DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

17-02-2024 11:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 17.02.2024 um 10.30 UTC



Zeitweise Sturmböen an den Küsten und in den Hochlagen. Am Donnerstag in der
Südwesthälfte Dauerregen nicht ausgeschlossen, am Freitag an/in den Alpen
wahrscheinlich mäßige Schneefälle.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 24.02.2024


Am Dienstag schiebt sich von Südwesten her ein Hochkeil nach Deutschland, wobei
der Druck am Tage im Westen und Süden sogar die 1030er-Schwelle knacken kann.
Allerdings wird der Hochkeil im Norden schon im Laufe des Tages, mehr aber noch
in der Nacht abgehobelt. Das liegt einerseits daran, dass der korrespondierende
Rücken bzw. seine Achse von Nordwest nach Südost über Deutschland
hinwegschwenkt, andererseits aber auch daran, dass in die Rückseite des
Höhenrückens ein sehr markanter Kurzwellentrog hineinläuft. Damit sinkt im
Norden insbesondere in der Nacht der Druck deutlich, und in Verbindung mit dem
Höhentrog überquert ein Bodentrog mit eingelagertem Frontensystem die
Nordhälfte. Die Warmfront verdrängt die zuvor eingeflossene kühlere Luftmasse,
so dass die 850er Temperaturen von etwa -2°C auf etwa 0°C bis 1°C steigen.
Negative 850er-Werte halten sich zum Mittwochmorgen nur noch im Osten und
Südosten - und schon wieder im erweiterten Küstenumfeld, wo die der Warmfront
folgende Kaltfront bis zum Morgen übergreift. Die Niederschläge am Tage unter
dem Rücken sind von zumeist geringer Intensität (die besten Chancen auf Sonnen
bietet der Südwesten). Eine Ausnahme bildet der Alpenstau, wo sich auch mal um 5
l/qm akkumulieren können, dabei wird eine Schneefallgrenze zwischen 1300 und
1500m angepeilt. In der Nacht dagegen besteht dann im Norden eine reale Chance
auf Regenmengen um 2, lokal auch um 5 l/qm in 12 Stunden. Dabei frischt der
südwestliche Wind insbesondere an den Küsten auf, eventuell ist in Nordfriesland
mal eine steife Böen Bft 8 mit von der Partie, der Brocken könnte auch mal eine
Sturmbö verzeichnen.

Am Mittwoch zieht der Kurzwellentrog rasch nach Polen und zur Ostsee ab. Dann
macht sich auch im Norden Zwischenhocheinfluss bemerkbar, und da die Kaltfront
vor dem nächsten hochreichenden Tiefkomplex über dem Nordatlantik kaum Drive
nach Süden erkennen lässt, dürfte auch ihre Wetterwirksamkeit limitiert sein.
Bevor sie schon im Vormittagsverlauf als Warmfront rückläufig wird, schafft sie
es immerhin bis zur Mittelgebirgsschwelle. Für den Norden bedeutet das viele
Wolken und wohl eher homöopathische Regenmengen, im Süden bleibt es dagegen
trocken und südlich der Donau kann sich auch länger die Sonne zeigen. In der
zumeist westlichen Grundströmung erwärmt sich im Süden niedertroposphärisch die
Luft etwas, um 3°C in 850 hPa südlich der Donau werden angedacht. Auf der kalten
Seite der Front bleibt es dagegen in 850 hPa knapp unter null. In der Nacht zum
Donnerstag amplifiziert sich über dem nahen Ostatlantik ein Langwellentrog,
womit die Höhenströmung allmählich von West auf Südwest dreht. Die diffluente
Trogvorderseite zeigt sich hebungsaffin, und schon in der ersten Nachthälfte
greifen mit einer Warmfront bzw. einer Okklusion (Norden) Niederschläge auf den
Westen über. Ein rasches ostwärtiges Vorankommen der Front verhindert vor allem
eine Welle im Bereich des Ärmelkanals. Sie hält die Front zurück, und im Zuge
dieser Prozesse lassen auch die Niederschläge in der Westhälfte schon wieder
nach, nach Südosten schaffen es ohnehin nur marginale Regenfelder. So macht sich
das neue Frontensystem vor allem durch einen Temperaturanstieg in 850 hPa und
durch ein erneutes aufleben des Windes bemerkbar. An den Küsten und in den
Hochlagen der Mittelgebirge Bft 7 bis 8, auf exponierten Gipfeln Bft 9 bis 10,
das sollte die Hausnummer für die Böenaktivität sein, die auch für den
Donnerstag Bestand haben dürfte.

Am Donnerstag nähert sich von Westen der Langwellentrog, in seine Rückseite
hineinlaufende Kaltluft sorgt für die Ausbildung eines Sekundärtroges, der im
weiteren Verlauf der Haupttrogachse ihre dominierende Rolle abspenstig macht.
Bis dahin jedoch dreht die Höhenströmung erstmal auf Südwest, und im Tages- und
Nachtverlauf werden nicht nur die mit der Welle verbundenen Regenfälle, sondern
auch Teile des mit der Kaltfront verbundenen Regens über Deutschland gesteuert.
Das beschriebene 24-Stunden-Intervall ist somit ein nasses, lokal könnten nach
jetziger Lesart der Modelle in der Südwesthälfte niedrige Dauerregenschwellen
gerissen werden - ob es so kommt, bleibt abzuwarten. Recht deutlich ist die
Kaltfront im thermischen Feld gezeichnet. Am Freitagmorgen verläuft die
Nullgrad-Grenze in 850 hPa etwa von der Lübecker Bucht bis zum Allgäu, östlich
davon liegen die Werte um +1°C, westlich davon um -2°C.

Der Freitag wird dann für den Süden und insbesondere für den Alpenraum sehr
interessant. Der bis zur Iberischen Halbinsel und nach Nordafrika reichende
Langwellentrog, der auch am Freitag weiter nach Osten vorankommt, induziert eine
Genuazyklone, die auf der Alpensüdseite nach Osten wandert. Da gleichzeitig
nördlich der Alpen die Kaltfront weiter Ostkurs hält, sinken deutschlandweit bis
zum Abend die 850er Temperaturen auf 0°C bis -4°C, und das bei niedrigem
Geopotential. Das Norditalientief lässt nun feuchte Mittelmeerluft auf die in
den Süden Deutschlands eingeflossene Kaltluft aufgleiten. Dabei riecht die
Konstellation auch nach Gegenstromlage. Mit anderen Worten: Im Süden könnte es
kräftige Niederschläge geben, und diese könnten endlich mal wieder als Schnee
fallen (alles noch mit doppeltem Konjunktiv). Eine erste grobe Hausnummer wäre:
An den Alpen bis zu 10 cm Neuschnee, in Staulagen 20 bis 40 cm, alles aber - wie
gesagt - noch mit Vorsicht zu genießen. Ansonsten ist es in der südwestlichen
bis südlichen Grund- und Höhenströmung wechselhaft, die größten Chancen auf
Sonne haben die Nordleelagen (Mittelgebirge und östlicher Alpenrand, bevor dort
vielleicht der Schnee kommt). Die Abseits der Alpen größten Chancen auf Regen
(und Schneeregen/Schnee?) ergeben sich in der Nacht von Vorpommern bis zum
Erzgebirge und in Ostbayern, da sich, von einem Kurzwellentrog angefeuert, in
dem Bereich ein weiteres Tief bildet, das für Hebung sorgt.

Am Samstag bzw. in der Nacht zum Sonntag greift dann die Achse des inzwischen
stark amplifizierten Troges (der über dem Mittelmeer Abtropftendenzen zeigt) auf
Deutschland über. Unter Trogeinfluss kann es gelegentlich Schauer geben, alles
aber nix Dolles. Die 850er Temperaturen bewegen sich zumeist zwischen 0°C und
-4°C.

Im Weiteren bleibt es insgesamt wechselhaft, eine durchgreifende Wetteränderung
zeichnet sich nach jetzigem Stand nicht ab.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


So wirklich Grund zu Meckern gibt es eigentlich nicht. Bis in den Freitag hinein
präsentieren sich der aktuelle Lauf und seine Vorgänger sehr ähnlich. Hier mal
ein etwas verzögerter Trog (Do, 12 UTC: Trog des gestrigen 00 UTC-Laufs über dem
Ostatlantik hängt gegenüber den aktuelleren Läufen zurück), da mal ein
Unterschied im Bodendruckfeld (für das mehrkernige Tiefdruckgebiet im Dreieck
Schottland - Island - Nordwegen hat jeder Modelllauf im Detail andere
Lösungsvorschläge), das war es dann aber schon.

Über den langen Zeitraum beeindruckend: Am Freitagnachmittag liegt die
Null-Grad-Grenze über dem Osten Deutschlands bei allen Modellen fast an der
gleichen Position, das gilt übrigens auch für die Feuchtebänder in 700 hPa und
die Position des Langwellentroges.

Letztendlich laufen die Modellläufe dann erst am Wochenende deutlicher
auseinander - mit der Leistung kann man durchaus zufrieden sein.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Beim Vergleich der gängigen internationalen Modelle kann man im Detail schon
Unterschiede finden, z. B. über dem Nordatlantik im Bereich des mehrkernigen
Tiefs und des dazugehörigen Höhentiefs. Aber in diesem Fall liegen
Modellunterschiede in der Natur der Sache.

Viel wichtiger aber ist: In der Gesamtschau sind die Abläufe ähnlich. Zu Beginn
des Mittelfristzeitraum am Dienstag dominiert ein schwacher Rücken, gefolgt von
einem markanten Kurzwellentrog über dem südlichen (AROME über dem zentralen)
Skandinavien. Dann wird die Gesamtsituation in der Höhe zonaler, bevor in der
zweiten Wochenhälfte vom Nordatlantik ein Langwellentrog und mit ihm
korrespondierend ein Frontensystem hereinschwenkt. Bezüglich der Verlagerung der
Trogachse ist ICON etwas forscher als die Konkurrenz, was sich entsprechend auf
die Feuchtefelder in 700 hPa auswirkt. Die oben für IFS-deterministisch
beschriebene Wellenbildung zeigen die anderen Modelle so nicht (oder nicht so
stark), was Auswirkungen auch auf die Niederschlagsfelder hat (die für den
Donnerstag bei IFS deutlich flächiger angedeutet werden als z.B. bei GFS).

Aber insgesamt gilt: Bis ins kommende Wochenende hinein ist die Richtung klar,
und die Wege zum Ziel ähneln sich.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Im Zeitfenster +72 bis +96 Stunden werden fünf Cluster errechnet, drei davon
durchgehend in der Kategorie "Positive NAO", zwei wechseln von einer anfangs
vorhandenen Blockierungslage in die "Positive NAO". Letztere steht natürlich
auch für die angedeutete Zonalisierung, die somit für alle Cluster zum guten Ton
gehört. Interessant: Der markante Kurzwellentrog, der den Norden in der Nacht
zum Mittwoch überqueren soll, wird vor allem im Cluster 1 (mit dem
deterministischen Lauf) und in den mit sieben und sechs Mitgliedern kleinsten
Clustern anvisiert. Cluster zwei zeigt zumindest einen schwachen Kurzwellentrog,
im Cluster drei lässt sich dieser kaum erkennen - was dann auch Auswirkungen auf
die Niederschläge haben sollte.

Im Zeitfenster +120 bis +168 Stunden setzt sich bei allen (dann vier) Clustern
die "Positive NAO" und somit die zonale Grundstruktur fort, wenngleich, und auch
dies einheitlich, die massive Austrogung über dem Atlantik ab dem Zeitpunkt +144
sehr deutlich erkennbar ist. Der Trog bleibt der beherrschende Faktor über
Westeuropa, auch zum Zeitpunkt +168. Im Cluster drei (11 Mitglieder) wird er zum
Ende des Zeitfensters von zwei Rücken in die Mangel genommen, bei den anderen
jedoch bleibt er erhalten, auch wenn die Cluster eins und vier von der
"Positiven NAO" zur "Negativen NAO" wechseln. Der Haupt- und Kontrolllauf
bleiben aber beide in der "Negativen NAO", da beide im Cluster 2 beheimatet
sind.

Im weiteren Verlauf wird das Bild dann sowohl von der Clusterzahl (fünf) als
auch von den Wetter- bzw. Klimakategorien etwas bunter, denn es wird auch mal
die Blockierungslage eingestreut.

Die Rauchfahnen der 850-hPa-Temperatur für Offenbach zeigen bei den
IFS-Ensembles bis zum Mittwoch ein leichtes Schwanken um die 3°C-Marke.Am
Donnerstag folgt dann ein deutlicher Rückgang der Temperaturen, interessanter
Weise ist dieser aber kaum mit einer Zunahme der Streuung verbunden. Mit anderen
Worten: Das gesamte Ensemble geht den Weg nach unter mit, wobei dann eine bis
ins Wochenende recht konstante Temperatur von -3°C simuliert wird. Beim
Geopotential wird der Rückgang ebenfalls nicht von einer Zunahme de Streuung
begleitet. Erst bei erreichen des Geopotentialminimums steigt die Varianz der
Ensemblemember an.

Die GFS-Ensembles stützen die Aussagen der IFS-Ensenbles, die 850er-Temperaturen
werden von GFS allerdings insgesamt eine Nuance niedriger Angesetzt als von IFS.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Der EFI zeigt praktisch über den gesamten Mittelfristzeitraum Signale für zu
hohe Temperaturen, insbesondere am Donnerstag auch für signifikant zu hohe
Temperaturen (bezogen auf das Klimamittel) Dazu deutet der EFI am Donnerstag in
der Südwesthälfte signifikant erhöhte Regenmengen (und mit deutlichen Abstrichen
auch erhöhte Windgeschwindigkeiten an.

COSMO-LEPS zeigt am Dienstag im Norden und am Mittwoch im Norden und Westen
sowie in den Hochlagen moderat erhöhte Signale (zumeist bis 50% für Windböen.
Die Signale für Sturmböen sind erst in der Nacht zum Donnerstag (meist um 20%,
manche Berge bis um 50%) deutlicher erhöht.

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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Martin Jonas