DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

03-05-2024 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 03.05.2024 um 10.30 UTC



Zunächst schwammige Tiefdruckzone mit feuchter und mäßig warmer Luft
(unbeständig), im Laufe der Woche von Norden her Abtrocknung und zunehmender
Hochdruckeinfluss.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 10.05.2024


Nachdem der vermeintliche Wonnemonat Mai am vergangenen Mittwoch nicht nur wie
üblich mit einem Feiertag, sondern zudem frühsommerlich warm und trocken
gestartet war, gab´s am gestrigen Donnerstag den ersten fetten Paukenschlag.
Wenn man so will wurde die konvektive Saison eingeläutet - standesgemäß sagen
die einen, mit "Schrottkonvektion" (weil unorganisiert und nur wenig dynamisch)
sagen die anderen. Egal, im Westen und Südwesten hat es für einige unschöne
Schlagzeilen gereicht, wofür dem Vernehmen nach vornehmlich die teils exorbitant
hohen Regenmengen verantwortlich waren. Gleichzeitig wurden die Temperaturen
zumindest in der Südwesthälfte mächtig gestutzt, so dass thermisch - übrigens
auch im Rest der Nation - nun erstmal kleinere Brötchen aufgebacken werden. Da
schließt sich automatisch die Frage an, wann´s wieder größere Brötchen gibt und
wie sich der Wettercharakter ganz allgemein so gibt. Nun, heute und am
Wochenende tendenziell eher wechselhaft, aber das ist kein Mittelfristbier und
kann en detail der Synoptischen Übersicht Kurzfrist entnommen werden. Hier
widmen wir uns der Entwicklung in der kommenden Woche, die ganz nebenbei den
nächsten Feiertag zu bieten hat (am Donnerstag ist Himmelfahrt oder auch
"Vaddertach").

Einsteigen tun wir am kommenden Montag, dem offiziellen Beginn des
mittelfristigen Prognosezeitraums. Dabei wird uns in West- und Mitteleuropa
nebst angrenzender Nachbarschaft eine ziemlich flaue, fast amorph anmutende
Druckverteilung angeboten, die alles andere als griffig ist: wenig Kernisobaren,
keine klaren Strukturen, keine eindeutigen Druckminima/-maxima - summa summarum
eine ziemlich "glitschige" Angelegenheit, bei der eine Detailbeschreibung nicht
lohnt. Tatsache ist allerdings, dass fast das gesamte Areal, vor allem aber
unser Vorhersageraum zyklonal gefärbt ist bei einem Druckniveau von etwas unter
1010 hPa (Montag 12 UTC). Dagegen lässt sich im Geopotenzial ein flacher
kompensatorischer Rücken ausmachen, der einen Randtrog über Ostsee von einem
veritablen Höhentief über Westfrankreich trennt (ebenfalls Montag 12 UTC). Allzu
weit her ist es aber nicht mit der Wirksamkeit des Rückens. In der feuchten und
leidlich labil geschichteten Luftmasse (T850 zwischen 3°C ganz im Norden und
10°C in Südbayern) kommt es zu schauerartigen Regenfällen mit eingelagerten
Gewittern, wobei die Fixierung der räumlichen Schwerpunkte sowie der genauen
Intensitäten derzeit noch nicht seriös vorherzusagen sind. Es lässt sich aber
ein Trend erkennen, wonach vor allem die Mitte und der Süden betroffen sind,
während im Norden das Niederschlagsgeschehen dünner ausfällt.

Im weiteren Verlauf der Woche zieht das Höhentief als Kaltlufttropfen über
Frankreich hinweg in den westlichen, später dann in den zentralen
Mittelmeerraum. Gleichzeitig steigen über dem nahen Atlantik Luftdruck und
Geopotenzial an, was zunehmend auch auf Deutschland abfärbt. Demnach strecken
das Bodenhoch und der korrespondierende Rücken ihre Fühler zunächst in Richtung
Skandinavien aus, bevor ab Mittwoch auch der hiesige Vorhersageraum an der Reihe
ist. Bezogen auf das Bodenhoch muss man sich das so vorstellen, dass es aus
einer 1a-Meridionalexposition heraus (Montag/Dienstag) in eine Zonalstellung
wechselt, bei der die Divergenzachse am Donnerstag auf Norddeutschland
übergreift. Im Zuge dieser Entwicklung trocknet es von Norden her sukzessive ab
respektive wird die feuchte Luft Schritt für Schritt nach Süden abgedrängt, was
wohl etwas schneller vonstattengeht als gestern noch angenommen. Die Temperatur
allerdings steigt nur zögerlich an, wobei der Antrieb weniger aus der Luftmasse
selbst kommt (die ist am Donnerstag mit 850-hPa-Temperaturen zwischen 2°C an der
Grenze zu Polen und 7°C am Alpenrand eher verhalten temperiert), sondern
vornehmlich diabatisch durch Einstrahlung geleistet wird.

Abschließend noch ein kurzer Ausblick auf das bevorstehende übernächste
Wochenende: Freitag/Samstag kurzes Zurückweichen des Hochs nach Westen, dadurch
der Norden und Osten anfällig wird für schwache Störungen und evtl. einen
Schluck nordischer Kaltluft. Zum Sonntag hin dann wieder Ausweitung des Hochs
gen Osten.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Nachdem die Konsistenz des IFS (ECMF) am gestrigen Donnerstag noch als schlecht
eingeschätzt wurde, kann heute von einer signifikanten Verbesserung berichtet
werden. Bis weit in die kommende Woche hinein weisen die Basisfelder wichtiger
meteorologischer Größen (z.B. Bodendruck, Temperatur 850 hPa, Geopotenzial 500
hPa) eine hohe Kongruenz auf. Daraus lässt sich ein relativ klarer Trend
ablesen, der im Großen und Ganzen auch dem Vergleich mit anderen Globalmodellen
standhält:
Zunächst unbeständig mit Regenfällen und Gewittern (im Norden weniger als in den
übrigen Gebieten), dazu mäßig warm, teils sogar kühl. Im Laufe der Woche dann
von Norden her Abtrocknung und langsam wärmer, voraussichtlich aber nicht oder
nur vereinzelt über 25°C.


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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Wie zuvor bereits angedeutet verfolgen die anderen etablierten Globalmodelle
eine sehr ähnliche Strategie wie IFS. Etwas aus der Reihe tanzt das
amerikanische GFS, indem es das westliche Höhentief bzw. den Kaltlufttropfen
nicht über Frankreich hinwegziehen lässt, sondern via Benelux zu uns reinkommen
lässt - spleenige Idee, die sogar von einigen GFS-Ensemblelösungen unterstützt
wird, im Gesamtkontext aber eine Außenseiterrolle einnimmt.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das wird auch deutlich, wenn man sich die Rauchfahnen von GFS-EPS anschaut, wo
der Hauptlauf von Montag bis Mittwoch am unteren Rand der Kurvenschar herumturnt
und erst im Laufe des Donnerstags den deutlichen Schwenk nach oben macht. Noch
weniger Interesse an einem Kaltlufttropfenimport als GFS-EPS scheint IFS-EPS zu
haben. So zeigen die Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte einen
vergleichsweisen gutmütigen Verlauf mit nur leicht zunehmendem Spread nach
hinten raus. Bei der 850-hPa-Temperatur lässt sich ab Montag (im Süden ab
Dienstag, weil dort erst noch Restwarmluft getilgt werden muss) eine
Seitwärtsbewegung mit nur ganz leichtem Anstieg beobachten. Auffälliger (außer
im Süden) ist der Anstieg beim Geopotenzial, wo nur 1-2 Lösungen verzögert
ansteigen (Kaltlufttropfen??). Signifikant ist die Abnahme der
Niederschlagssignale, im Norden schon ab Montag, im Süden erst ab Mittwoch, was
sehr gut zur Geschichte des deterministischen Hauptlaufs passt.

Für den Zeitraum T+72...96h (Montag/Dienstag) wird nur ein einziges Cluster
angeboten, was nicht näher kommentiert werden muss. Von Mittwoch bis Freitag
(T+120...168h) vergrößert sich die Anzahl auf drei, die alle ausgehend von einem
atlantischen Rücken zunehmenden Hochdruckeinfluss bei uns berechnen (etwas
verzögert im nur mit 7 Athleten besetzten CL 3). Drei Cluster sind auch das Maß
der Dinge in der erweiterten Mittelfrist ab Samstag (T+192...240h). Alle setzen
auf eine Progression des Höhenrückens in Richtung Mitteleuropa und somit auf
vorherrschenden Hochdruckeinfluss mit nur kleinen zyklonalen "Randattacken".

FAZIT: Die statistischen Verfahren und weitgehend auch die anderen Globalmodelle
stützen die Version des IFS-Hauptlaufs. Die üblichen Unschärfen mittelfristiger
Wetterprognosen können ohne schlechtes Gewissen in den Skat gedrückt werden. Der
Trend "zunächst unbeständig mit Regenfällen und Gewittern, im Laufe der Woche
von Norden her Abtrocknung, aber nur langsamer Temperaturanstieg" darf als
unstrittig betrachtet werden.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Zu Beginn der neuen Woche muss vor allem in der Mitte und im Süden mit dem einen
oder markanten Gewitter gerechnet werden, bei dem der Parameter Starkregen
aufgrund der flauen Strömungsverhältnisse im Vordergrund steht (was Hagel und
stärkere Böen freilich nicht ausschließt). Regional eng begrenzt ist auch mal
ungewittriger Starkregen (evtl. sogar über einige Stunden) möglich. Für die ganz
fetten Entwicklungen bis in den Unwetterbereich dürfte die Qualität der
Luftmasse allerdings nicht ausreichen, auch wenn bei solchen Aussagen immer
Vorsicht geboten ist. Fakt ist, dass es im Laufe der Woche von Norden her
abtrocknet und sich das Gewitterpotenzial mehr und mehr in den Süden zurückzieht
(am Donnerstag allenfalls an den Alpen noch eine leichte Neigung.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit IFS-EPS und IFS.
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VBZ Offenbach / Dipl.-Met. Jens Hoffmann