine
seriöse Aussage möglich.
_________________________________________________________

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Aus Sicht der Probabilistik gibt es am Donnerstag allenfalls auf den
Nordseeinseln geringe Wahrscheinlichkeiten bis 10% für einzelne stürmische Böen.
Am Freitag und Samstag stützen beim IFS-EPS in der Eifel und an dessen Nordrand
Werte bis 25% einzelne stürmische Böen. Zudem sind auf einzelnen Alpengipfeln
stürmische Böen oder Sturmböen möglich.

Der EFI zeigt im mittelfristigen Zeitraum im Vergleich zum Modellklima mehr oder
weniger überdurchschnittliche Temperaturen, wobei der Osten stärker vom Mittel
abweicht.
________________________________________________________

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, ICON-EPS, anfangs auch det. ICON/IFS, bei TT auch MosMix
________________________________________________________


VBZ Offenbach / Dipl. Met. Lars Kirchhübel