DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

16-02-2024 09:01
SXEU31 DWAV 160800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 16.02.2024 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Südwest antizyklonal (SWa) mit Übergang zu Nordwest antizyklonal (NWa) - dabei
nur temporäre zyklonale Einschläge in abgeschwächter Form.

Warnarmes Vorfrühlingswetter. Gelegentlich Regen bei leichtem Temperaturrückgang
von extrem mild auf immer noch sehr mild.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... liegen wir in einer stark mäandrierenden Höhenströmung auf der
Vorderseite eines schmalen Troges über der Nordsee. Weiter südlich weist dieser
noch ein Residuum über Westfrankreich auf bevor sich ein beginnender Cut-Off
Prozess südlich der Balearen südwärts anschließt. Der sich stromabwärts
anschließende Höhenrücken liegt mit seiner Achse bereits östlich von uns über
Tschechien und Polen.

In der folglich hochreichenden und weit im Süden über Nordafrika ansetzenden
südlichen Strömung wird weiterhin ungewöhnlich milde Luft nach Deutschland
geführt, wobei heute ein vorläufiger Höhepunkt erreicht wird. So liegen die
aktuellen Temperaturen in 850 hPa flächendeckend bei rund +10°C, was in etwa 2
Monaten vielfach einen Sommertag zur Folge hätte. Heute werden immerhin 18,
vielleicht sogar 19°C als Höchstwerte angepeilt - am prädestiniertesten
erscheinen die Leelagen des Harzes und Thüringer Waldes (Jena-Sternwarte,
Bernburg/Saale, Bad Harzburg sowie die "Klassiker an Oberrhein und Neckar sowie
im Alpenvorland). Zwar sind die Februarrekorde mit deutlich jenseits der
20°C-Marke in weiter Ferne, es könnte an einigen Stationen aber durchaus
einzelne Dekadenrekorde geben. Wie hoch das Ausgangsniveau bereits ist, belegt
die Tatsache, dass in der vergangenen Nacht mit Minima von 12 bis 13°C in NRW
teilweise neue Monatsrekorde für das höchste Minimum verzeichnet wurden. Auch in
der Kollegenschaft eine mitunter überraschende Erkenntnis angesichts einer noch
gut im Gedächtnis gebliebenen, rekordmilden Silvesternacht ins Jahr 2023 mit 16
bis 18 Grad in weiten Teilen Niedersachsens.

Allerdings ist auch schon einiges an Gewölk unterwegs, was zusätzlich durch das
Vorhandensein geringer Konzentrationen von Saharastaub getriggert wird. Auch
zahlreiche Schauer sind schon unterwegs, womit die Lage insgesamt irgendwie
schon Züge einer sommerlichen Gewitterlage aufweist. Die involvierte abgehobene
Mischungsschicht (EML) zwischen 750 und 600 hPa ist aber qualitativ überschaubar
und liefert lediglich zarte Spuren von etwas MU CAPE. Zum Nachmittag werden sich
die Regenfälle mit Übergreifen einer schwachen Kaltfront des Tiefs RIXA mit
Kerndruck um die 1000 hPa über Südnorwegen zunehmend stratiform ausrichten und
etwas intensivieren. Mehr als 5 l/qm binnen 12 h fallen aber allenfalls in den
Staulagen der westlichen Mittelgebirge. Die Wetteraktivität hält sich in
Grenzen, da trotz des scharfen Troges genau der Frontbereich doch recht
großflächig bereits von Kaltluftadvektion überlaufen wird.

Eine kleinere Baustelle ist noch der Wind, der auf dem Brocken bis kurz vor
Frontpassage am Abend noch häufiger Sturmböen aus Südwest verzeichnet.
Vereinzelte steife Böen können auch an exponierten Küstenabschnitten sowie als
Böhmischer Wind mal durchschlagen, primär sind es aber Böen der Stärke 6 Bft.
Warnungen bedarf es eher nicht.


In der Nacht zum Samstag tropft der südliche Teile des Troges über Nordalgerien
ab und auch im Raum Barcelona findet sich aus dem ehemaligen Residuum über
Frankreich noch ein niedliches kleines Rotationszentrum, das den dringend
benötigten Regen in Katalonien zumindest in den küstennahen Gebieten noch etwas
verlängert. Bei uns greift aus Nordwesten der nach Norden weiterhin recht
scharfe, im Süden deutlich flachere Trog bis in den Osten Deutschlands aus. Von
flachen Randtrögen überlaufen schließt sich weiter westlich ein neuer Rücken
über der Biskaya, den Britischen Inseln bis nach Island reichend an.

Die Kaltfront macht unterdessen ebenfalls Boden nach Südosten gut und erreicht
zum Morgen auch die Gebiete südlich der Donau, wo sie allmählich ins Schleifen
gerät. Gerade Richtung Sachsen und Thüringen fallen recht verbreitet an die 10
l/qm binnen 12 h. Die Warmluft auf der Vorderseite wird allmählich aufgezehrt
und hebt ab, so dass die Front zunehmend den Charakter einer Okklusion einnimmt.
Das wird ihr auch gerecht gedenk der Tatsache, dass rückseitig stark erwärmte
subpolare Meeresluft mit T850 von 0 bis +3°C einfließt. Entsprechend verbleibt
die Schneefallgrenze in den Alpen noch lange oberhalb von 1500 m. Die
einfließende Luftmasse wird zwar über der Nordhälfte leicht labilisiert (T500
bis -25°C), eine Sperrschicht bei 750 hPa verhindert aber nennenswerte
Konvektion. So wird es in der durchweg noch sehr feuchten Luft wohl nur für ein
paar schwache "Sprühregenschauer" reichen.

Zwischen dem sich vertiefenden Randtief über Finnland (die ursprüngliche RIXA
füllt sich über Südnorwegen zunehmend auf) und dem aus Südwesten nachschiebenden
Bodenhoch HOLGER über Frankreich, "verschärft" sich der Gradient vor allem in
Küstennähe zeitweilig, so dass an exponierten Abschnitten einzelne steife Böen
aus West auftreten können. Meist bleibt es aber bei Bft 6. Die Tiefstwerte
liegen bei vielfach bewölkten Verhältnissen zwischen 9 und 5 Grad. Sollte es
lokal im Westen und Südwesten in der zweiten Nachthälfte doch einmal stärker
auflockern, ist die Dunst- und Nebelneigung sofort erhöht.


Samstag... schwenkt der Trog nordostwärts ab und wir gelangen auf die
Vorderseite des westeuropäischen Rückens. Ein kleinräumiges Höhentief, das den
Rücken überläuft, erreicht zum Abend Luxemburg. Als Kaltlufttropfen inmitten
einer Hochdruckzone, die vom Seegebiete westlich von Portugal über Frankreich
und Benelux bis zum Nordmeer reicht, ist dessen Wetteraktivität allerdings stark
limitiert. Gleichwohl bleibt die Grundströmung über weiten Landesteilen bis zum
Nachmittag eine nordwestliche, womit die Zufuhr wolkenreicher und weiterhin
vergleichsweise milder (wenn auch nicht mehr außergewöhnlich milder) Meeresluft
seine Fortsetzung findet.

So gibt es insgesamt deutlich mehr Wolken als Sonne und vereinzelt kann es auch
etwas Nieselregen oder Sprühregen geben (vor allem an den Nordwesträndern der
Mittelgebirge). Erst zum Nachmittag gelangt in die küstennahen Regionen
trockenere Luft und die Sonne kann sich häufiger durchsetzen.

Am Alpenrand halten sich noch länger die schleifenden Frontenreste, die sich
aber im Laufe des Nachmittags allmählich auflösen. In Staulagen der Alpen sind
um die 10 l/qm binnen 6h (Vormittag) zu erwarten, wobei die Schneefallgrenze
sich allenfalls kurzzeitig mal der 1500 m Marke annähert.

Der Wind weht im Norden und Osten noch mäßig, an exponierten Küstenabschnitten
der Ostsee treten noch zeitweise steife Böen (Bft 7) aus West bis Nordwest auf.
Dadurch fühlen sich dann auch die 6 bis 10°C nicht mehr ganz so mild an, sonst
merkt man bei maximal 11 bis 15°C den jüngst geschehenen Kaltfrontdurchgang
kaum.


In der Nacht zum Sonntag zieht der KLT an der Landesgrenze zu Frankreich entlang
südostwärts Richtung Schweiz ab und beeinflusst uns allenfalls noch marginal.
Sonst gelangen wir großräumig unter Absinken unterhalb der Rückenachse, die sich
langsam ostwärts nach Deutschland schiebt. Über der Nordsee, dem Kanal und der
Bretagne steht ein neuerlicher atlantischer Tiefausläufer bereit, der aber bis
Sonntagfrüh noch weitestgehend außen vor bleibt.

In der mehrheitlich in der Grundschicht noch sehr feuchten Luft sind somit
Grenzschichtprozesse ausschlaggebend, die bei nur schwacher Luftbewegung im
Bereich der Hochdruckbrücke vermehrt zur Bildung von Nebel und Hochnebel führt.
Der Streifbereich trockener Luft konzentriert sich allenfalls kurzzeitig mal auf
die ostseenahen Gebiete, wo die Nebelneigung geringer ist.

Mit Frontenannäherung frischt der Wind über der freien Nordsee in den
Frühstunden aus südlichen Richtungen auf mit ersten Böen Bft 6 bis 7 und auch
ersten Tropfen. Die Tiefstwerte liegen zwischen 7 und -1°C. Im Bergland und im
Nordosten kann es vereinzelt glatt werden.


Sonntag... setzt im Südteil der Britischen Inseln in höheren Luftschichten
südostwärts gerichtete KLA ein, die zu einer Amplifizierung des Troges führt.
Die Hochdruckbrücke am Boden wird damit unterbrochen (östlicher Schwerpunkt mit
über 1030 hPa über Ostpolen, westlicher Schwerpunkt nordöstlich der Azoren) und
von der Nordsee bohrt sich die Tiefdruckrinne über Benelux bis in den Pariser
Raum in etwa bis zum Abend voran. In diese ist nach wie vor auch die
größtenteils okkludierte Front eingelagert, die nun auf dem Weg nach Osten
zunehmend ausgebremst wird.

So verläuft der Tag in der Nordwesthälfte überwiegend bedeckt und regnerisch.
Bis zum Abend erreicht der Regen in etwa auch den Oberrheingraben, das
Rhein-Main-Gebiet, den Harz und Westmecklenburg. Für warnwürdige Mengen reicht
es weiterhin eher nicht, stellenweise können aber durchaus 10 bis 15 l/qm binnen
12h zusammenkommen.

Im Rest des Landes zeigt sich an der Westflanke des Hochs über Polen nach teils
zäher Auflösung von Nebel und Hochnebel längere Zeit die Sonne und es bleibt
trocken. Die Höchstwerte liegen ohne Luftmassenwechsel erneut meist zwischen 10
und 14°C, im Bergland an der See und im Nordosten bei 6 bis 9°C. An der Nordsee
treten zeitweise steife Böen aus Süd bis Südwest, auf dem Brocken auch Sturmböen
auf. Die große Windlage ist es aber bei weitem nicht.


In der Nacht zum Montag schwenkt der o.e. Trog zum Golf von Genau und induziert
dort die übliche Zyklongenese. Während das Frontensystem über der Nordhälfte bis
in den Osten des Landes vorankommt, wird es dadurch im Süden weiterhin
zurückgehalten. Das führt zu weiteren Regenfällen, wobei durch die
kontinuierliche Hebung und Niederschlagsabkühlung die Schneefallgrenze nun doch
allmählich auf 1200 bis 1400 m gedrückt werden dürfte.

Im Nordwesten klingt der Regen im Laufe der Nacht ab, Auflockerungen bleiben
aber selten. Vor allem im höheren Bergland treten zeitweise steife, exponiert
auch stürmische Böen auf bei unverändert milden Tiefstwerten zwischen 7 und 3°C.


Modellvergleich und -einschätzung
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Im Timing und der Intensität der Niederschläge gibt es geringe, in der Nacht zum
Montag durchaus markante Unterschiede. Dort hängt vieles an der genauen
Trogkonfiguration und der folgenden Indizierung im Golf von Genua. Eine
Verzögerung, wie sie ICON und IFS simulieren, ist durchaus plausibel. Das
Sturmfeld in der Nacht zum Montag vom UK10 an der Ostsee scheint eine
Außenseiterlösung zu sein. Sonst sehen die Basisfelder allesamt ähnlich aus.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Robert Hausen