DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

20-01-2024 11:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 20.01.2024 um 10.30 UTC



Unbeständig und mild mit viel Wind und zeitweise kräftigem Regen
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 27.01.2024


Ich stelle das Fazit voran, es kürzt die Ausführungen erheblich: in der
kommenden Woche mit Hoch- und Tiefdruckeinfluss im Wechsel unbeständig,
stürmisch und nass. Dabei insgesamt recht mild, Winterwetter nur zeitweise in
den höheren Berglagen. Zum Wochenende beständiger mit Hochdruckeinfluss.

Zu Beginn der Mittelfrist am Dienstag liegt Deutschland zwischen einem
Tiefdruckgebiet mit Kerndruck um 960 hPa über Skandinavien und einem
Hochdruckgebiet mit Kerndruck von knapp 1040 hPa über Südwesteuropa und dem
westlichen Mittelmeer in einer straffen West- bis Südwestströmung. Über dem
Atlantik liegt ein weiteres Tiefdruckgebiet. Bereits in den frühen Morgenstunden
schwenkt ein zum Tief über Skandinavien gehörender Trog von West nach Ost über
Deutschland. Dabei fließen vorübergehend um -5 Grad in 850 hPa ein. Im Süden
schleifen zunächst die Reste einer Kaltfront mit teils kräftigen Niederschlägen,
die in hohen Lagen (SFG zwischen 700 und 1000 m) als Schnee niedergehen. Im
übrigen Bundesgebiet kommt es in höhenkalter Luft zu Schauern, in den
Mittelgebirgslagen teils mit Schnee und Glätte. Das Tief über Skandinavien
verlagert sich tagsüber Richtung Finnland. Das Tief über dem Atlantik verlagert
sich ostwärts, knapp nördlich an Schottland vorbei Richtung Norwegen. Dem Trog
folgt relativ rasch ein Keil aus Südwesten. Die zum Tief gehörende Warmfront
erreicht die westlichen Gebiete Deutschlands am Abend mit dichten Wolken und
teils kräftigem Regen. Die Keilachse schwenkt in der ersten Nachthälfte ostwärts
durch. Die Schneefallgrenze steigt deutlich an, in 850 hPa steigt die Temperatur
bis auf +6 Grad. Die zum Tief gehörende Kaltfront erreicht den Nordwesten
Deutschlands in der zweiten Nachthälfte, sie bringt aber nur leichte Abkühlung
(um 0 Grad in 850 hPa).

Am Mittwoch zieht das Tief von Südnorwegen über den Skagerrak und die Ostsee ins
Baltikum. Die Fronten verlagern sich ebenfalls ostwärts, allerdings kommt die
Kaltfront (um 0 Grad in 850 hPa) nach Süden hin nur langsam voran, denn das
Hochdruckgebiet über Südwesteuropa dehnt sich langsam nordwärts aus und hält
dagegen. Entsprechend fällt im Süden länger andauernd und kräftiger
Niederschlag, wobei die Schneefallgrenze teils deutlich oberhalb von 1000 m
liegt. Mit markantem Druckgradienten (ca. 30 hPa zwischen Rügen und Breisgau)
und Jet-Unterstützung lebt der Wind verbreitet stürmisch auf. Auf den
Mittelgebirgsgipfeln weht teils Orkan. In den tieferen Lagen sind mindestens
stürmische Böen, exponiert und an den Küsten schwere Sturmböen wahrscheinlich.
In der Nacht zum Donnerstag zieht das Tief weiter nach Weißrussland und bei uns
nimmt der Hochdruckeinfluss aus Südwesten zu. Aus Nordwesten fließen erneut -2
bis -5 Grad in 850 hPa ins Land. Die feuchte Luft in der Höhe wird langsam
ostwärts verdrängt, allerdings fällt vor allem in den östlichen Landesteilen
noch etwas Regen, oberhalb von 700 m auch Schnee. Der Druckgradient fächert
etwas auf und der Wind lässt ganz langsam nach.

Am Donnerstag breitet sich hoher Luftdruck über Deutschland aus. Die Luft in der
Höhe wird zunehmend trocken, allerdings hält sich am Boden feuchte Luft und
entsprechend gibt es Nebel oder Hochnebel. In den östlichen Mittelgebirgen fällt
auch noch längere Zeit etwas Regen oder in den Hochlagen Schnee. Der mit dem
Bodenhoch korrespondierende Höhenkeil schwenkt in der Nacht zum Freitag von West
nach Ost über Deutschland und lässt die Temperatur in 850 hPa wieder ansteigen
(-2 Grad im Nordosten und +4 Grad im Südwesten). Dahinter liegt ein Trog, der
sich von Island bis nach Irland erstreckt.

Am Freitag erreicht uns der Trog gegen Mittag von Nordwesten her, dabei bildet
sich über Südskandinavien ein Randtief, das sich in der Nacht zum Samstag in die
Ostsee verlagert. Der hohe Luftdruck wird nach Süden abgedrängt. Allerdings
bildet sich in der Biskaya ein neues Hochzentrum. Am Nachmittag zieht eine
Kaltfront von Nordwesten her ins Land, verlässt uns aber schon wieder in der
Nacht zum Samstag. Dahinter fließen wieder einmal -3 bis -5 Grad in 850 hPa ein.
Am Boden dehnt sich indes wieder hoher Luftdruck aus.

Am Samstag und Sonntag herrscht hoher Luftdruck in Deutschland vor. Anfangs
sorgt das Tief, das von der Ostsee südostwärts über Polen und Rumänien zieht,
noch für die Zufuhr feuchter Luft in die östlichen Landesteile, später trocknet
die Luft aber ab. Dabei wird es in der Höhe zusehend milder. Am Sonntag bereits
über 0 Grad in 850 hPa. Durch den hohen Luftdruck sammelt sich die feuchte Luft
am Boden und gelegentlich fällt etwas Sprühregen, nachts auch Schneegriesel.

Auch der darauffolgende Montag ist noch geprägt von Hochdruck und der Zufuhr
milder Luft (bis +8 Grad in 850 hPa). Allerdings könnte der Tiefdruckeinfluss
von Westen her ab den Abendstunden zunehmen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der aktuelle IFS-Lauf weist zu seinen Vorgängern bis und mit Donnerstag eine
hohe Konsistenz auf. Ab Freitag werden die Abweichungen insbesondere zum
gestrigen 0 UTC Lauf größer. Der Keil ist nun etwas breiter, der Trog von Westen
zieht erst in der zweiten Tageshälfte rein. Dafür ist das am Samstag folgende
Hoch von Westen her nun umfangreicher mit höherem Kerndruck und vertreibt den
Tiefdruckeinfluss schnell. Zudem wölbt sich ein Keil von Südwesten her auf, die
Achse liegt am Sonntag/Montag über Deutschland.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Der Vergleich mit anderen Modellen zeigt zu Beginn der Mittelfrist hohe
Übereinstimmungen. Ab Donnerstag gibt es zeitliche Verschiebungen, wobei IFS
beim Frontdurchgang am Freitag am defensivsten und spätesten agiert. ICON ist
etwas schneller. Die großräumigen Strukturen sind über den Mittelfristzeitraum
aber ähnlich. Unterschiede gibt es in der Bewertung der Kaltluftzufuhr. Am
Mittwoch ist GFS 2-3 K kälter als IFS und ICON, Donnerstag und Freitag ist IFS
kälter, am Wochenende dann wieder GFS. ICON erscheint insgesamt am mildesten.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Clusteranalyse liefert für den ersten Zeitschritt (Dienstag/Mittwoch) sechs
Cluster mit ausschließlich NAO positiv und der Memberverteilung:
11:11:10:10:5:4. Der Hauptlauf liegt in Cluster zwei, der Kontrolllauf in
Cluster vier. Die Unterschiede für Deutschland sind marginal.
Der zweite Zeitschritt (Donnerstag bis Samstag) ist ein Mono-Cluster und
berechnet weiter NAO+. Die erweiterte Mittelfrist (Sonntag bis Dienstag) liefert
zwei Lösungen: Cluster eins (31 Member) mit NAO+, Cluster zwei (20 Member plus
Haupt- und Kontrolllauf) mit Blockierender Lage. In beiden Lösungen liegt ein
Keil über uns, der in Cluster eins zwar deutlich flacher ist, aber ebenfalls
andauert.

Keine Überraschungen bei den Rauchfahnen. Sie sind recht eng und beschreiben den
Zick-Zack-Kurs. Erst ab Sonntag nächste Woche geht der Spread auseinander. Beim
Niederschlag sind die Ausschläge Dienstag und Mittwoch, teils aber auch Freitag
auf Samstag (Kaltfrontdurchgang) signifikant.

Die Ensembles des GFS sehen denen des IFS sehr ähnlich. ICON ist weniger
"zackig" und vor allem am Dienstag deutlich wärmer.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Der hervorstechende Warnparameter der Mittelfrist ist der Wind. Der Höhepunkt am
Mittwoch ist in allen Ensembles zu finden, da sind sich bis Bft 9 ICON und IFS
einig. Bei Bft 10 hat ICON an der Küste höhere Wahrscheinlichkeiten drin, IFS
ist "verwaschener" und hat auch weiter im Landesinneren Signale. So oder so wird
es der wohl stürmischste Tag der Woche und das recht verbreitet. Der EFI hat
ebenfalls deutliche Signale für ein außergewöhnliches Ereignis drin.

Deutlich weniger signifikant ist der Niederschlag Dienstag/Mittwoch. Der EFI
befindet die Mengen nur im Nordosten Deutschlands als ungewöhnlich. Auch die
Ensembles sind mit Wahrscheinlichkeiten von 10% (IFS) und 20% (ICON) für
24h-Dauerregen bis Mittwochabend eher verhalten. COSMO-LEPS hingegen hat in
prädestinierten Lagen bis zu 50% für markanten Dauerregen drin. Eine Rolle
spielt beim abflussrelevanten Wasser auch die Schneeschmelze (Tauwetter), die
aber vermutlich ab Mittwoch nur noch geringe Beiträge liefert.

Für die Warnungen eher irrelevant, ist die Temperatur am Mittwoch dem EFI einen
deutlichen Signifikanzruf wert. Die durch den Sturm hervorragende Durchmischung
sorgt verbreitet für zweistellige Werte.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jacqueline Kernn