DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

15-02-2024 08:30
SXEU31 DWAV 150800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 15.02.2024 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: SWa (Südwest antizyklonal)

Vorfrühlingshafter Spätwinter ohne nennenswerte Warnerregung.


Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... 15. Februar, gemeinhin Spätwinter genannt, doch davon sind wir
momentan Lichtjahre entfernt. Zweistellige Temperaturwerte morgens "um sechs" in
weiten Landesteilen haben mit Winter im eigentlichen Sinne nix, aber auch rein
gar nix zu tun. Aber nun, wat willste machen, Strömungs- und
Luftmassenverhältnisse haben halt andere Pläne, und die sind aktuell voll auf
(Vor)Frühling gepolt. Treibende Kräfte für die sehr milden Verhältnisse sind das
Tief RIXA westlich von Irland sowie ein nach Norden abgeflachter Rücken, der
sich vom westlichen Mittelmeer über das westliche Mitteleuropa bis zur Nordsee
erstreckt. Während der Rücken einigermaßen proportioniert ist, erscheint die
gute RIXA eher unscheinbar ein. Zwar konnte in der Nacht- und der 06-UTC-Analyse
noch ein 990iger-Kern gefunden werden, bis heute Abend dürfte es dann aber nur
noch für rund 1000 hPa reichen. Trotz seiner vermeintlich schwächlichen Figur
ist das Tief in der Lage, in relativ breitem Strome sehr milde und recht feuchte
Subtropikluft (mS) zu uns zu schaufeln, in der T850 von 3 bis 6°C in der Frühe
auf Werte zwischen 5°C im Nordosten und bis zu 12°C im Westen und Südwesten am
Abend steigt. 12°C auf 850 hPa Mitte Februar, das muss man erstmal kognitiv und
emotional verarbeiten. Die Warmfront, die uns das Ganze beschert, ist gerade
dabei, den äußersten Nordosten des Landes in Richtung Südskandinavien bzw.
Ostsee zu verlassen. Und da die Kaltfront heute unter Wellenbildung noch über
Westeuropa verweilt, verbringen wir den heutigen Donnerstag in einem breiten
Warmsektor, der im Süden antizyklonaler aufgestellt ist als im Norden.

Dort, also im Norden wird der Höhenrücken am stärksten von WLA überlaufen, die
mal mehr, mal weniger ausgeprägt ist. Aktuell hat ein WLA-Maximum von den
Niederlanden auf West- und Nordwestdeutschland übergegriffen. Es induziert ein
kleines Regengebiet, welches im Laufe des Tages unter leichter Abschwächung über
die Norddeutsche Tiefebene und die Küstenregion ostwärts zieht. Die Mengen, die
dabei zusammenkommen, verbleiben meist unterhalb der 5mm-Schwelle. Apropos
Küstenraum, dort wird der Tag nicht nur durch den Regen vermiest. Hinzu kommen
teils schlechte Sichten durch Advektionsnebel (warme feuchte Luft trifft auf
kaltes feuchtes Meer). Der Chronistenpflicht halber sei noch erwähnt, dass es in
der Nordhälfte bereits vor dem o.e. Regengebiet hier und da leicht nieselt oder
regnet. Je weiter wir uns allerdings zur Mitte orientieren, desto geringer die
Regenwahrscheinlichkeit und desto größer die Chancen für Auflockerungen oder
einige Sonnenfenster. Noch besser sieht es diesbezüglich in Süddeutschland,
speziell in den südlichen Regionen Bayerns und BaWüs aus, wo die Sonne am
häufigsten zu sehen sein wird. Kein Wunder, dass dort die Temperatur auf Werte
um 15°C, an Rhein und Neckar vielleicht sogar 17 oder 18°C konvergiert. Aber
auch in Westdeutschland, wo weniger Sonne zu erwarten ist, liegen die
Tagesmaxima locker bei 15, 16 oder gar 17°C (der Weg von den Frühtemperaturen
dahin ist ja auch nicht besonders weit). Ansonsten liegen die Tageshöchstwerte
zwischen 10 und 15°C, lediglich an einigen Küstenabschnitten sowie in höheren
Lagen bleibt es einstellig. Begleitet wird das Ganze von einem schwachen bis
mäßigen Süd-Südwestwind, der selbst auf Deutschlands windigstem Hügel, dem
Blocksberg im Harz, Mühe hat, über Stärke 7 Bft hinauszukommen.

In der Nacht zum Freitag füllt sich das eigentliche Tief RIXA immer weiter auf,
so dass es wohl bis zum Morgen dicht vor der Grünen Insel von der Wetterkarte
verschwindet. Bereits zuvor hat sich aber am Okklusionspunkt ein Teiltief
gebildet, das im Laufe der Nacht nördlich an Schottland vorbei die norwegische
Westküste auf Höhe Svinöy anpeilt. Diese scheinbare Translation des Tiefs
bewirkt eine gewisse Progression der Kaltfront, die sich dadurch dem
Vorhersageraum nähert, ihn aber noch nicht erreicht. Gleiches gilt für den
korrespondierenden, knapp hinter der Front folgenden Höhentrog, der eine sehr
kurze Wellenlänge aufweist, dafür aber recht scharf geschnitten ist. Seine Achse
reicht in den Frühstunden von UK bis hinunter nach Nordwestafrika, wobei dicht
vor der französischen Biskayaküste ein Cut-Off droht.

So verbringen wir die kommende Nacht weiterhin im Warmsektor (T850 verbreitet um
10°C) respektive unter dem Höhenrücken, der nur sehr schleppend seinen Weg gen
Osten fortsetzt. Vielerorts bleibt es mild bis sehr mild mit zweistelligen
Temperaturen zwischen 13 und 10°C im Westen und Nordwesten. Eine leichte
Entkopplung der Grundschicht findet so richtig nur im gering bewölkten bis
klaren Südosten statt, wo sich einige Nebelfelder bilden können. Zudem kühlt es
mehr ab als im Westen, trotzdem bleibt es weitgehend frostfrei, weil die
Luftmasse einfach nicht mehr hergibt. Regen oder nieseln tut es nur noch
sporadisch etwas (Norden/Mitte), in Küstennähe bleibt die Seenebelproblematik
bestehen. Der südliche Wind legt in exponierten Hochlagen geringfügig zu,
Warnerregung kommt deswegen aber noch lange nicht auf.

Freitag... splittet sich das Teiltief vor Norwegen auf. Ein Teil zieht unter
Abschwächung die Küste entlang nach Norden, der andere peilt den Skagerrak an.
Derweil tropft der o.e. Höhentrog über Westfrankreich endgültig ab. Das leicht
positiv geneigte nördliche Residuum kommt bis zur Nordsee voran, erreicht
Deutschland bis zum Abend aber noch nicht ganz. Dafür greift etwa gegen Mittag
die vorgeschaltete Kaltfront auf den Westen und Nordwesten über. Sie leitet
einen Luftmassenwechsel von sehr mild bis warm zu mild bis sehr mild ein - von
kalt sind wir mindestens so weit entfernt wie die Bayern von irgendwelchen
Titeln -, wobei die neue Luftmasse (mPs, erwärme Meeresluft subpolaren
Ursprungs) eigentlich erst zum Samstag hin so richtig bei uns anlandet. An bzw.
kurz vor der Front wird etwas Regen generiert, der am Vormittag im Westen
einsetzt und sich bis zum Abend bis zur Mitte und den Norden vorarbeitet. Am
Nachmittag folgt im Nordwesten noch ein zweites Regenband nach (ICON simuliert
die beiden Bänder am deutlichsten), das die unmittelbare Vorderseite des
Trogresiduums markiert. Summa summarum bleiben die Regenmengen gering, genau
genommen von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen (lokal westliches Bergland) unter
5 l/m². Außerdem steht nicht zu befürchten, dass das große konvektive Besteck
ausgepackt wird (starke Schauer oder gar Gewitter), da die Luftmassen sowohl
prä- als auch postfrontal einfach nicht labil genug sind (Wasserdampf wäre mit
PPWs um 25 mm ausreichend vorhanden).

In weiten Teilen Ost- und Süddeutschlands kommt die Kaltfront erst am Abend oder
in der Nacht zum Samstag an. Entsprechend bleibt es tagsüber trocken und - nach
teils zäher Nebelauflösung - noch einige Zeit aufgelockert bewölkt. Zwar müht
sich der südliche, später auf Südwest drehende Wind mit Annäherung bzw.
Durchgang der Kaltfront, etwas aus den Puschen zu kommen. So richtig gelingen
tut ihm das aber nicht, zumindest nicht aus warntechnischer Perspektive.
Vielleicht mal ´ne schlappe 7 Bft in Ostsachsen oder im Harzumfeld, auf dem
Brocken die obligaten 8-9 Bft, das war´s dann aber auch schon. Da sind die
Temperaturen schon deutlich schlagzeilenträchtiger, steigen sie doch präfrontal
auf satte 13 bis 17°C, im Lee der zentralen und östlichen Mittelgebirge
vielleicht sogar auf bis zu 19°C - herzlich Willkommen im Frühling 2024!

In der Nacht zum Samstag marschiert die Kaltfront nach Südosten durch, gefolgt
vom o.e. Trogresiduum. Die beiden Regenbänder vereinigen sich auf ihrem Weg in
den Südosten. Leichte konvektive Verstärkungen sowie Staueffekte sorgen dafür,
dass die Niederschlagsmengen im zentralen und östlichen Mittelgebirgsraum
teilweise auf 5 bis 10 l/m² kommen. In der Fläche bleibt es aber dabei, dass bei
maximal 5 l/m² Schluss ist. Schauer sind in der postfrontal einfließenden,
relativ stabilen Subpolarluft (Rückgang T850 auf 4 bis 0°C) die Ausnahme. Trotz
Luftmassenwechsel bleibt es frostfrei (Wolken, etwas Wind).

Samstag... steigen Luftdruck und Potenzial bei uns an. Vor allem der Luftdruck
legt ordentlich zu auf etwas über 1030 hPa zum Tagesende. Verursacher ist ein
wuchtiger, auf KLA und NVA zurückgehender Hochkeil, der sich von Frankreich her
bis nach Deutschland und von dort weiter nach Norden bis zum Europäischen
Nordmeer ausbreitet. Gestützt wird der Keil von einem flachen Rücken, der dem
ostwärts abziehenden Trogresiduum folgt. Was auf der Wetterkarte so
verheißungsvoll aussieht, entpuppt sich in Wahrheit aber als Enttäuschung, wobei
"Enttäuschung" freilich subjektiv ist. Enttäuscht werden auf alle Fälle
diejenigen, die aufgrund des antizyklonalen Setups einen sonnigen oder zumindest
heiteren Samstag erwarten. Zwar wird die Wolkenecke an der einen oder anderen
Stelle aufbrechen bzw. auflockern und ein bisschen Sicht auf Himmelsblau
freigeben. Der große Durchbruch wird aber nicht gelingen. Ursache ist die
feuchte Grundschicht unterhalb der sich zwischen 800 und 900 hPa etablierenden
Absinkinversion, die bei relativ schwacher Luftbewegung nur schwerlich
abtrocknet. Im Gegenteil, ein auf der Vorderseite des o.e. Rückens ablaufender
flacher KW-Trog kann im Tagesverlauf sogar vereinzelte schwache Schauer
auslösen. Noch "schlimmer" sieht es ganz im Süden, grob südlich der Donau aus,
wo die Kaltfront zwischen Alpenhauptkamm und Divergenzachse des Hochkeils
eingeklemmt wird und sich der frontale Regen nur sehr zögerlich an bzw. in die
Alpen zurückzieht.

Immerhin bleibt es trotz subpolarer Kaltluft mild (die Zeiten, wo so eine
Luftmasse zumindest ansatzweise für winterliche Elemente sorgt, scheinen vorbei)
mit Tageshöchstwerten um 9°C in Küstennähe und 9 bis 14°C sonst.

Die Nacht zum Sonntag bringt weiterhin Hochdruckeinfluss, der sich nun zumindest
teilweise auch in Bewölkungsrückgang widerspiegelt. In der feuchten Grundschicht
bildet sich aber zügig Nebel. Dort, wo es längere Zeit aufklart, kann es auf 0°C
oder sogar in den leichten Frostbereich abkühlen. An den Alpen lassen die
Niederschläge allmählich nach.

Modellvergleich und -einschätzung
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Der Kurs der Modelle ist unstrittig. Auch beim Timing der Kaltfront - gestern
noch heterogen gerechnet - ist man sich inzwischen einig.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann