DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

26-01-2024 08:30
SXEU31 DWAV 260800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 26.01.2024 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Wz, Übergang zu SW a

Heute Kaltfrontdurchzug mit Sturmböen. Danach Abkühlung rasche Wetterberuhigung.


Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... zieht in einer westlichen Strömung ein recht scharf geschnittener
Kurzwellentrog über die Nordsee nach Osten, der im Tagesverlauf auch mit einem
Schwall etwas höhenkälterer Luft auch Deutschland erfasst. An der Kaltfront
eines Tiefs bei Grönland entsteht im Lee der südnorwegischen Gebirge ein
Teiltief, das dann weiter nach Südschweden zieht.
Die Kaltfront des Tiefs, verbunden mit einem gut ausgeprägten Bodentrog, bekommt
dabei noch einen ordentlichen Schub und überquert heute tagsüber Deutschland
zügig nach Süden und hat am Abend schon Polen und den Alpenrand erreicht.

Postfrontal gelangt Meereskaltluft polaren Ursprungs zu uns, in der die 850 hPa
Temperatur auf -2 bis -6°C zurückgeht. Mit der Kaltfront, deren Hebung von
starker Vorticityadvektion, anfangs auch aus Warmluftadvektion resultiert,
ziehen schauerartige Regenfälle und nachfolgend Schauer über Deutschland hinweg,
wobei gebietsweise 5 bis 10 l/qm Regen erwartet werden, rund um die Nordsee und
in Schleswig-Holstein auch etwas mehr. An den Alpen fällt bis über 1500m Regen,
da dort mildere Luft vorhanden ist und erst wenn die Kaltfront durch ist und die
Niederschläge nachlassen, sinkt die Schneefallgrenze ab. Meist bleibt es dabei
stark bewölkt, am ehesten gibt es ein paar Auflockerungen im Nordwesten nach
Abzug des Tiefausläufers.

Der Wind steht heute im Focus der Entwicklung. Er dreht mit der Kaltfront von
Südwest auf West bis Nordwest und frischt schon aus dem Gradienten heraus über
der Nordhälfte auf mit steifen bis stürmischen Böen, an der Nordsee und in
einigen exponierten Ostseelagen auch mit Sturmböen.
Im Süden ist der Wind schwächer, dort gibt es nur im Bergland Böen 6-7,
vereinzelt 8 Bft. Das Windmaximum ist mit Durchzug der Kaltfront über dem Norden
und der Mitte zu erwarten. Dann können die rund 50 kt eines Low Level Jets nach
unten gemischt werden mit der Folge von Sturmböen Bft 9. Einzelne schwere
Sturmböen sind ebenfalls nicht ausgeschlossen. Ob die Abschwächung der Böen nach
Osten Osten tatsächlich so ausfällt, wie ICON simuliert, ist unsicher. Aus
synoptischen Überlegungen, linker Ausgang des Jets, Oberwinde um 50 kt und
weiter aktive Kaltfront und daran auch etwas Cape, spricht viel für stürmische
Böen, eventuell Sturmböen im Osten.

Im Süden geht der Kaltfrontdurchzug ruhiger vonstatten, mit 6-7 Bft. Auf
exponierten Bergen muss mit schweren Sturmböen gerechnet werden, auf dem Brocken
mit orkanartigen Böen.

Die Temperaturen liegen noch auf hohem Niveau von 8 bis 12°C, im Süden sind bis
14°C möglich. Vor allem im Nordwesten werden die Maxima schon früh erreicht und
nach Kaltfrontdurchzug beginnt die Temperatur im Tagesverlauf zu sinken.

In der Nacht zum Samstag zieht der Höhentrog ostwärts ab und tropft nach
Nordostpolen aus. Dazu zugehörige Bodentief nahe dem Baltikum wird überholt und
beginnt sich aufzufüllen. Über Deutschland setzt sich auf der Vorderseite eines
breiten Höhenrückens von Westen her Druck- und Geopotentialanstieg durch, so
dass sich das Wetter rasch beruhigt und die frische, trockene und zumindest
halbwegs kalte Luft zur Ruhe kommt.

Der Hochschwerpunkt verschiebt sich von Frankreich nach Süddeutschland, sodass
der dort ohnehin nicht sehr starke Wind nachts fast komplett einschläft. Auch im
Nordwesten lässt der westliche Wind rasch nach, an der Nordsee gibt es zunächst
steife, exponiert letzte stürmische Böen, die aber bald vorbei sind.
Lediglich der Nordosten verbleibt länger unter recht starkem Gradienten, so dass
dort der Westwind nur langsam nachlässt und es weitere Böen 7 Bft gibt, im
Ostseeumfeld auch stürmische Böen und in den exponierten Lagen
Sturmböen. Die Windabnahme betrifft auch das Bergland. Vor allem aber in den
östlichen Mittelgebirge und exponiert in den Alpen gibt es über die Nacht hinweg
noch stürmische Böen, exponiert Sturmböen.

Die abziehende Kaltfront beschert dem Alpenrand in der ersten Nachthälfte noch
etwas Regen, wobei die Schneefallgrenze auf ca. 1000 m sinkt. Viel Schnee kommt
aber nicht mehr zusammen. Ansonsten bleibt es meist trocken, abgesehen von
letzte schwachen Schauern in den östlichen Bergländern und rückseitig der
Kaltfront sorgt das Absinken für größere Auflockerungen.

Gebietsweise können sich unter dem Hochschwerpunkt im Südwesten und Süden
Nebelfelder ausbreiten.

In der recht kalten Luftmasse kühlt es bei schwachem Wind über der Südhälfte auf
0 bis -4°C ab, so dass bei Restnässe Glättegefahr besteht. Über dem Norden
bleibt es bei mehr Wind mit 4 bis 0°C frostfrei.


Samstag... weitet sich der Höhenrücken nordwärts aus und nähert sich uns weiter
an, die Achse bleibt westlich von uns. Das Bodenhoch wandert nur noch wenig nach
Osten und nistet sich im Tagesverlauf mit seinem Schwerpunkt über Bayern,
Österreich und Tschechien ein. Es weitet sich ebenfalls nach Norden aus, so dass
auch im Nordosten im Tagesverlauf unter schwachen Druckgradienten kommt. Ganz im
Nordosten kann es in der ersten Tageshälfte Böen 7 Bft aus
Westnordwest geben, um Rügen herum auch noch stürmische Böen. Auch über der
Nordsee weht der Wind teils frisch, aber nicht mehr warnwürdig. Ansonsten weht
der Wind in der Nordhälfte teils mäßig um West, im Süden ist es schwachwindig.

Von Südwesten her wird das Absinken stärker, so dass sich eine Absinkinversion
bildet. Dies zeigt sich auch in den von SW steigenden Temperaturen in 850 hPa,
die aber am Boden nicht ankommen. Im Norden und Nordosten hat das bei feuchter
Grenzschicht Hochnebel und tiefe Bewölkung zur Folge. Im Süden und Südwesten, wo
es stärker abgetrocknet ist, scheint häufig die Sonne. Allerdings halten sich
die Nebelfelder in einigen Niederungen und Tälern zäh und lösen sich kaum auf.

Die Temperaturen erhalten einen Dämpfer und erreichen meist +3°C im höheren
Bergland und bis zu +7/+8°C in vielen Niederungen. Im Nebel bleibt es kälter.

In der Nacht zum Sonntag gibt es unter Hochdruckeinfluss abgesehen vom Nordosten
eine klare oder gering bewölkte Nacht. Bei schwachem Wind geht die Temperatur
auf -2 bis -7°C zurück. Vor allem nach Süden hin bildet sich in den Niederungen
gebietsweise Nebel. Im Nordosten gibt es zunächst mehr Wolken und es bleibt (im
äußersten Norden) etwas windiger, dort bleibt es teilweise auch frostfrei,
teilweise geht es leicht unter den Gefrierpunkt. Dazu kann sich im Norden
gebietsweise Hochnebel bilden.


Sonntag... legt sich der Höhenrücken ausgehend vom westlichen Mittelmeer über
Mitteleuropa diagonal nach Nordosten und reicht bis Finnland. Der Schwerpunkt
des Bodenhochs verschiebt sich Richtung Polen und Tschechien, womit bei uns eine
schwache südliche bis südwestliche Bodennahe Strömung aufkommt. Frontales
Geschehen findet sich erst weit abseits unseres Bereichs über dem Atlantik und
Nordwesteuropa.

Warmluftadvektion bewirkt über dem Westen und Norden hohe und mittelhohe
Bewölkung, durch die die Sonne meist hindurchscheint. Die tiefe Bewölkung im
Norden dürfte rausgedrängt werden, sodass auch dort die Sonne zum Zuge kommt,
nur beim Nebel und Hochnebel im Süden ist sehr fraglich, ob dieser sich überall
lichtet. Dafür ist das bisschen Strömung zu schwach. Bei längerem Grau sind dort
nur Werte knapp über 0°C zu erwarten, sonst steigt in sehr trockener Luft und
bei sonnigem Wetter die Temperatur meist auf 4 bis 9°C.
Für etwas höheren Temperaturen in einigen Leelagen der Berge reicht der Wind
aber, hier sind 10 bis 12°C möglich und auch die höheren Berglagen dürfen sich
an viel Sonne und milden Temperaturen erfreuen.

Der Süd- bis Südostwind lebt tagsüber besonders nach Nordwesten hin auf, aber
selbst über der Nordsee werden höchstens einzelne 7er Böen erwartet.

In der Nacht zum Montag ändert sich nichts Grundsätzliches. Nur im Nordwesten
dämpfen dünne Wolken die Ausstrahlung und es bleibt gebietsweise frostfrei.
Sonst kühlt es kräftig ab auf leichten bis mäßigen Frost. Besonders im Süden ist
stellenweise Nebel zu erwarten.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Entwicklung im synoptischen Scale ist unstrittig. Fraglich bleibt die Lage
hinsichtlich der Böen nach Osten hin, hier wird eine offensivere Variante, als
die ICON Lösung bevorzugt. Auch was Glätte in der kommenden Nacht und den
leichten Schneefall in den Alpen angeht, empfiehlt sich abzuwarten. Viel Schnee
fällt nicht mehr und teilweise trocknet es ab, bevor die Beläge unter 0°C
rutschen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner