DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

01-02-2024 08:01
SXEU31 DWAV 010800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 01.02.2024 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: NWa
Wechselhaft, windig und sehr mild. Heute vor allem im Süden, am Freitag und
Samstag bevorzugt im Norden und Osten häufig Niederschläge ohne warnrelevante
Mengen. An den Küsten heute und am Samstag zeitweise stürmische Böen, in den
Gipfellagen fast durchgehend Sturmböen, exponiert schwere Sturmböen, Brocken ab
und zu Orkanböen.


Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... befindet sich Deutschland an der Südwestflanke eines kräftigen
Höhentroges, der im Tagesverlauf Skandinavien unter Amplifizierung allmählich
ostwärts überquert und abends bereits mit seiner Achse über Finnland und das
Baltikum südwärts bis in den Osten Polens reicht. Stromaufwärts deutet sich
derweil schon der nächste Trogvorstoß von der Labradorsee Richtung
Südgrönland/Irmingersee an. Markante WLA auf dessen Vorderseite stützt ein
umfangreiches und kräftiges Höhenhoch knapp westlich der Biskaya, von dem aus
sich ein breiter Rücken nordwärts bis zur Dänemarkstraße erstreckt und im
Tagesverlauf allmählich ostwärts vorankommt.
Somit hat sich hierzulande eine kräftige, aber glatt konturierte nordwestliche
Höhenströmung eingestellt, wobei die Hauptachse des Troges bis zum frühen
Nachmittag das Vorhersagegebiet weitgehend passiert hat.
Im Bodenfeld interagiert der Höhentrog mit dem außergewöhnlichen Orkantief
"Margrit", das den internationalen Namen "Ingunn" zugewiesen bekommen hat.
Außergewöhnlich deshalb, weil es aus einer der stärksten Zyklogenesen über dem
Nordmeer bzw. der Norwegischen See der letzten 30 Jahre resultiert und während
der vergangenen Nacht wohl einen minimalen Kerndruck von etwa 940 hPa
aufgewiesen hat. Verbreitet gab es an der Küste etwa zwischen Trondheim und den
Lofoten Böen über 130 km/h, vereinzelt auch über 150 km/h und an wenigen
exponierten Stationen sogar über 200 km/h.
Inzwischen hat das Tief den Norden Norwegens erreicht und beginnt sich
entsprechend etwas aufzufüllen. Am späteren Abend erreicht es die Barentssee,
immerhin noch mit einem Kerndruck von knapp unter 955 hPa.
Die Kaltfront des Tiefs ist der Trogachse unmittelbar vorgeschaltet, hat mit
einem gut definierten Niederschlagsgebiet inzwischen den Norden Deutschlands
überquert und erreicht am späten Nachmittag die Alpen. Postfrontal sorgt KLA für
deutlichen Druckanstieg und Absinken, bis zum Abend erstreckt sich bereits ein
Keil des kräftigen Hochdruckgebietes "Frank" über der Biskaya bis nach West- und
Süddeutschland.
Somit klingen die Niederschläge postfrontal rasch ab und die Wolken lockern auf,
ehe sich unterhalb der Absinkinversion bei etwa 700 hPa flache Quellwolken
bilden, die aber keine Schauer mehr bringen.
Bis zum Abend werden mit Frontpassage in der Südhälfte meist 1 bis 5 l/qm
simuliert, in einigen Staulagen auch bis über 10 l/qm. Postfrontal folgt maritim
erwärmte Polarluft, die 850 hPa-Temperatur sinkt auf Werte zwischen -1 und -5
Grad, allerdings gibt es dann auch kaum mehr Niederschläge. Somit spielt die
feste Phase wohl lediglich im Bayerwald sowie an den Alpen eine nennenswerte
Rolle. Oberhalb von etwa 800 bis 1000 m fallen im Bayerwald 1 bis 5 cm, an den
Alpen, wo die Niederschläge noch bis Freitagvormittag andauern, etwa 3 bis 7 cm,
in höher gelegenen Staulagen auch bis 15 cm Neuschnee.
Von Warnrelevanz bleibt aber der Wind. Mit Frontpassage frischt er bereits auf,
bleibt aber in den Niederungen unterhalb der Warnschwellen, in den Kamm- und
Gipfellagen der Mittelgebirge gibt es dagegen vor allem bis zum Mittag bzw.
frühen Nachmittag noch stürmische Böen bzw. Sturmböen, vereinzelt auch schwere
Sturmböen aus Südwest bis West.
Postfrontal bleibt dagegen im Norden und Nordosten des Landes weiterhin ein
scharfer Gradient aufrecht und verschärft sich mit dem Druckanstieg
vorübergehend sogar noch etwas. Dort gibt es steife, an den Küsten und im
angrenzenden Binnenland stürmische Böen aus West bis Nordwest, an exponierten
Küstenabschnitten sind auch Sturmböen möglich. Auf dem Brocken kann es anfangs
schwere Sturmböen geben. Erst am späten Nachmittag und Abend flaut auch dort der
Wind von Wersten her allmählich ab, auf dem Brocken und dem Fichtelberg bleibt
der Wind aber wohl auch bis in die Nacht hinein warnrelevant.
Innerhalb der gut durchmischten Luftmasse bleibt es nach wie vor mild. Die
Höchsttemperaturen erreichen allgemein Werte zwischen 6 und 10 Grad, am
Oberrhein auch knapp darüber.

In der Nacht zum Freitag verlagert sich der Höhentrog in den Westen bzw.
Nordwesten Russlands und der breite Höhenrücken kommt zum Nordmeer bzw. zur
Nordsee voran. Um den Rücken herum splittet sich der Jetstream in zwei Teile
auf: Einerseits verläuft er ausgangs der Nacht fast mit Nord-Süd-Ausrichtung vom
Nordmeer kommend über das mittlere Skandinavien und die südliche Ostsee hinweg
bis nach Polen, der westliche Teil schwenkt dagegen bis Freitagfrüh mit
zunehmend zonaler Ausrichtung ins Seegebiet zwischen Island und Schottland. Bei
uns dominiert und verstärkt sich somit mitteltroposphärisch WLA. Vorderseitig
des auf die Irmingersee übergreifenden Höhentroges kann sich eine Frontalwelle
verstärken und zieht nach Island. Die weit südostwärts reichende Warmfront
überquert die Britischen Inseln und die Nordsee rasch ostwärts und erreicht
bereits morgens den Nordwesten Deutschlands. Die kräftige WLA wird zwar
dynamisch kaum gestützt, dennoch reicht es neben dichten Wolkenfeldern, die sich
im Laufe der Nacht, bis auf den Süden und Südosten, fast schon landesweit
ausweiten, auch für leichten Regen, der zumindest die gesamte Nordwesthälfte und
morgens auch die mittleren Landesteile erfasst. Niedertroposphärisch macht die
Milderung allerdings zunächst kaum Fortschritte, so dass die Niederschläge
morgens auch in Regionen mit 850 hPa-Temperaturen um -3 bis -4 Grad fallen. In
den zentralen Mittelgebirgen, vor allem im Harz, kann es dabei auch ein paar
Schneeflocken geben, für eine nennenswerte Schneedecke reicht es aber kaum.
Im Süden, anfangs auch in der Mitte kann sich bei aufgelockerter, teils geringer
Bewölkung gebietsweise Nebel bilden, lediglich Richtung Alpen bleibt es noch
stark bewölkt bis bedeckt, dort schneit es bis Freitagfrüh auch noch leicht. In
den Regionen vom südlichen Alpenvorland bis etwa zum Main und zur Mosel, in
ungünstigen Lagen auch noch etwas weiter nördlich kann es vor Aufzug der dichten
Wolken leichten Frost geben, während es sonst frostfrei bleibt. Somit kann in
den Frühstunden in einigen Tälern auch gefrierender Regen nicht ganz
ausgeschlossen werden. Meistens sollte dann aber eher die feste Phase dominieren
und die Mengen bleiben mit wenigen Zehntel mm sowieso gering.
Der Wind frischt mit Annäherung der Warmfront im Nordwesten wieder auf und dreht
auf Südwest zurück, in der zweiten Nachthälfte kann es im Nordseeumfeld bereits
einzelne steife Böen geben. Auf dem Brocken muss ausgangs der Nacht wieder mit
Sturmböen gerechnet werden.

Freitag... schwenkt der breite Höhenrücken allmählich Richtung Ostsee und
Mitteleuropa, dahinter setzt sich die Zonalisierung der Frontalzone an der
Südflanke des sich Richtung Island ausweitenden Höhentroges weiter fort. Der
Jetstream reicht zum Abend hin über den Norden Schottlands und die nördliche
Nordsee bis nach Südskandinavien.
Im Bodenfeld weitet sich von der Labradorsee eine Tiefdruckrinne mit mehreren
eingelagerten Kernen über Island bis zum Nordmeer aus, das östlichste
Drehzentrum weist zum Abend hin westlich der mittelnorwegischen Küste einen
Kerndruck von knapp unter 970 hPa auf. Dessen Warmfront überquert bis zum späten
Nachmittag oder Abend das gesamte Vorhersagegebiet mit meist leichten
Niederschlägen ostwärts, lediglich ganz im Westen und Südwesten bleibt es wohl
ko0mplett trocken, auch sonst lassen die Regenfälle nach Passage der Front
alsbald wieder nach, lediglich an den Alpen stellt sich erneut Stau ein, dort
gibt es noch bis in die erste Nachthälfte hinein Niederschläge.
Anfangs kann es dabei vor allem in den östlichen und ostbayerischen
Mittelgebirgen bis in tiefere Lagen etwas schneien (am ehesten noch Erzgebirge
mit einer Schneefallwarnung, sonst reichen sicherlich Glättewarnungen), in
Ostbayern kann vormittags auch gefrierender Regen nicht ganz ausgeschlossen
werden. Im Warmsektor steigt die 850 hPa-Temperatur bis zum Abend allerdings
allmählich auf 0 Grad am östlichen Alpenrand und bis +4 Grad im Nordwesten bzw.
Südwesten, entsprechend gehen die Niederschläge bis in die Kammlagen in Regen
über. Insgesamt kommen sowieso lediglich wenige l/qm zusammen, nur an den Alpen
fallen bis zum späten Abend 5 bis über 10 l/qm, oberhalb von 1000 m kommen somit
dort durchaus 5 bis 10 cm Neuschnee zusammen, in Staulagen mehr.
Mit Annäherung des Tiefs verschärft sich der Gradient vor allem im Warmsektor
weiter, zumal ein Keil des kräftigen Hochs über der Biskaya und Frankreich nach
Südwestdeutschland gerichtet bleibt und der Wind frischt aus Südwest bis West
auf. An den Küsten gibt es verbreitet steife, im Nordseeumfeld sowie an der
vorpommerschen Küste auch stürmische Böen. In den Kamm- und Gipfellagen der
Mittelgebirge (außer der südwestdeutschen) und der Alpen muss mit Sturmböen, auf
exponierten Gipfeln mit schweren Sturmböen, auf dem Brocken mit Orkanböen
gerechnet werden. In den Niederungen reicht es wohl nur im küstennahen
Binnenland sowie an einigen Mittelgebirgen (vor allem Harz- und
Erzgebirgsvorland) für steife Böen.
Während es im Norden und Osten wohl ganztägig bedeckt bleibt, lockern die Wolken
im Südwesten im Tagesverlauf stärker auf. Vor allem am Oberrhein und im
Schwarzwald kann sich durchaus länger die Sonne zeigen. Die Höchsttemperaturen
erreichen an den ostbayerischen Mittelgebirgen und am Alpenrand kaum 5 Grad,
sonst werden 6 bis 10 Grad erreicht, im Südwesten bis zu 12 Grad.

In der Nacht zum Samstag kommt der Höhenrücken über dem Vorhersagegebiet
allmählich nach Südosten voran, die Frontalzone kann nördlich von uns etwas
weiter nach Süden ausgreifen, so dass sich an der leicht antizyklonal
konturierten westnordwestlichen Höhenströmung nur wenig ändert.
Im Bodenfeld weitet sich die Tiefdruckrinne Richtung Nordskandinavien aus, unser
Tiefdruckgebiet kommt aber nur zögernd Richtung Lofoten voran und kann sich noch
ein wenig vertiefen. Dessen Kaltfront überquert bis Samstagfrüh Schottland und
die nördliche Nordsee.
Somit verbleiben wir im Warmsektor des Tiefs. Da sich an dem nach
Südwestdeutschland gerichteten Hochkeil kaum etwas ändert, verschärft sich der
Gradient vor allem im Norden und Osten sogar noch etwas. An den Küsten gibt es
vorübergehend häufiger stürmische Böen aus West bis Südwest und die steifen Böen
können noch ein wenig weiter ins Binnenland ausgreifen. Ansonsten ändert sich an
der Windsituation, auch auf den Bergen, nur wenig.
Innerhalb des Warmsektors wird weiterhin feuchtmilde Atlantikluft advehiert, so
dass es vielerorts stark bewölkt bis bedeckt bleibt. Vor allem im Norden und
Osten, zeitweise aber auch auf die Mitte ausgreifend fällt etwas Regen bzw.
Nieselregen. Lediglich im Südwesten und südlich der Donau bleibt es wohl
komplett trocken und wohl auch aufgelockert bis gering bewölkt. Dort kann es in
ungünstigen Lagen, vor allem in einigen Mittelgebirgs- und Alpentälern leichten
Frost geben, sonst bleibt es mit Tiefstwerten zwischen 8 und 3 Grad relativ
mild.

Samstag... schwenkt der Höhenrücken über die Alpen hinweg in den Mittelmeerraum,
während er Höhentrog über das Nordmeer Richtung Nord- und Mittelskandinavien
vorstößt. Hierzulande bleibt die nach wie vor recht kräftige westnordwestliche
Höhenströmung relativ glatt konturiert, darin eingebettet, erreicht ein flacher
und breiter, am ehesten noch in 300 hPa auszumachender Höhentrog abends den
Nordwesten Deutschlands.
Diese3r verleiht der Kaltfront des erst gegen Abend die Lofoten erreichenden,
nach wie vor recht kräftigen Tiefs (Kerndruck abends nahe 960 hPa) aber nur
vorübergehend etwas mehr Schubkraft, so dass diese nur zögernd über der Nordsee
südsüdostwärts vorankommt und am Nachmittag auch auf Norddeutschland übergreift.
Somit bleibt der Großteil des Vorhersagegebietes innerhalb des Warmsektors im
Zustrom feuchtmilder Atlantikluft mit 1 bis 5 Grad in 850 hPa. Lediglich im
Südwesten und Süden dominiert der nach wie vor dorthin gerichtete Bodenhochkeil.
Dort bleibt es trocken und vom Schwarzwald bis ins östliche Alpenvorland kann
sich auch länger die Sonne durchsetzen. Im übrigen Land bekommt die Wolkendecke
dagegen kaum Lücken und es kann vor allem im Norden und Osten auch immer wieder
regnen (meist 1 bis 5 l/qm, im Lee weniger, in Staulagen mehr). Erst mit
Übergreifen der Kaltfront klingen die Regenfälle im äußersten Norden ab und
postfrontal lockern die Wolken dort nachmittags auf.
An der Windsituation ändert sich ebenfalls nicht allzu viel; da sich der
Hochkeil etwas abschwächt, fächert der Gradient ein wenig auf, so dass es an den
Küsten seltener stürmische Böen gibt. Aber nach wie vor verbreitet und bis ins
Binnenland ausgreifend steife Böen aus westlichen Richtungen. In den Kamm- und
Gipfellagen der zentralen, östlichen und ostbayerischen Mittelgebirge muss nach
wie vor mit Sturm-, exponiert mit schweren Sturmböen gerechnet werden, auf dem
Brocken mit orkanartigen Böen.
Bei halbwegs Durchmischung wird es milder als am Vortag mit Höchstwerten
zwischen 7 und 12 Grad, im Südwesten örtlich auch darüber.

In der Nacht zum Sonntag kommt das Tief allmählich Richtung Bottnischen
Meerbusen voran, dessen Kaltfront gerät irgendwo über der Nordhälfte
Deutschlands ins Schleifen. Während es postfrontal im Norden und Nordosten
trocken bleibt und die Wolken zeitweise auflockern, kommt es im Frontbereich und
südlich davon zu weiteren, meist aber nur leichten Regenfällen, die nun auch
vermehrt die mittleren Landesteile und eventuell noch das östliche Bayern
erfassen. In 12 Stunden fallen aber meist weniger als 5 l/qm, lediglich in
einigen Staulagen etwas mehr. Im Südwesten und an den Alpen bleibt es dagegen
noch trocken und aufgelockert bewölkt, so dass es dort in einigen Mittelgebirgs-
und Alpentälern eventuell leichten Frost geben kann, während es sonst frostfrei
bleibt.
Der recht scharfe Gradient bleibt nach wie vor aufrecht, so dass sich an der
Windsituation nur wenig ändert.

Modellvergleich und -einschätzung
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Für den morgigen Freitag simulieren IFS und GFS am Alpenrand, im Gegensatz zum
ICON-EU, keine nennenswerten Niederschläge, so dass bzgl. der Verlängerung der
derzeit laufenden Schneefallwarnung dort noch abgewartet werden kann.
Ansonsten bieten die vorliegenden Globalmodelle allesamt ähnliche Lösungen an,
erst am Samstag bzw. in der Nacht zum Sonntag werden die Differenzen etwas
größer, in erster Linie, was die Zugbahn des "Lofotentiefs" und die genaue Lage
bzw. Ausrichtung der schleifenden Front über Norddeutschland betrifft. Das hat
einen Einfluss auf die Niederschlags- und Windprognosen im Detail, die aber kaum
warnrelevant sind. Für die Berge bieten sich somit langlaufende Sturmwarnungen
an.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff