DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

07-02-2024 10:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 07.02.2024 um 10.30 UTC



Nach frühlingshaftem Beginn mit Föhnsturm in den Alpen Übergang zu etwas
kühlerem Witterungsabschnitt mit gemächlicher Kaltfrontpassage. Auch in der
neuen Woche für die Jahreszeit trotzdem zu mild und weiterhin unbeständig.
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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 14.02.2024


Die zuletzt dominierende Westwetterlage, die durch ausgeprägte Dynamik entlang
der Frontalzone in den mittleren Breiten geprägt war, findet zum Einstieg in den
Mittelfristzeitraum am Samstag allmählich ein Ende. Initiiert durch kräftige
Zyklogenese auf dem Atlantik bildet sich ein ausgeprägter Langwellentrog, dessen
Amplitude bis nach Nordafrika hinein reicht. Dessen Zentrum befindet sich nahe
der Britischen Inseln. Dort steuert er ein ausgeprägtes Bodentief, welches sich
mit Kerndruck von etwa 975 hPa nahe der irischen Westküste befindet. Ausgehend
von diesem Bodentief erstreckt sich ein ausgeprägter Bodentrog mit mehreren
eingelagerten Randtiefdruckgebieten bis nach Norditalien. Deutschland liegt
dabei noch vorderseitig dieser Tiefdruckrinne. Während der Wind in der Höhe
bereits auf Südwest gedreht hat, herrscht am Boden noch die östliche
Windkomponente vor. Dabei wird in der Höhe noch immer feuchte und milde
subtropische Luftmasse eingesteuert. T850 liegt bei knapp +5°C. Auch bodennah
herrschen - abgesehen vom Nordosten - frühlingshaft anmutende Verhältnisse vor
mit Tageshöchstwerten von deutlich zweistelligen Werten. Erwähnenswert ist dabei
der ausgeprägte Druckgradient über den Alpen, der für kräftigen Südföhn sorgt.
Im Zusammenspiel mit der ohnehin milden Luftmasse und viel Sonne gerät im
Alpenvorland sogar die 20°C-Marke in Reichweite.

Am Sonntag liegt Deutschland zunehmend im Bereich der Bodendruckrinne. Auch die
Trogachse nähert sich weiter an. Rückseitig kommt es über West- und Teilen
Südwesteuropas bereits zum Einfließen maritim geprägter subpolarer Luftmasse.
Die zugehörige Kaltfront ist an die Bodendruckrinne gekoppelt und erreicht im
Tagesverlauf den Südwesten Deutschlands, wobei sie bereits zunehmend
Okklusionscharakter bekommt. Diese abnehmende Dynamik verstärkt sich in der
Folge zusehends, da sich die Bodentrogrinne auch zunehmend vom steuernden
Britannien-Tief entkoppelt und so an Antrieb verliert. Dadurch setzt sich die
Kaltluft zunächst noch nicht gleich vollständig durch. Einzig und allein etwas
stärkere Regenfälle im Südwesten zeigen an, dass der Front noch nicht völlig die
Puste ausgegangen ist. Mit Übergreifen des Bodentroges auf den Westen und Süden
Deutschlands baut sich der inneralpine Druckgradient rasch ab. Damit bricht auch
der Föhn zusammen, sodass zumindest im äußersten Süden Deutschlands bereits ein
deutlich wahrnehmbarer Temperaturrückgang stattfindet.

Erst am Montag gewinnt die ganze Angelegenheit wieder etwas an Fahrt. Dann
bildet sich eine neue Höhentrogachse aus, die auf Deutschland überschwenkt.
Kongruent dazu greift auch am Boden eine Trogachse auf den Nordwesten über und
sorgt an ihrer Südflanke für eine Drehung der Windrichtung von Südwest auf West
bis Nordwest. Nun kann sich final die kühlere Subpolar-Luftmasse landesweit
durchsetzen. T850 sinkt hierbei auf Werte zwischen 0 und -2°C. Eine solche
Luftmasse hat mit echtem Winterwetter aber auch weiterhin nichts zu tun. Bis auf
etwas kühlere Tagestemperaturen und geringfügigen Regenfällen ist sonst vom
Luftmassenwechsel kaum etwas zu spüren.

Am Dienstag verlagert sich der zentrale Langwellentrog Richtung Südosteuropa und
zeigt erste Tendenzen zum Abtropfen. Nicht nur weist er kaum noch einen
Isohypsengradienten auf, über Skandinavien bildet sich auch bereits wieder
ansteigendes Geopotential aus. Bodennah liegt der steuernde Tiefdruckkomplex nun
über Griechenland und der Türkei und sorgt in dieser Region erneut für kritische
Wetterverhältnisse. Über Mitteleuropa stellen sich die Verhältnisse ebenfalls
etwas komplex dar. Ein Sekundärtrog erreicht mit seiner Achse den Nordwesten
Deutschlands, ist dabei aber trotz Vorhandensein kleinerer Bodentiefs im
Nordseeraum kaum wetterwirksam. Grund dafür ist von Südwesten ausgreifender
Hochdruckeinfluss. Dieser wird von einem massiven Rücken über dem zentralen
Ostatlantik gesteuert, dessen Achse wiederum ausgehend von Nordwestafrika über
die Britischen Inseln bis in hohe nördliche Breiten reicht. Damit kommt die
eingeflossene kühle Meeresluft nun endgültig zum Erliegen und kann sich nun
langsam, aber stetig erwärmen.

Am Mittwoch bestätigt sich die Tendenz des Abtropfens über Südosteuropa. Der
Aufbau hohen Geopotentials über Nordosteuropa setzt sich fort und wird vor allem
durch die bodennahe Zufuhr kontinentaler Kaltluft aus Osten gestützt, so dass
sich zwischen Russland und der Türkei eine ausgeprägte "High over Low"-Lage mit
entsprechend starker supergeostrophischer Windkomponente herausbildet. Die
Ausläufer dieses Hochs finden dabei rasch Verbindung zum atlantischen Rücken und
dessen korrespondierendem Bodenhoch. Im Ostseeraum finden sich dabei noch
schwache Bodentiefs eingelagert, die entsprechend im Nordosten noch für geringe
Niederschläge sorgen können. Gestützt wird dies durch eine in der Höhe immer
noch vorhandene leicht zyklonal geprägte nordwestliche Höhenströmung, die aus
dem Phasenübergang zwischen Atlantikrücken und Langwellentrog über Südosteuropa
resultiert. Dieser Einfluss nimmt aber rasch ab und bildet sich nur noch in der
mittleren Troposphäre ab. Bereits in 850 hPa überwiegt antizyklonaler Einfluss.


Der weitere Trend darüber hinaus ist ausgesprochen unsicher. Erwähnenswert ist
aber eine synoptisch hübsch anzuschauende Variante des aktuellen IFS-Laufes, der
gegen Ende der nächsten Woche ein "Höhenei" genau über Deutschland produziert -
also ein isoliertes und in einen großen Rücken eingelagertes Höhentief , während
bodennah Hochdruckeinfluss unter Zufluss kontinentaler Polarluft vorherrscht.
Bei Eintreffen dieser Variante würde es nochmals richtig kalt in Deutschland.
Auch nennenswerten Neuschnee könnte man dabei nicht ausschließen. Aber: Dieses
Szenario ist eher als nettes "Dessert" nach Abschluss der Mittelfrist zu
betrachten. Die Eintreffwahrscheinlichkeit liegt aus heutiger Sicht bei quasi
Null.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die letzten IFS-Läufe weisen schon bald größere Inkonsistenzen auf. Die
Umstellung der Großwetterlage am Wochenende auf Trog Mitteleuropa mit
Übergreifen subpolarer Luftmasse spielt sich auf ziemlich komplexe Art und Weise
ab. Dementsprechend groß sind die Unsicherheiten im detaillierten Ablauf dieser
Umstellung. Der gegenwärtige Trend weist auf eine deutliche Abschwächung der
Dynamik hin. Das heißt, dass die Luftmassen- und Druckgegensätze abnehmen, und
die ganze Umstellung eher schleppend und nur in Verbindung mit wenig
signifikantem Wetter abläuft. Entsprechend gibt es auch bezüglich des gesamten
Timings noch Unklarheiten.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Der grobe, großskalige Ablauf wird im Wesentlichen auch von den anderen
Globalmodellen gestützt. Große Probleme bereitet aber die konkrete Ausgestaltung
der erwarteten Tiefdruckrinne mit dahinter lagernder Luftmassengrenze. Hier
bleiben Fragen besonders hinsichtlich Niederschlagsverteilung und eventuell auch
der -phase offen.
Diese Unsicherheiten pflanzen sich in der neuen Woche darauf aufbauend fort und
wachsen weiter an. Gemein ist allen betrachteten Modellen (GFS, IFS, ICON)
immerhin, dass sie den Langwellentrog zu Beginn der neuen Woche abtropfen
lassen. Auch der nachfolgende Aufbau eines Rückens über dem Atlantik wird
überall gezeigt. Dessen Ausprägung aus Ausdehnung unterscheiden sich aber stark
zwischen den Modellen. Entsprechend könnte in Deutschland rasch der
antizyklonale Einfluss die Oberhand gewinnen, oder aber es verbleiben noch
Randtröge und kleine Bodentiefs an der Flanke zwischen Atlantikrücken und den
Resten des Langwellentroges, die für unbeständigeren Wettercharakter sorgen. In
der erweiterten Mittelfrist gehen die verbliebenen Modelle (GFS, IFS) dann
komplett auseinander. Die "Höhenei"-Variante wurde bereits oben beschrieben. GFS
stellt die Weichen dagegen wieder zurück auf eine West- bis Südwestlage, diesmal
allerdings antizyklonal geprägt.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen zeigen bezüglich der 850 hpa-Temperatur dichte Drängung und
damit hohe Sicherheit. Das ist allerdings auch zu erwarten. Die
Luftmassengegensätze nehmen bei zunehmend homogener Temperaturverteilung über
Europa tendenziell ab. Erst in der erweiterten Mittelfrist ab kommendem
Donnerstag zeigen sich die o.g. Diskrepanzen auch in den Rauchfahnen.
Insbesondere der Hauptlauf stellt hier einen warmen Ausreißer dar.
Die Unterschiede in der Geopotentialverteilung sind dagegen etwas größer. Dies
liegt in der komplexen Tiefdruckaktivität insbesondere zu Beginn der Mittelfrist
begründet, deren Unsicherheiten sich auch auf die weitere Entwicklung auswirken.
Insgesamt zeigt sich aber eine signifikante Tendenz zu leichtem
Geopotentialanstieg bis zum Ende des Vorhersagezeitraums.
Niederschlagssignale sind für alle betrachteten Orte ausreichend und in großer
Zahl vorhanden, sodass insgesamt weiter von eher unbeständiger Witterung
ausgegangen werden muss.

Die Cluster sind heute insgesamt zahlreich vorhanden. Bereits im Zeitraum
zwischen +72 und +96 Stunden werden davon insgesamt vier Stück angeboten, deren
Verteilung auch recht homogen daherkommt. Die Geopotentialverteilung ist aber
nichtsdestotrotz relativ ähnlich und im Regime -NAO angesiedelt.
Im Zeitraum +120 bis +196 Stunden gibt es insgesamt zwei Cluster, die einen
Übergang von -NAO nach Blocking zeigen. Die Unterschiede liegen hier im Timing
des Übergangs. Darüber hinaus werden wieder vier Cluster gebildet, die letzten
Endes aber alle auf eine Blocking-Situation hinauslaufen. Die Angebote sind
hierbei von Hoch Fennoskandien über Hoch Großbritannien bis "High over Low" über
Skandinavien bzw. Italien mannigfaltiger Natur.

Fazit:
Nach anfänglich noch vorhandenen "Frühlingsgefühlen" mit ausgeprägter Föhnlage
in den Alpen erfolgt spätestens ab Sonntag der Übergang zu einem Trog über
Mitteleuropa mit zunehmendem Einfluss kühlerer, maritim geprägter Luftmassen.
Der Luftmassenübergang gestaltet sich dabei aber immer lascher und träger. Auch
danach ist von Winterwetter keine Spur zu sehen, denn dafür ist die einfließende
subpolare Luft weiterhin zu mild. Höchstens in den Kammlagen der Mittelgebirge
oberhalb von 600 bis 800 m reicht es vielleicht für die ein oder andere
Schneeflocke. Insgesamt scheint sich der unbeständige Witterungscharakter in der
nächsten Woche erst einmal fortzusetzen, auch wenn sich die Zeichen für
zunehmenden Hochdruckeinfluss mehren.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Samstag kräftiger Föhn. Auf den Alpengipfeln kräftiger Föhnsturm bis hin zu
Orkanböen Bft 12.

Darüber hinaus sind in den Folgetagen keine signifikanten Wettererscheinungen zu
erwarten.

In der Nacht zum Dienstag, nach Osten zu auch über den Dienstag hinweg, ist in
den Alpen kräftigerer Schneefall - insbesondere in Nordstaulagen - nicht
ausgeschlossen. Die Mengen bewegen sich in der Größenordnung von 20 bis 30 cm
innerhalb von 12 Stunden.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-ENS, GFS, ICON
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VBZ Offenbach / M.Sc. Felix Dietzsch