DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

04-02-2024 09:01
SXEU31 DWAV 040800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 04.02.2024 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Nordwest zyklonal (NWz)

Wetter: Sehr mild, vor allem im Norden und in der Mitte windig bis stürmisch.
Auf den Bergen schwerer Sturm bis Orkan. Im Norden stärkere Regenfälle, im Harz
Dauerregen. Ganz im Süden ab morgen wieder frühlingshaftes Affenhochglanzwetter.


Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Am heutigen Sonntag... erstreckt sich eine kräftige nordwestliche Höhenströmung
ziemlich geradlinig vom Seegebiet südlich Grönlands bis nach Osteuropa, wobei
ein Jetmaximum zwischen den Regionen südlich Islands und Dänemark zu finden ist.
Der Südwesten Europas ist generell von sehr hohem Geopotential geprägt, was sich
auch in einem kräftigen Hoch (namens Frank) mit Schwerpunkt über der Biskaya
widerspiegelt. Dagegen liegt der gesamte Nordosten Europas unter niedrigem
Geopotential mit mehreren kleinen Höhentiefkernen. Auch bodennah ist der Druck
niedrig und das dort liegende Tief Nadine hat sich in mehrere Kerne gespaltet.

Zwar liegt Deutschland nicht direkt unter dem Jetmaximum, aber auch über dem
Nordosten unseres Landes ist die Höhenströmung stark. Auch bodennah ist ein
recht ordentlicher Gradient vorhanden, so dass generell recht kräftiger Wind um
West weht. Dieser frischt heute aufgrund eines flachen Bodentrogs auf, welcher
über den Ostseeraum schwenkt, was landesweit für eine leichte Gradient- und
Windzunahme sorgt. Die Schichtung ist nur auf den untersten wenigen hundert
Metern etwas instabiler, so dass es dort zu vertikalem Impulstransport kommt,
weiter oben wird die Schichtung recht stabil, so dass sich bei der Böenstärke
eine deutliche Zunahme mit der Höhe ergibt. In den Küstenbereichen und im
unmittelbaren Binnenland kommt es dann heute in der Spitze zu stürmischen Böen,
in exponierten Küstenlagen der Ostsee auch zu Sturmböen. Ansonsten kommt es nur
zu steifen Böen, die sich im Süden und Westen teils auf das Bergland
beschränken. In höheren Berglagen kommt es ebenso zu stürmischen Böen oder
Sturmböen, in sehr exponierten Lagen auch schweren Sturmböen. Auf dem Brocken
und Fichtelberg kann es auch einzelne orkanartige Böen geben.

Nadine hat auch eine thermisch schwach ausgeprägte Kaltfront die sich derzeit
wenig wetteraktiv und schwer lokalisierbar zwischen dem Westen und dem Südosten
des Landes erstreckt. Sie trennt stark erwärmte Meeresluft polaren Ursprungs
(mPs, um -2°C in 850 hPa) im Nordosten von maritimer Subtropikluft (mS, um +2°C
in 850 hPa) im Süden des Landes. Die Front verlagert sich heute nur wenig, erst
gegen Abend wird sie im Westen als Warmfront wieder weiter nordwärts geführt.
Dabei intensivieren sich die Regenfälle an der Front im Tagesverlauf etwas, so
dass es Nachmittag von NRW bis nach Sachsen zunehmend zu leichtem bis mäßigem
Regen kommt, der dort teilweise auch länger anhält.

Weitgehend trocken bleibt es Norden und Nordosten sowie im Südwesten. Mit Sonne
darf im äußersten Süden gerechnet werden, allerdings gibt es kein
Affenhochglanzwetter mehr wie gestern, sondern es zieht schon auch einiges an
Gewölk über den Himmel. In den übrigen Landesteilen sollten die Sonnenanteile
dagegen sehr knapp ausfallen. Die Temperaturen liegen heute überall im milden
bis sehr milden Bereich und erreichen zwischen 6°C an der Ostsee und im höheren
Bergland und 14°C im Alpenvorland.

In der Nacht zum Montag ändert sich an der großräumigen Situation kaum etwas.
Das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt über Südfrankreich. An der bei uns
liegenden Front läuft in der Nacht eine sehr flache Welle südostwärts. Die Front
kommt dabei zunächst etwas nach Nordosten voran, wird rückseitig der Welle kurz
stationär, verlagert sich dann aber in den Frühstunden schon wieder weiter
nordostwärts, so dass gegen Morgen die Regenfälle auf einer Linie von der
Nordsee bis zur Niederlausitz liegen. Ganz im Nordosten bleibt es trocken, auch
südwestlich der Front fallen allenfalls ein paar Tropfen, ganz im Süden bleibt
es ebenso trocken. Insgesamt können aber von heute Mittag bis Montagmittag über
dem Norden und Nordosten verbreitet 5 bis 15 l/qm fallen, teils auch um 20 l/qm.
In den nördlichen und östlichen Mittelgebirgen ist es teilweise auch noch mehr:
So könnten im Erzgebirge teils etwa 20 bis 30 l/qm fallen, womit wir knapp an
den Warnschwellen werden. Das gleiche gilt auch für die östlichen bayerischen
Mittelgebirge, auch wenn hier die Modellunsicherheiten noch größer sind
(eigentlich zeigt nur noch Arome so hohe Summen). Etwas wahrscheinlicher ist es
dagegen, dass im Harz 30 bis 40 l/qm fallen werden, auch wenn hier Arome, IFS
und GFS etwas zurückhaltender sind. Allerdings gibt es im Harz auch eindeutige
Signale seitens Cosmo-LEPS und ICON-EPS, so dass dort durchaus eine Warnung
gerechtfertigt erscheint.

Die zweite "Baustelle" bezüglich Warnungen ist der Wind: Durch die Welle wird
der Gradient über dem Nordosten auseinandergezogen, verstärkt sich dagegen in
einem Streifen von Niedersachsen bis Sachsen. Dies spiegelt sich auch in 850 hPa
wider, wo ein Band mit Windgeschwindigkeiten von 100 bis 130 km/h zu erwarten
ist. Weiterhin ist die Schichtung aber stabil, so dass derlei Böen (Orkanstärke)
auf den Fichtelberg und Brocken beschränkt bleiben, andere hohe Berge bekommen
aber schwere Sturmböen bis orkanartige Böen zu spüren. Vor allem muss aber in
dem oben genannten Streifen auch im Flachland einige Stunden lang mit
stürmischen Böen gerechnet werden, in Ostfriesland in der zweiten Nachthälfte
auch mit Sturmböen. Unmittelbar nordöstlich davon, auf der Nordostseite der
Welle, fällt dagegen die Windstärke unter die Warnschwellen. Lediglich im
Ostseeküstenbereich Vorpommerns bleibt der Gradient noch stärker und es kommt zu
steifen bis stürmischen Böen.

Verbreitet ist es in der Nacht bewölkt, Auflockerungen sind nur unmittelbar an
den Alpen zu erwarten. Dort können die Frühtemperaturen nahe 0°C liegen, sonst
bei 10 bis 4°C.


Am Montag... beginnt die zuvor sehr glatt verlaufende westnordwestliche
Höhenströmung wieder ganz schwach zu mäandrieren. So zieht aus dem
grönländischen Raum ein flacher Trog ins Seegebiet südlich Islands. Auf dessen
Vorderseite kommt es dagegen zum Aufwölben eines sehr flachen Rückens. Bodennah
zieht sich das Hoch Frank zunehmend in den Mittelmeerraum zurück, während das
nächste in Erscheinung tretende Tief (Olga?) am Abend nördlich Schottlands
liegt. Dieses Tief lenkt die bei uns liegende Front als Warmfront weiter nach
Nordosten, wobei sie am Abend den äußersten Nordosten Deutschlands erreicht.
Dabei tritt die Front zunehmend klarer in Erscheinung, im Laufe des Tages auch
mit einem Windsprung von Süd auf West. Zudem regnet es an der Front auch
weiterhin teils mäßig, so dass regional 5 bis 10 l/qm innert 6 Stunden erwartet
werden und die Summen bis Dienstagfrüh vor allem nach ICON zwischen
Schleswig-Holstein und dem Oderbruch teils über 15 l/qm erreichen. Von Süden
lockern die Wolken wieder auf, so dass sich im äußersten Süden wieder ein sehr
sonniger Tag einstellt. In weiten Teilen der Mitte bleibt es dagegen zwar
trocken, die Wolken dürften aber vor allem nach ICON kaum auflockern. UK10, GFS
und IFS sind dagegen optimistischer, so dass vielleicht doch etwas mehr Sonne zu
erwarten ist, als unser Modell erwartet.

Beim Druckgradient bleibt der Streifen mit etwas stärkerem Gradienten von der
Nordsee bis zum Erzgebirge weiter erhalten, er verbreitert sich aber im
Tagesverlauf und weitet sich nach Nordosten aus. Hier weht der West- bis
Südwestwind weiter mäßig bis frisch und mit steifen bis stürmischen Böen, an der
Nordsee mit Sturmböen. Im äußersten Nordosten bleibt es dagegen recht
windschwach und auch von Südwesten her nimmt der Wind allmählich ab, so dass
dort steife und vereinzelt noch stürmische Böen im Tagesverlauf aufs höhere
Bergland beschränkt bleiben. In den exponierten Lagen nimmt der Sturm dagegen
nur zögernd ab, am spürbarsten noch in den Alpen. Auf dem Brocken und
Fichtelberg kann es dagegen bis in den Nachmittag hinein noch orkanartige Böen
geben, in den Kammlagen des Bayerwaldes immerhin noch schwere Sturmböen.

Mit dem Vordringen der Warmfront setzt sich die maritime Subtropikluft (mS,
teils auch xS) weiter nach Nordosten durch und im Südwesten werden in 850 hPa
bis zu 8°C erreicht. Damit erreichen die Höchstwerte vielfach 10 bis 15°C, nur
ganz im Norden und in höchsten Lagen des Berglandes bleibt es mit 6 bis 10°C
kühler.

In der Nacht zum Dienstag zieht das Bodentief von den Gebieten nördlich
Schottlands in die nördliche Nordsee. Die Warmfront zieht dabei in den
Nachtstunden nach Nordosten ab. Regen fällt nur noch in den nordöstlichsten
Landesteilen, dort aber teils noch um 5 l/qm innert 6 Stunden. Das Starkwindfeld
verschiebt sich weiter nach Norden, so dass im Nachtverlauf auch Vorpommern
wieder kräftigen Wind aus Westsüdwest abbekommt. Dieser weht weiterhin im Norden
mit starken bis stürmischen Böen, an der Nordsee mit Sturmböen. Auf den höheren
Bergen ist nach wie vor nur eine marginale Windabnahme zu verzeichnen. Im Süden
weht der Wind dagegen teils nur noch schwach, nur im höheren Bergland bleibt es
dort noch böiger. Ganz im Süden soll es - von Schleierwolken abgesehen -
weiterhin wolkenfrei bleiben, nach den externen Modellen soll sich die tiefe
Bewölkung auch wieder weiter nach Süden voran arbeiten. Dies hat natürlich
maßgeblichen Einfluss auf die Nachttemperaturen in der Mitte. Im Süden geht es
auf nahe 0°C runter, in der Nordhälfte bleibt es dagegen vielfach im 8 oder 9°C
mild. In der Mitte werden die Frühwerte irgendwo dazwischen anzusiedeln sein,
genaueres wird festzustellen sein, wenn übereinstimmende Bewölkungsprognosen
vorliegen. Etwas überraschend sind Tiefstwerte von 2°C von MOSMIX im Bereich
Rügens, da auch diese Region im Verlauf der Nacht auf die warme Seite der Front
gelangen soll. Möglicherweise werden so tiefe Temperaturen am Abend im
Dauerniederschlag erwartet, später müsste die Temperatur aber ansteigen.

Am Dienstag... schwenkt in der Höhenströmung der flache Rücken über uns hinweg,
der Trog erreicht am Abend die Nordsee. Das Bodentief erreicht am Abend die
Südwestküste Norwegens, von ihm ausgehend erstreckt sich aber eine markante
Rinne ostwärts über Südskandinavien in die Ostsee. In diese Rinne ist unsere
Warmfront eingebettet, die knapp nördlich unseres Landes nicht mehr weiter nach
Norden vorankommt. Die Kaltfront liegt dagegen südlich der Rinne und zieht am
Abend über der Nordsee auf. Damit kommt es am Dienstag zunächst nur im äußersten
Norden, später auch wieder etwas südwärts ausgreifend zu meist leichten, teils
aber auch mäßigen und vor allem länger anhaltenden Regenfällen. Nach Süden hin
ist es zwar bewölkt, aber nur örtlich soll etwas Regen fallen. Ganz im Süden
setzt sich der nur von ein paar Schleierwolken getrübte Sonnenschein weiter
fort.

Die Nordhälfte verbleibt im Bereich eines stärkeren Gradienten, so dass sich
dort die starken bis stürmischen, an der Nordsee bei auflandigem Wind auch
Sturmböen weiter fortsetzen. Im Bereich der Kaltfront werden am Abend sogar von
ICON und UK10 einzelne schwere Sturmböen simuliert. Nach Süden zu ist es nur im
Bergland stärker windig mit steifen und einzelnen stürmischen Böen. Nach IFS und
UK10 soll sich aber der Wind auch etwas stärker im Flachland im Süden
durchsetzen. Auf dem Fichtelberg kommt es allerdings weiterhin zu schweren
Sturmböen, auf dem Brocken legt der Wind sogar wieder zu, dort kann es wieder zu
Orkanböen kommen.

Am Temperaturniveau ändert sich zunächst noch nichts. Die Höchstwerte liegen
wieder zwischen 8°C ganz im Norden und 15°C am Alpenrand.

In der Nacht zum Mittwoch schwenkt der flache Trog von der Nordsee nach
Südskandinavien. Unser zugehöriges Tief bekommt am Abend einen Ableger über der
Ostsee, der in der Nacht rasch die Regie übernimmt uns ins Baltikum weiter
zieht. Es bleibt aber noch die Rinne über Südskandinavien erhalten, so dass auch
die Kaltfront nicht gerade mit Vollgas nach Süden vorankommt. Sie erreicht bis
zum Morgen etwa eine Linie vom Niederrhein bis zur Niederlausitz. An ihr springt
der Wind vorübergehend auf Nordwest bis Nord, um später wieder Richtung West
rückzudrehen. An der Südflanke der Front bleibt der kräftige Gradient erhalten,
an dem es zu starken bis stürmischen Böen kommt. Allerdings schwächt sich der
Wind im Nachtverlauf, wenn das Starkwindfeld die Mittelgebirge erreicht, etwas
ab. Rückseitig der Kaltfront lässt der Wind vorübergehend nach, an der Nordsee
lebt er aber aus Nordwest wieder auf mit mindestens steifen Böen. Auch im
südlichen Bergland bleibt es windig und auf dem hohe Bergen gibt es schweren
Sturm bis Orkan (in Böen).

Auch die Regenfälle an der Front sind erwähnenswert: Teilweise fallen 10 bis 20
l/qm innert 6 Stunden, so dass 24-stündig in größeren Regionen 15 bis 30 l/qm
zusammenkommen können, vereinzelt auch bis zu 40 l/qm. Ggf. könnten hier
Dauerregenwarnungen fällig werden. Weil es aber eine Kombination aus
flächendeckendem Regen tagsüber und schwer zu vorhersagenden konvektiven
Verstärkungen nachts ist, könnte auch eine kurzfristig ausgegebene
Dauerregenwarnung über 12 Stunden oder eine Starkregenwarnung ins Spiel kommen,
zumal nach den vorangegangenen Regenfällen die Böden teils schon wieder gut
gesättigt sein dürften. Im Süden bleibt es in der Nacht noch trocken, ganz im
Süden halten sich auch ein paar Auflockerungen.

Dort kann die Temperatur auf nahe 0°C zurückgehen, ebenso wie ganz im Norden, wo
eine deutlich kältere Luftmasse einfließt. In großen Teilen der Mitte gibt es
dagegen Tiefstwerte zwischen 8 und 5°C.

Modellvergleich und -einschätzung
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Auf synoptischer Skala sind die Modelle bis Dienstagabend in guter
Übereinstimmung. In der Nacht zum Mittwoch gibt es beim Vordringen der Kaltfront
nach Süden noch einige Unsicherheiten bezüglich der Geschwindigkeit. IFS rechnet
Mittwochfrüh sogar mit einer rasch von Westen hereinziehenden Welle, mit der
auch an der Südflanke noch mit einer Windzunahme zu rechnen wäre. Zudem müssten
dann noch höhere Niederschlagssummen einkalkuliert werden. Generell gibt es bei
den Niederschlagssummen und ab morgen auch bei den Windfeldern noch
Prognoseunterschiede, auf die oben schon eingegangen wurde. Auch die Prognose
der tiefen Bewölkung fällt wie oben besprochen etwas unsicher aus.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann