DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

11-10-2021 17:01
SXEU31 DWAV 111800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 11.10.2021 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
An den Küsten zeitweise stürmisch. An den Alpen vor allem in der Nacht zum
Mittwoch Schneefall, Schneefallgrenze bis auf 1000 m absinkend.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... zeigt sich ein stark meridional geprägtes Strömungsmuster über dem
nahen Ostatlantik und Europa. Dabei reicht ein Höhenrücken von der Iberischen
Halbinsel nordwestwärts bis in die Irmingersee. Dadurch gestützt wird im
Bodendruckfeld das umfangreiche und nahezu ortsfeste Hochdruckgebiet OLDENBURGIA
mit Schwerpunkt über Irland. Dem blockierenden Hoch steht ein Langwellentrog
gegenüber, der von der Grönlandsee und Spitzbergen über Skandinavien hinweg bis
nach Mitteleuropa reicht und auch zunehmend das Wetter in Deutschland bestimmt.
Er wird sich im Laufe der Nacht durch einen vom Nordmeer Richtung südliche
Ostsee vorstoßenden Randtrog noch etwas weiter südostwärts ausweiten.
Korrespondierend zu dem Trog befindet sich am Boden ein Tief (FINN) mit Kern
über dem Norden Skandinaviens. Dessen Kaltfront hat bereits in der vergangenen
Nacht von Nordwesten auf Deutschland übergegriffen und verläuft aktuell (16 UTC)
über Deutschland etwa von der Südpfalz bis nach Oberfranken bzw. in die
Oberpfalz. Die dem Trog weit vorlaufende Front ist nicht nur thermisch schwach
ausgeprägt (maskierte Kaltfront), sondern zeigt sich auch wenig wetteraktiv. Sie
äußert sich vornehmlich in dichteren Wolkenfeldern und bringt nur stellenweise
etwas Regen. Im Laufe der Nacht kommt die Front allmählich weiter südwärts voran
und erreicht schließlich in den Frühstunden die Alpen. Postfrontal strömt mit
einer nordwestlichen Strömung kühle Meeresluft zu uns, die am Morgen
Temperaturen in 850 hPa zwischen +1 Grad an den Alpen und knapp -1 Grad an der
Grenze zu Dänemark aufweist.
Mit Übergreifen des Troges (T500 bis -25 Grad) haben sich postfrontal über dem
Norden bei wechselnder Bewölkung bereits heute tagsüber Schauer entwickelt. Mit
Hereinschwenken des Randtroges, der im äußersten Norden und Nordosten auch für
einen Streifschuss höhenkalter Luft bis nahe minus 30 Grad sorgt, bleibt die
Schauertätigkeit in der Nordhälfte in der Nacht aufrecht. Dabei nimmt im
Küstenumfeld insbesondere an der Ostsee, wo die Labilität höher ist, die
Wahrscheinlichkeit für Gewitter im Zusammenspiel mit dem noch warmen Wasser zu.
Dabei können die Gewitter auch bis in den Nordosten des Landes vordringen. In
Verbindung damit sowie generell in Schauernähe kann es zu stürmischen Böen Bft
8, vereinzelt auch Sturmböen Bft 9 kommen. Bei der Ausbildung von Schauerstraßen
kann es strichweise bis zu 10 mm in 6 Stunden regnen, sonst bleiben die Mengen
deutlich geringer.
Auch die Richtung Alpen vorankommende Front wird mit Annäherung des Troges
wieder leicht reaktiviert. Die sich an den Alpen stauenden Niederschläge bleiben
aber weiterhin schwach ausgeprägt. Mit der einfließenden kälteren Luftmasse
beginnt die Schneefallgrenze an den Alpen allmählich abzusinken, sodass es
oberhalb von etwa 1400 m Dienstagfrüh beginnt leicht zu schneien.
Der tagsüber an den Küsten bereits wehende lebhafte Wind nimmt in der Nacht noch
etwas weiter zu. Denn mit Bildung eines Randtiefs über dem
Finnischen Meerbusen verschärft sich der Druckgradient noch ein wenig und es
nähert sich in den Frühstunden von der See ein Bodentrog, in den eine weitere
Kaltfront eingebettet ist. Somit kommt es an den Küsten vor allem in exponierten
Lagen zu stürmischen Böen Bft 8 aus Nordwest. Auch in einigen Höhenlagen
(Brocken, Fichtelberg) sind Böen Bft 8 möglich.
Frost ist aufgrund der Windzunahme und der überwiegend dichten Bewölkung kein
Thema mehr.

Dienstag ... weitet sich der Höhentrog noch etwas weiter Richtung Südosteuropa
aus. Die nordwestliche Strömung steilt über Deutschland noch etwas weiter auf,
womit auch die höhenkalte Luft noch etwas weiter nach Süden vorankommt. Somit
labilisiert die Schichtung landesweit.
Die zweite Kaltfront kommt weiter landeinwärts voran und erreicht bis zum Abend
den Süden des Landes. Sie erweist sich als deutlich wetteraktiver als die
heutige Kaltfront. So kommt es mit Frontpassage zu schauerartigen Regenfällen.
Die 6-stündigen Regenmengen liegen meist unter 5 mm und erreichen nur in einigen
Staulagen der Mittelgebirge an die 10 mm. Da zudem etwas CAPE generiert wird,
ist der ein oder andere Blitz nicht ausgeschlossen.
Postfrontal gibt es vor allem im Nordwesten sowie im Nordseeumfeld einige
Schauer. Auch im Nordosten entwickeln sich Schauer und vor allem an der
vorpommerschen Ostseeküste sind einzelne Gewitter nicht ausgeschlossen.
Dazwischen gibt es voraussichtlich eine Zone in der es bedingt durch den
Skandinavienföhn weitgehend trocken bleibt mit längeren sonnigen Abschnitten.
Die Null-Grad-Isotherme in 850 hPa kommt bis zum Abend etwa bis zur Mainlinie
voran. Dabei macht sich die fortschreitende Abkühlung auch an den Höchstwerten
bemerkbar, die nur noch Werte zwischen 9 und 14 Grad erreichen, an den Alpen, wo
die Reste der ersten Kaltfront für anhaltend leichte Niederschlägen sorgen, nur
um 8 Grad. Bis zum Abend fallen dort um 5 mm, wobei die Schneefallgrenze
zunächst noch oberhalb von 1300 m verbleibt.
Der Wind aus Nordwest bleibt Vormittags an den Küsten und im höheren Bergland
noch teils stürmisch (Bft 8), schwächt sich dann aber am Nachmittag durch eine
Gradientauffächerung deutlich ab. Zumindest in exponierten Lagen muss aber bis
in die erste Nachthälfte zum Mittwoch hinein noch mit Böen Bft 7 gerechnet
werden. Auf exponierten Alpengipfeln nimmt der Wind hingegen zu und erreicht
Sturmstärke (Bft 8 bis 9).

In der Nacht zum Mittwoch erreicht schließlich die zweite Kaltfront auch die
Alpen. Rückseitig schiebt sich ausgehend von dem Hoch OLDENBURGIA ein Keil bis
in den Süden Deutschlands hervor. Durch die nordwestliche Anströmung setzt an
den Alpen Stau ein. Da die Kaltluft nun auch die Alpen erreicht hat, sinkt die
Schneefallgrenze etwa bis auf 1000 m ab. Oberhalb davon ist mit 5 bis 10 cm, in
Staulagen auch 20 cm Neuschnee zu rechnen.
Sonst lässt die Schauertätigkeit in der Nacht nach, denn der atlantische
Höhenrücken rückt ein wenig weiter ostwärts vor, sodass aufkommende WLA und
leichter Druckanstieg für eine Stabilisierung sorgen. Der Osten verbleibt aber
noch in der höhenkälteren Luft, sodass dort weitere leichte Niederschläge
auftreten. Auch im östlichen/südöstlichen Bergland sinkt die Schneefallgrenze
deutlich ab, eventuell mischt sich dort in den höchsten Lagen auch die ein oder
andere Schneeflocke unter.
Im Norden lockert die Bewölkung stärker auf. Etwa von Schleswig-Holstein bis in
die Lüneburger Heide kann es bei längerem Aufklaren Bodenfrost, ganz lokal auch
Luftfrost bis -1 Grad geben. Sonst bleibt es mit Ausnahme einiger Höhenlagen
frostfrei.

Mittwoch ... kommt der Höhenrücken noch ein Stück weiter nach Osten voran. Die
Höhenströmung über Deutschland dreht auf Nord und wird zunehmend antizyklonal
konturiert. Das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt bis zum Abend von Irland
in Richtung Ärmelkanal, wobei weiterhin ein Keil bis nach Mitteleuropa hinein
gerichtet ist.
An den Alpen schwächen sich die Stauniederschläge nur allmählich ab. Bis zum
Abend können oberhalb von etwa 1200 m nochmal bis 5 cm, in einigen Staulagen bis
10 cm fallen. In den weiteren Landesteilen bleibt es mit Ausnahme vereinzelter
Schauer im Osten (Reste der labilen Luftmasse im Bereich des abziehenden Troges)
zunächst trocken bei teils aufgelockerter Bewölkung. Im Tagesverlauf verstärkt
sich allerdings die WLA vorderseitig der Warmfront eines Tiefs bei Island, die
bis zum Abend etwa die Deutsche Bucht erreicht. Somit nimmt die Bewölkung im
Norden und Nordwesten wieder zu und es fällt am Nachmittag und Abend etwas
Regen.
Es bleibt kühl bei Höchstwerten zwischen 9 und 14 Grad, an den Alpen und im
Alpenvorland werden nur um 7 Grad erreicht.
Auf einigen Alpengipfeln bleibt der Wind aus nördlicher Richtung teils
stürmisch, sonst sind keine Windwarnungen notwendig.

In der Nacht zum Donnerstag kommt die Warmfront weiter landeinwärts voran und
erreicht bis zum Morgen etwa eine Linie Pfalz-Rügen. Vorderseitig kommen die
leichten Niederschläge ost-/südostwärts voran, sodass in der zweiten Nachthälfte
auch im Osten sowie im Norden Bayerns Regen einsetzt. Weiter südlich bzw. im
Südwesten Deutschlands verstärkt sich dagegen der Hochdruckeinfluss und es
bleibt trocken. Auch an den Alpen klingen die letzten Niederschläge ab, sodass
keine nennenswerten Neuschneemengen mehr zu erwarten sind. Teilweise klart es im
Südwesten auch auf, sodass gebietsweise mit Bodenfrost zu rechnen ist, ganz
lokal auch mit Luftfrost. Auch im Nordwesten bleibt es mit Ausnahme des
Nordseeumfeldes nach Frontpassage weitgehend trocken, die Bewölkung lockert aber
nur geringfügig auf und es bleibt deutlich milder als im Südwesten.
Der auf West drehende Wind frischt an der Nordsee wieder etwas auf, warnwürdige
Böen treten aber noch nicht auf.

Donnerstag ... verläuft die Achse des Höhenrückens von Frankreich kommend über
den Norden Deutschlands hinweg Richtung Baltikum. Das Bodenhoch verlagert seinen
Schwerpunkt allmählich von Nordfrankreich Richtung Süddeutschland. Die Warmfront
hat Deutschland bis zum Abend ostwärts überquert. Nachfolgen gelangt wieder
mildere Meeresluft zu uns, wobei die 850 hPa Temperatur auf 2 bis 4, im
Nordwesten sogar bis auf 9 Grad ansteigt. Entsprechend sind dort bei
auffrischendem Wind bis zu 16 Grad zu erwarten, sonst bleibt es bei Höchstwerten
zwischen 10 und 15 Grad kühler. Die frontalen Niederschläge ziehen allmählich
über den Osten und Südosten ab und nachfolgend bleibt es weitgehend trocken.
Größere Wolkenauflockerungen sind am ehesten im Südwesten zu erwarten im Bereich
des Hochs. Sonst sorgt anhaltende WLA für weiterhin dichtere Bewölkung. Am Rande
des Tiefs, das mittlerweile unter Intensivierung von Island Richtung
Nordnorwegen gezogen ist, nimmt der Druckgradient über dem Norden Deutschlands
zu und es kommt bei auflandigem Wind vornehmlich an der Nordseeküste sowie im
Schleswig-Holsteinischen Binnenland zu Windböen Bft 7 aus West. Auch auf dem
Brocken gibt es stürmische Böen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle prognostizieren die Wetterentwicklung sehr ähnlich.
Erst am Donnerstag gibt es bezüglich der Niederschläge an der Warmfront
Unterschiede, die von GFS noch schwächer ausfallen als nach ICON und IFS.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Johanna Anger