DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

18-05-2024 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 18.05.2024 um 10.30 UTC



Erneut heftige Regenfälle bis hin zum Unwetter, allmähliche Entspannung
wahrscheinlich erst ab Freitag. Mäßig warm bis warm.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 25.05.2024


Am Dienstag liegt Deutschland an der Vorderseite eines Langwellentroges, der
sich von Grönland in den nahen Ostatlantik erstreckt und dessen südlicher Teil
über die Pyrenäen ins westliche Mittelmeer und im Tagesverlauf dann auch über
die Alpen hinweg schwenkt. Hierdurch wird nördlich der Alpen eine Zyklogenese
induziert, so dass sich eine Lage "Tief Mitteleuropa" ergibt. In dessen Bereich,
d.h. von den Alpen bis etwa zur Mittelgebirgsschwelle, sind schauerartige und
von Gewittern durchsetzte Niederschläge zu erwarten. Unwetterartige Regenmengen,
vor allem durch mehrstündigen heftigen Starkregen, sind nicht auszuschließen.
Dieser Trog wird durch einen Höhenkeil, der vom Schwarzmeerraum nach Südnorwegen
reicht, blockiert. Das korrespondierende Bodenhoch weist einen nach
Fennoskandien gerichteten Keil auf. Antizyklonal ausfließende trocken-warme Luft
unterbindet nördlich der Mittelgebirge zunächst die Konvektion, an der
Ostseeküste kann der Ostwind in Böen stürmisch auffrischen.
Aufgrund der blockierenden Wirkung des Keils arbeitet sich der Bereich mit den
kräftigsten Niederschlägen nur zögernd nordostwärts vor, so dass diese - anfangs
noch von Gewittern begleitet, in der Nacht zum Mittwoch etwa bis zur Elbe
vordringen. Am Mittwoch zeichnen sich die heftigsten Entwicklungen (erneut mit
Unwettergefahr) nordöstlich der Elbe ab, wahrscheinlich wird hiervon nur noch
der Nordosten Vorpommerns, etwa vom Darß bis zum Oderhaff, verschont. Von der
Nordsee bis zu den Alpen dämpft kompensierendes Absinken die Schauertätigkeit,
ganz im Westen und Südwesten dürfte durch einen sich annähernden Kurzwellentrog
die Schauertätigkeit bis hin zu kurzen Gewittern bei einem leicht reduzierten
Temperaturniveau wieder angefacht werden, wobei es dort kaum für Unwetter
reichen sollte.
Am Donnerstag gelangt das flache Tief nach Nordwestpolen, was im Nordosten, etwa
von der Ostsee bis in die Niederlausitz hinein, durch "herumgeholte" labil
geschichtete Warmluft weitere teils gewittrige Starkniederschläge zur Folge
haben dürfte, wobei die Unwettergefahr tendenziell geringer wird. Da sich der
Langwellentrog jedoch nach Osten vorarbeitet, entwickeln sich von der Nordsee
bis zu den Alpen erneut Schauer und kurze Gewitter. Nur der Osten profitiert
dann noch von kompensierendem Absinken.
Am Freitag lebt nach einer vorübergehenden nächtlichen Wetterberuhigung, bedingt
durch den mit seiner Achse unmittelbar westlich von Deutschland liegenden und
nach Oberitalien reichenden Trog die Konvektion wieder auf. Nach Südwesten hin
sind erneut Unwetter durch heftigen Starkregen, der vor allem aus einer
langsamen Verlagerung der Konvektionszellen resultiert, nicht auszuschließen. Im
Norden hält sich schwacher antizyklonaler Einfluss, was konvektive Umlagerungen
weitgehend unterbindet.
Am Samstag tropft der wetterbestimmende Trog über dem Golf von Genua aus. Hebung
an der Nordflanke des Cut-Off-Tiefs lässt im Süden Deutschlands die Schauer- und
Gewittertätigkeit erneut aufleben. Ansonsten kräftigt sich der antizyklonale
Einfluss. Im Bereich einer Hochbrücke, die sich von einem Hoch über Westrussland
über den südlichen Ostseeraum bis in die Biskaya erstreckt, erfolgt Absinken, so
dass sich weitgehend niederschlagsfrei bleibt und sich vermehrt Auflockerungen
einstellen.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum weitet sich von Frankreich ein
Höhenkeil über Mitteleuropa hinweg zur Ukraine aus. Die vorerst wenig
mäandrierende Frontalzone erstreckt sich dann von Neufundland über den mittleren
Nordatlantik, Schottland und Südskandinavien hinweg nach Nordwestrussland. Im
Süden sollte sich dann die Niederschlagslage entspannen. Da aber die
west-südwestliche Strömung leicht flattert, können sich in der weiterhin relativ
feuchten Luft vor allem über dem Mittelgebirgsraum erneut Gewitter entwickeln,
wobei die Wahrscheinlichkeit für Unwetter nur gering ist. Vor allem im Osten und
Süden Deutschlands erfolgt ein leichter Temperaturanstieg.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis einschließlich Samstag ist der aktuelle Modelllauf zu den gestrigen
Simulationen weitgehend konsistent. Prognoserelevante Unterschiede lassen sich
bis dahin nicht finden. Der ab Sonntag sich ostwärts ausweitende Keil ist neu im
Programm, weiter zurückliegende Modellläufe hatten diese Entwicklung nur
angedeutet.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die verfügbaren Modelle stützen bis Freitag weitgehend die oben beschriebene
Entwicklung. Danach lässt lediglich UK10 den über Westeuropa liegenden Trog
rascher nach Südeuropa austropfen als die anderen Modelle. Dennoch ergibt sich
auch nach UK10 wie bei den anderen Modellen eine flache Tiefdruckstruktur mit
ähnlichen Auswirkungen.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum treten dann wieder deutlichere
Unterschiede zutage. Das Modell des kanadischen Wetterdienstes zeigt zwar noch
ähnliche Strukturen wie oben beschrieben, erwartet aber die Frontalzone etwas
weiter südlich, d.h. über dem Norden Deutschlands. Von GFS wird ein Trog
simuliert, der auf die Britischen Inseln übergreift und austropft. Für das
Vorhersagegebiet hätte dies bei einer süd-südwestlichen und zyklonaler werdenden
Strömung vor allem am Sonntag wieder eine ausgewachsene Gewitterlage bis hin zum
Unwetter zur Folge.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das EPS des GFS stützt eher die oben beschriebene Entwicklung als das hauseigene
deterministische Modell. Dabei wir vor allem im erweiterten mittelfristigen
Vorhersagezeitraum eine Blockierung über Fennoskandien und dem Nordmeer betont,
wogegen dann Südeuropa eher zyklonal geprägt ist. Ab Sonntag dürfte sich dann
vor allem nach Nordosten hin Druckanstieg einstellen. Von einer ausgeprägten
antizyklonalen Lage kann dennoch keine Rede sein, nach wie vor sind über alle
Modellläufe hinweg Niederschlagssignale zu finden, wenngleich die Peaks, die auf
Starkregen hindeuten, weniger werden. Tendenziell zeichnet sich ein leichter
Temperaturanstieg auf Werte, die geringfügig über dem langjährigen Mittel
liegen, ab.
Das EPS des EZMW folgt bis zum letzten Maiwochenende der oben beschriebenen
Entwicklung, allerdings ist danach beim EPS-Mittel ein auf die Britischen Inseln
übergreifender Trog zu finden, was der Version des GFS nahekommen würde. Die
Hochbrücke ist demnach bei Weitem nicht so gut ausgeprägt wie beim
deterministischen Modell und zeigt über der Nordsee und Ostfrankreich eine
schwache Stelle. Auch AI-Produkte setzen eher auf die Annäherung eines weiteren
Troges als auf eine Hochdrucklage. Die EPS-Member werden bis H + 240 in drei
Cluster eingeordnet, wobei der deterministische Lauf dem Cluster zugeordnet
wird, das nur mit einem Drittel der Member besetzt ist. Daher sollte bei der
Finalprognose nicht zu sehr auf den antizyklonalen Einfluss gesetzt werden. Auch
ist der deterministische Lauf am antizyklonalen Rand der Verteilung der
EPS-Member zu finden. Dennoch werden abseits der Alpen die Niederschlagssignale
weniger, wobei sich ab dem letzten Maiwochenende ein ausgeprägter Tagesgang
zeigt.
Das Clustering gemäß Großwetterlagen ergibt einen Übergang von "Tief
Mitteleuropa" zu "Hoch Nordmeer-Fennoskandien zyklonal. Die Hochbrücke über
Mitteleuropa hat danach nur wenige Tage Bestand, spätestens zur Wochenmitte
dominiert dann ein über Westeuropa liegender Trog. Ein längerer trockener
Witterungsabschnitt ist demnach nicht in Sicht.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Dienstag entwickeln sich südlich der Linie Eifel - Vogtland kräftige
Gewitter, Unwetter durch heftigen, teils mehrstündigen Starkregen sind nicht
ausgeschlossen. Der Schwerpunkt der Gewittertätigkeit wird vom zentralen
Mittelgebirgsraum bis nach Niederbayern erwartet. Darüber hinaus kann es an
einigen Abschnitten der Ostseeküste in Böen stürmisch auffrischender Ostwind
geben.
Am Mittwoch verlagert sich die Gewittertätigkeit nordostwärts, so dass in einem
Streifen von Schleswig-Holstein bis zum Oderbruch und bis zur Neiße erneut
Gewitter mit Starkregen zu erwarten sind; Unwettergefahr besteht durch heftige
und teils mehrstündige Regenfälle. Außerdem sind im Westen, über dem
südwestdeutschen Bergland und an den Alpen einzelne starke Gewitter möglich;
Unwetter sind dort wenig wahrscheinlich.
Am Donnerstag muss von der Ostsee bis zur Niederlausitz nochmals mit einer
auflebenden Gewittertätigkeit mit Starkregen gerechnet werden, wobei aber für
unwetterartige Entwicklungen die Wahrscheinlichkeit geringer wird. Ansonsten
entwickeln sich von der Nordsee bis zu den Alpen einzelne Gewitter,
Starkregengefahr besteht dann am ehesten in Alpennähe.
Am Freitag deutet sich über dem Mittelgebirgsraum und dem Süden wieder eine
auflebende Gewittertätigkeit an, vor allem über dem südwestdeutschen Bergland
und an den Alpen mit Starkregen; Unwetter sind dort nicht auszuschließen. Am
Samstag ist hiervon der Süden und Südosten Deutschlands betroffen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EPS, anfangs MOS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann