DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

03-02-2024 12:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 03.02.2024 um 10.30 UTC



Zunächst sehr stürmisch und mild. Mitte der Woche kurzer Unterbruch durch
vorübergehenden Kaltluftvorstoß in Verbindung mit Dauerregen. Zunehmende Chancen
auf "echtes" Winterwetter dann ab dem kommenden Wochenende.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 10.02.2024


Bereits in den letzten Tagen wurde im Rahmen dieser Übersicht viel geschrieben
über eine Luftmassengrenze, die im Laufe der nächsten Woche über Deutschland
wetterwirksam wird. Und das nicht zu knapp. Mit Wind, Dauerregen, möglichem
Schneefall, vielleicht auch gefrierendem Regen wird potentiell allerhand
geboten. Aber: Der Teufel steckt wie immer im Detail. Zahlreiche Tiefs geben
sich die Klinke in die Hand, was dem Prognostiker naturgemäß das Leben ziemlich
schwer macht. Aber nun erst einmal von vorne:

Wir beginnen am Dienstag mit dem Einstieg in die Mittelfristprognose. Dabei
findet sich auch weiterhin die bereits aktuell vorhandene Grundkonstellation
zwischen tiefem Geopotential über Nordeuropa mit Schwerpunkt Skandinavien und
hohem Geopotential über Südeuropa. Der Druck- und Temperaturgradient ist sowohl
bodennah als auch in der Höhe noch immer deutlich ausgeprägt. Dementsprechend
weht ein lebhafter Jet im Bereich der Frontalzone, die sich unter anderem auch
über den Norden Deutschlands erstreckt. Das Maximum befindet sich aber über der
See und Südskandinavien. Das bedeutet, dass sich Deutschland zu diesem Zeitpunkt
auf der antizyklonalen Seite und damit eigentlich eher milderen Seite der
Luftmassengrenze befindet. Allerdings kommt es entlang dieser Luftmassengrenze
wiederholt zur Bildung kleiner Randtiefs, wodurch die bereitliegende Kaltluft
nach Süden ausbricht (T850-Rückgang von etwa +6°C auf etwa 0°C). Bodennah greift
die zugehörige Kaltfront in der Nacht zu Mittwoch von Norden her auf Deutschland
über. Entlang der Kaltfront kommt es dabei zu kräftigen Regenfällen, bei denen
das Überschreiten markanter Warnschwellen im 12- bis 24-stündigen
Dauerregenbereich nicht ausgeschlossen werden kann. Erwähnenswert ist zudem der
Wind, der im Laufe des Dienstags noch weht. Die bereits erwähnte Randtiefbildung
sorgt hierbei für eine weitere Verschärfung des Bodendruckgradienten und damit
nochmals für Windzunahme. In der Nordhälfte reicht das für Sturmböen Bft 8-9, an
der Küste auch mal für Bft 10. In den bekannten exponierten Lagen einzelner
Berggipfel geht es bis hoch auf Bft 12. Im Süden ist dagegen höchstens im
Bergland mit einigen Böen Bft 8 zu rechnen.

Am Mittwoch wird die bereits über Deutschland liegende Kaltfront von einem neuen
Rand- bzw. Wellentief aktiviert. Mit ostwärtigem Abzug dieses Tiefs kommen Front
und Kaltluft weiter südwärts voran und erreicht voraussichtlich die Mitte,
vielleicht auch den Süden Deutschlands. Von den kältesten Luftmassen bleiben wir
aber weitestgehend verschont. Ob die -5°C-Isotherme in 850 hPa nach Süden über
die Elbe hinauskommt, ist zumindest fraglich. Damit halten sich auch die
winterlichen Erscheinungen insgesamt in Grenzen, vielleicht reicht es aber im
äußersten Norden kurzzeitig für ein paar Schneeflocken. Mit dem durchziehenden
Randtief bleibt es weiterhin windig. Dabei verlagert sich der Schwerpunkt
Richtung Süden, wo verbreiteter mit Böen Bft 8 zu rechnen ist. Im Bergland geht
es hoch bis auf Bft 9-10, auf Gipfeln vereinzelt auch Bft 11.
Mit der einfließenden Kaltluft und dem damit verbundenen Absinken bildet sich in
der Nacht zum Donnerstag ein Zwischenhoch aus, das für einige Stunden für
Wetterberuhigung sorgt. Bei Aufklaren schaffen es die Temperaturminima zumindest
in der Nordhälfte sogar mal wieder in die Nähe des Frostbereiches.

Am Donnerstag erreicht die Luftmassengrenze über Deutschland ihren Scheitelpunkt
und geht von Westen her wieder in eine Warmfront über. Diese Warmfront gehört zu
einem neuen Tiefdrucksystem mit Zentrum vor der irischen Westküste, wo es sich
im Tagesverlauf weiter ostwärts verlagert und weiter verstärkt. Entlang der
Warmfront setzen von Westen her erneut Niederschläge ein, die vor allem auf die
Nordwesthälfte Deutschlands übergreifen. Die restliche Kaltluft wird dabei in
der Höhe rasch ausgeräumt. T850 steigt wieder auf Werte von etwa +5°C. Bodennah
verläuft die Milderung etwas schleppender. Während im Südwesten zweistellige
Höchstwerte erreicht werden, verharrt der Nordosten zunächst noch bei
Temperaturen um +5°C.

Am Freitag liegt Deutschland vollumfänglich im Warmsektor des nun
wetterbestimmenden Tiefs. Dieses liegt mit seinem Kern mittlerweile über
Schottland und hat seinen Entwicklungshöhepunkt mit einem Kerndruck um 970 hPa
erreicht. Mit kräftiger südwestlicher Strömung innerhalb des Warmsektors
gestaltet sich der Tagesablauf sehr mild, windig, aber auch nass. Eingelagerte
Kurzwellentröge sorgen wiederholt für etwas Niederschlag. Im Südwesten werden
mit der einfließenden Luftmasse bereits frühlingshafte Temperaturen um +15°C
erreicht.

Am darauffolgenden Wochenende manifestiert sich der Tiefdruckkomplex über der
Nordsee. Dabei kommt es zu weiterer Vertiefung des Geopotentials und es formiert
sich zusehends ein hochamplitudiger Langwellentrog über Westeuropa, der sich bis
in den nordafrikanischen Raum ausdehnt. Im weiteren Verlaufe des Wochenendes
kommt es zum Durchzug der Kaltfront des Zentraltiefs. In der Folge setzen sich
nachhaltig kältere, polare Luftmassen durch. Damit könnte anschließend ein
längerer, winterlich anmutender Witterungsabschnitt anstehen. Dessen Ausprägung
ist allerdings noch unklar. Zu berücksichtigen ist außerdem, dass derartig
langwellige Tröge gerne Bodentiefs mit Vb-artiger Zugbahn produzieren. Bezüglich
genauerer Entwicklungen muss also zunächst noch abgewartet werden.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz der letzten IFS-Läufe ist anfangs noch relativ hoch. Erste
Diskrepanzen zeigen sich mit der Kaltfront am Mittwoch, deren Vorankommen nach
Süden sich von Lauf zu Lauf unterscheidet. Damit ergeben sich nachfolgend
Unterschiede hinsichtlich der Niederschlagsschwerpunkte und der
Temperaturverteilung. Alles in allem bleibt der grobe Ablauf der Tiefzugbahnen
und Frontdurchgänge aber identisch.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Auch die verschiedenen Globalmodelle (ICON, IFS, GFS) zeigen entsprechende
Unterschiede. Vor allem GFS lässt die Frontalzone und damit die Niederschläge
deutlich weiter südlich ausgreifen, als die restlichen Modelle. ICON simuliert
am Mittwoch einen kräftigeren Kaltfrontdurchgang mit erheblichen
Niederschlagsmengen, außerdem ein Einfließen deutlich kühlerer Luft. Das
Ausräumen derselbigen am Donnerstag und Freitag wird aber von allen Modellen so
gezeigt. Die Art und Weise des Kaltfrontdurchgangs am Wochenende wird noch mit
deutlichen Differenzen gezeigt. GFS prognostiziert dabei ein rasches Abtropfen
im Mittelmeerraum. Damit würde ein Aufgleiten milderer Luft von Osten einsetzen
und dort weitere Niederschläge produzieren. Diese Variante wird von IFS
allerdings nicht gestützt.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Temperaturrauchfahnen des IFS zeigen erstaunlich große Einigkeit bis Ende
der kommenden Woche. Leichte Unsicherheiten zeigen sich hinsichtlich der
Kaltfront Mitte der Woche, die das noch nicht endgültige Vorankommen der
kurzzeitig einfließenden Polarluft nach Süden abbilden. Die Niederschlagssignale
sind vor allem im Norden eklatant. Selbst wenn es nicht für markanten Dauerregen
reicht, so wird in dieser Region doch relativ viel Niederschlag in der nächsten
Woche fallen. Das abnehmende Geopotential im Zuge der anstehenden Austrogung zum
nächsten Wochenende wird ebenfalls gut abgebildet und erscheint Stand heute
ziemlich sicher. Damit einher gehen auch deutlich kälter werdende T850. Diese
sind allerdings schon stark verrauscht.

Der aktuell geringe Spread in den ENS zeigt sich auch in der Clusteranalye: Bis
+196h wird jeweils nur ein einziges Szenario angeboten. Dieses zeigt einen
Übergang von +NAO nach -NAO und den Kaltluftvorstoß bis in niedrige Breiten.
Darüber hinaus werden zwei Cluster angeboten, bei denen weiterhin -NAO dominiert
und deren Anzahl an Membern gleichverteilt ist. Unterschiede bestehen dabei vor
allem im Abbau des Langwellentroges (Abtropfen vs. Abzug nach Osten).

Das ENS des GFS stößt im Wesentlichen in das selbe Horn und zeigt keine
nennenswerten Unterschiede gegenüber denen des IFS. Einzig die
Niederschlagsverteilungs ist hier noch deutlich unsicherer.

FAZIT:
Zunächst steht ein sehr stürmischer und recht milder Witterungsabschnitt bevor.
Dieser wird nur kurz durch einen vorübergehenden Kaltluftvorstoß unterbrochen.
In dessen Zuge kommt es zu signifikanten Niederschlägen, wahrscheinlich vor
allem im Norden und Nordwesten des Landes. Zum kommenden Wochenende deutet sich
dann eine nachhaltige Umstellung der Großwetterlage auf Trog West-/Mitteleuropa
an. Damit verbunden ist ein Vorankommen kälterer Luftmassen nach Deutschland,
die sich hier auch länger halten können. Damit scheinen die Chancen auf etwas
Winterwetter zum Ende des Mittelfristzeitraumes wieder zu steigen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


WIND/STURM:
Am Dienstag und Mittwoch verbreitet stürmische Böen Bft 8 bis in tiefe Lagen
wahrscheinlich. Schwerpunkt am Dienstag im Norden und der Mitte, am Mittwoch von
der Mitte bis in den Süden. Im jeweils betroffenen Bergland sowie anfangs an der
Küste (schwere) Sturmböen Bft 9-10 gering wahrscheinlich. In exponierten Kamm-
und Gipfellagen schwere Sturmböen bis hin zu Orkanböen gering wahrscheinlich.

DAUERREGEN:
Ab Dienstag bzw. der Nacht zu Mittwoch 24- bis 48-stündiger Dauerregen im Norden
gering wahrscheinlich. Am Donnerstag Verlagerung des Niederschlags in die
Westhälfte. Dort vor allem in Staulagen der Mittelgebirge geringe
Wahrscheinlichkeit für das Überschreiten markanter Warnschwellen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-ENS, ICON, MOSMIX
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VBZ Offenbach / M.Sc. Felix Dietzsch