DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

23-01-2024 18:30
SXEU31 DWAV 231800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 23.01.2024 um 18 UTC


SCHLAGZEILE:
Bereits nachts deutliche Windzunahme. Am Mittwoch ausgewachsene Sturmlage, im
Norddeutschen Tiefland und am Nordrand der Mittelgebirge sowie in höheren Lagen
9er und einzelne 10er Böen. An der Nordsee orkanartige Böen möglich. Auf
exponierten Bergen Böen Bft 11 bis 12+.
Spätestens abends Windabnahme.
Am Donnerstag anfangs im Nordosten und Osten noch stürmische Böen, exponiert
Sturmböen. Später Windabnahme. In den Alpen Dauerniederschlag möglich,
vorübergehend aber sinkende Schneefallgrenze.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 06 UTC
----------------------------------------------------------------
Aktuell ... Tief Jitka (international: Jocelyn) erreicht um etwa 18 UTC zwischen
Island und Schottland seinen Höhepunkt mit knapp unter 960 hPa. Es zieht im
Laufe der Nacht weiter ostwärts und erreicht morgen früh das Seegebiet
nordwestlich vom Vestkapp (Norwegen), wobei sich an der Okklusion bei Oslo ein
Randtief entwickelt. Die Warmfront des Tiefs ist mit etwas Regen aktuell im
Westen und Südwesten angekommen und zieht bis morgen früh nach Polen, so dass
wir zumindest vorübergehend in den Warmsektor mit teils über 5 Grad in 850 hPa
gelangen. Die Kaltfront des Tiefs folgt im Nordwesten rasch nach, wobei um 06
UTC eine Linie untere Oder-Eifel erreicht wird. Die durch die Fronten
hervorgerufenen Regenmengen liegen im Norden bei 5 bis 10, örtlich zwischen 10
und 15 l/qm und in Staulagen der nordwestlichen Mittelgebirge örtlich bei gut 20
l/qm. Nach Osten hin fallen oberhalb von 700 anfangs ein paar Schneeflocken. Im
Zusammenhang mit dem Regen läuft im Harz noch eine Tauwetterwarnung mit bis zu
60 l/qm Abfluss in gut 2 Tagen bis morgen Vormittag. Im Süden werden dagegen
meist nur 1 bis 6 l/qm erwartet.
Der Wind ist warnungstechnisch interessanter: Im Westen und Nordwesten treten
gegen Morgen verbreitet 8er und 9er Böen auf, in Nordseenähe und im nördlichen
Schleswig-Holstein sind auch schwere Sturmböen zu erwarten. Auf den
Nordfriesischen Inseln sind Böen Bft 11 zunächst kaum möglich (CosmoLEPS,
ICON-D2-EPS)). Im Südwesten Deutschlands sind in tiefen Lagen meist nur 7er bis
8er Böen und im Osten meist 7er Böen zu erwarten. Der Südosten bekommt in tiefen
Lagen meist noch keinen warnwürdigen Wind.
Die Tiefstwerte werden schon heute Abend erreicht mit Werten zwischen 3 Grad im
Südosten und 7 Grad am Rhein. Im östlichen und südöstlichen Bergland kann es
örtlich geringen Frost geben. Bis morgen früh steigen die Temperaturen im Westen
teils über 10 Grad.


Mittwoch ... Während das ´alte´ Tief ´Jitka I´ vor Norwegen kaum noch weiter
ostwärts vorankommt und sich weiter abschwächt, übernimmt ´Jitka II´ an der
Okklusion den Hauptpart und soll mit knapp unter 985 hPa um 18 UTC bei den
Alandinseln liegen. Deutschland und sein Umfeld bekommen den
Hauptdruckgradienten ab, während in Tiefnähe der Gradient etwas aufgeweicht ist
und der Wind somit schwächer ausfällt.

Die Windgeschwindigkeiten in 850 hPa verbleiben tagsüber im Norden, Osten und
Süden (dort geführte Winde) durchweg bei über 65kt und das bei einer postfrontal
sehr gut durchmischten Luftmasse (Gleichgewichtsniveau der Konvektion bei 3000
m). In weiten Teilen Deutschlands drohen daher markante Böen der Stärke Bft 8
bis 9. Im Norddeutschen Tiefland, teils auch am Nordostrand der Mittelgebirge,
zeigen sich leicht bis mäßig erhöhte Wahrscheinlichkeiten im ICON-EU EPS für Bft
10 Böen und das gilt auch durchweg für das Bergland in ganz Deutschland.
Exponiert treten dann vielerorts im Bergland Bft 11/12 Böen auf. Dasselbe gilt
für die Deutsche Bucht und deren Umfeld, wo wiederholt Bft 10/11 Böen auftreten
und an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste können 11er Böen auftreten
(Unwetterwarnung). Zum Nachmittag verschiebt sich das Hauptwindfeld zunehmend in
Richtung Ostsee bzw. in den Nordosten mit soliden Bft 10 Wahrscheinlichkeiten.
Entsprechende Warnungen sind bereits weitgehend ausgegeben worden (die Bft 11 an
der Nordsee werden mit ´Häkchen´ zugelassen.)

Die Niederschlagsmengen fallen, da es hinter der Kaltfront nur im Nordosten zu
nennenswerten Schauern kommt, überschaubar aus und liegen meist nur bei wenigen
Litern auf den Quadratmeter, allerdings immerhin mit 10 bis 20 l/qm in 12
Stunden im Stau des Schwarzwaldes und einzelner Mittelgebirge. In exponierten
Staulagen des Schwarzwaldes zeigt ICON-D2 sogar über 30 l/qm! Hinter der
Kaltfront ist im größten Teil von Deutschland schauermäßig nur wenig los, da es
bei -5 Grad (rund 2000 m) eine Sperrschicht gibt!

Die Höchstwerte erreichen deutschlandweit schon gegen Mittag zweistellige Werte
mit 10 bis 15 Grad, wobei die höchsten Werte entlang des Oberrheingrabens
gemessen werden. Nur an der See und im nördlichen Schleswig-Holstein ist es mit
9 Grad nur wenig kühler.

In der Nacht zum Donnerstag dauert die Sturmlage im Nordosten Deutschlands an,
während Druckanstieg im Westen für eine deutliche Wetterberuhigung sorgt. Im
gesamten Nordosten treten bis in tiefe Lagen weiterhin Bft 8/9 Böen auf, im
Bergland abgestuft Bft 9 bis 12, während der Wind im Westen ausgangs der Nacht
nur noch im Bergland stark-böig aus West bis Nordwest weht.

Neben dem Wind rückt nun wieder der Niederschlag in den Fokus, denn die
Kaltfront wird strömungsparallel in Richtung Alpen geführt und sorgt dort bis in
den Donnerstag hinein für weitere Niederschläge. In Staulagen der Alpen liegen
die Niederschlagsmengen teils im markanten Bereich (über 25 l/qm, GFS, AROME,
UK10). Die Schneefallgrenze sinkt in der Nacht allerdings auf etwa 1400 m, in
den Ostalpen deutlich darunter.

Die Tiefstwerte liegen zwischen +7 und +3 Grad mit den geringeren Werten im
Südosten. Im östlichen Bergland sind in höheren Lagen Werte bei 0 Grad zu
erwarten nebst Straßenglätte durch einzelne Schneeschauer.


----------------------------------------------------------------

Synoptische Entwicklung bis Freitag 06 UTC

Donnerstag ... kommt es windtechnisch auch im Nordosten und Osten im Verlauf zur
Beruhigung. Der Keil des kräftigen Hochs über Spanien (über 1035 hPa) weitet
sich nach Süddeutschland aus (über 1030 hPa), so dass auch im Nordosten der
Gradient auffächert. Ab dem Nachmittag sind (abgesehen von exponierten Bergen)
wahrscheinlich keine Windwarnungen mehr erforderlich. Der Hochkeil wird gestützt
durch einen Höhenkeil, der ausgehend von Südwesteuropa nach Benelux schwenkt.
Dieser wird von WLA überlaufen, was von Westen wieder zur Wolkenverdichtung
führt und in der Südwesthälfte kann es im Tagesverlauf etwas regnen. Die Wolken
stauen sich an den Alpen und dort kommt es vor allem nach Osten hin zu
kräftigeren Niederschlägen. Die Schneefallgrenze dürfte nach Westen hin wieder
über 1500 m steigen. 24stg. werden die Dauerregenmengen in den Alpen und auch in
Staulagen des Schwarzwaldes überschritten, teils liegen sie bei GFS oder bei
UK10 sogar im Unwetterbereich über 50 l/qm! Allerdings muss vorübergehend mit
einer Schneefallgrenze zwischen 1100 und 1500 m gerechnet werden, so dass sich
darüber der Schnee kurz akkumulieren kann und nicht alles für den Abfluss zur
Verfügung steht.
Ansonsten bleiben die Aussagen vom Vorbericht bestehen.

In der Nacht zum Freitag ist im Osten auch in tiefen Lagen Bodenfrost möglich,
wobei vereinzelt Glätte entsteht.


Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
Einige Unterschiede wurden oben erwähnt.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden