DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

07-02-2024 18:01
SXEU31 DWAV 071800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 07.02.2024 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
Allmählich von der Mitte wieder nach Norden vorankommende Luftmassengrenze: Im
Bergland bis Freitag Dauerregen, teils Unwetter, auf der "kalten Seite" Schnee,
aber wohl kaum markante Mengen.
Zunächst nur noch in exponierten Gipfellagen Sturm-, vereinzelt schwere
Sturmböen (aus Südwest, an den Alpen am Freitag mit beginnendem Föhn aus Süd),
am Freitag dann vorübergehend auch an den Küsten stürmische Böen exponiert
Sturmböen (aus Ost).

Synoptische Entwicklung bis Freitag 06 UTC
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Aktuell ... befindet sich Mitteleuropa an der Südflanke eines umfangreichen
Höhentrogkomplexes mit mehreren Drehzentren über Nord- und Nordosteuropa
unterhalb einer kräftigen, recht glatten, aber leicht zyklonal konturierten
westnordwestlichen Höhenströmung. Eines der Drehzentren verlagert sich im Laufe
der Nacht über dem Westen Russlands Richtung Ural, ebenso das mit ihm
interagierenden Bodentief, das, vom Baltikum kommend, aktuell den Raum Moskau
erreicht hat und im Laufe der Nacht rasch weiter ostwärts vorankommt.
Dessen Kaltfront hat von Norden her inzwischen in etwa die Mitte des
Vorhersagegebietes erreicht, kommt aber mangels Schubkomponente nicht weiter
nach Süden voran, sondern wird einige Zeit quasistationär, ehe sie erst im Laufe
des morgigen Donnerstags als Warmfront eines mit einem breiten Höhentrog über
dem nahen Ostatlantik interagierenden Tiefs westsüdwestlich von Irland wieder
ein wenig nordostwärts vorankommt.
Postfrontal strömt maritime Polarluft nach Norddeutschland (T850 hPa -4 bis -8
Grad), während sich die Südhälfte weiterhin im Einflussbereich feuchtmilder
Atlantikluft (T850 hPa 0 bis +3 Grad) befindet. Somit etabliert sich die Front
mehr und mehr als Luftmassengrenze und vor allem auf deren warmer Seite fällt
verbreitet Regen bzw. Nieselregen, teils mit mäßiger Intensität. Besonders in
den Staulagen der Mittelgebirge regnet es dabei länger anhaltend und mit
Annäherung einer flachen Welle, die im Laufe der Nacht etwa entlang von Mosel
und Main ostwärts zieht, haben sich die Niederschläge sogar noch etwas
intensiviert, während sie gleichzeitig noch etwas weiter nach Süden vorankommen.
An den Alpen und im Alpenvorland kommen aber kaum nennenswerte Mengen mehr
zusammen.
Nach Passage der Welle klingt die Intensität der Regenfälle zwar von Westen her
wieder ein wenig ab, dennoch dauern sie aufgrund der nur geringen
Verlagerungsgeschwindigkeit der Luftmassengrenze in vielen Regionen noch bis in
den Freitag hinein an. Bis Donnerstagvormittag dürften seit heute Früh in den
Staulagen bereits 25 bis 45 l/qm gefallen sein, bis Freitagfrüh kommen nach
Lesart der höher aufgelösten Modelle noch einmal 15 bis 30 l/qm dazu.
Entsprechend gelten für die meisten Mittelgebirgsregionen (Ausnahme: östliche
Mittelgebirge) langlaufende Dauerregenwarnungen, vor allem in den westlichen und
westlichen zentralen Mittelgebirgen werden wohl nicht nur in exponierten
Staulagen die Kriterien für eine Unwetterwarnung überschritten. Im höheren
Bayerischen Wald liegt zudem noch einiges an Schnee, so dass sich zu den
Abflussmengen auch noch Tauwasser gesellt, da es aber nur die Lagen oberhalb von
etwa 1100 m betrifft, wurde von einer entsprechenden Warnung erst einmal
abgesehen.
Da die Modellprognosen von den Vorläufen nicht mehr allzu viel unterscheiden,
ist eine Anpassung der Warnlage aktuell nicht erforderlich.
Auf der "kalten Seite" fällt die Niederschlagsintensität zwar deutlich geringer
aus, dort geht der Regen aber bei nur zögerndem Einsickern der Polarluft je nach
Intensität teilweise bis in tiefe Lagen in Schnee über. Betroffen ist in erster
Linie ein Streifen vom Sieger- und Sauerland über Nord- und Mittelhessen bis zum
Erzgebirge. In den Niederungen reicht es dort allerdings meist nur für eine
dünne Nassschneedecke und Glätte durch Schneematsch. Oberhalb von etwa 400 m
können dagegen 1 bis 5 cm, stellenweise auch mehr Neuschnee fallen.
Im Norden, etwa nördlich einer Linie Eifel-Zittauer Bergland, bleibt es dagegen
meist trocken und die Wolken lockern innerhalb der deutlich trockeneren
Polarluft (PPW deutlich unter 10 mm, im Bereich der LMG um 20 mm) stärker auf,
gebietsweise ist es gering bewölkt. Lediglich der äußerste Norden
(Schleswig-Holstein, Mecklenburg, Nordvorpommern) kommt im Laufe der Nacht und
Donnerstagfrüh mit Durchschwenken eines Kurzwellentroges in den Genuss kurzer
Schneeregen-, Schnee- und Graupelschauer, selbst ein kurzes Gewitter kann nicht
ganz ausgeschlossen werden. Dabei kann es kurzzeitig auch mal weiß werden und
Glätte durch Schneematsch bzw. nach Abzug der Schauer und einschlafendem Wind
auch durch überfrorene Nässe geben.
Überhaupt muss in der gesamten Nord- und Osthälfte im Einflussbereich der
innerhalb eines flachen Hochkeils zur Ruhe kommenden Polarluft und nur schwachen
Winden zumindest abseits von Küstenabschnitten mit auflandigem Wind mit leichtem
Frost und stellenweise auch mit Glätte durch überfrorene Nässe gerechnet werden.

Apropos Wind: Zwar fächert auch südlich der LMG der Gradient weiter auf, so dass
der Wind in den Niederungen im Laufe der Nacht warntechnisch kein Thema mehr
ist. In den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge und anfangs auch der Alpen
gibt es dagegen weiterhin stürmische Böen bzw. Sturmböen aus Südwest, auf
exponierten Gipfeln auch schwere Sturmböen.
Frost ist entlang und südlich der Luftmassengrenze kein Thema.

Donnerstag ... nähert sich der Höhentrog über dem nahen Ostatlantik nur zögernd
den Britischen Inseln an. Er schiebt einen Höhenkeil vor sich her, der, gestützt
von kräftiger WLA, abends über den Südwesten Deutschlands und Benelux hinweg
nordwestwärts bis nach Schottland reicht.
Das mit dem Trog interagierende Bodentief bleibt westlich von Irland
quasistationär. Allerdings verstärkt sich niedertroposphärisch der Druckfall
über West- und auch über Mitteleuropa, so dass der Wind auf Südwest dreht und
die Luftmassengrenze im Tagesverlauf als Warmfront ein wenig nach Nordosten
vorankommt und abends in etwa eine Linie Niederrhein-Erzgebirge erreicht.
Zugleich intensivieren sich aufgrund der kräftigen WLA die Niederschläge und
weiten sich nach Norden, bis etwa zum Emsland bzw. nach Ostsachsen aus. Nach wie
vor fällt das meiste (etwa 5 bis 15 l/qm in 12 Stunden) auf der warmen Seite,
dennoch kann es vor allem nachmittags und abends vom südlichen Emsland bzw.
Westmünsterland über das Weserbergland und eventuell noch den Harz bis zum
Erzgebirge teilweise bis in tiefe Lagen Schneeregen oder gar Schnee geben und
auch mal kräftiger schneien. In tiefen Lagen reicht es maximal für Schneematsch,
oberhalb von 400 m kann es aber erneut etwas Neuschnee geben (meist 1 bis 5 cm,
gebietsweise mehr). Insgesamt ist die Schneefallgrenze aber, da abhängig von der
Intensität, nur schwer abzuschätzen und auch die Modelle bringen
unterschiedliche Lösungen. Der aktuelle Lauf des ICON-EU fährt eine etwas
offensivere Variante als sein Vorgänger und hat für den Oberharz sogar markante
Mengen (5 bis nahe 10 cm in 6 Stunden bis zum Abend) auf der Agenda.
Nördlich der Front bleibt es dagegen - nach Abzug der letzten unergiebigen
Schauer im Nordosten - überwiegend trocken und auch im Süden, insbesondere
südlich der Donau, klingen die Regenfälle allmählich ab.
Mit der WLA verdichten sich allerdings auch im Norden und Osten die Wolken
wieder, so dass man wohl am ehesten im Ostseeumfeld die Sonne mal länger
genießen kann, auch an den Alpen bekommt die Wolkendecke erste föhnige Lücken.
Apropos Wind: Der frischt vor allem im Südwesten und Süden im Warmsektor
vorübergehend wieder etwas auf. Meist reicht es aber lediglich in den Kamm- und
Gipfellagen der Mittelgebirge für stürmische Böen bzw. Sturmböen, auf
exponierten Gipfeln eventuell auch für schwere Sturmböen aus Südwest. Eventuell
gibt es in einigen Leelagen sowie im höheren Alpenvorland steife Böen.
An den Alpen setzt allmählich Föhn ein und der Wind dreht auf den Gipfeln auf
Südwest bis Süd zurück. Eventuell reicht es auch dort später für Sturmböen.
Im Warmsektor verstärkt sich auch niedertroposphärisch die Zufuhr sehr milder
Luftmassen, zunehmend subtropischen Ursprungs. Bis zum Abend steigt die 850
hPa-Temperatur auf 2 bis 7 Grad, während es im Norden und Nordosten mit -3 bis
-7 Grad weiterhin kalt bleibt und sich bodennah mit einem sich etwas
verschärfenden Druckgradienten die Kaltluftadvektion mit auf Südost drehendem
Wind sogar noch etwas verstärkt. Somit erreichen die Höchsttemperaturen im
Norden und in der Mitte meist nur Werte zwischen 1 und 5 Grad, während es im
Südwesten und Süden mit 9 bis 13 Grad, am Oberrhein und im Alpenvorland bis 15
Grad sehr mild wird.

In der Nacht zum Freitag greift ein Randtrog auf die Britischen Inseln über, der
vorgelagerte Höhenkeil kommt aber aufgrund des blockierenden Höhentrogkomplexes
über Nordosteuropa nur langsam nordostwärts voran und erstreckt sich mit seiner
Achse Freitagfrüh über den Osten und Norden Deutschlands und die Nordsee hinweg
nordwestwärts. Entsprechend wird auch die Warmfront des nach wie vor westlich
von Irland quasistationären, sich aber etwas verstärkenden Tiefs bei über dem
Norden und Nordosten weiter auffrischendem Ost- bis Südostwind (über der Nordsee
und im Bereich der Ostfriesischen Inseln morgens eventuell Bft 7 bis 8) erneut
blockiert und kommt im Bodenfeld nur noch wenig nordostwärts voran.
Niedertroposphärisch macht die Erwärmung dagegen weitere Fortschritte und lässt
die 0 Grad Isotherme in 850 hPa bis Freitagfrüh bereits in etwa bis in den
Hamburger und Berliner Raum vorankommen. Auch die Niederschläge breiten sich
weiter nach Nordosten aus, trocken bleibt es wohl lediglich noch in
Ostvorpommern sowie Richtung Dänischer Grenze. Dabei kann es an der Nordostkante
des Niederschlagsgebiet bis in tiefe Lagen etwas schneien und auch ein paar
Zentimeter Neuschnee geben; wo genau, ist aktuell noch schwer abschätzbar.
Nach Südwesten zu gehen die Niederschläge aber auch im Harz und im Erzgebirge
bis in die Kammlagen wieder rasch in Regen über und vor allem in den mittleren
Landesteilen sowie im Westen fallen verbreitet 5 bis nahe 15 l/qm in 12 Stunden.
Im Süden und Südosten, vor allem südlich der Donau, kommt dagegen kaum mehr was
zusammen und an den Alpen sowie im südlichen Alpenvorland bleibt es bei sich
verstärkendem Föhn wohl auch komplett trocken.
Während der Wind präfrontal, wie bereits weiter oben angedeutet, auffrischt,
flaut er im Warmsektor eher ab. Dort reicht es wohl lediglich in den Gipfellagen
noch für stürmische Böen bzw. einzelne Sturmböen aus Südwest. Ausnahme die
Alpen: Dort gibt es aufgrund des Föhns in den Gipfellagen vermehrt Sturm-,
exponiert schwere Sturmböen aus südlichen Richtungen. Ob es für einen
Föhndurchbruch auch in einzelne Täler auf bayerischer Seite reicht, ist aber
noch unklar.
Während es im Nordosten nochmals gebietsweise leichten Frost gibt, bleibt es vor
allem im Südwesten und Westen mit Tiefstwerten zwischen 9 und 4 Grad recht mild.


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Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC

Freitag ... ergeben sich gegenüber den Ausführungen in der Frühübersicht nur
wenige Änderungen, wobei in erster Linie bzgl. der räumlichen Verteilung und
Intensität der Schneefälle im äußersten Norden und Nordosten Deutschlands noch
Differenzen bestehen.
Der Langwellentrog über Westeuropa kommt erst einmal nicht weiter nach Osten
voran, sondern weitet sich mit Vorstoß eines Randtroges zur Iberischen Halbinsel
aus. Der Randtrog über den Britischen Inseln greift auf die südliche Nordsee
über und streift dabei Nordwestdeutschland, wodurch der vorgelagerte Höhenkeil
weiter nordostwärts vorankommt und sich landesweit eine südwestliche
Höhenströmung einstellt.
Im Bodenfeld verschärft sich der Gradient präfrontal über dem Norden und
Nordosten Deutschlands weiter, zumal über Skandinavien der Luftdruck beginnt zu
steigen. Das geht mit einer deutlichen Windzunahme vor allem an den Küsten von
Nord- und Ostsee einher, dort gibt es im Tagesverlauf bot allem an Abschnitten
mit auflandigem Wind steife bis stürmische Böen, über der offenen Nordsee auch
Sturmböen aus Ost bis Südost. Auch die Warmfront des Tiefs westsüdwestlich von
Irland wird weiterhin blockiert und kommt im Bodenfeld nur etwa bis zu einer
Linie Ostfriesland-Niederlausitz voran.
Nieder- und mitteltroposphärisch kommt dagegen die mildere Luft rascher
nordostwärts voran, die 0 Grad-Isotherme in 850 hPa hat nach Lesart des ICON-EU
spätestens bis 21 UTC (und damit etwas früher als im 00 UTC-Lauf) das gesamte
Vorhersagegebiet nordostwärts überquert und die intensivsten Niederschläge
verlagern sich nun eindeutig in den präfrontalen Bereich, so dass die
Dauerregenlage in den Mittelgebirgen, wo bis zum Abend kaum mehr als 5, in
einigen Staulagen vielleicht noch nahe 10 l/qm fallen, zu Ende geht.
Unklar ist noch die räumliche Verteilung und Intensität der Niederschläge, die
in fester Phase im präfrontalen Bereich, inzwischen aber recht weit abgesetzt
von der Bodenwarmfront, fallen. Betroffen davon sind am ehesten noch
Schleswig-Holstein, der Hamburger Raum, Mecklenburg-Vorpommern und
Nordbrandenburg. Meist reicht es nur für etwas Nassschnee, am ehesten Richtung
dänischer Grenze können aber auch markante Mengen nicht ganz ausgeschlossen
werden.
Im Warmsektor lassen nicht nur die Niederschläge weiter nach, sondern im Lee der
Berge gibt es auch Wolkenlücken, vor allem aber föhnbedingt an den Alpen. Dort
kann es in Gipfellagen Sturm- und schwere Sturmböen aus südlichen Richtungen
geben, ansonsten reicht es höchstens auf exponierten Gipfeln für stürmische Böen
bzw. Sturmböen (Brocken) aus Südwest.
Die Höchstwerte liegen im Nordosten nur zwischen 1 und 4 Grad, sonst zwischen 8
und 14 Grad, an den Alpen und am Oberrhein werden bis zu 16 Grad erreicht.

Für die Nacht zum Samstag ergeben sich keine relevanten Änderungen mehr zur
Frühübersicht.


Modellvergleich und -einschätzung
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Vor allem bzgl. der räumlichen Verteilung und Intensität der in fester Phase
fallenden Niederschläge bestehen im Detail noch gewisse Modellunsicherheiten, so
dass entsprechende Glätte- und Schneefallwarnungen eher kurzfristig erfolgen.
Ansonsten fahren die Modelle aber einen recht einheitlichen Kurs.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff