DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

28-01-2024 16:31
SXEU31 DWAV 281800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 28.01.2024 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
Zunächst ruhiges Hochdruckwetter mit Nachfrost, lokal Glätte und Nebel, ab
Dienstag langsam unbeständiger und windiger.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 06 UTC
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Aktuell ... sind die großskaligen Strukturen in Europa stabil. In der Kurzfrist
bis einschließlich Dienstag wird das IFS-EPS von nur einer Wetterlage, Südwest
antizyklonal, dominiert. Erst ab Mittwoch mischen sich weitere Lösungen in den
Wettertopf. Vor allem die Wetterlage Nordwest antizyklonal scheint dann größere
Gewinnchancen zu haben.

Am heutigen Sonntagabend liegt Deutschland passend zur Wetterlage im Bereich
eines Rückens, der sich vom westlichen Mittelmeerraum bis nach zum Baltikum
erstreckt und dessen Achse sich noch knapp westlich von Deutschland befindet.
Bodennah korreliert der Rücken mit einem großräumigen und kräftigen Hoch vom
zentralen Mittelmeerraum bis nach Osteuropa. Unter dem Rücken und auf der
Westflanke des Hochs in einer antizyklonal geprägten Grundströmung dominiert
hierzulande demnach verbreitet Absinken. Allenfalls über der Nordhälfte können
sich hohe Schleierwolken breitmachen bzw. vorüberziehen. Diese sind an die WLA
gekoppelt, die sich über die Nordsee hinweg nach Südskandinavien verlagert.
Zudem gibt es im Süden noch lokal begrenzt Nebel und Hochnebelflecken. Dort ist
die Grundschicht ausreichend kalt und feucht, sodass das Absinken eine
Inversionsschicht mit Schichtbewölkung induziert. Allerdings bilden derartige
Flecken in der grundsätzlich doch ziemlich trockenen Luftmasse die Ausnahme. In
der Nacht zum Montag macht sich die hohe, lokal auch mittelhohe Bewölkung im
Westen und Nordwesten aber durchaus bemerkbar, indem die Tiefstwerte häufig im
frostfreien Bereich verbleiben. Anders sieht es im restlichen Land aus, wo die
Luft bei klarem Himmel wieder ordentlich auskühlt. Die Folge ist leichter bis
mäßiger Frost. Ob und wo sich bevorzugt im Süden Glätte bildet muss abgewartet
werden. Aufgrund der Luftmasse sollten Nebel und örtliche Reifglätte die
Ausnahme bilden, können aber nicht ganz ausgeschlossen werden. Neben den
genannten Parametern kann auch der Wind evtl. wieder ein kleines Wörtchen in der
Wetterküche mitreden. Sobald die Achse des Rückens langsam über Deutschland
hinweg ostwärts schwenkt, verschärft sich der Gradient etwas. Auf der Nordsee
und den nordfriesischen Küsten sind dann wie auch in den Hochlagen der
Mittelgebirge sowie dem sächsischen Elbtal (Böhmischer Wind) einzelne Windböen
Bft 7 möglich, auf dem Brocken wehen stürmische Böen. Bei den Temperaturen in
850 hPa von +7 bis +12 Grad sind wir weiter meilenweit vom Winter entfernt.

Montag ... sind kaum nennenswerte Unterschiede beim Wetter zu verzeichnen,
wenngleich die Luftdruck- und Geopotentialverteilungen durchaus gewisse
Veränderungstendenzen aufweisen, insgesamt aber weiter die dominierende
Wetterlage (SWa) stützen. Aufgrund der Aktivitäten über dem Ostatlantik und den
Britischen Inseln, wo sich ein Kurzwellentrog ostwärts schiebt und über England
ein Bodentief induziert, wird der Rücken vor allem über Mitteleuropa nach Polen
Weißrussland geschoben, sodass dieser in Schieflage gerät. Die Achse tangiert
dann wohl nur noch den Südosten des Landes. Der große Rest gelangt schon auf die
Vorderseite des Kurzwellentroges. Auf weil der Frontenzug zum Bodentief noch
nicht auf Benelux oder gar Deutschland übergreift, fehlt es aber weiter an
nennenswerten Hebungsimpulsen. Allerdings kann in den Westen und Nordwesten
etwas feuchtere Luft einsickern und von der Mitte in den Südwesten nachts die
Nebelwahrscheinlichkeit leicht erhöhen. Für Glätte sollte es bei geringer
Auftrittswahrscheinlichkeit aber nur gebietsweise bevorzugt in Hessen,
Baden-Württemberg und Bayern reichen. Dies liegt auch daran, dass im Westen und
Norden sowie Teilen der Mitte durch die aufziehende hohe und mittelhohe
Bewölkung die Tiefstwerte nicht mehr in den Frostbereich absinken. Sowohl bei
den Sonnenanteilen am Tag als auch beim Aufklaren bzw. den Auflockerungen in der
Nacht gibt es eine deutliche Nordwest-Südost-Verteilung. Der Wind ist kaum ein
Thema, wenngleich er spürbar weht, vielfach aber nicht im warnwürdigen Bereich
landet. Die Ausnahmen bilden der Brocken mit weiteren stürmischen Böen (Bft 8)
sowie der mögliche Böhmische Wind mit einzelnen Windböen (Bft 7).

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Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 06 UTC

Dienstag ... wird es dann spannender. Zwar zeigen die Modelle weiter die
übergeordnete Wetterlage Südwest antizyklonal, diese gilt aber nicht mehr für
alle Regionen von Mittel- oder Westeuropa. Dies liegt an dem Kurzwellentrog, der
von England über die Nordsee hinweg nach Dänemark wandert und am Boden das sich
etwas intensivierende Tief mitschleppt. Dabei wird das Land aber zunächst nicht
von den Frontenzügen tangiert und verharrt stattdessen in einem breiten
Warmsektor. Erst zum Abend greift schließlich die Kaltfront auf den Nordwesten
über und verlagert sich in der Nacht etwa bis zum Main. Grundsätzlich sind die
Hebungsimpulse limitiert, obwohl vor allem im Norden und Nordwesten PVA mit
frontogentischen Prozessen interagieren kann. Als Gegenspieler ist aber der hohe
Luftdruck über der Südhälfte zu sehen, der sich in der Nacht sogar wieder bis
zur Nordsee ausbreitet. Gleichermaßen fällt auch die Luftfeuchte noch meist mau
aus. Somit gibt es bevorzugt im Nordwesten und Westen Hinweise auf etwas Regen.
Je weiter nach Süden, desto geringer fallen die Niederschläge aus. Aber auch
wenn kaum Niederschlag zu verzeichnen ist, so schieben sich dichte Wolken an den
Himmel. Als Folge fehlt es nachts abgesehen vom Süden an Ausstrahlung, sodass
sich der Nachtfrost in den Südosten des Landes zurückzieht. Auch beim Wind wird
es nun etwas interessanter. Nachdem dieser auf Südwest bis West dreht und durch
die Gradientverschärfung zunimmt, muss ab dem Nachmittag zunächst an der
Nordsee, nachts auch an der Ostsee mit starken bis stürmischen Böen (Bft 7-8),
in Gipfellagen der Mittelgebirge mit stürmischen Böen oder Sturmböen (Bft 8-9)
gerechnet werden.

Ab Mittwoch scheint sich korrelierend zu einem Rücken über dem Ostatlantik über
Frankreich ein kräftiges Hoch einzunisten. Gleichzeitig nimmt über dem
Nordostatlantik und den Britischen Inseln die Tiefdrucktätigkeit zu.
Resultierend würde sich hierzulande eine teils kräftige nordwestliche
Grundströmung ausbilden, mit der auch Frontensystem des Land erreichen. Die
Folge wäre der Übergang hin zu einem unbeständigen, im Verlauf auch wieder etwas
kühlerem Witterungsabschnitt. Ob sich sogar ein Berglandwinter einstellt ist
aber noch nicht abschließend geklärt.


Modellvergleich und -einschätzung
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Bis einschließlich Montag simulieren die verschiedenen Global- und
Regionalmodelle die Geopotential- und Luftdruckverteilung vergleichbar. Vor
allem hierzulande gibt es entsprechend kaum Abweichungen bei den
Wetterprognosen.

Erst ab Dienstag nehmen die Unterschiede zwischen den Modellen zu, indem der
Kurzwellentrog inklusive korrelierendem Bodentief in Stärke und Lage leicht
abweichend gezeigt werden. Resultierend gibt es zeitliche Abweichungen beim
Übergreifen der Kaltfront und bei der Intensität der dazugehörenden
Niederschläge. UK10 und ICON stützen sich dabei gegenseitig, weisen aber im
Vergleich zum IFS ein schwächeres Tief auf, welches auch rascher verlagert. Das
IFS ist dagegen etwa 4 hPa kräftiger, aber etwa 100 km zurückhängend unterwegs.
Durch die größere Intensität wird aber auch die Kaltfront auf der Rückseite des
Tiefs stärker nach Deutschland geschoben. Im Verlauf des Dienstags holt auch das
UK10 auf und ist bei der Verlagerung der Kaltfront ab dem Abend fast mit dem IFS
gleichauf. Auch beim Kerndruck gleichen sich die Modelle an. Einzig GFS ist
weiter schwach und deutlich zurückhängend, teils über dem mittleren Nordsee
verharrend, unterwegs.

Zusammenfassend weisen UK10 und IFS vor allem beim Bodentrog ab Dienstag eine
größere Amplitude auf, sodass die Niederschläge weiter nach Süden vorankommen
und auch etwas kräftiger ausfallen. ICON ist sehr zurückhaltend und lässt
gedämpft durch den hohen Luftdruck kaum Niederschlag zu. Das GFS schickt
allenfalls ein Niederschlagsfeld über den Norden hinweg, welches aber sogar am
intensivsten ausfällt.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Lars Kirchhüebl