DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

17-01-2024 09:31
SXEU31 DWAV 170800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 17.01.2024 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
W s

Extreme Unwetterlage durch Glatteis über der Mitte und dem Süden. Unwetter durch
Schneefälle nördlich daran anschließend. Am Donnerstag langsame Entspannung, im
Süden Übergang von Regen in Schnee.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... liegen wir unter einer recht glatten westlichen Höhenströmung. Dabei
wird über die Biskaya und Frankreich ein KW Trog nach Osten bis Nordosten
gesteuert und das entsprechende Tief zieht über Frankreich auf uns zu, wird
dabei aber zu einer Rinne mit mehreren Kernen deformiert, die abends über
Rheinland-Pfalz nach Thüringen reicht.
Darin eingelagert hat sich eine scharfe Luftmassengrenze gebildet, die feucht
kalte Luft im Norden mit T850 hPa bis -7°C über dem Norden von milder Meeresluft
südlich davon trennt, in die Temperaturen in der unteren Troposphäre auf +5 bis
fast +10° steigen. Die 0°C-Isotherme auf 850 hPa liegt dann etwa von der Eifel
über Mittelhessen und Südthüringen bis ins Erzgebirgsvorland.
Damit gab es in den letzten Läufen immer wieder Verschiebungen bei der Lage der
Luftmassengrenze, im Trend leicht nach Norden. Dabei gleitet die feuchtmilde
Luft von Südwesten auf die bodennah kalte Luft mit Ost- bis Südostwind statt,
wobei sich gebietsweise bis zum Abend negative Temperaturen halten. Es setzen
die entsprechende Niederschläge ein, die aktuell schon den Südwesten und Süden
überdecken und zu Beginn als Schnee, dann als gefrierender Regen fallen. Die
warme Nase mit der "wärmsten" Temperatur in ca. 900 hPa ist schon gut im
Frühsounding von Stuttgart zu sehen.

Südlich der Luftmassengrenze/Rinne entspannt sich die Lage, z.B.: in großen
Teilen von Baden-Württemberg, südliches und westliches Bayern, zudem lassen dort
die Niederschläge nach. Die Temperaturen steigen am Oberrhein bis +10°C. In Ost-
und Nordbayern hält sich dagegen die Kaltluft, sodass dort bis zum Abend mit
Glatteisregen zu rechnen ist.
Ein Schwerpunkt des Glatteisregens zeichnet sich insgesamt heute tagsüber und in
der Nacht zum Donnerstag vom südlichen Rheinland-Pfalz und dem Saarland, über
Südhessen und dem nördlichen BaWü bis nach Nordbayern ab. Die prognostizierten
Mengen Niederschlagsmengen liegen dort bei 10 bis 20, in einigen Regionen um 30
mm. Der daraus resultierende Eisansatz dürfte weitereichende Folgen haben; die
extremen Unwetterwarnungen sind vollauf gerechtfertigt. Die Temperaturen liegen
bis zum Abend gebietsweise um oder nur wenig über 0°C.

Nördlich davon schneit es anhaltend und stark. In den ca. 12 bis 18 h von heute
Mittag bis Donnerstag früh werden Mengen zwischen 10 und 20, stellenweise mehr
l/qm als Schnee vorhergesagt, der Belägen- und Lufttemperaturen unter 0°C auch
liegen bleibt. Auch hier erscheinen die Unwetterwarnungen durchweg
gerechtfertigt, sodass am Fahrplan bezüglich der Warnungen, außer einer leichten
Nordverlagerung nichts geändert wurde. Der Schwerpunkt zeichnet sich von der
Eifel, über Mittel- und Nordhessen bis Thüringen ab.

In den Hochlagen der südwestlichen Mittelgebirge sowie der Alpen bleibt es
stürmisch, exponiert stehen schwere Sturmböen 10 Bft, auf dem Feldberg
orkanartige Böen 11 Bft aus Südwesten auf dem Zettel. In den anderen
Mittelgebirgen reicht es für Böen 7-8 Bft auf den Gipfeln und in Ostsachsen
deutet sich Böhmischer Wind. Sollte sich kräftiger Wind mit starkem Eisansatz
überlagern, sind Leiterseilschwingungen möglich.

Der Norden bekommt von der Luftmassengrenze nicht viel mit. Auf der Rückseite
eines nach Südschweden ziehenden Tiefs strömt ein Schwall maritimer Kaltluft
ein, der T850 auf -5 bis -8°C zurückgehen lässt. Dazu bringt eine schwache
Kaltfront etwas Schneefall in den äußersten Norden und Nordwesten, der z.T. eine
dünne Schneedecke produziert, teils aber auch nur für Schneematsch sorgt. Der
Wind, der von Südwest auf West dreht und anfangs in Böen 7 bis 8 Bft erreicht,
lässt im Tagesverlauf lässt von West nach Ost deutlich nach.

In der Nacht zum Donnerstag setzt über der Nordsee eine Austrogung an, was bei
uns vorübergehend ein leichtes Rückdrehen der Höhenströmung zur Folge hat.
Mit Vorrücken des Troges in unsere Richtung gewinnt niedertroposphärisch die
nördliche Windkomponente an Stärke, wodurch die Rinne etwas nach Süden gedrückt
und die Kaltluft von Norden an Raum gewinnt. Die Rinne und die Luftmassengrenze
sollten morgens etwa von Nordbaden bis zur Oberpfalz verlaufen.

Weil die warme Nase abgebaut wird, nimmt der Anteil des gefrierenden Regens ab,
was allerdings in der südlichen Mitte und Teilen SE Bayerns bis in die
Morgenstunden dauern kann. Nachfolgend greifen die Schneefälle von Norden her
wieder bis zum Saarland, Südhessen und Franken aus, wo auf das Eis einige, um 5
cm Schnee draufkommen können.

Im Südwesten, westliches und südliches Bayern, wo die Nacht frostfrei bleibt,
fällt "normaler" Regen. Ansonsten gibt es verbreitet leichten Frost und vor
allem im südlichen Bergland bleibt es stürmisch.


Donnerstag... weitet sich der Trog über Deutschland nach Südosten aus und über
dem Nordatlantik verstärkt sich ein Hochdruckgebiet. Dabei dreht die Strömung
auch im Süden nach Nord und die Luftmassengrenze kommt als Kaltfront bis in den
Süden, abends zu den Alpen voran. Sie wird zuvor vorübergehend durch ein
Randtief ausgebremst. Damit gehen die Niederschläge auch im Süden in die feste
Phase über, während sie von Norden her nachlassen.

Der Schwerpunkt der Schneefälle verschiebt sich damit nach Baden-Württemberg und
Bayern, wobei nach Südosten hin längere Zeit Regen und es in Berchtesgaden und
an der unteren Donau Abend werden kann bis der Niederschlag in Schnee übergehet.
Gebietsweise sind dort 5 bis 10 cm Neuschnee möglich, vor allem im Bergland und
später zu den Alpen hin, wo akkumuliert im Allgäu bis Freitag früh auch 10 bis
20 cm Schnee zusammen kommen können. Allerdings dauert es teilweise auch eine
ganze Weile

Im Süden gibt es zu Tagesbeginn +5 bis +10°C, dann mit Winddrehung nach Nord
einen kräftigen Rückgang. Die Temperatur sinkt im Tagesverlauf rasch und gelangt
bis zum Abend in den Frostbereich. Weiter nach Norden werden 0 bis +3°C
erwartet.

Postfrontal lockert die Wolkendecke von Norden auf. Man erkennt zudem im
Bodendruckfeld ein Bodenhochkeil, der bis nach Westdeutschland reicht. Das
zugehörige Absinken sorgt für die Auflockerungen, die umso häufiger sind, je
weiter man im Norden und Nordwesten ist. Nur direkt an der Nordsee sind
vereinzelte Schauer möglich.

An den Küsten weht kräftiger Westwind mit exponiert stürmischen Böen an der
Nordsee, Ostsee Bft 7. Der starke Wind auf den Bergen im Süden dreht nach
Nordwest und lässt deutlich nach. Im Tagesverlauf gibt es noch teils stürmische
Böen oder Sturmböen, exponiert schwere Sturmböen. in Hochlagen des Südens sind
bei trockenerem Schnee Schneeverwehungen möglich.

In der Nacht auf Freitag formiert sich eine neue Haupttrogachse, die über
Deutschland nach Osten schwenkt. Dabei beginnt der Druck vor allem über der
Südwesthälfte zu steigen und es bildet sich ausgehend vom Hoch über Westeuropa
ein Keil über Süddeutschland. Die Schneefälle werden über dem Süden weiter
zurückgedrängt, am längsten schneit es noch in Alpennähe. Dort können nochmal 5
bis 10 cm Neuschnee fallen.
Ansonsten gelangen wir auf die Rückseite eines über Südschweden nach Osten
ziehenden Tiefs, dabei verstärkt sich die Zufuhr kalter Meeresluft noch und die
Temperatur geht in 850 hPa auf -7 bis -10°C zurück.

Die Niederschläge hören wegen der Kaltluftadvektion aber meist auf, wenn man von
den Schneeschauern absieht, die unter der Trogachse vorkommen und denen, die
sich von der Küsten her etwas landeinwärts ausbreiten. Die Ausbildung einer
dünnen Neuschneedecke ist dort wahrscheinlich (1 bis 5 cm).

Der in Böen starke bis stürmische westliche Wind an der See bleibt erhalten.


Freitag... zieht der Trog nach Osten ab und dahinter steigt der Luftdruck,
stromab eines Höhenrückens, über West- und vor allem Mitteleuropa kräftig an.
Der Süden und die Mitte gelangen unter Hochdruckeinfluss und erleben eine
deutliche Wetterberuhigung. Die Schneefälle, auch am Ostalpenrand hören auf und
die Bewölkung bekommt größere Lücken, teilweise wird es heiter. Vereinzelte
Schneeschauer sind besonders im Bergland nach Osten hin zu erwarten.

Der Norden und Osten verbleiben in einer westnordwestlichen Strömung im
Übergangsbereich zu Tiefdruckgebieten über Nordeuropa. Im Tagesverlauf nähert
sich die Warmfront eines vor die norwegische Küste ziehenden Tiefs mit starker
Bewölkung und Niederschlägen. Diese erfassen das Küstenumfeld,
Schleswig-Holstein, greifen aber nicht sonderlich weiter nach Süden aus.
Zunächst fällt oft Schnee, dann von der Nordsee her teilweise Regen.

Die Temperaturen steigen meist auf -1 bis +3°C, an der Nordsee etwas darüber.

Vor allem an den Küsten wird stürmisch, etwas landeinwärts windig.

In der Nacht zum Samstag gibt es im Norden und Osten gebietsweise etwas
Niederschlag, teils Schnee teils Regen und mit Glätte bei +1 bis -4°C. Sonst
klart es teilweise auf bei gebietsweise mäßigem Frost. Die Küsten bleiben
stürmisch, landeinwärts im Nordosten sind Windböen zu erwarten.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren den Ablauf sehr ähnlich. Kleine Sprünge in Lage der
Luftmassengrenze und der Phase der Niederschläge gibt es noch. Die Warnungen
wurden etwas (nach Norden hin) angepasst und Nowcasting bleibt weiter ein Thema.


Die Niederschlagsmengen sind in den 00z Läufen teils etwas niedriger als zuvor.
An der extremen Unwettersituation ändert sich dadurch nichts.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner