DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

12-05-2024 06:30
SXEU31 DWAV 120800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 12.05.2024 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: SEa

Im Südwesten zunehmende Schauer- und Gewittertätigkeit, lokal Unwetter. Sonst
sonnig und trocken, im Nordosten weiter ansteigende Waldbrandgefahr.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... Fortdauer der hochdruckdominanten Witterung über Deutschland.

Das Hochdruckgebiet UWE über der Ostsee wandert die Kurzfrist über unter
leichter Abbautendenz, gleichzeitig aber auch unter regionaler Ausdehnung in den
skandinavisch-nordosteuropäischen Sektor, sodass besonders der Nordosten
Deutschlands durchweg von UWE profitiert: Sonne bis zum Abwinken.

Aber der Reihe nach und nehmen wir uns kurz Zeit die Frage zu beantworten, wieso
diese blockierungsfreudige Witterung weiter andauert. Ausgehend von der jüngsten
großen Erwärmung innerhalb der Stratosphäre (inkl. Windumkehr) Anfang/Mitte März
kam es Ende April (regionaler Wintergruß in Teilen Deutschlands) zu der in der
Wintersaison so schwer zu etablierenden Kopplung zwischen der Stratosphäre und
Troposphäre. Bedeutet, dass der Wirbel bereits geschwächt in die finale
Erwärmung Ende April einstieg und somit der bleibende "Abdruck" auf die
Troposphäre entsprechend bis weit ins Frühjahr "nachhallt". Dies ereignet sich
u.a. in Form von Blockierungslagen, die weit nördlich ansetzen und u.a. für den
frostigen Maibeginn in Teilen Skandinaviens mit verantwortlich waren. Da ganz
salopp gesagt aus den Tropen kein Input an zusätzlichem Impuls erfolgt (u.a.
fortschreitende Abschwächung der ENSO (+) Bedingungen) kommt es bei einer
geringen nordhemisphärischen Wellenzahl zu keiner nennenswerten progressiven
Verlagerung der Rossby-Wellenzüge. Dies zusammen mit den weit nördlich
ansetzenden Blockierungslagen als Abschiedsgruß des winterlichen Polarwirbels
und schon sprechen wir von dieser statischen Kurzfristprognose. Zugegeben, dies
ist nur eine sehr grobe Skizzierung der ansonsten sehr komplexen und teils nicht
durchschaubaren "Wege der Telekonnektion", aber wenigstens die wichtigen
Eckpfeiler dürften genannt sein, die uns zu der aktuellen Lage gebracht haben.

Heute verwöhnt das Hochdruckgebiet UWE auf jeden Fall alle Mütter mit festlichen
(sprich: sonnigen) Rahmenbedingungen. Meist scheint sie von früh bis spät von
einem wolkenlosen, zum Mittag und Nachmittag vielerorts auch mit zarten
Haufenwolken garnierten Himmel, denn UWE bringt mit einer östlichen
Bodenwindkomponente recht trockene Festlandsluft nach Deutschland. Dabei liegt
die spez. Feuchte im Nordosten bei durchweg unter 5 g/kg mit PWs von 11 bis 15
mm.

Derweilen beginnt der Bodendruck über dem Südwesten im Zuge einer sich
aufbauenden Bodentiefdruckrinne leicht zu fallen, was eine Art diffuse und breit
aufgestellte Feuchteflusskonvergenz zur Folge hat, die sich grob von den
zentralen Mittelgebirgen südostwärts in Richtung Bayerischer Wald erstreckt und
die von einer geringen vertikalen Ausdehnung der dort etwas feuchteren
Grenzschicht begleitet wird. Sprich, in diesen Regionen können die Haufenwolken
etwas kräftiger in die Höhe schießen und lokal für einen kurzen Schauer, in
Richtung Bayerischer Wald auch für ein Gewitter gut sein.

Ebenfalls ein geringes und lokal begrenztes Gewitterrisiko besteht im
Schwarzwald mit Erreichen der Auslösetemperatur (je nach Höhenlage 18 bis 22
Grad), die im Einfluss der sich strukturierenden Bodentiefdruckrinne in den
Genuss von etwas mehr MUCAPE kommt (300 bis 600 J/kg). Dank des recht trockenen
Fußes und entsprechend besser aufgestellten Abwinden sollten die Zellen auch
nicht zu stationär ausfallen, sodass der Starkregen maximal die Marke "markant"
erreichen dürfte. Dies bewirken auch die überschaubaren CAPE-Werte, die real
(ECAPE) dank der recht trockenen Umgebung eher noch geringer ausfallen sollten.

Bleibt noch abschließend zu sagen, dass den Westen und Südwesten zeitweise hohe
Wolkenfelder tangieren, die sich jedoch nur vorübergehend etwas hemmend auf die
Sonneneinstrahlung auswirken.

Die Höchstwerte liegen peripher der Bodentiefdruckrinne dank T850 hPa Werten von
13 oder 14 Grad und insgesamt guter Einstrahlung bei sommerlichen 25 bis lokal
29 Grad, während sie sonst nach Nordosten zu dank der kühleren
Kontinentalluftmasse auf 18 bis 23 Grad "zurückgehen". Der Ostwind weht meist
mäßig bis frisch. Vielleicht erwähnenswert ist, dass die Konvektion über dem
Bayerischen Wald zum späten Nachmittag eine schwache, dennoch recht umfassende
outflow boundary nach Westen schicken dürfte, die den Regionen östlich von
Regensburg/Landshut einen zeitweise etwas stärkeren Ostwind bescheren könnte.

Einmal erwähnt und für die gesamte Kurzfrist Gültigkeit besitzend: Im Nordosten
steigt die Waldbrandgefahr in immer mehr Regionen auf die höchste Stufe an, was
durch die trockene Luftmasse und nahezu ungehinderte Einstrahlung die Kurzfrist
über weiter verschärft wird.


In der Nacht zum Montag ändert sich nicht viel. Meist verläuft die Nacht klar
und trocken. Dank stetigen Druckfalls in der Rinne nimmt der Bodendruckgradient
über Norddeutschland weiter zu, sodass über der Deutschen Bucht zunehmend Böen
Bft 7 aus Südost zu erwarten sind.

Im Südwesten sieht die Nacht entlang der Rinne etwas bewölkter aus und immer
wieder können sich einzelne Schauer entwickeln bzw. sich Konvektionsreste von
Frankreich in den Südwesten schieben - ob es noch zu einem kurzen Gewitter
reicht bleibt abzuwarten. Dennoch kann man bei PWs von zunehmend ü20mm selbst
bei sich verclusternden Schauern vorübergehend kräftigen Platzregen erwarten.
Alles in allem aber eine eher lokale Geschichte. Die Minima liegen
deutschlandweit zwischen 14 und 6 Grad.


Montag... wandert UWE unter leichtem Druckabbau etwas nach Osten, sodass die
Bodentiefdruckrinne im Südwesten etwas weiter nach Nordosten vorankommt - in
etwa bis zu einer Linie Emsland - Unterfranken - Bayerischer Wald.

Innerhalb der Rinne wird eine für diese Jahreszeit mäßig feuchte Luftmasse mit
PWs um 25 mm in den Westen, Südwesten und Süden geführt, die bei neutral bis
leicht labilen lapse rates in der Höhe im Tagesverlauf mit gedämpfter
diabatischer Komponente 500 bis 1000 J/kg MUCAPE aufweist. Nennenswert sind die
kinematischen Bedingungen, die innerhalb der Rinne sehr mau ausfallen. 0-6 km
Scherung bei 1 m/s, 1 und 3 km Scherung jeweils bei nahezu 0 m/s. Das wäre
grundsätzlich ein eindeutiger Hinweis für stehende Zellen. Allerdings bleibt die
grenzschichtnahe Luftmasse recht trocken, sodass die kräftigen Abwinde die
Zellen insgesamt gesehen recht zügig von der Stelle bewegen sollten. Zusätzlich
können zündenden und somit anfangs diskrete Zellen bei den CAPE-Werten lokal
Hagel und kräftige Abwindböen erzeugen. Starkregen ist aber sicherlich das
dominante Thema, bei den genannten Bedingungen aber überwiegend im markanten
Bereich verbleibend. Unwetterartige Mengen sind lokal bei länger stehenden
Zellen (Orografie) bzw. mit der Zeit bei zunehmend komplexen Zellinteraktionen
zu erwarten (um 25 l/qm in kurzer Zeit). Ein "Schwerpunkt für rot" dürfte
Baden-Württemberg sein.

Abseits dieses Aktionszentrums scheint im Rest des Landes erneut die Sonne von
einem wolkenlosen oder nur leicht bewölkten Himmel. Bei einem frischen, im
Nordosten starken bis lokal steifen Ostwind liegen die Höchstwerte meist
zwischen 22 und 28 Grad, bei auflandigem Wind an der Ostsee auch etwas darunter.



In der Nacht zum Dienstag etabliert sich über den alpinen Bereichen eine zonal
ausgerichtete Bodentiefdruckrinne zwischen zwei im Abtropfprozess befindlichen
Trögen über Frankreich und der Ukraine, sodass der Ostwind wieder Boden gut
machen und auch auf den Südwesten Deutschlands übergreifen kann. Bedeutet, dass
die Konvektion vom Tage im Verlauf der Nacht zügig in sich zusammenfällt und nur
noch regionale Nebelfelder von dem Feuchteeintrag zeugen. Ansonsten verläuft
die Nacht überall klar und trocken bei Minima von 14 bis 6 Grad.


Dienstag... muss nicht viel Neues erzählt werden. Der Ostwind inklusiver
trockener Festlandsluft unterdrücken im Norden und Osten durchweg jegliche
Wolkenbildung, sodass hier die maximal mögliche Sonnenscheindauer zu erwarten
ist (über 15 Stunden).

Im Westen/Südwesten entwickeln sich in feucht-labiler Luftmasse im Tagesverlauf
erneut zahlreiche Schauer und Gewitter mit ähnlichen Parametern wie am Vortag.
Etwas mehr Dynamik ist zwar vorhanden, aber die Scherung reicht weiterhin nicht
aus, um organisierte Strukturen erwarten zu lassen. "Markant bis lokal
unwetterartig durch Starkregen und Hagel" ist weiterhin die Devise. Einzelne
stürmische Abwinde sind dank der trockenen Grenzschicht ebenfalls mit
einzuplanen.

Die Maxima liegen zwischen 23 und 29 Grad mit etwas niedrigeren Werten an
Küstenabschnitten bei auflandiger Windkomponente.

Apropos Wind. Dieser gewinnt weiter an Kraft und weht besonders von der
Deutschen Bucht bis zum Erzgebirge stark böig aus Ost bis Südost. Inwieweit dies
eine überregionale Windwarnung zu Folge hat bleibt abzuwarten (eher nicht),
spürbar wird der Wind in diesen Regionen aber allemal.


In der Nacht zum Mittwoch etabliert sich aus heutiger Sicht im Westen bis in den
Südwesten reichend eine immer besser konturierte Bodentiefdruckrinne, entlang
der die Konvektion die Nacht über wohl kaum abklingen dürfte. Zwar lassen die
gewittrigen Anteile Stück für Stück nach, doch mit teils mehrstündigem
Starkregen muss man in Verbindung mit langsam ziehenden Clustern regional
rechnen. Aus heutiger Sicht erstreckt sich der Niederschlagsschwerpunkt dabei
vom Saarland bis in die Eifel.

Abseits dieser "Baustelle" verläuft die Nacht im restlichen Deutschland klar und
trocken bei Minima von 14 bis 8 Grad.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Numerik hat die Kurzfrist mit der anhaltenden Blockierungslage weiterhin
sehr gut im Griff. Insgesamt gesehen tendieren die Modelle zu einem immer
schwerfälligeren Vorankommen der feucht-labilen Luftmasse nach Nordosten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy