DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

25-01-2024 18:01
SXEU31 DWAV 251800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 25.01.2024 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
Morgen in der Nordhälfte wieder Sturm, nachfolgend unter Hochdruckeinfluss
Wetterberuhigung.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC
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Aktuell ... bestimmt ein Höhenkeil das Wettergeschehen in unserem Land. Seine
Achse erstreckt sich von der Iberischen Halbinsel ausgehend nordnordostwärts bis
nach Lappland. Somit liegen wir aktuell noch leicht vorderseitig dieses Keils.
Hier hat sich ausgehend von einem umfangreichen Hochdruckgebiet, welches den
gesamten Südwesten Europas umfasst, ein Zwischenhoch mit dem Namen "Dario I"
eingenistet. Auch bodennah erstreckt sich ein Keil nordwärts über Deutschland
hinweg, so dass der meist schwache bis mäßige Wind im Osten aus West weht, im
Westen aus Südwest bis Süd.

Über dem Osten Europas ist ein Höhentrog zu finden, der mit einem Bodentief
(Jitka, international Jocelyn) korrespondiert. Ein weiterer Höhentrog mit
ordentlich Höhenkaltluft im Gepäck rauscht derzeit vom Atlantik heran und nähert
sich den Britischen Inseln. Bodennah ist der gesamte Nordwesten Europas bis nach
Grönland von Tiefdruck geprägt, wobei die zugehörige Kaltfront durch einen
markanten Bodentrog markiert ist, der derzeit Irland und Schottland erreicht.

Die beiden Tiefdruckgebiete sind über ein Frontensystem verbunden, welches
derzeit über der Südwesthälfte Deutschlands liegt und langsam als Warmfront
wieder ostwärts vorankommt. An ihr fällt vom Emsland bis zur Schwäbischen Alb
leichter Regen, etwas stärker regnet es immer noch im westlichen Alpengebiet.
Vor allem in den Alpenregionen westlich des Inns sind seit gestern Nachmittag
bereits verbreitet 30 bis 70, im Allgäu teils über 80 l/qm gefallen, so dass die
ausgegebenen Dauerregenwarnungen etwas zu knapp bemessen waren, allerdings
aufgrund der vor allem noch östlich des Inns zu erwartenden Regenfälle jetzt
auch nicht mehr dringend aktualisiert werden müssen.

Im Bereich der Warmfront ist die Bewölkung sowieso dicht, doch auch im Osten und
Norden des Landes halten sich derzeit meist dichte Wolken. Lediglich regional
gibt es ein paar größere Auflockerungen, so dass dort der Vollmond zu bestaunen
ist.

Noch ein Satz zu den Temperaturen: Der größte Teil unseres Landes liegt im
Bereich einer erwärmten polaren Meeresluft (mPs), in 850 hPa werden dort -4 bis
0°C gemessen. Südwestlich der Warmfront fließt dagegen eine maritime
Subtropikluft (mS), in der in 850 hPa die Temperatur auf +2°C steigt. Auch
bodennah sind die Temperaturunterschiede nicht weltbewegend. Im Nordosten wurden
heute etwa 8°C erreicht, im Südwesten 12°C.

In der Nacht zum Freitag schwenkt der vom Atlantik heraneilende Höhentrog recht
rasch ostwärts und überquert die Britischen Inseln. Auf seiner Vorderseite wird
der Höhenrücken nach Osten gedrängt und überquert dabei Deutschland. Das
Boden-Zwischenhoch Dario I verlagert seinen Schwerpunkt nach Südosteuropa,
während über der Nordsee der Druck deutlich fällt.

Damit kommt es hierzulande zu einer Gradientzunahme und vor allem in der
gesamten Nordwesthälfte, aber auch in den Hochlagen des Berglandes kommt zu
spürbar auffrischendem Südwind. Auf den ersten exponierten Gipfeln gibt es dann
schon stürmische Böen oder Sturmböen aus Südwest, im Bereich der Nordsee gibt es
erste steife Böen. Richtung Südosten weht der Wind noch recht schwach.

Die Warmfront kommt langsam ostwärts voran, über der östlichen Mitte lassen die
Regenfälle daran immer mehr nach, so dass dort allenfalls noch ein paar Tropfen
fallen. Lediglich an den Alpen fällt noch etwas mehr, wobei östlich des Inns
noch 10 bis 15 l/qm zusammenkommen können. Im westlichen Alpengebiet ist es
deutlich weniger. Die Schneefallgrenze steigt dabei wieder über 1500 m an. Mit
den nach Osten vorankommenden Niederschlägen können dann von Westen her auch die
Dauerregenwarnungen auslaufen.

In den Frühstunden nähern sich von der Nordsee her teils mäßige Regenfälle im
Vorfeld der Kaltfront des Tiefs, die vor allem auf das Nordseeumfeld
übergreifen. Abseits der Regengebiete, vor allem im Nordosten und Südwesten,
kann es auch einzelne größere Auflockerungen geben. Wo solche auftreten, vor
allem Richtung Nordosten, sinken die Temperaturen auf 3 bis 0°C ab, vereinzelt
kann es im östlichen Bergland auch leichten Frost geben. Bei auffrischendem Wind
und unter Wolken liegen die Tiefstwerte dagegen im Westen vielfach bei 8 bis
5°C.

Am Freitag ... schwenkt der Trog rasch weiter ostwärts über die Nordsee bis nach
Südschweden, wo sich ein Höhentief abspaltet. Er weitet sich auch zunehmend
weiter nach Süden aus, so dass die Trogachse auch über Deutschland hinweg
schwenkt. Damit gelangt auch etwas kältere Luft in der mittleren Troposphäre
über unser Land, in 500 hPa sinkt die Temperatur über dem Norden auf unter
-28°C.

An der Kaltfront des Tiefs, die auch mit einem markanten Bodentrog verbunden
ist, entsteht an der Südspitze Norwegens das Teiltief Katrin, das bis zum Abend
ebenfalls bis ins südliche Schweden zieht. Die Kaltfront mit dem Bodentrog
greift dabei ab dem späten Vormittag auf den Nordwesten Deutschlands über und
überquert im weiteren Verlauf des Tages das ganze Land südostwärts, so dass
diese am Abend schon über Polen und am Alpenrand liegt.

Rückseitig der Kaltfront fließt eine Meereskaltluft polaren Ursprungs
(wahrscheinlich mP) ins ganze Land und in 850 hPa geht die Temperatur wieder auf
-2 bis -6°C zurück, nur ganz im Süden ist es am Abend noch milder. Mit der
Kaltfront ziehen schauerartige Regenfälle und nachfolgend Schauer über
Deutschland hinweg, wobei insbesondere im Norden recht flächendeckend 5 bis 10
l/qm Regen erwartet werden, rund um die Nordsee und in Schleswig-Holstein können
es auch 10 bis 15 l/qm werden. Ähnliche Summen werden teils auch im Bergland
erwartet, an den Alpen und im Schwarzwald kann eventuell sogar noch etwas mehr
fallen, wobei während des Niederschlags die Schneefallgrenze meist noch um 1500
m liegt. Ansonsten fallen im Süden allgemein unter 5 l/qm.

Das markanteste Ereignis ist jedoch der Wind: Dieser dreht mit der Kaltfront von
Süd bis Südwest auf West bis Nordwest und frischt schon allein aus dem
Gradienten heraus über der Nordhälfte deutlich auf mit steifen bis stürmischen
Böen, an der Nordsee und in einigen exponierten Ostseelagen auch mit Sturmböen.
Im Süden ist der Wind allgemein schwächer, dort gibt es nur im Bergland steife
bis stürmische Böen. Insbesondere mit Durchzug der Kaltfront frischt der Wind
von Nordwesten bis zur Mitte nochmal stärker auf. Da ein Low-Level-Jet mit 90
bis 100 km/h in der unteren Troposphäre durchschenkt und im Frontbereich die
Durchmischung gut ist, muss allgemein in der genannten Region mit Sturmböen
gerechnet werden, einzelne schwere Sturmböen bleiben sicherlich auch nicht aus.
Nach Osten hin soll der Kaltfront nach aktuellem Stand etwas die Puste ausgehen,
dort werden weniger starke Böen simuliert.

Im Süden geht der Kaltfrontdurchzug dagegen wesentlich ruhiger vonstatten, dort
sind es vielleicht mal ein paar steife Böen, die dann auch im Flachland zu
erwarten sind. Auf den exponierten Bergen muss wieder vielfach mit schweren
Sturmböen gerechnet werden, auf dem Brocken auch mit orkanartigen Böen
(entsprechend der Stärke des Low-Level-Jets).

Das Temperaturniveau liegt am Freitag noch einmal hoch, verbreitet dürfen
Höchstwerte von 8 bis 12°C erwartet werden. Vereinzelt können es im Süden sogar
bis zu 14°C werden. Das versetzt auch die ersten Pflanzen in Frühlingsstimmung,
so dass die Haselsträucher so allmählich mit der Fortpflanzung beginnen, was der
ein oder andere Allergiker auch schon zu spüren bekommen dürfte. Freilich
bedeutet der Kaltfrontdurchzug, dass die Höchstwerte schon vorher erreicht
werden und vor allem im Nordwesten im Tagesverlauf dann die Temperaturen schon
merklich zurückgehen.

Viel Sonne darf am Freitag nicht erwartet werden, am ehesten zeigt sich diese
mal auf der Rückseite am Nachmittag im Westen.

In der Nacht zum Samstag kommt der Höhentrog nur noch langsam ostwärts voran,
verlässt aber unser Land. Das abgetropfte Höhentief rutscht dabei südostwärts
über Polen hinweg. Wir bekommen davon aber nur im äußersten Nordosten etwas mit,
ansonsten dominiert von Westen her schon der Geopotentialanstieg, so dass ein
nicht sehr weit nach Norden ausgreifender, aber sehr breiter Höhenrücken vom
Atlantik her wetterwirksam wird.

Bodentief Katrin erreicht in der Nacht das Baltikum, füllt sich aber langsam
auf. Über Deutschland steigt dagegen der Druck schon wieder in allen
Landesteilen und das neue Hoch Enno setzt sich bis zum Morgen mit seinem
Schwerpunkt schon über dem Süden Deutschlands fest. Der dort ohnehin schon nicht
sehr starke Wind schläft in der Nacht ein. Auch im Nordwesten lässt der
westliche Wind rasch nach, an der Nordsee gibt es noch einige steife Böen.
Lediglich der Nordosten verbleibt in einem starken Gradienten, so dass dort der
Westwind nur zögerlich nachlässt und es auch im Verlauf der Nacht noch steife
Böen gibt, im Ostseeumfeld auch stürmische Böen und in den exponierten Lagen
Sturmböen. Erst gegen Morgen lässt der Wind auch dort deutlich nach. Auch auf
den Bergen lässt der Wind in der Nacht wieder deutlich nach, nur das Erzgebirge
stellt sich noch schräg in die westliche Strömung, so dass es dort in höheren
Lagen noch stürmische Böen gibt, auf den exponierten Bergen die ganze Nacht über
auch noch schwere Sturmböen.

Die abziehende Kaltfront beschert dem Alpenrand in der ersten Nachthälfte noch
bis zu 5 l/qm Regen, wobei die Schneefallgrenze auf 1000 m sinkt. Ansonsten
bleibt es landesweit trocken und rückseitig der Kaltfront sorgt das Absinken für
immer mehr Auflockerungen in der tiefen Bewölkung, so dass der immer noch
ziemlich volle Mond vor allem in der Südwesthälfte den Heimkehrern der
Karnevalsfeiern (auch: Fastnacht oder Fasching, niemand soll benachteiligt
werden) den Weg leuchtet. Möglicherweise mogeln sich aber in der zweiten
Nachthälfte schon wieder ein paar höhere Wolkenfelder über den südwestlichen
Himmel. Hier an da können sich im Südwesten und Süden bei schwachem Wind
Nebelfelder ausbreiten.

In der recht kalten Luftmasse kühlt es bei schwachem Wind über der Südhälfte auf
0 bis -3°C ab, im Bergland bis -5°C, so dass bei eventuell noch vorhandener
Restnässe auch Glättegefahr bestehen könnte. Über dem Norden bleibt es bei mehr
Wind mit meist 4 bis 1°C frostfrei.

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Synoptische Entwicklung bis Sonntag 06 UTC

Am Samstag ... weitet sich der Höhenrücken etwas nordwärts aus und nähert sich
uns weiter an. Zwar wird er insgesamt etwas schmäler, weil auf dem Atlantik
Geopotentialabbau stattfinden, insgesamt ist er aber immer noch sehr breit und
seine Achse noch weit westlich von uns. Das Bodenhoch wandert nur noch wenig
nach Osten und nistet sich im Tagesverlauf mit seinem Schwerpunkt über Bayern,
Österreich und Tschechien ein. Es weitet sich auch noch weiter nach Norden aus,
so dass auch im Nordosten der Gradient im Tagesverlauf abnimmt. Ganz im
Nordosten kann es in der ersten Tageshälfte noch ein paar steife Böen aus
Westnordwest geben, um Rügen herum auch noch stürmische Böen. Auch über der
Nordsee weht der Wind noch recht frisch, aber nicht mehr warnwürdig. Ansonsten
weht der Wind in der Nordhälfte noch mäßig um West, im Süden ist es
schwachwindig.

Von Südwesten her wird das Absinken immer stärker, so dass sich allmählich eine
Absinkinversion ausbildet. Dies zeigt sich auch in steigenden Temperaturen in
850 hPa, die aber am Boden nicht ankommen. Auch im Nordosten soll sich eine
Inversion einstellen. Dort, sowie auch im Norden werden von ICON und GFS sehr
viel Status simuliert, von IFS dagegen kaum. UK10 lässt dagegen die tiefe
Bewölkung viel weiter nach Südwesten ausgreifen. Nach unserem Modell dürfte es
dagegen in der gesamten Südwesthälfte und bis in die Mitte hinein nach Auflösung
von Nebelfeldern (die sich natürlich in einigen Flussniederungen recht zäh
halten) recht sonnig werden.

Die Temperaturen erhalten allerdings einen Dämpfer und erreichen meist noch 3°C
im höheren Bergland und bis zu 8°C in einigen Niederungen. Wenn es dort
allerdings länger trüb bleibt, wird das nix mit so hohen Werten.

In der Nacht zum Sonntag nähert sich der Höhenrücken noch ein Stückchen und
wölbt sich weiter auf. Das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt leicht nach
Südosten. Unter Hochdruckeinfluss gibt es abgesehen vom Nordosten eine oftmals
klare oder gering bewölkte Nacht. Bei vielfach schwachem Wind gehen die
Temperaturen oftmals auf -3 bis -8°C zurück. Vor allem nach Süden hin bildet
sich in den Niederungen wieder gebietsweise ausgedehnter Nebel, was auch durch
die sich intensivierende Absinkinversion begünstigt wird. Im Norden gibt es
weiterhin mehr Wolken und es bleibt windiger, dort bleibt es teilweise auch
frostfrei, teilweise geht es leicht unter den Gefrierpunkt.


Modellvergleich und -einschätzung
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Bezüglich der synoptischen Entwicklung sind sich die vorliegenden Modelle recht
einig. Auch die Wind- und Niederschlagsprognosen sind in guter Übereinstimmung.
Die hochaufgelösten Modelle arbeiten die Windverstärkung an der Kaltfront gut
heraus und ICON-D2 zeigt auch leichte Signale für schwere Sturmböen, was auch
aus der Synoptik heraus nachvollziehbar ist. Orkanartige Böen stehen dagegen
nicht auf dem Programm, so dass es bei einer markanten Lage bleibt. Etwas
fraglich erscheint, ob sich die Front im Osten tatsächlich so abschwächen soll,
wie das unsere Modelle (und teils auch die externen) simulieren, oder ob sie
vielleicht doch länger durchhält.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann