DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

22-02-2024 10:01
SXEU31 DWAV 220800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 22.02.2024 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
SWz

Tagsüber im Westen und im Bergland Böen Bft 8 bis 9, auf exponierten Bergen Böen
9 bis 12. Im Nordseeküstenbereich und im nördlichen Schleswig-Holstein ab dem
Abend orkanartige Böen, exponiert Orkanböen. In einem Streifen von dort bis ins
nördliche NRW und nach Westmecklenburg Böen Bft 9 bis 10, vereinzelt Bft 11.
Sonst in Deutschland gebietsweise Böen Bft 8, exponiert 9. Auf exponierten
Bergen Böen Bft 10 bis 12. In Staulagen des Westens und Südwestens anfangs
Dauerregen.
In Nordwestdeutschland abends isolierte Gewitter mit Orkanböen nicht
ausgeschlossen.

Am Freitag im Norden anfangs noch Böen Bft 8 bis 9, auf den Bergen Böen bft 9
bis 11. Am Nachmittag Windabnahme.

Am Samstag meist keine markanten Wettererscheinungen. Nur auf dem Brocken und
auf exponierten Bergen des Schwarzwaldes und der Alpen Sturmböen möglich.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... Ein umfangreiches, hochreichendes und damit steuerndes Tiefs mit
Zentrum bei Island besitzt einen kräftigen Randtrog, der vom Seegebiet
südwestlich der Britischen Inseln nach Großbritannien und Nordfrankreich zieht.
Ein vorlaufender Randtrog ist bereits nachts nach Südskandinavien geschwenkt und
korrespondiert mit einem Frontensystem dort und über Norddeutschland, wobei die
Kaltfront über Holland bald rückläufig wird. Sie geht über in die Warmfront
einer Frontalwelle, die unter Verstärkung bis Mittag von Wales nach Ostengland
zieht und um 18 UTC etwa über der mittleren Nordsee simuliert wird mit einem
Kerndruck von 968 hPa (ICON-D2 von 03 UTC). Es besitzt dann einen kräftigen
Bodentrog über Holland, der sich kurz vor der Höhentrogachse befindet. Der
Bodentrog markiert die Kaltfront der Welle, an der in der Wetterinterpretation
vor allem bei ICON-D2 auch Gewitter simuliert werden. Für den Winter typisch
werden leicht erhöhte Cape-ML-Werte berechnet zwischen 30 und 200 J/Kg, wobei
die PPWs immerhin bei rund 20 mm liegen. Die Scherung ist beachtlich: in unteren
Schichten 20 bis 30 m/s und die Deep-Layer-Shear erreicht gut 40 m/s, die abends
von Benelux übergreift. Zuvor gibt es in der eher stabilen Grundschicht zunächst
im höheren Bergland steife bis stürmische Böen, exponiert Sturmböen aus Süd bis
Südwest. Am Nachmittag und Abend kann es im Westen bereits bis in tiefe Lagen
stürmische Böen geben. Dazu fällt vor allem in der Mitte und im Süden verbreitet
Regen, der zunächst durch WLA und die trogvorderseitige Hebung ausgelöst wird.
Im Norden gibt es vorübergehend eine trockene Phase mit einigen Wolkenlücken,
ehe gegen Abend auch hier mit Annäherung der Kaltfront von Westen Regen
einsetzt. In der Mitte und im Süden (außer Südosten) fallen heute (von 00 bis 24
UTC) häufig zwischen 9 und 20 mm, in den Staulagen im Südwesten 25 bis 40 mm,
exponiert im Schwarzwald auch 50 bis 70 mm. Entsprechende Dauerregenwarnungen
laufen bereits. Im Norden und Osten fallen meist 4 bis 10 mm, im Harz exponiert
deutlich mehr.
Im Warmsektor gibt es heute ungewöhnlich hohe Temperaturen meist zwischen 11 und
15 Grad mit den hohen Werten im Rheintal. Im Nordosten und an der Nordseeküste
ist es mit Temperaturen um 10 Grad etwas kühler. Der Wind erreicht in der
Westhälfte und in etwas höheren Lagen in Böen Bft 7.

Abends kommt dann eine ausgewachsene Sturmlage auf uns zu. Hauptsächlich sind
der Westen und Norden sowie die höheren Lagen betroffen. Die gut eingedrehte
Frontalwelle erreicht um 00 UTC mit einem Kerndruck von 963 hPa (ICON-D2) den
Westausgang des Skagerraks. Der Bodentrog schwenkt von Holland über den Westen
und Nordwesten von Deutschland nordostwärts und vor allem im rückwärtigen
Bereich, also im Druckanstiegsgebiet, sind Gradient und Wind am stärksten
ausgeprägt. Etwa nordwestlich einer Linie Eifel-Lübecker Bucht werden verbreitet
9er und 10er Böen simuliert und von der holländischen Grenze bis zum westlichen
Schleswig-Holstein zeigen die EPS-Ergebnisse auch orkanartige Böen. Das
Orkanereignis ist insgesamt recht kurz und dauert nur rund ein bis zwei Stunden.
Bei den Modellen gibt es dazu noch Unterschiede, aber im genannten Streifen ist
die Unwettergefahr am größten. Auch die EPS-Ergebnissen von ICON-D2 und ICON-Eu
sowie von Cosmo-LEPS stützen die hohen Windgeschwindigkeiten
(Wahrscheinlichkeiten zwischen 20 und 40 Prozent, an der Nordsee über 60
Prozent).
In der 2. Nachthälfte sind dann der Nordseeküstenbereich, das nördliche
Schleswig-Holstein betroffen. 10er Böen sind dann im Angrenzenden Streifen und
im nördlichen Mecklenburg Vorpommern zu erwarten. In einem Streifen vom
nördlichen NRW bis zum nördlichen Brandenburg sind anfangs 9er Böen angesagt,
noch weiter südlich und im Bergland dann stürmische Böen. Auf exponierten Bergen
sind Böen Bft 11 bis 12 wahrscheinlich.
Im Süden kommt die Kaltfront über den Alpen ins Schleifen, da sich über
Oberitalien ein Randtief bildet. Dadurch dauern die Niederschläge im Alpenraum
länger an und die Schneefallgrenze sinkt auf 1000 bis 800 m ab. Nennenswert
bleibt der Schnee ab 1000 m liegen und es kommen 5 bis 10 cm, in etwas höheren
Staulagen rund 15 cm zusammen.
Zwischen einer Schauerzone in Nordwestdeutschland und der Alb gibt es in der 2.
Nachthälfte kaum noch Niederschläge und die Wolken lockern sich teils stärker
auf. Es kühlt auf 6 bis 1 Grad ab, in den Kammlagen der Mittelgebirge auf -1
Grad, im Schwarzwald auf -4 Grad ab. Vor allem dort gibt es auch Glättegefahr.
Milder mit rund 7 Grad ist es ganz im Osten.


Freitag... überdeckt der thermisch gut ausgeprägte Langwellentrog große Teile
von West- und Mitteleuropa. Dabei schwenkt ´unser´ Kurzwellentrog, der zum
Orkantief gehört nach Mittelskandinavien. Das Orkantief zieht dabei weiter ins
norwegische Seegebiet bei Trondheim, wobei sich dort auch ein Höhentief
abzeichnet. Unterdessen baut sich an dem Trog eine neue Hauptachse auf, die von
England bis zum westlichen Mittelmeer reicht, so dass über Deutschland die
Höhenströmung mehr auf Süd bis Südwest kippt. Dabei verläuft ein Jetmaximum 300
hPa diagonal über den Süden und Osten Deutschlands hinweg. Postfrontal ist nun
deutschlandweit erwärmte Meeresluft subpolaren Ursprungs wetterbestimmend (T850
zwischen -2 und -4 Grad). Das Randtief über Oberitalien bleibt dort bis zum
Abend, so dass die Kaltfront im Alpenraum weiter schleifen kann bzw. in eine
Warmfront übergehet mit leichten Aufgleitniederschlägen. Daher halten am
mittleren und östlichen Alpenraum sowie vom Berchtesgadener Land bis zum
Bayerwald die Niederschläge an, wobei die Schneefallgrenze etwa bei 800 bis 1000
m liegen wird.

Zu den in der Nacht gefallenen Mengen werden aber oberhalb 1000 mit in den
Ostalpen und im Bayerwald 5 bis 10 cm, in exponierten Staulagen auch 15 cm
dazukommen.
Ansonsten entwickeln sich in der Westhälfte in der Höhenkaltluft vermehrt
Schauer, teils sind auch Signale für Gewitter zu sehen. Im Nordosten ist es
dagegen meist trocken, dort wird die Sonne auch am längsten scheinen können. Die
Höchstwerte reichen in der eingeflossenen Meereskaltluft von 5 Grad im mittleren
Bergland und 12 Grad am Oberrhein und in der Niederlausitz. In den
Vormittagsstunden kommt es ganz im Norden noch zu stürmischen Böen, im
Tagesverlauf schwächt sich der Wind auch dort ab. In Schauernähe sind aber
besonders im Nordwesten weitere steife Böen dabei. Auf exponierten Bergen gibt
es vor allem anfangs noch teils schwere Sturmböen.

In der Nacht zum Samstag nähert sich der Haupttrog an und seine Achse kommt über
Ostfrankreich an. So treten zunächst ganz im Westen, in der 2. Nachthälfte in
der Westhälfte Deutschlands einzelne Schauer auf, die im Bergland oberhalb 500 m
meist als Schnee fallen und örtlich wird es glatt. Im Osten und Süden klart es
gebietsweise auf und es kühlt auf +2 bis -2 Grad ab ähnlich wie in den
westlichen Mittelgebirgen. In tiefen Lagen im Westen und Nordwesten ist es bei 4
bis 1 Grad meist frostfrei. Der Wind ist wahrscheinlich nur noch auf dem Brocken
(Bft 9) und auf Helgoland warnwürdig (Bft 7).

Samstag... zieht der Trog über uns hinweg nach Osten bzw. Nordosten, wird aber
über Frankreich nochmal regeneriert. ICON zeigt in dem vom Nordmeer nach Süden
reichenden Bodentrog abends an der ostenglischen Küste noch ein kleines
Randtief. Im Randbereich von diesem Tief gelangt unverändert subpolare
Meeresluft zu uns mit 850-hPa-Temperaturen zwischen -1 Grad am Alpenrand und -4
Grad an der Nordsee. So fallen über Tag vor allem im Westen und Norden sowie in
den Mittelgebirgen einzelne Schauer, oberhalb von 500 bis 600 m meist als
Schnee. Der Wind erreicht in Böen meist nur Bft 5 bis 6, in freien Lagen
oberhalb 400 bis 600 m örtlich auch Bft 7. Auf dem Brocken, im Hochschwarzwald
und auf exponierten Alpengipfeln sind Sturmböen möglich.
In der Fläche ist es etwas kühler als am Vortag mit Werten zwischen 5 und 11
Grad, im Osten nur noch vereinzelt bis 12 Grad.
In der Nacht zum Sonntag erreicht der regenerierte Trog den Westen Deutschlands.
Somit können hier noch weitere Schauer auftreten, wobei die Schneefallgrenze
weiter bei 500 m liegt. Im Osten und Süden ist es teils klar bei Tiefstwerten
zwischen +1 und -3 Grad, in Alpentälern unter -5 Grad. Im Westen und Nordwesten
gibt es Tiefstwerte zwischen 4 und 0 Grad. Der Südwind ist abgesehen vom Brocken
nicht warnwürdig.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle haben sich bezüglich der Orkantiefentwicklung weitgehend angenähert.
Danach gibt es abends und in der 1. Nachthälfte im Nordseeküstenbereich Böen Bft
11, exponiert Bft 12. In der 2. Nachthälfte wäre dann das nördliche
Schleswig-Holstein betroffen mit 11er und 12er Böen (ICON-EU). Die anderen
Modelle simulieren dagegen etwas schwächere Böen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden