DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

06-02-2024 10:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 06.02.2024 um 10.30 UTC



Freitag/Samstag milde Südwestlage, an den Alpen Föhnsturm. Sonntag/Montag
Kaltfrontpassage, danach "unten" nasskalt, oben "Winter light".
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 13.02.2024


Zu Beginn der Mittelfrist am Freitag (09. Februar) gelangt Deutschland auf die
Vorderseite eines Troges über Westeuropa, der sich aufgrund der blockierenden
Wirkung eines Hochs mit Schwerpunkt über dem fennoskandischen Raum weit nach
Süden über die Iberische Halbinsel bis nach Nordafrika ausdehnt und über den
Britischen Inseln abzutropfen beginnt. Über uns stellt sich dabei eine zunehmend
zyklonal konturierte südwestliche Höhenströmung ein (Großwetterlage SW z oder
TB). Die Luftmassengrenze über dem Norden wird als Warmfront des mit dem Trog
korrespondierenden Tiefs bei den Britischen Inseln nach Norden herausgedrückt.
Die länger anhaltenden Niederschläge, die im Norden und Nordosten anfangs noch
als Schnee fallen, ziehen sich folglich langsam nach nordostwärts zurück.
Dahinter setzt sich eine milde bis sehr milde subtropische Luftmasse durch. Die
Temperaturen lauf 850 hPa liegen abends zwischen 2 Grad in Vorpommern und knapp
10 Grad am zunehmend föhnigen Alpenrand. Dort bleibt es auch trocken, ansonsten
gibt es auch abseits der frontalen Niederschläge gebietsweise noch
schauerartigen Regen. Der Wind weht auf der kalten Seite der Luftmassengrenze an
der See anfangs stürmisch aus Ost, auf den Mittelgebirgsgipfeln sind einzelne
stürmische Böen oder Sturmböen aus Südwest möglich. Der mäßig starke Föhn bringt
den exponierten Alpengipfeln schwere Sturmböen, anfälligen Tälern stürmische
Böen. Mit Föhn- und/oder Sonnenunterstützung sind im Süden und Südwesten über 15
Grad möglich, im Nordosten erwärmt sich die Luft nur zögerlich auf Werte knapp
über 0 Grad.

Am Samstag kommt das Cut-Off-Tief über den Britischen Inseln nur noch sehr
langsam nach Osten voran, der davon ausgehende, nach Süden gerichtete Trog
schwenkt dafür etwas zügiger ins westliche Mittelmeer, sodass sich eine leicht
negative Achsenneigung ergibt. Zudem kommt es im Bereich des Löwengolfs zu einer
Zyklogenese. Das resultierende Tief ist über eine Rinne mit dem Zentraltief bei
den Britischen Inseln verbunden, in der auch eine Kaltfront eingelagert ist.
Tagsüber bleibt Deutschland im Warmsektor des Tiefs im Zustrom sehr milder
subtropischer Luftmassen. Lediglich ganz im Norden und Nordosten wird mit wieder
auf Ost drehender Strömung bodennah etwas kühlere Luft herangeführt. Dort bleibt
es bei einstelligen Höchsttemperaturen auch bewölkt bis trüb, ansonsten sorgt
die föhn-bedingte Abtrocknung der Luftmassen vorübergehend für Aufheiterungen
und Höchsttemperaturen von verbreitet um oder knapp über 15 Grad, an den Alpen
eventuell sogar bis 18 oder gar 19 Grad! Neben schweren Sturmböen sind auf
Alpengipfeln bei einer anzunehmenden Druckdifferenz von rund 10 hPa zwischen
Alpennord- und -südseite orkanartige Böen ins Kalkül zu ziehen, in Alpentälern
Sturmböen. Erst abends und nachts greift die Rinne nebst Kaltfront auf den
Südwesten und Westen mit Regen über.

Am Sonntag bleibt das hochreichende, steuernde Cut-Off-Tief bei den Britischen
Inseln nahezu ortsfest, während der Trog in seinem Südteil nebst einer recht
kräftigen Mittelmeerzyklone zum zentralen Mittelmeer schwenkt. Deutschland
bleibt somit in einer südlichen Strömung. Die Rinne mit eingelagerter Kaltfront
schwenkt somit leicht schleifend und nur langsam vom Südwesten und Westen nach
Nordosten mit bringt zeit- und gebietsweise etwas Regen. Der Föhn an den Alpen
bricht mit Frontpassage zusammen. Da postfrontal eine maritime Polarluft
herangeführt wird (T850 zwischen 0 und -3 Grad), sinkt die Schneefallgrenze in
den Alpen recht plötzlich und unvermittelt auf 1200-800 m ab. Ansonsten lassen
die Niederschläge mit Ankunft der Kaltluft zügig nach, sodass selbst auf den
Mittelgebirgsgipfeln kaum Neuschnee zu erwarten ist. Zuvor wird es mit etwas
Sonne nochmal sehr mild mit bis zu knapp 15 Grad.

Am Montag und Dienstag zieht das Cut-Off-Tief nach IFS-Lesart unter
Auffüllungstendenzen über die Nordsee sehr langsam in Richtung Mitteleuropa,
sodass sich eine Troglage einstellt (Übergang zur Großwetterlage T(r)M). Im Zuge
dessen kommt es in stark erwärmter, maritimer und leicht labil geschichteter
Polarluft (T850 zwischen -1 und -5 Grad) zu Schauern, eventuell auch kurzer
Graupelgewittern. Schnee ist zunächst nur ab den mittleren Lagen oberhalb von
rund 500 m ein Thema. Für die meisten dürfte der Höhepunkt der "Närrischen Zeit"
also nasskalt werden.

In der erweiterten Mittelfrist soll sich über dem Nordmeer und Skandinavien ein
kräftiges Blockadehoch etablieren, an dessen Südflanken sich mit nordöstlicher
Strömung vor allem bodennah noch etwas kältere Luft durchsetzen kann (NE z oder
HNF z). Im Wirkungsbereich des sich nur langsam auffüllenden bzw. nach Süden
verziehenden Cut-Off-Tiefs sind anfangs auch noch Niederschläge möglich, die
dann auch mal bis in tiefere Lagen als Schnee fallen und bei günstiger Tageszeit
"Stundenmatsch" bringen können.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis einschließlich Sonntag kann dem IFS eine gute Konsistenz bescheinigt werden.
Erst zu Wochenbeginn werden die Unterschiede signifikant. Der westeuropäische
Trog sollte nach Lesart des gestrigen 00Z-Laufes noch stärker in Richtung
Mittelmeer abtropfen und nicht über den Britischen Inseln wie in den jüngsten
Läufen. Das Residuum des Troges hätte uns unter Verkürzung seiner Wellenlänge
bereits bis Dienstag weitestgehend nach Osten überquert. Wir wären folglich
schon zu Wochenbeginn in den Wirkungsbereich des sich über Nordwesteuropa
etablierenden Hochs und in den Zustrom deutlich kälterer, kontinentaler
Polarluft gekommen. Damit wäre die Wahrscheinlichkeit für vorübergehende
Schneefälle bis in tiefere Lagen höher gewesen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


GFS sieht dem jüngsten IFS-Lauf von 00Z sehr ähnlich, mit dem Unterschied, dass
sich an den Alpen am Sonntag eine Leezyklogenese ereignet, wodurch die Kaltfront
im Westen vorübergehend zurückgehalten wird und erst im Laufe des Montags
ostwärts über Deutschland hinwegschwenkt. Danach lässt GFS das Cut-Off-Tief
schneller nach Südeuropa wegdriften, mit allerdings keinen großen Auswirkungen
auf unser Wetter.
ICON dagegen ähnelt eher dem gestrigen IFS-00Z-Lauf mit einem Abtropfprozess in
Richtung Mittelmeer und einem zügiger über Deutschland hinwegschwenkenden
Trogresiduum.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen des IFS-EPS sind für die 850-hPa-Temperatur erstaunlich eng
gebündelt. Freitag und Samstag geht es zunächst deutlich nach oben auf für die
Jahreszeit wahrlich ungewöhnlich hohe Werte. Am Sonntag zeigt sich dann ein
recht markanter Sprung nach unten auf jahreszeitüblich Werte, wobei es zwischen
den Membern nur geringe Phasendifferenzen gibt. Danach durchschreiten wir ein
ausgedehntes Temperaturtal, dessen Sohle sich zur Wochenmitte abzeichnet. Erst
danach werden die Temperaturunterschiede größer.
Die Rauchfahne des 500-hPa-Geopotenzial weitet sich bereits ab Sonntag etwas
stärker auf. Der deterministische Lauf bewegt sich mit seinem recht konstant
niedrigen Geopotenzial eher am unteren Rand der Memberschar, eine nicht zu
verachtende Anzahl an Ensemblemitgliedern rechnet einen zügigeren
Geopotenzialanstieg zu Wochenbeginn.

MITTELFRIST-FAZIT: Der Fahrplan bis Sonntag steht! Es stellt sich zunächst eine
milde bis sehr milde Südwestlage ein. Die Luftmassengrenze mit Schneefällen im
Norden und Nordosten wird am Freitag zügig nordostwärts verdrängt. An den Alpen
kommt es in der Folge zu einem Föhnsturm und ungewöhnlichen hohen Temperaturen
im Bereich der Dekadenrekorde. Die Kaltfrontpassage am Sonntag und Montag
unterliegt noch gewissen zeitlichen Unschärfen, der Übergang zu einer kühleren,
in tiefen Lagen aber allenfalls nasskalten Troglage zu Wochenbeginn ist aber
ziemlich sicher. Ob es in Richtung Wochenmitte zu einer Wetterberuhigung kommt
oder ob es unter fortwährendem Trogeinfluss und noch etwas zurückgehenden
Temperaturen dann tatsächlich auch mal "ganz unten" für etwas Stundenmatsch
reichen könnte, bleibt abzuwarten.

CLUSTER:
In den Clustern dominiert zunächst die Klasse NAO-, bedingt durch die recht
südlich ansetzende Frontalzone und hohes Geopotenzial, das sich vom
ostkanadischen Raum bis nach Island ausweitet. Zum Ende des zweiten Zeitraumes
(+120-168 h) vollzieht sich durchweg der Übergang zur Klasse BLOCKING, da sich
in allen Clustern sehr hohes Geopotenzial über Nordwest- und Nordeuropa
etabliert. Erst zum Ende des letzten Zeitraumes (+264-360 h) schwenkt die
Mehrheit der Cluster wieder zurück auf NAO-, teils verursacht durch starken
Geopotenzialabbau über Nordeuropa, teils bedingt durch den neuerlichen, wieder
sehr südlich ansetzenden Vorstoß der Frontalzone vom mittleren Nordatlantik her.

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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


STURM:
Am Freitag an der Küste exponiert stürmische Böen oder Sturmböen Bft 8-9 aus Ost
bis Südost, auf Mittelgebirgsgipfeln einzelne Sturmböen Bft 8-9 aus Südwest. An
den Alpen einsetzender Föhnsturm mit schweren Sturmböen Bft 10 auf den Gipfeln
und stürmischen Böen Bft 8 in anfälligen Tälern.

Am Samstag an den Alpen anhaltender Föhnsturm mit schweren Sturmböen Bft 10 auf
den Alpengipfeln, orkanartige Böen Bft 11 nicht ausgeschlossen. In
föhn-anfälligen Tälern Sturmböen 8-9 Bft.

Am Sonntag zusammenbrechender Föhn, auf Alpengipfeln aber anfangs noch (schwere)
Sturmböen Bft 9-10.

SCHNEE:
Am Freitag im Norden und Nordosten markante Schneefälle mit >5 cm Neuschnee in 6
h bzw. >10 cm Neuschnee in 12 h gering wahrscheinlich.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS (det.+EPS), MOS-MIX (vor allem zu Beginn)
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Adrian Leyser