DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

08-02-2024 18:01
SXEU31 DWAV 081800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 08.02.2024 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
In einigen Staulagen anfangs noch Dauerregen (teils Unwetter).
Im Norden und Nordosten kommende Nacht bis Freitagnachmittag etwas Schnee, in
Teilen von Schleswig-Holstein Freitagvormittag eventuell markante
Neuschneemengen.
Ausgangs der kommenden Nacht bis Freitagabend an den Küsten stürmische Böen aus
Ost, sonst lediglich in Gipfellagen stürmische Böen bzw. Sturmböen aus Südwest,
an den Alpen v.a. am Samstag Föhn mit schweren Sturmböen in den Gipfellagen und
Höchstwerten bis nahe 20 Grad.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC
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Aktuell ... nimmt die am Rande eines Höhentrogkomplexes über Nord- und
Nordosteuropa über dem Vorhersagegebiet vorherrschende kräftige nordwestliche
Höhenströmung eine zunehmend antizyklonale Kontur an. Verantwortlich dafür ist
ein Höhenrücken, der sich auf der Vorderseite eines westlich von Irland
gelegenen hochreichenden Zentraltiefs mit kräftiger WLA im Laufe der Nacht knapp
westlich Deutschlands nach Nordwesten aufwölbt. Mit Übergreifen eines Randtroges
auf den Süden der Britischen Inseln kann der Rücken im Laufe der Nacht etwas an
Fahrt aufnehmen und überquert bis Freitagfrüh bereits weite Teile des
Vorhersagegebietes.
Im Bodenfeld interagiert der Randtrog mit dem Zentraltief, so dass sich bereits
aktuell aus einer Frontalwelle über der Keltischen See ein Teiltief entwickelt
hat und bis Freitagfrüh nordostwärts zur Irischen See zieht. Die Warnfront des
Tiefkomplexes reicht als Luftmassengrenze in etwa über die Mitte Deutschlands
hinweg (grob: Kölner Bucht-Vogtland) ostsüdostwärts. Sie kann mit der
Entwicklung über Westeuropa und der damit niedertroposphärisch auf Südwest
drehenden Strömung zwar etwas an Fahrt aufnehmen, wird aber gleichzeitig durch
beginnenden Druckanstieg über Südskandinavien und der damit einhergehenden
bodennahen Kaltluftadvektion über dem Norden und Nordosten Deutschlands wieder
eingebremst. Morgens erreicht sie in etwa eine Linie südliches Emsland -
Ostsachsen.
Im Warmsektor kann sich somit sehr milde Biskayaluft (etwa 4 bis 7 Grad in 850
hPa auch wieder über die mittleren Landesteile hinweg nordwärts ausweiten.
Aktuell reicht die 0 Grad-Isotherme in 850 hPa etwa vom südlichen Emsland bis
zum Zittauer Bergland und kommt bis Freitagfrüh zu einer Linie Deutsche
Bucht-Hamburg-Berlin voran. Mitteltroposphärisch greift die WLA noch etwas
weiter nordostwärts aus, so dass sich die intensivsten Niederschläge mehr und
mehr in den präfrontalen Bereich, also auf die "kalte Seite" verlagern. Bei
negativen 850 hPa-Temperaturen kann es dabei vor allem vom Emsland und
Ostfriesland bis in den Norden Sachsen-Anhalts und nach Nordbrandenburg bzw.
Vorpommern auch in tiefen Lagen etwas schneien. Bis Freitagfrüh simulieren die
Modelle meist 1 bis 5 l/qm als Schnee, gebietsweise auch mehr; dort, wo die
höchsten RR-Mengen insgesamt simuliert werden (südliches und mittleres
Niedersachsen mit 10 bis 15 l/qm), gehen die Niederschläge alsbald in Regen
über. Somit gestaltet sich die Abschätzung, wo wieviel Schnee auch wirklich
liegenbleibt, nach wie vor als außerordentlich diffizil, abhängig vor allem von
der Intensität der Niederschläge. In der Regel dürften gelbe Schneefallwarnungen
(1 bis 5 cm) ausreichen, im Oberharz dürften in der ersten Nachthälfte auch mehr
als 5 cm fallen, ehe dort Tauwetter einsetzt. SNOW4 deutet im nordöstlichen
Niedersachsen in der zweiten Nachthälfte kleinräumig allerdings auch mal mehr
als 5 cm in sechs Stunden an, die anderen Modelle sind diesbezüglich aber
defensiver aufgestellt, so dass man wohl mit gelben Schneefall- bzw.
Glättewarnungen über die Runden kommt.
Im Warmsektor regnet es dagegen munter weiter, wenngleich auch mit zögerlich
abnehmender Intensität. Die Dauerregenwarnungen gelten meist bis Freitagfrüh
oder Freitagmittag, was nach aktueller Modelllage ausreichen dürfte. Von heute
Abend bis morgen Mittag werden in den Staulagen nochmals 10 bis 25 l/qm
simuliert, ansonsten sind es meist weniger als 10 l/qm, an den Alpen und im
Vorland bleibt es bereits meist trocken.
Von Warnrelevanz bleibt auch der Wind. Mit steigendem Druck über Südskandinavien
verschärft sich im Laufe der zweiten Nachthälfte im äußersten Norden
Deutschlands der Gradient, der Wind dreht auf Ost bis Südost und frischt
zunächst an der Nordsee, später auch an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste
mit Böen Bft 7, vereinzelt 8 auf. Über der offenen Nordsee kann es morgens
einzelne Sturmböen Bft 9 geben.
Im Warmsektor ändert sich an der Windsituation nur wenig. In höheren Lagen gibt
es steife, im Bergland stürmische Böen und auf einzelnen exponierten Gipfeln
Sturmböen aus Südwest. Dabei wind auch wieder zunehmend die zentralen
Mittelgebirge betroffen, später dann auch der Brocken.
Im Nordosten, auf der "kalten Seite, gibt es in der kommenden Nacht nochmals
gebietsweise leichten Frost. Ansonsten bleibt es aber mild und frostfrei mit
Tiefstwerten zwischen 9 und 3 Grad, lediglich in einigen Alpentälern bei
aufgelockerter Bewölkung und nur schwachem Wind kann es auf nahe 0 Grad
abkühlen, in Hochtälern auch darunter.

Freitag ... bleibt das Zentraltief vor Irland quasistationär, der von ihm
ausgehende Höhentrog greift mit Passage eines markanten kurzwelligen Randtroges
auf die Iberische Halbinsel über. Währenddessen kommt der Randtrog über dem
Süden der Britischen Inseln nur noch wenig nach Nordosten voran und verliert
deutlich an Kontur. Der vorgelagerte Höhenrücken wird dadurch aber ins östliche
und nördliche Mitteleuropa abgedrängt, so dass sich hierzulande eine relativ
glatte südwestliche Höhenströmung einstellt.
Im Bodenfeld bilden Zentral- und Teiltief inzwischen einen Dipol mit Drehzentren
westlich von Irland (Kerndruck knapp unter 965 hPa) und - je nach Modell - über
der Irischen See bzw. über Nordengland (um 975 hPa). Gleichzeitig steigt der
Luftdruck über Süd- und Mittelskandinavien noch etwas an auf nahe 1015 hPa.
Dadurch verschärft sich der Gradient vor allem über der mittleren Nordsee und
Dänemark, aber zunächst auch über Norddeutschland weiter, wodurch einerseits der
Ost- bis Südostwind noch etwas auffrischt (an den Küsten und im Norden von
Schleswig-Holstein vormittags und mittags verbreitet Bft 7 bis 8, über der
offenen Nordsee Bft 9), andererseits aber auch die Warmfront weiter eingebremst
wird. Bis zum Abend dürfte sie aber dann auch im Bodenfeld etwa eine Linie
Deutsche Bucht-Berliner Raum erreichen, so dass weiter nördlich der Gradient am
Nachmittag beginnt aufzuweichen. Von Nordfriesland bis Rügen bleibt der Wind
aber wohl bis zum Abend noch weiterhin warnrelevant.
Niedertroposphärisch macht die Erwärmung ebenfalls nur zögernd Fortschritte. Am
Abend dürfte die 0 Grad-Isotherme in 850 hPa dann aber doch auch Rügen und die
dänische Grenze erreichen.
Bis in den Nachmittag hinein kann es somit in Teilen von Schleswig-Holstein und
Vorpommern noch schneien, im nördlichen und östlichen Schleswig-Holstein sowie
in Ostvorpommern sind auch markante Mengen (mehr als 5 cm in wenigen Stunden)
nicht ausgeschlossen, am ehesten vom Vormittag bis zum frühen Nachmittag. Abends
sollte es dann aber nahezu überall regnen.
Während präfrontal insgesamt (fest und flüssig) durchaus 5 bis nahe 15 l/qm in
12 Stunden zusammenkommen können, fallen im Warmsektor bis zum Abend meist
weniger als 5 l/qm, lediglich einigen Staulagen noch über 5 l/qm, im
Schwarzwaldstau auch über 10 l/qm.
Im Südwesten und Süden dreht der Wind in 700 hPa zum Nachmittag und Abend hin
mehr und mehr auf Südsüdwest, so dass sich an den Alpen allmählich eine Föhnlage
einstellt. Dort gibt es dann erste Sturmböen aus Süd bis Südwest. Auch sonst
kann es in den Gipfellagen der Mittelgebirge stürmische Böen, auf exponierten
Gipfeln Sturmböen aus Südwest geben und im Lee einiger Mittelgebirge steife
Böen. Zum Abend hin nimmt der Wind an den Mittelgebirgen - im Gegensatz zu den
Alpengipfeln - aber etwas ab.
Im Warmsektor bleibt es mit 3 bis 6 Grad in 850 hPa, am Alpenrand auch darüber,
sehr mild und vor allem an den Alpen sowie ganz im Südwesten können die Wolken
auch mal auflockern. Somit reicht es in weiten Teilen des Landes erneut für
zweistellige Höchstwerte zwischen 10 und 14 Grad, am Oberrhein und im
Alpenvorland bis 16 Grad. Etwa vom nördlichen Niedersachsen bis nach
Südbrandenburg bleibt es dagegen mit 4 bis 8 Grad etwas, von Schleswig-Holstein
bis nach Vorpommern mit 1 bis 4 Grad deutlich frischer.

In der Nacht zum Samstag greift der Höhentrog auf den westlichen Mittelmeerraum
über und lässt die Höhenströmung über Mitteleuropa allmählich auf antizyklonal
Südsüdwest aufsteilen. Über dem Alpenraum dreht die Strömung in 700 hPa auf Süd,
gleichzeitig setzt über Zentral- und Südfrankreich sowie über dem Löwengolf mit
Übergreifen eines sich im Lee der Pyrenäen entwickelten Bodentiefs kräftiger
Druckfall ein, was zu einer Verschärfung des Föhns in den Nordalpen führt. Auf
den Gipfeln kann es nun Sturm- und schwere Sturmböen aus Süd geben, ob es in
einigen Tälern für einen Föhndurchbruch reicht, ist aber noch fraglich.
Ansonsten fächert der Gradient eher weiter auf, so dass der Wind auch an der
Küste sowie in den Hochlagen der Mittelgebirge im Laufe der Nacht nicht mehr
warnrelevant ist.
Die Warmfront kommt nur noch wenig nach Norden voran, die stärkste WLA findet
nun aber nördlich des Vorhersagegebietes statt, so dass die Niederschläge
allgemein weiter nachlassen. Am ehesten regnet es in der zweiten Nachthälfte
noch im Norden und Osten, aber auch im Südwesten mit Annäherung des Tiefs über
Frankreich. Die Mengen bleiben aber mit weniger als 5 l/qm allgemein gering und
ansonsten bleibt es vielerorts trocken.
Bodennah kann sich die mildere Luft nur zögernd nach Nordosten durchsetzen; sie
verdrängt nicht die vorgelagerte kalte Luft, sondern vermischt sich mit ihr, so
dass sich auch dichterer Nebel bilden kann.
Größere Auflockerungen gibt es am ehesten im Südosten, ansonsten bleibt es bei
beständiger schwacher WLA meist wolkig bis stark bewölkt. Die Tiefstwerte liegen
im Nordosten sowie im Südosten zwischen 4 und 0 Grad, ansonsten meist zwischen 8
und 4 Grad.

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Synoptische Entwicklung bis Sonntag 06 UTC

Samstag ... kommt der nun mit negativer Achsneigung ausgestattete und von den
Britischen Inseln über Frankreich und den westlichen Mittelmeerraum bis nach
Algerien reichende Höhentrog weiterhin nur zögerlich ostwärts voran, so dass die
Höhenströmung auch in 500 hPa weiter auf nahezu glatt Süd aufsteilt.
Im Bodenfeld splittet sich das eingangs des Tages über Südostfrankreich liegende
Tiefdruckgebiet auf, wobei ein Kern Richtung Golf von Genau zieht und ein
weiterer nordwärts über Zentralfrankreich bis zum Abend ins
französisch-belgische Grenzgebiet.
Mit dem kräftigen Überströmen der Alpen stellt sich vorübergehend eine veritable
Föhnlage ein mit einem Lee-Tief im Alpenvorland und mindestens schweren
Sturmböen auf exponierten Gipfeln. Bei Föhndurchbruch kann es auch in einigen
Alpentälern steife bis stürmische Böen aus Süd bis Südost geben.
Mit dem nach Norden ziehenden Tief über Frankreich verschärft sich auch im
übrigen Land der Druckgradient erneut etwas, voraussichtlich reicht es aber
selbst in den Kammlagen der Mittelgebirge kaum für warnrelevante Böen aus
Südost.
Somit ändert sich gegenüber den Ausführungen der Frühübersicht nur wenig. In den
Norden und Nordosten sickert von Osten her nach wie vor etwas kühlere Luft, so
dass es dort lediglich für Höchstwerte zwischen 5 und 9 Grad, an der Ostsee eher
etwas darunter, reicht. Ansonsten bleibt es nach wie vor mild bis sehr mild mit
10 bis 15 Grad, an den Alpen mit Föhnunterstützung sogar örtlich bis nahe 20
Grad, einzelne Dekadenrekorde nicht ausgeschlossen.
Dabei fällt im Südwesten und Westen von Frankreich her immer wieder etwas Regen,
während es sonst überwiegend trocken bleibt (Ausnahme vielleicht Nordosten, wo
es nahe der Warmfront nach wie vor etwas regnen kann - je nach Modell) mit
größeren Sonnenanteilen föhnbedingt im Südosten.

In der Nacht zum Sonntag bricht der Föhn mit Passage der teilokkludierten
Kaltfront des zur südlichen Nordsee ziehenden Tiefs zusammen, wobei postfrontal
der Wind im Südwesten und Süden bei kräftigem Druckanstieg aus West auffrischt
und es einzelne steife, in höheren Lagen stürmische Böen, in Gipfellagen
vorübergehend Sturmböen geben kann. Ausgehend vom zur Nordsee ziehenden Tief und
dem Lee-Tief im Alpenvorland etabliert sich eine Tiefdruckrinne, die allmählich
bis zur Mitte bzw. dem Nordwesten Deutschlands vorankommt. An deren Nordflanke
verschärft sich der Gradient ebenfalls, so dass es an den Küsten später steife
Böen aus Ost geben kann.
Dazu fällt vor allem im Westen und Südwesten etwas Regen, der mit Front- und
Rinnenpassage allmählich auch auf den Nordwesten und die Mitte übergreift. Die
Mengen bleiben aber gering und im Nordosten bleibt es wohl noch trocken.
Mit Frost ist nach wie vor nicht zu rechnen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Der grobe Fahrplan steht nach wie vor.
Auch bzgl. der Schneephase haben sich die Modelle angepasst, einzig, wo wieviel
liegenbleibt, ist nach wie vor unklar. Neben Glättewarnungen dürften wohl im
Laufe der Nacht für den Norden und Nordosten vermehrt Schneefallwarnungen ins
Spiel kommen, bis hin zu markanten Warnungen, am ehesten im Norden und Osten von
Schleswig-Holstein und in Ostvorpommern.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff