DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

18-01-2024 09:31
SXEU31 DWAV 180800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 18.01.2024 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Übergang von Ws (südliche Westlage) über NWz (Nordwest zyklonal) zu HM
(Hoch Mitteleuropa)

Ausbreitung polarer Kaltluft bis zu den Alpen, damit Übergang der Niederschläge
auch im Süden in Schnee. Die nächsten Tage vorübergehend antizyklonaler.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... steht eindeutig im Zeichen einer Umstellung der Wetterlage weg von
Ws (südliche Westlage) hin zu NWz (Nordwest zyklonal). Damit endet auch die
brisante Grenzwetterlage des gestrigen Mittwochs, über die auf allen möglichen
Plattformen ja ausreichend berichtet wurde. Konzentrieren wir und an dieser
Stelle also auf die Entwicklung der nächsten Tage einschließlich des heutigen
Donnerstags. Von der Nordsee und Westeuropa schwenkt ein stark positiv geneigter
Höhentrog unter Vergrößerung seiner Amplitude in Richtung Mitteleuropa. Bevor er
bei uns in den mittleren und höheren Troposphärenschichten so richtig ankommt,
dauert es aber noch ein bisschen. So richtig wird das erst am Freitag der Fall
sein. Entsprechend verbringen wir den heutigen Tag auf seiner Vorderseite unter
einer leicht rückdrehenden südwestlichen Höhenströmung. Anders hingegen die
Situation in der unteren Troposphäre, wo der Trog ebenfalls zu finden ist,
allerdings deutlich nach Osten versetzt. Heißt, bis zu Abend hat der untere Part
(Referenz 700 hPa) den Vorhersageraum schon weitgehend hinter sich gelassen, so
dass die niedertroposphärische Strömung recht früh auf Nordwest dreht. Damit
wird nicht nur die gestern bis zur Mitte vorangekommene Luftmassengrenze (LMG)
wieder zurück in den Süden geschickt. Sie mutiert gleichzeitig zu einer
klassischen Kaltfront (KF), die die im Norden und Teilen der Mitte bereits
lagernde respektive frisch nachfließende Kaltluft bis an die Alpen heranführt.
Dabei geht nicht nur T850 landesweit auf Werte um -8°C zurück (um 18 UTC nur
ganz im Süden noch etwas wärmer), auch die in Süddeutschland am Morgen noch
gemessenen hohen Plusgrade (vielerorts 5 bis 10°C, am südlichen Oberrhein sogar
darüber) werden von Norden her kontinuierlich "rasiert", so dass um 18 UTC wohl
nur noch südlich der Donau sowie im südlichen Oberrheingraben zarte Plusgrade
auf der Anzeigetafel stehen.

Als kleiner Bremsklotz für die LMG bzw. KF erweist sich die noch immer sehr
schmal geschnittene Tiefdruckrinne, in die die Front eingebettet ist.
Entscheidend ist aber ein ebenfalls in die Rinne integriertes flaches, fast
wellenartiges Tief (GERTRUD die Letzte), das in den nächsten Stunden von
Frankreich zunächst nach Süddeutschland (Höhe Schwarzwald/Donau) zieht, um
später nach Österreich zu verduften. Trotz von Nordwesten mehr und mehr
übergreifender KLA hält die gesamte Konstellation eine leidliche Gegenstromlage
am Laufen, die auf der Nord- und Nordostflanke der Rinne bis in die mittleren
Landesteile ausgreifenden Niederschlagsprozesse generiert. Meist handelt es sich
dabei um Schnee, im milden Süden um "normalen" Regen, der später von Norden her
aber auch zusehends in Schnee übergeht (am längsten regnet es südlich der
Donau). Das Thema "gefrierender Regen mit Glatteis" im Übergangsbereich ist zwar
noch nicht vom Tisch, wird aber in den nächsten Stunden immer mehr von der
Bildfläche verschwinden. Aktuell (06 UTC) wird zwar noch ein schmaler, etwa vom
Saarland über die Südpfalz bis in das nördlichste BaWü reichender Streifen mit
"roten Schlangen" beobachtet. Mit der starken KLA in den unteren Schichten sowie
der Niederschlagsabkühlung wird die etwa zwischen 800 und 900 hPa platzierte
Warmluft (Referenz Sounding Idar Oberstein von 00 UTC) alsbald wegerodiert (die
sogenannten warmen Nasen werden getilgt). Die Schichtung nimmt zunehmend
isotherme Züge an, der Niederschlag geht in Schnee über. Hinzu kommt, dass der
Niederschlag nach Süden hin zunehmend auf mildes Terrain trifft, so dass
zusätzlich mit Unterstützung des Tagesgangs Glatteis keine Chance mehr hat.
Akkumuliert bis heute Abend kommen in der Fläche 1 bis 8 cm, in höheren
Staulagen Süddeutschlands 10 bis 15 cm Neuschnee zusammen, wobei der Schneefall
in der Mitte ab Mittag deutlich nachlässt bzw. nach Südosten abzieht, während er
sich im Süden immer weiter gen Donau vorarbeitet.

Damit ist das Wesentliche für den heutigen Donnerstag im Grund auserzählt. Okay,
vergessen wir Nord- und Nordwestdeutschland nicht, wo sich heute häufig die
Sonne die Ehre gibt und nur an den Küsten ein paar einzelne Schneeschauer
vorbeischauen. Die Temperatur steigt auf 0 bis +4°C, während sie in den
mittleren Landesteilen um den Gefrierpunkt liegt bzw. gebietsweise im Dauerfrost
verharrt. Zum Abend hin nimmt der West-Nordwestwind an der Nordsee zu (6-7 Bft).
Im Süden weht der Wind vor allem in den Hochlagen stürmisch aus Südwest (anfangs
teils Böen 10 bis 11 Bft), bevor mit Drehung auf nördliche Richtungen allmählich
der Stecker gezogen wird. Mit Annäherung der KF frischt der Wind im Alpenvorland
vorübergehend böig auf (6-7 Bft).

In der Nacht zum Freitag nähert sich so langsam auch der mitteltroposphärische
Trog, während das niedertroposphärische Pendant bereits über alle Berge ist. Vor
allem im Norden und Nordwesten wird die Polarluft immer labiler (T500 teils bis
nahe -40°C), was die Schaueraktivität von der Nord- und Ostsee anfacht. Von dort
ziehen vermehrt Schneeschauer ins Landesinnere, wobei noch nicht ganz feststeht,
wie weit die Schauer tatsächlich vorankommen. ICON_Nest ist sehr sparsam, andere
Modelle großzügiger. Insbesondere in Küstennähe sind stellenweise aber 1 bis 3,
lokal vielleicht sogar mal 5 cm Neuschnee drin und auch über ein kurzes
Schneegewitter sollte man sich nicht wundern. Begleitet wird das Ganze an der
See von einem lebhaften Wind aus westlichen Richtungen mit Böen 7-8 Bft.

In der Mitte und im Süden steigt der Luftdruck weiter an, was in der
Isobarenkarte an einem bis hinüber nach Polen übergreifenden Hochkeil abzulesen
ist. Dieser markiert den Fortsatz des sich über dem nahen Atlantik verstärkenden
Hochs CORVIN, das in den nächsten Tagen noch öfters in den Wetterberichten
auftreten wird. Auf alle Fälle sorgt der Keil in der Mitte für größere
Wolkenauflockerungen mit Sternenblick und nur noch vereinzelten Schneeschauern
vornehmlich am Nordwestrand der westlichen Mittelgebirge. Derweil gehen die
Niederschläge auch südlich der Donau in Schnee über, wo sie sich bis zum Morgen
immer mehr an bzw. in die Alpen zurückziehen. 1 bis 5, in Staulagen 10 cm sind
die Hausnummern, auf die es sich einzustellen gilt (wohlbemerkt dort, wo heute
früh z.T. noch +7°C auf dem Thermometer erscheinen).

Die Temperatur geht landesweit in den leichten, gerade in der Mitte
(auflockernde Bewölkung plus Schneedecke) mäßigen Frostbereich zurück. Lokal ist
sogar strenger Frost knapp unter -10°C möglich, auch wenn das in solchen Fällen
gerne etwas träge MOS davon nichts wissen will. Gerade dort, wo tagsüber noch
Plusgrade waren und Restnässe oder nur Schneematsch vorhanden ist, empfiehlt
sich eine Glättewarnung (gefrierende Nässe) genauso wie im Anschluss an den
Schneefall.

Freitag... schwenkt der mit hochreichender Kaltluft angefüllte Höhentrog (T850
am Mittag -6 bis -10°C, T500 -35 bis -39°C, nur im Süden etwas weniger kalt)
ostwärts über Deutschland hinweg. Dass sich das Niederschlagsgeschehen trotzdem
in Grenzen hält, ist der vergleichsweise trockenen Polarluft geschuldet, die
zwar mariner Herkunft ist, vom Wasserdampfgehalt aber trotzdem nicht allzu viel
zu bieten hat. PPWs um 5 mm sprechen eine deutliche Sprache. Hinzu kommt der
fortwährende Druckanstieg durch das langsam auf den Kontinent wandernde Hoch
CORVIN respektive der Kräftigung des nach Osten gerichteten Keils, der immer
größere Flächen des Vorhersageraums einnimmt.

Kurzum, bis Mittag kann es am Alpenrand sowie im südlichen Vorland noch etwas
schneien, allerdings ohne nennenswerten Neuschneezuwachs. Ansonsten stellt sich
in weiten Landesteilen eine wechselnde Bewölkung ein, in der auch die Sonne mal
mehr, mal etwas weniger lange Auftritte bekommt und nur wenige Schneeschauer
auftreten. Ganz im Norden, wo das nicht gefrorene Meerwasser nah ist und ein
wenig mehr Wasserdampf zur Verfügung steht, ist die Wahrscheinlichkeit für
Schneeschauer höher, wobei sich streckenweise durchaus eine dünne Schneedecke
bilden kann bzw. die vorhandene Schneedecke regeneriert wird. Nach wie vor ist
auch ein kurzes Schneegewitter nicht ausgeschlossen. Dazu weht an der See sowie
im küstennahen Binnenland weiterhin ein flotter westlicher Wind mit Böen 7-8
Bft, der meist nur kurze Kunstpausen einlegt.

Die Temperatur steigt nördlich der Mittelgebirgsschwelle auf 0 bis +5°C mit den
Topps an der Nordsee. Im großen Rest herrscht abseits einiger tiefer Lagen (z.B.
Rheintal) leichter, in höheren Lagen sogar mäßiger Dauerfrost.

In der Nacht zum Samstag legt sich der mittlerweile elliptisch geformte CORVIN
quer über Frankreich und Deutschland, wobei der Luftdruck im Innenbereich auf
1025 bis 1030 hPa ansteigt. Unterstützung bekommt das Hoch von einem
Höhenrücken, der dem abziehenden Trog folgt, so richtig aber erst am Samstag
tagsüber bei uns aufschlägt. Damit wird das gesamte Setup noch etwas
antizyklonaler und für 1-2 Tage kann durchaus vom GWL-Muster HM (Hoch
Mitteleuropa) gesprochen werden. Die Wolken lösen sich in weiten Landesteilen
auf, was zusammen mit der trockenen Kaltluft, windschwachen Verhältnissen und
vorhandener Schneedecke die Temperatur stark nach unten schnellen lässt. Im
Süden und in der Mitte steht verbreitet mäßiger bis strenger Frost zwischen -5
und -15°C auf der Karte. Nach Norden hin wird es nicht ganz so kalt und ganz im
Norden bleibt es sogar frostfrei. Dort befindet man sich am Rande des Hochs
respektive auf der Südflanke eines kleinen Tiefs, das vom Skagerrak über
Südschweden nach Osten zieht. Zwischen Hoch und Tief nimmt westliche Wind zu
(Küste + angrenzendes Binnenland 7-9 Bft), wobei nicht nur dichte Wolken
durchgeschleust werden, sondern mitunter auch Regen oder Schnee fällt.

Samstag... legen sich Rücken und Bodenhoch mit etwas über 1030 hPa im Zentrum
genau über Deutschland. Einzig der Norden bleibt am Rande der Bande und wird von
der Warmfront eines Tiefs bei Island gestreift. Dabei fällt mitunter etwas Regen
oder Schnee. An der See bleibt es windig, vor allem an der Nordsee, während an
der Ostsee eine deutliche Abnahme gegenüber der Nacht erkennbar ist. Im größten
Teil des Landes wird der erste Rückrundensamstag der Fußballbundesliga ein
ruhiger und gediegener Wintertag mit viel Sonne, nur wenigen Wolken und
gebietsweise leichtem Dauerfrost. Wenn man so will im wahrsten Sinne des Wortes
die Ruhe vor dem Sturm, der und zu Wochenbeginn (an der Nordsee schon etwas
eher) erneut stark beschäftigen wird. Mehr dazu in der Synoptischen Übersicht
Mittelfrist ab heute Mittag.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren sehr ähnlich.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann