DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

16-05-2024 10:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 16.05.2024 um 10.30 UTC



Über Pfingsten auch in den Trockengebieten im Norden und Osten einzelne Schauer
oder Gewitter. Nächste Woche erneut Potential für ergiebige Regenfälle
(UNWETTER). Wenig Temperaturänderung.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 23.05.2024


Am Pfingstsonntag, der den Übergang in die Mittelfristprognose derzeit markiert,
ist geprägt von einem Höhentiefkomplex über der inneren Biskaya und einer bei
positiver Achsenneigung nordostwärts reichenden Rinne, die sich über
Norddeutschland bis zum Baltikum erstreckt und in der noch mehrere kleine
Höhentiefs eingelagert sind. Nördlich daran schließt sich eine schwache Brücke
hohen Geopotentials an, die von Schottland über Südnorwegen bis nach Karelien
reicht und die Polarfront über Island und Nordskandinavien weit von uns
fernhält. Im Bodendruckfeld kann man guten Gewissens von einer
schwachgradientigen Sumpflage sprechen, wobei über Norddeutschland noch ein
schwacher Tiefkern auszumachen ist. In der mäßig warmen und vielerorts noch
relativ feuchten Luftmasse entwickeln sich gebietsweise Schauer und im
Tagesverlauf auch lokale Gewitter. Zwischendurch ist es aber auch längere Zeit
trocken mit Aufheiterungen. Ein Niederschlagsminimum ist im Süden des Landes
auszumachen, wo es bei etwas abgetrockneter Luftmasse und leicht antizyklonaler
Höhenströmung vielfach trocken bleiben dürfte (Ausnahme inneralpin). Innerhalb
der Gewitter geht vom Starkregen weiterhin die größte Gefahr aus. Bei PPW's um
die 25 mm können vereinzelte Unwetter bei nur langsamer Verlagerung der Zellen
nicht gänzlich ausgeschlossen werden, meist bleibt es aber wohl bei markanten
Gewittern, die auch von stürmischen Böen und kleinkörnigem Hagel begleitet sein
können.

Am Pfingstmontag ändert sich an der allgemeinen Potential/Druck- und
Temperaturverteilung nicht allzu viel. Die Luftmasse wird nun auch im Süden
wieder etwas feuchter, was zu ML CAPE Werten bis an die 1000 J/kg führt. Die
Scherung bleibt insgesamt aber schwach, allenfalls in Teilen Bayerns moderat. Ob
das sich derzeit abzeichnende Minimum diesmal über der Landesmitte bewahrheitet,
wird sich noch zeigen müssen. Es ist wohl vorrangig kompensatorisch bedingt und
kann sich mit geringfügiger Modifizierung des "Höhenschlauchs" noch ändern.
Gleichwohl fällt Pfingsten nicht komplett ins Wasser und man kann vielerorts die
Ausflüge ins Freie bei angenehmen 20 bis 25 Grad genießen. Man sollte nur für
den Bedarfsfall einen passenden Unterschlupf in der Nähe haben oder den
Schirm/Poncho griffbereit.

Am Dienstag nimmt ein südwärts vorstoßender Trog von der Irminger See Kontakt
zum Höhentief über Frankreich auf und formiert sich im Tagesverlauf zu einem
stark negativ geneigten Gebilde mit mehreren eingelagerten Randtrögen. Dadurch
verstärkt sich vorderseitig auch die Zufuhr feucht-warmer Luftmassen von der
Adria, die in einem Bogen um die Alpen herumgeführt wird und auf die
vergleichsweise kühle Meeresluft über Westeuropa beginnt aufzugleiten. Durch den
recht scharf gekrümmten Trog wird einiges an dynamischer Hebung induziert und
über Österreich, Tschechien und der Südhälfte Deutschlands setzt Druckfall ein.
Zeitgleich wird durch die vorderseitige WLA der Rücken über Skandinavien
gestärkt und die erneute/andauernde Blockadelage ist "perfekt". Die genauen
Schwerpunkte sind dabei noch sehr unsicher, die Tendenz zu einsetzenden bzw.
sich intensivierenden Regenfällen vor allem in der Südhälfte Deutschlands sind
aber unverkennbar. Die Küstenregionen bleiben mit hoher Wahrscheinlichkeit außen
vor. Durch die einbezogene Warmluft in höheren Luftschichten sind gewittrige
Einlagerungen durchaus wahrscheinlich, vom allgemeinen Setting her sieht die
Lage ähnlich wie in der aktuellen Kurzfrist beziehungsweise bei der
Ahrkatastrophe aus - glücklicherweise mit dem Unterschied, dass die damals
beteiligten Luftmassen im Juli 2021 noch mehr Feuchtigkeit beinhalteten und sich
die Lage über mehrere Tage hinweg zog. An der Nordflanke des Tiefs steigt die
Wahrscheinlichkeit für steife Böen (Bft 7) aus Nordost.

Am Mittwoch und Donnerstag schnürt ein neues Tief über den Grand Banks den Trog
über dem nahen Ostatlantik ab, so dass das dadurch frisch regenerierte Höhentief
über Frankreich und dem Englischen Kanal verbleibt. Ausgehend davon erstreckt
sich ein/e Rinne/breiter Randtrog bis nach Deutschland. Die ostwärts zugeführte
Warmluft ist nun immer mehr auch in der Höhe allmählich aufgebraucht, so dass
zum Donnerstag wohl nur noch ein schmaler Dauerregenstreifen im Bereich der
Tiefdruckrinne übrig bleibt und die Unwettergefahr durch ergiebigen
Stark/-Dauerregen wieder abnimmt. Abseits davon gibt es nur vereinzelte Schauer
und bei unveränderten Temperaturen scheint auch zeitweise die Sonne.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Sprünge in den Läufen des IFS sind angesichts der äußerst diffizilen und
komplexen Wetterlage zumindest zu Beginn des Mittelfristzeitraums noch
vergleichsweise überschaubar. Nichtsdestotrotz können kleinste Änderungen einen
sehr großen Einfluss auf das tatsächliche Wettergeschehen vor Ort haben.

Doch bereits am kommenden Pfingstmontag sind signifikante Unterschiede
festzustellen. Entgegen der gestrigen Annahme, dass sich hohes Geopotential von
der Nordsee nahezu landesweit durchsetzt, Druckanstieg bewirkt und weitgehend
trockenes Feiertagswetter nach sich zieht, erstreckt sich nun doch wieder eine
flache Rinne mit kleinen eingelagerten Tiefzentren vom unstrittigen Cut-Off im
Raum Bordeaux über Benelux bis in den Nordosten Deutschlands.

Auch in der Folge sind die aktuellsten Läufe deutlich zyklonaler geworden und
der Höhentiefkomplex mitsamt Druckfall initiierenden Randtrögen verbleibt stets
ante portas über Frankreich respektive dem Alpenraum. Die Folge sind verstärkte
Aufgleitprozesse aus Südosten mit erhöhtem Starkregen-/Dauerregenpotential an
der Süd- und Westflanke einer sich vertiefenden Rinne (Schwerpunkte noch nicht
genau lokalisierbar). Entgegen den gestrigen Berechnungen scheint sich auch beim
Übergang in die erweiterte Mittelfrist an der komplexen und stark gestörten
Zirkulation mit der High-over-Low Lage nicht allzu viel zu ändern.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die meisten Modelle liegen auf einer ähnlichen Schiene wie das IFS.

Lediglich ICON und in Ansätzen auch das kanadische GEM scheint der neuesten
Entwicklung etwas hinterherzuhinken und verweigert die Kontaktaufnahme zwischen
Atlantiktrog und Höhentief über Frankreich. Dadurch wird als Konsequenz
lediglich eine leicht VB-artige Entwicklung mit skaligen Regenfällen über dem
Südosten und Osten Deutschlands angestoßen, die rasch zur Wochenmitte wieder
abebbt. Erhöhte Eintrittschancen kann man diesem Szenario inzwischen nicht mehr
einräumen.

Die Japaner (JMA) lassen das Tief und damit auch die Starkniederschläge sehr
weit nördlich entstehen, dabei wäre die Südhälfte komplett aus dem gröbsten
raus. Nachfolgend würde sich aus Süden sogar stabiler Hochdruckeinfluss
breitmachen.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


RAUCHFAHNEN:
Die Temperaturkurven verlaufen recht gut gebündelt unspektakulär in etwa auf dem
aktuellen Niveau, womit es für allem im Norden und Osten Deutschlands für die
Jahreszeit zu warm bleibt. Zum Ende der Mittelfrist (zweite Hälfte nächster
Woche) nimmt die Spreizung deutlich zu uns es gibt etliche Member, die satt nach
unten bis an die 0°C in 850 hPa rauschen, während der Trend beim Geopotential
bei ebenfalls größer werdendem Spread eher leicht nach oben geht.

Bei den Niederschlägen zeichnet sich deutlich ein Maximum am Dienstag und
Mittwoch ab mit Einzelmembern jenseits der 20 mm/6h. Eine Regionalisierung lässt
sich auch mithilfe des EPS noch nicht vornehmen, die Signale sind noch zu
verwaschen/diffus.


CLUSTER:
Die Clusteranalyse hatte ordentlich zu tun. Bei der aktuell derart gestörten
Zirkulation gibt es 4 Cluster im Zeitraum Di-Do und in der folgenden erweiterten
Mittelfrist gar 6 Cluster. Dabei lässt sich kurz und knapp festhalten, dass die
Lösungen vom ICON und JMA lediglich Außenseiterchancen besitzen, aber immerhin
repräsentiert werden.

In der erweiterten Mittelfrist überwiegen ganz klar die Lösungen mit andauerndem
hohen Geopotential (Blocking Regime) über Skandinavien, der durchaus im Südteil
sich auch bis nach Deutschland ausdehnen könnte. Die Zeichen stehen damit ganz
klar auf Wetterberuhigung in der zweiten Wochenhälfte.


FAZIT:
Was man belastbar herausarbeiten kann, dass es über die Pfingstfeiertage leicht
wechselhaft weitergeht mit örtlichen Schauern und Gewittern, die auch den Norden
und Osten des Landes erreichen. Unterm Strich ist das aber wohl ein relatives
Niederschlagsminimum, da sich zur Wochenmitte wieder eine stärkere
Tiefdruckentwicklung über Deutschland abzeichnet mit erhöhtem
Starkregen-/Dauerregenpotential bis in den Unwetterbereich. Die räumlichen
Details sind dabei noch sehr unsicher! Am mäßig-warmen Temperaturniveau ändert
sich wenig. In der zweiten Wochenhälfte und damit letzten Maiwoche stehen die
Zeichen auf Wetterberuhigung, wenngleich es aus Nordosten etwas kühler werden
könnte.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


GEWITTER:
Aufgrund fehlender Scherung und nur geringem Antrieb meist markante
Entwicklungen mit vorrangiger Begleiterscheinung des Starkregens mit Mengen um
20 l/qm binnen einer Stunde. Das schließt vereinzelte unwetterartige Zellen
nicht aus. Daneben können kleinräumig auch stürmische Böen und kleinkörniger
Hagel/Hagelansammlungen auftreten. Zur Wochenmitte etwas abnehmende
Gewitterneigung.

STARK-/DAUERREGEN:
Die Signale im EPS und EFI sind sehr verwaschen und noch nicht aussagekräftig.
Das erhöhte Potential für erneut ergiebige Regenfälle bis in den Unwetterbereich
hinein am Dienstag und Mittwoch wurde ansonsten bereits ausgiebig im Text
erwähnt.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, Mos-Mix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen